Mittwoch, 8. Mai 2024

Wahl-O-Mat: 38 Fragen mit verheerenden Folgen

Beim Wahl-O-Mat können sich Wählerinnen und Wähler bestätigen lassen, das es richtig ist, das Falsche zu wählen.

Er gehört zur deutschen Politik-Folklore, der 2002 von der Bundeszentrale für politische Bildung erfundene "Wahl-O-Mat", eine Art deutsche KI ohne künstliche Intelligenz, die aus Antworten auf nach undurchschaubaren Kriterien zusammengestellten Fragen ein Ergebnis generiert. Das soll dem von der Wirklichkeit umzingelten Wahlbürger die Last der Entscheidung über die richtige Stelle für das Kreuz abnehmen.

Richtig durchgeklickt, weiß man plötzlich, was man glaubt und welche Partei man wählen sollte, damit es Realität wird. Eigene Überlegungen braucht es nicht, auf weitergehende Informationen kann verzichtet werden. Gerade wer seine politische Karriere als Zoon Politikon erst startet, ist für solche Hilfe oft dankbar.

Fragen aus dem Elfenbeinturm

Millionen überlassen die Beratung über ihre Wahlentscheidung inzwischen dem von Experten beschickten Automaten, der "keine Wahlempfehlung, sondern ein Informationsangebot über Wahlen und Politik" (BpB) sein will. 38 Fragen sind es diesmal, beinahe allesamt irgendwo tief aus dem Keller des Brüsseler Elfenbeinturmes gegraben, wo nie das Licht der Alltagswelt hinfällt. 

Von "Die EU solle eigene Steuern erheben dürfen" über "Die EU soll eine eigene Seenotrettung im Mittelmeer aufbauen" bis zu "Die EU soll den Mitgliedstaaten empfehlen, außer „weiblich“ und „männlich“ auch die Eintragung einer anderen Geschlechtsidentität im Pass zu ermöglichen", haben die Knackpunkte mit dem Leben normaler Menschen so viel zu tun wie die Gasheizung im "Berlaymont"-Palast mit erneuerbarer Energie. 

Aber das Gesamtgebilde funktioniert blind. Wer einfach alle Fragen so beantwortet, dass sein künftiges Leben viel teurer wird, seine Freiheiten nach und nach unter einer dicken Schicht von Verboten verschwinden und noch mehr Entscheidungen nicht in den demokratisch gewählten nationalen Volksvertretungen, sondern von den Kommissionsfunktionären in Brüssel und dem nur halbdemokratisch gewählten Parlament in Straßburg gefällt werden, bekommt am Ende der Durststrecke mit traumwandlerischer Sicherheit ein progressives Ergebnis. 

Alles für die EU

Die Grünen, die SPD, die Linke und die Kleinstpartei Volt bieten alles, was das Herz derer begehrt, die nicht genug Regeln, Vorgaben und Gängelung von oben bekommen können. Geht es nach den Parteien, die ganz oben in der Liste auftauchen, wenn ein Wahl-O-Mat-Benutzer nur stumpf genug für mehr Belastung mehr höheren Kosten, mehr Macht für anonyme Verwaltungen, mehr Ausgaben, mehr Schulden und einen - vom deutschen Grundgesetz verbotenen - Rückbau des Nationalstaates auf eine reine Verwaltungsfunktion für die Durchsetzung von EU-Richtlinien klickt, übernimmt die in den Fragen nur "EU" genannte Entität alle Lebensbereiche. 

Wie gefährlich der gutgemeinte Wahl-O-Mat allerdings auch sein kann, zeigt sich, wenn der Finger in die falsche Richtung zuckt. Menschen, die das unbestimmte Gefühl haben, der EU-Kommissionspräsident sollte eigentlich direkt gewählt werden und die Aufnahme neuer EU-Mitglieder könnte von einer Zustimmung der Bevölkerung der bestehenden abhängig sein, rutschen hier schnell auf die falsche Seite. 

Wer der Versuchung nachgibt

Wer dann noch der Versuchung nachgibt, alle Fragen einfach so zu beantworten, dass der EU nicht noch mehr Entscheidungsmacht zuwächst, die Kommissare sich nicht noch teurere Rettungspakete ausdenken und noch mehr Verwaltungen für noch größere Einschränkungen des Alltagslebens der Bürgerinnen und Bürger aufbauen können, ist auf einmal konfrontiert mit seiner dunklen Seite: Zwar versehen mit einem Warnschild - "Sie wird vom Verfassungsschutz als Verdachtsfall für extremistische Bestrebungen geführt". Aber wen, der so weit gekommen ist, schreckt das wohl noch?

Und die "feste Informationsgröße im Vorfeld von Wahlen" (BpB) ist schuld daran, wenn sich Rechtspopulisten, Rechtsextreme, Rechtsradikale und Rechtsextremisten vom Wahl-O-Mat auch noch bestätigt fühlen. Eine verheerende Folge mangelnden Anscheins innerbetrieblicher Demokratie, wie der kommunistische Dichter Volker Braun in seinem Frühwerk beklagt hat. 

Eine Plattform für das Böse

Der Mechanismus, der vom Bösen abschrecken soll, verführt dazu, das Böse wollen zu können. Die Ursache ist offenkundig: Statt sich wie so viele deutsche Parlamente, Talk Shows und Redaktionen mutig zu entscheiden, den Feinden der demokratischen Ordnung keine Plattform zu bieten, können Wählerinnen und Wähler beim Wahl-O-Mat ihre eigenen und zu einem Gutteil kruden Ansichten mit den Positionen der einzelnen Parteien abgleichen.

Und sich so bestätigen lassen, das es richtig ist, das Falsche zu wählen.

10 Kommentare:

  1. Da ist den Machern des Wahl-Oma-T ein Fehler unterlaufen: PPQ fehlt in der Liste der Medienpartner!

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  2. Nur 87% AfD. ich bin enttäuscht.

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  3. ..."Die EU solle eigene Steuern erheben dürfen" über "Die EU soll eine eigene Seenotrettung im Mittelmeer aufbauen" ...

    Das hat auf das "Leben normaler Menschen" aber schon Einfluss, beträchtlichen sogar.

    Was Ananas, ich werde mich zwar weiterhin gegen das Geschwafel einiger Kommentatoren woanders, PIPI zumal, verwahren, unser Volk hätte seine Ausrottung selbst und redlich verdient, kann aber nicht dafür garantieren, das noch lange durchzuhalten: Gestern mitbekommen, dass der "Anzeigenhauptmeister" Matthei eine Leibwache(!) bekommen hat, statt zwangsweise der Elektroheilkrampftherapie zugeführt zu werden wie Sybille Wolzow, und, übler - eine nicht eben kleine Fangemeinde hat.

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  4. das schon, aber diese verqueren halbfragen dienen ja eigentlich nur dazu, die richtigen fragen nicht zu stellen.

    die erste wäre: soll die eu noch mehr geld in die finger bekommen oder mit dem auskommen müssen, was sie hat?

    die zweite lautet übersetzt aus dem propagandistischen etwa: soll die seegrenze im mittelmeer offen oder zu sein

    bei drei, mit dem knöllchenfreak: es leben 8 milliarden auf dem planeten, mehr als 80 millionen hier im land. kleb dir eine brennende kerze auf den kopf und wanderer durch irgendeine stadt, dabei liedtexte von PUR rezitierend. auch damit wirst du zweifellos deine fans finden

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  5. Ich hatte noch 41% bei den Grünen, ich war entsetzt. Muss ich noch mehr Bildung lernen.

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  6. Gute Gelegenheit, dieses Kleinod aus den Tiefen des Internets hervorzuholen. Eine Erinnerung an die letzten EU-Wahlen.

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  7. Ging mir sehr ähnlich. Als ich die Fragen gesehen habe war mir klar, da muss AFD raus kommen und ich bin von der Partei weit entfernt. Glücklicherweise gibt es noch BSW. Aber wie es PPQ richtig erkennt, aus dem Fragebogen spricht die völlige Realitätsferne der EU Politik.

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  8. und ich bin von der Partei weit entfernt ...

    Warum dieses, und auch noch "weit"? Weil die "rechts" sein sollen? Der Konsum von Idiotenröhre und Wurstblättlein schlägt - in ausreichender Menge - sogar intelligenten Menschen auf den Brägen - was dann erst Dir.

    Anfrage an Sender Jerewan: Könnte eine Frau durch Analverkehr schwanger werden? - Im Prinzip ja: Wo kämen sonst die Linken her?

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  9. Glücklicherweise gibt es noch BSW ...

    Unglücklicherweise: Die Doofen werden nicht alle.

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