Donnerstag, 9. Februar 2023

Neues von Nord Stream: Kommando Augen zu

Unterwasseraufnahmen zeigen einen Wal, keinen Elefanten, wie er üblicherweise unerwähnt im Raum steht.

Erst war es ganz sicher der Russe, dann gar niemand mehr. Als die Erdgas-Pipelines Nord Stream I und Nord Stream II im September vergangenen Jahres unversehens explodierten, herrschte selbst in Deutschland, dem Staat, der den unterseeischen Rohren seine Energieversorgung anvertraut hatte, mehrere Stunden lang helle Aufregung. Ein Seebeben konnte ausgeschlossen werden, zumindest das. Auch der Absturz eines chinesischen Spionageballons kam als Ursache nicht infrage, denn das weltumspannende Netz dieser Leichteralsluftfahrzeuge würde erst sehr viel später entdeckt werden. Guter Rat war teuer, denn so lange niemand sicher wusste, wer dahitler stecken könnte, war auch nicht klar, ob man es denn so genau wissen sollen durfte und wollte.  

Eine tonnenschwere Belastung

Eben noch hatte der Kanzler selbst schließlich alle russischen Märchen enttarnt, nach denen nicht europäische Sanktionen, sondern eine deutsche Turbine schuld an den nur tröpfelnden Lieferungen sei. Die Außenministerin selbst hatte sie bei den kanadischen Partner ausgelöst und an den gemeinsam beschlossenen Sanktionen vorbei bis ins Rheinland bringen lassen. Dort stand sie und dort steht sie womöglich noch heute, denn nach dem großen Fototermin mit Olaf Scholz - ein "Eingriff in den Informationskrieg", wie die FAZ lobte - verschwand die tonnenschwere Belastung des transatlantischen Verhältnisses umgehend wieder aus den Schlagzeilen.

Im Oktober, nach den unterseeischen Explosionen, war es dann sowieso zu spät. Das "Prestigeobjekt des Kreml", wie die Turbinenretterin Annalena Baerbock es noch genannt hatte, als sie noch keine Ängste vor "Unruhen" (Baerbock) plagten, war glücklich zum Teufel. Und das auch noch weit außerhalb deutscher Zuständigkeit: Draußen vor Bornholm, das näher an Schweden liegt als an Deutschland, wegen früherer imperialer Bestrebungen der Dänen aber zu Dänemark gehört, scheiterte eine Ermittlungsmission der Bundespolizei, die mit mehreren von der Bundesmarine geliehenen Schiffen ausgelaufen war, um erst mal "das Ausmaß der Zerstörung an den Pipelines zu begutachten und zu dokumentieren" (Tagesschau). Vor Ort stellten die Experten fest, dass ein Tauchgang zum Tatort bis auf 70 Meter Tiefe führen müsse. Die Ausrüstung für diese für jeden Amateurschnorchler extreme Tiefe hatte man sicherheitshalber zu Hause gelassen.

Einsam statt gemeinsam

Man fuhr auch später nicht mehr hin. Inzwischen hatte sich Schweden aus dem angekündigten gemeinsamen Ermittlungsteam mit dem beeindruckenden Namen  Joint Investigation Team (JIT) zurückgezogen. Dänemark folgte wenig später. Keiner wollte, dass das, was vielleicht herauskommen würde, jemand erfährt, der mit den Informationen vielleicht nicht ganz besonders sorgsam umgeht.

Deutschland war im Grunde nie Mitglied geworden. Von Karlsruhe aus führte der Generalbundesanwalt ein Ermittlungsverfahren wegen "Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion" und "verfassungsfeindlicher Sabotage", aber trotz der "besonderen Bedeutung des Falls" (Generalbundesanwaltschaft) konnten bislang nur einige Aufnahmen einer Unterwasserdrohne der Bundeswehr zu den Akten gelegt werden. Sie zeigten das "Ausmaß der Zerstörung", ein "Leck von acht Metern Länge", das in Rohrlegerkreisen angesichts der Gesamtlänge der Rohrleitungen von viermal 1.224 Kilometern als irreparabel gilt.

So war alles auf einem sehr guten Weg. Niemand fragte mehr. Niemand wollte noch irgendetwas wissen, was ihm Ärger machen könnte. Nun aber stolpert mit Seymour Hersh einer der ewigen Quertreiber in den Saal, im Koffer 13 Seiten einer so hässlichen Verschwörungstheorie, dass kein ehrbares Medienhaus in Deutschland davon Notiz nehmen kann. "Wie Amerika die Nord Stream-Pipeline ausschaltete" nennt der "Stachel im Fleisch der Mächtigen" (BR) seine Enthüllung über eine "verdeckte Seeoperation" der USA, die schon aufgrund der vielen aufgeführten Details leicht als schwierig zu erkennen ist.

Getrübte Freude

Wo eben noch helle Freude über das Ende des Kreml-Projektes  und seine Verwandlung in einen "Brocken Metall" herrschte, ist nun smartes Informationsmanagement gefragt. Hersh ist leider nicht irgendwer, der "begnadete Einzelkämpfer" (Süddeutsche Zeitung) ist Träger des Pulitzer-Preises, er hat in My Lai die Menschlichkeit gerettet und die Folterpraktiken der US-Armee im irakischen Abu-Ghuraib-Gefängnis öffentlich gemacht. Als "einer der größten investigativen Journalisten unserer Zeit" (Watson) enthüllte Hersh reihenweise illegale Aktionen der amerikanischen Geheimdienste, die "kaum zu fassen sind" (Watson)

Nun noch eine Kerbe mehr, ein Stückchen tiefer? Wie schon bei Hershs Recherchen zur Erschießung des früheren Terror-Fürsten Osama Bin Laden im pakistanischen Abbottabad, mit denen der Starreporter nach vier Jahren intensiver Erkundigungen frühere Berichte über Widersprüche, Ungereimtheiten und Fehler in der offiziellen Darstellung bestätigt hatte, bleibt vielleicht nur noch, Seymour Hersh persönlich hart ranzunehmen. Der Bin-Laden-Artikel des heute 86-Jährigen wurde seinerzeit vom Weißen Haus als "mit Ungenauigkeiten und blanker Unwahrheit gespickt" bezeichnet, jeder Satz in diesem "Mischmasch aus Unsinn" sei "falsch", denn Hersh, ein "alternder Enthüllungsjournalist, habe offenkundig "den Bezug zur Realität verloren". So in etwa wird es gehen.

14 Kommentare:

  1. Die Sprengung der Pipelines kann fast schon ideal dazu dienen, zusammen mit dem interessierten Gegenüber die deutsche Sache einzuordnen. Eigentlich kann man die ganze Geschichte der letzten 150 Jahre entlang hangeln. Die Sprachlosigkeit aller Beteiligten gründet in der Lüge, dem falschen Narrativ welchem gehuldigt wird.

    Nebenbei kann man auch das CO2 Gedöns bzw. die Behauptung, es geht ums Klima, ad absurdum führen.

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  2. Röper hat die Übersetzung und dichtet da einen Hochleistungs-C4-Sprengstoff hinein.

    Ist das sowas wie die Atombombe des kleinen Norwegers, oder was anderes? Weiß da jemand genaueres?

    https://www.anti-spiegel.ru/2023/die-details-werden-bekannt-wie-die-usa-nord-stream-gesprengt-haben/

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  3. C4 ist das Zeug, das sie in Stargate immer genommen haben. Sehr verbreitet, kann man leicht zu Hohlladungen / gestreckten Hohlladungen formen. Unter Wasser (inkompressibel) sprengt es sich generell sehr schön gegen gasgefüllte (kompressibel) Gefäße (Gaspipelines, Schiffe).
    Die Auslösung durch ein Tonsignal per Boje halte ich nicht für so kritisch wie Hersh meint. Codierung über eine Tonfolge oder Mischsignale ist sehr elementare analoge Technik und wird seit Urzeiten zur Steuerung und Signalisierung benutzt. Eine zufällige Auslösung ist Quatsch, keine natürliche Quelle kann solche Signale zufällig erzeugen.
    Darüber hinaus verlässt sich Hershs Aufsatz komplett auf das Renommeé des Autors und ist darüber hinaus quellen- und damit wertlos.

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  4. Da habe ich mich wohl mißverständlich ausgedrückt.

    Mich interessiert der Unterschied zwischen Hochleistungs-C4 und C4.

    Frage für Hochleistungssprenger.

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  5. 'Hochleistung' ist eine Übersetzung von Hershs 'high power' und verbessert als Attribut die dramatische Wirkung des Sprengstoffes und des Sprechaktes. Man sollte es bei der Bestellung immer mit ankreuzen.

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  6. Vielen Dank. Dann übermittle ich dem Hochleistungssprenger, daß er das am Sonntag ankreuzen soll.

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  7. Ich bin beim röper durch, nicht die Kommentare.

    Auf deutsch liest sich der Geheimreport von Hersh wie eine preisgekrönte Hochleistungsreportage von Reloutius.

    Das ist bisher nur wenigen aufgefallen, wird auch nicht thematisiert.

    Wer also könnte eine Interesse daran haben, in den USA einen Relotius zu pushen? Bob Woodward von der CIA?

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  8. Hm ja, Mr. Hersh kommt, zwar unterschwellig, aber doch auf zuvielen Kanälen. Ob die Geschichte genau so passiert ist, sei mal dahin gestellt ... Aber wieso berichten die 0815 Gazetten davon und zwar weltweit, alle auf einmal?

    Komischer Typ auch, deckt ständig irgendwelche Sachen auf ohne Schwierigkeiten zu bekommen.

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  9. liest sich der Geheimreport von Hersh wie eine preisgekrönte Hochleistungsreportage von Reloutius.

    Wohl wahr. Und alles allzu glatt und passend. Und eben, wie sich die üblichen Verdächtigen sofort draufschmeißen ... Jaaa, wir haben's ja gleich gesaaagt!
    Die Frage "Wem gut?" ist nicht immer zielführend - die Strolche spielen mehrfach über Bande - nicht selten bringt es was, zu fragen, w e m e s s c h a d e t.

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  10. es waren die Anglofreimaurer bzw. deren pers. Negerkinder- was ist daran nicht zu verstehen ?

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  11. was ist daran nicht zu verstehen ?

    Es ist sehr wahrscheinlich, dass eben so.



    Darum eben geht es.

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  12. deckt ständig irgendwelche Sachen auf ohne Schwierigkeiten zu bekommen.

    Sollte mit rein, Schulligung. Scheixx-Technik.


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  13. Verlockend ist der äuß're Schein, der Weise dringet tiefer ein.

    Wilhelm Busch - Der Geburtstag oder die Partikularisten.

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  14. Nun aber stolpert mit Seymour Hersh einer der ewigen Quertreiber in den Saal, im Koffer 13 Seiten einer so hässlichen Verschwörungstheorie ...

    Und warum wohl? Auch: Bekanntschaft mit dem Kerkermeister Knastos hat Hershele m.W. noch nicht gemacht, und wird es wohl auch nicht.

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