Dienstag, 30. Mai 2023

Ich als wir alle: Mein Leben als Bürgerrat

Schlangestehen vor den Bundestag, wenn der neue Gesellschaftsrat tagt
"Riesenandrang am Deutschen Bundestag" hat der Maler Kümran dieses Ölgemälde genannt, das die Schlange der künftiger Gesellschaftsräte am Tag der Erstregistrierung für den Bürgerrat zeigt.


Ich* kann natürlich nur von Glück sagen. Als ich zum ersten Mal von dieser großen Chance hört, das Leben unseres Landes, unserer Bevölkerung und damit im Grunde das des Planeten und der gesamten Menschheit entscheidend mitzubestimmen, habe ich nicht einen einzigen Augenblick daran gedacht, dass man mich wirklich auswählen könnte. Ich wusste damals noch nicht, dass das Losverfahren, von dem überall die Rede war, ein bisschen diffiziler ist, als es von weitem aussieht, dass man also wegen der erforderlichen Repräsentativität des Gesellschaftsrates ein wenig nachhilft, was die genaue Sozialauswahl betrifft. Also dachte ich einfach nur, wer nicht wagt, der kann gar nicht gewinnen. Und ich habe mich dann dort eingetragen, wo man sein Interesse bekunden konnte, in den Lostopf zu kommen.

Keine Geldfrage

Mir ging es nie ums Geld, das will ich vorweg sagen. Es mag zwar recht üppig klingen, so einen Gesellschafts- oder Bürgerrat für ein paar Online-Tagungen mit 15 Millionen auszustatten. Aber ich habe keinen Moment lang nachgerechnet, was da für mich abfallen könnte. Ich sage mal so: Als ostdeutscher Rentner profitiere ich sehr stark von den Begrüßungsgeschenken, die uns Helmut Kohl damals gemacht hat, als er entschied, die Renten punkte der Menschen, die 40 Jahre lang in der DDR leiden mussten , kräftig anzuheben. Ich habe es nicht nötig, lieb Kind zu machen, um ein paar Mark, ich sage immer noch gern Mark, zusätzlich zu machen.

Nein, mir geht es um die Sache. Wirt Alten haben dieses Land ja zugrundegerichtet. Die Natur zerstört, Brücken und Straßen verkommen lassen, die Bahn dermaßen kaputtgenutzt, dass sie weltweit als schlechtes Beispiel herumgezeigt wird. Die Industrie baut überall zurück, obwohl wir die höchsten Energiepreise diesseits der Bermuda-Insel vorweisen können. Zwar melden Bäcker und Fleischer längst nicht überall Insolvenz an, wie es rechtspopulistische Kreise uns einreden wollten. Aber viele machen doch zur Zeit erstmal Pause, auch Schuhhändler und Modeketten und Landwirte.

Ursache und Wirkung

Ich war früher Hydraulik-Ingenieur, ich verstehe also ein bisschen was von Zusammenhängen, von Ursache und Wirkung und davon, wie Regelkreise funktionieren. So ein Gesellschaftsrat zielt ja genau darauf: An den Schwatzbuden der Parlamente vorbeizuregieren, die ewig nicht auf die Strümpfe kommen und es derzeit wohl nicht einmal schaffen werden, das große neue Heizungsgesetz im Schatten der Fußball-WM der Frauen durch das Gesetzgebungsverfahren zu peitschen, wie das früher prinzipiell gemacht wurde. Aus meiner Sicht ist das alarmierend. Wenn eine Führungskaste nicht mehr in der Lage ist, ein Land eng an der Kandare zu halten, wohin führt sie uns dann? Wo die Temperaturen doch nun schon überall steigen, wenn auch spät in diesem Jahr?

Ich bin bereit, in einer solchen Situation zu helfen, wo ich kann. 300 Euro für eine Teilnahme an einer Sitzung des Gesellschaftsrates sind auch nicht übel, selbst wenn es für mich persönlich enttäuschend ist, dass wir ausschließlich über Ernährungsfragen reden und im Grunde mithelfen sollen, einen Diätplan für Deutschland zu erstellen. Das ist nicht mein zentrales Interessensgebiet, denn als Kriegskind habe ich zwar eine Vorliebe für dunkle Schokolade, aber ich weiß an mich zu halten was die menge an Nahrung betrifft, die ich zu mir nehme. Wiederum sehe ich mich aber als Mensch, der seine Pflichten ernst nimmt: Wenn die Frage der Ernährung die ist, die uns zu lösen aufgegeben wird, dann darf man von mir erwarten, dass alles gebe, um zu helfen.

Mehr Verantwortung als ein Abgeordneter

Sie müssen ja bedenken, dass unsere Verantwortung ungleich größer ist als die, die ein gewöhnlicher Bundestagsabgeordneter zu schultern hat. Wir hier im Gesellschaftsrat sind nur 160 Frauen, Männer und Transgenderpersonen, verglichen mit mehr als 700 Abgeordneten im Bundestag. Jede/s/r von uns trägt das Fünffache an Last! Für ein, das symbolisiert vielleicht am deutlichsten, wie opferbereit hier alle sind, Entgelt, für das ein Politiker morgens nicht aufstehen würde. Dabei stellen wir hier die Weichen, im Augenblick die zu einer besseren, regionalen, zuckerfreien und einheitlichen Ernährung, aber bald eben auch in allen anderen gesellschaftlichen Bereichen.

Sind wir vorangekommen bisher? Haben wir mehr Demokratie erzeugt oder sie wenigstens von den Fesseln der parlamentarischen Zwänge befreit? Für ein Fazit ist es aus meiner Sicht noch zu früh, denn wir stehen erst am Anfang und können noch kaum  überschauen, wohin uns diese ersten zarten Ansätze einer Räterepublik noch führen werden. Werden Wahlen überflüssig? Wir würden Millionen und Abermillionen Euro einsparen! Oder werden sie ersetzt durch ein Konzept, bei dem nicht mehr entlang von Parteitreuer gesetzt und gelost und dann abgestimmt wird, sondern nach Kriterien, die eine unabhängige Künstliche Intelligenz festlegt und verwaltet?

Genau hinschauen, klug entscheiden

Wir sind die Pioniere, hier beim Bürger-oder Gesellschaftsrat, selbst über unseren Namen müssen wir ja noch entscheiden. Aber wir sind nur die Ersten, die ganz vorn, denen Generationen folgen werden, die die Nase voll haben von endlosen parlamentarischen Prozessen, von Kompromissen und gebrochenen Wahlversprechen. Ein Rat wie unserer spiegelt nicht die zufällige Stimmungslage an einem Wahltag wieder, sondern die gesellschaftliche Verfassung, wie sie wirklich ist, langfristig und stabil. was wir entscheiden, als kleinste Zelle des kollektiven Willens, ist das, was so auch alle anderen entscheiden würden, wenn sie es könnten. Ich sehe das inzwischen sogar bei mir selbst: Ich bin wir alle, mein neues Leben als Bürgerrat hat mich gelehrt, genau hinzuschauen und klug zu entscheiden.  

* Heinz G. aus Thüringen ist Mitglied im neuen Gesellschaftsrat. Hier bestimmt der Rentner über das Schicksal von Millionen. Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes der Gesellschaftsrät*nnen dürfen ihre Namen nicht öffentlich genannt werden.

9 Kommentare:

  1. Dieter Rucht, zeit.de

    Zusagen kommen eher von jenen, die politisch stark interessiert sind, die gern viel reden, genug freie Zeit und bereits eine klare Meinung zum angefragten Thema haben.

    Der Rat wird also eine AStA plus altlinke Lallbacken.

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  2. OT via Danisch Depeschen Dienst

    über Göring Eckart:
    Und ausgerechnet die befürchten jetzt eine „Spaltung der Gesellschaft“.

    Dazu fällt mir auch gleich die andere Phrase ein: der 'gesellschaftliche Zusammenhalt'.
    Seit 25 Jahren, gefühlt mit dem Start der grünen Billionenförderung des EEG und immer mehr beschleunigt seitdem, zerstören genau diese Leute systematisch, planmäßig, methodisch den 'gesellschaftliche Zusammenhalt'. Ein flüchtiger Blick ins Land genügt als Beweis.

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  3. OT
    Dieses eine Mal noch,dann molestiere ich Euch nimmer:

    Erbsensuppe mit fettem Schweinefleisch 30. Mai 2023 at 14:47
    Sie prügeln, vergewaltigen und morden –Kulturfremde raus–

    Auf dem Fußballplatz Hirntod geprügelt!
    -----------------------------

    Magister Bokelmann

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  4. Auf dem Fußballplatz Hirntod geprügelt!
    "Täter ein 16 jähriger Franzose". Ich könnte wetten, sie haben vergessen hinzuschreiben:
    "Mit algerischem Migrationshintergrund".

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  5. Der lachende MannMai 30, 2023

    "Un algérien", sagen die Franzosen verächtlich zu solchem Zeug.

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  6. Blut, Zement, Katzen- und Mäusepisse, Sauerkraut, Bier, kurzum, die Quintessenz Deutschlands.
    @ Anmerkung: Das sollte einem denn doch zu denken geben.

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  7. Alchemie: Wenn man Sauerkraut durch Borschtsch und Bier durch Wodka ersetzt, bekommt man Russland.

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  8. Alchemie: Wenn man Sauerkraut ...

    Thema verfehlt, Ungenügend.

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  9. >Thema verfehlt, Ungenügend.

    Nein.

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