Mittwoch, 21. Mai 2025

Sanktionspaket 17: Jetzt machen sie schon wieder ernst

Nur mit Hilfe einer ausfeilten Tauschwirtschaft hält sich Russland noch über Wasser.


Es waren die härtesten Sanktionen aller Zeiten, die die Weltgemeinschaft vor drei Jahren gegen Russland verhängte. Kein Geld mehr, kein  Ölverkauf, kein Gasexport und keine Produktion westlicher Firmen mehr im Land des Kriegstreibers Putin. Keine westliche Technologie mehr für seine Oligarchen. Keine Zusammenarbeit mehr auf industrieller Ebene und keine direkten Gespräche über irgendetwas. Verglichen mit dem Schicksal, das auf Russland wartete, hatten es Kuba und der Iran gut getroffen. Bei allem, was ihnen vorenthalten wurde, blieben sie doch noch ein bisschen Teil der Weltwirtschaft.

Das Ende war absehbar

Nicht so das Land des Kremlherren. Binnen weniger Wochen, ja, Monaten oder Jahren nur würde dem Diktator sein Reich unter den Händen zerbröseln. Putin selbst, die Beobachter waren sich seinerzeit einig, war schwer krank, er litt an einer ganzen Reihe von ernsthaften und durchweg unheilbaren Leiden. Das Ende war absehbar.  EU-Chefin Ursula von der Leyen erklärte den Zusammenbruch Russlands zu einer "Frage der Zeit". Die Antwort werde nicht allzu lange auf sich warten lassen. 

Das Beispiel Kuba vor Augen, wusste die frühere deutsche Verteidigungsministerin, dass ein Boykott von Warenlieferungen und Wareneinkäufen in einem gegnerischen Staat schnell Wirkung zeigt. Das kommunistische Regime auf der kleinen Karibikinsel wird von den USA schon seit mehr als 60 Jahren durch Sanktionen in die Knie gezwungen. Russland, gewohnt an BMW und Mercedes, Coca Cola und Windows, Siemens-Klimaanlagen und den steten Euro-Strom, der für Gazprom-Gas nach Osten fliest, würde noch schneller aufgeben müssen.

16 mal verschärft

16 Mal wurden die schärfsten Sanktionen aller Zeiten seitdem verschärft, um den Gang der Dinge weiter zu beschleunigen. Aus den schärfsten Sanktionen wurden die allerschärfsten. Immer wieder gelang es, sie so anzupassen, dass "die Strafen Putin und seine Kriegsmaschinerie wirklich hart" (Die Zeit) treffen. Russland, gewohnt an BMW und Mercedes, Coca Cola und Windows, Siemens-Klimaanlagen und den steten Euro-Strom, der für Gazprom-Gas nach Osten fliest, würde schnell aufgeben müssen, hieß es anfangs, als noch Hoffnung bestand, dass Staaten wie China, Indien, die Trkei und Ägypten sich anschließen würden.

Sie taten es nicht. Ganz im Gegenteil. Während die EU damit beschäftigt war, Importverbote zu erlassen, Oligarchenvillen zu beschlagnahmen und das russische Auslandsvermögen einzufrieren,  steigerte Indien den Anteil des russischen Öls an seinen Importen von 1,6 Prozent im Februar 2022 auf 34 Prozent im Jahr 2023. Nicht alles wird im Land verbraucht: Die größte Demokratie der Welt, mit Deutschland durch eine vertrauensvolle Zusammenarbeit verbunden (Olaf Scholz), verarbeitet das russische Rohöl und exportiert es dann nach Europa, insbesondere nach Deutschland. 

Sauberes Russenöl

Das europäische Embargo gegen russisches Rohöl - auch "Oil Washing" genannt - zeigt unverkennbare Wirkungen: Russenöl wird heute regelmäßig auf einer beinahe 10.000 Kilometer langen Seereise moralisch gereinigt, an der frischen Seeluft verliert es seinen Blutgeruch nahezu vollständig und kann nach einer letzten Weiterverarbeitungsstufe - der sorgfältigen Vermischung mit kasachischem Öl - bedenkenlos auch in Regierungsfahrzeugen friedenserhaltend verbrannt werden. 

Heute ruht Deutschlands fossile Versorgung auf den Niederlanden und Belgien, zwei Sanktionspartnern mit großen Häfen, die mittlerweile mehr Öl und Gas exportieren als sie selbst fördern. Auch offiziell kaufen EU-Staaten immer noch Öl und Gas für fast zwei Milliarden Euro im Monat aus Russland, dazu kommen Düngemittel und Flüssiggas. Was sich nicht ersetzen lässt, muss weiter bezogen werden. Selbst wenn es Geld kostet und noch mehr Glaubwürdigkeit.

Fantasievolle Ankündigungen

Immer wieder dasselbe zu tun und jedes Mal auf ein anderes Ergebnis zu hoffen, dazu braucht der Mensch einen starken Charakter oder aber ein SPD-Parteibuch. Die EU ersetzt beides durch fantasievolle Ankündigungen: So sollte ein raffiniert geschnittener "Preisdeckel" für russisches Erdöl  "möglichst global gelten". Dann würde er Putins Einnahmen beschneiden und seine Fähigkeit zerstören, weiterhin Krieg gegen die Ukraine zu führen.

Zwei Jahre nach Kriegsbeginn erhöhte die EU den Druck durch eine Handelsbeschränkung für russische Diamanten. Kurz vor dem dritten Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine begannen sogar Planungen für ein Importverbot für Aluminium und ein härteres Vorgehen gegen die sogenannte Schattenflotte, mit deren Hilfe Moskau nicht nur das Ölembargo umgeht, sondern auch immer wieder Schlagzeilen macht, wenn mutwillig Datenkabel in der Ostsee beschädigt werden.  

Es fehlt an Möglichkeiten

Täter hin, Täter her, auch fehlende Beweise sind kein Beweis. Weil es langsam an Gütern fehlt, gegen die sich noch Ex- oder Importbeschränkungen verhängen ließen, nimmt auch das neue, inzwischen 17. Sanktionspaket der EU wieder die Schattenflotte und Russlands Öl-Exporte ins Visier. Zu den bisher 79 von der EU sanktionierten Schiffen kommen ein paar hundert weitere hinzu, die regelmäßig von den beiden großen russischen Ostsee-Energiehäfen Primorsk und Ust-Luga Richtung Abnehmerstaaten wie Indien und China fahren, die sich den EU-Sanktionen noch immer nicht angeschlossen haben. 

Diese Fahrten führten "entlang der deutschen Ostseeküste", wie die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas den Weg beschreibt, den "mehr als 80 Prozent des gesamten russischen Rohölexports" nehmen. Die nun sanktionierten Schiffe bleiben dabei tückisch in internationalen Gewässern, einem Gebiet, in dem sie für die EU-Staaten so weit weg sind wie der Mond für die Europäische Raumfahrtagentur ESA.

Im Visier ohne abzudrücken

Wie genau das "weiter verschärftes Vorgehen" (ZDF) vor diesem Hintergrund aussieht, hat die EU bisher nicht konkretisiert. Normalerweise muss, wer etwas ins Visier nimmt, auch abdrücken. Hier aber geht es um  Gesten, Symbole, Zeichen: Den Schiffen wird das Einlaufen in Häfen in der EU verboten. Ebenso werden die Betreiber nicht mehr von Dienstleistungen europäischer Unternehmen profitieren können.

Die Alternative wären nach der völkerrechtlichen Lage nur Fliegerangriffe, Enteraktionen oder Minengürtel, das wissen sie selbst in Brüssel. Dann doch lieber noch ein "klares Zeichen" und eine nachjustierten Preisdeckel, weil der bisherige von 60 Dollar aufgrund der gesunkenen Ölpreise nicht einmal mehr symbolisch greift. Seit der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius herausbekommen hat, dass "Putin  weiter auf Zeit spielt", mühen sich die Europäer noch mehr als bisher, die Ungeduldigen zu geben.

Warum kein Friedensbefehl

Donald Trumps Friedensbemühungen gehen ihnen zu weit und zugleich nicht weit genug zugleich, sie selbst hätten es besser gemacht, haben es aber doch besser gelassen. Von der Seitenlinie aus, aller 24 Stunden telefonisch mit Trump im Kontakt, geben Macron und Merz, Starmer und Tusk die Preisrichter: Der US-Präsident solle Putin zum Frieden zwingen, empfehlen sie. Er solle auch so Sanktionen machen, denn man sehe doch, wie sich der Russe vor Angst winde. Könne das Weiße Haus Moskau nicht einen Waffenstillstand befehlen?  

Friedrich Merz ist ohne Anlauf in seine neue Rolle als Weltstaatsmann geschlüpft. Wirkte sein Vorgänger noch wie Gartenzwerg unter den Titanen der Koalition der Willigen, die über richtige Armeen und teilweise sogar über eine Handvoll Kernwaffen verfügen, ragt der Münsterländer sichtlich heraus. Er ist es, der unter den Hardlinern den Hardliner gibt. Er hält Verhandlungen erst für möglich, wenn Wladimir Putin die weiße Fahne schwenkt und um Frieden bittet. Bis dahin werde es weitere Sanktionen geben, immer noch härter und schärfer, das 18. Sanktionspaket sei schon in Planung und es werde vermutlich den Betrieb der von Terroristen zerstörten Ostseepipeline Nord Stream 2 verbieten. 

Foto vor der Turbine

Spätestens mit Nummer 20 wird Merz Russland drohen, sich mit der berühmten Turbine fotografieren zu lassen, um einen Waffenstillstand zu erzwingen. Den halten Merz, Macron, Starmer und Tusk mittlerweile für ihre eigene Idee, weil sie nicht von allen geteilt wird, musste die „Koalition der Willigen" überhaupt erst erfunden werden.

Die EU ging nicht, weil Ungarn. Die Nato nicht, weil Türkei. Weil sich Italien Ministerpräsidentin Giorgia Meloni aber von der bunten Truppe der Signalnationen brüskiert sah und Pläne ausplauderte, europäische Friedenstruppen in die Ukraine zu entsenden, musste Friedrich Merz in Rom Porzellan kitten: Die Achse Berlin-Rom stehe, Italien sei für die Bundesregierung von hoher Bedeutung und man sehe sich mit der "postfaschistischen" (Spiegel) Rechtsregierung in einem "ganz engen Austausch".

Eine allzu bewegliche Situation

Hintergrund der aufgeregten Versuche, im Spiel zu bleiben, ist die Furcht davor, dass Trumps Friedensbemühungen Früchte tragen könnten, ohne dass Europa einen Anteil am Endsieg für sich reklamieren kann. So lange Joe Biden im Weißen Haus saß, waren überraschende Wendungen ausgeschlossen. Wie Russland hatten sich auch die westlichen Unterstützer der Ukraine in ihre Positionen eingegraben, um abzuwarten, wer den längeren Atem hat. 

Trump hat nicht den Frieden in 24 Stunden gebracht, aber Bewegung in die festgefahrene Situation.  Gegen Friedrich Merzens streichholzdünne Drohung, dass Sanktionspaket 17 Russland "wahrscheinlich in die Rezession rutschen" lassen wird, eine Situation, die Deutschland seit drei Jahren gut kennt, wirken die Überlegungen aus den Vereinigten Staaten, Sekundärsanktionen gegen russische Handelspartner wie Kasachstan, die Türkei oder China und Indien zu erlassen, wenn Putin nicht in Friedensverhandlungen einsteigt, wie ein mächtiger Knüppel.

Ob er geschwungen werden wird, entscheiden allerdings nicht die Europäer. Denen bleibt es vorbehalten, die Ereignisse zu kommentieren, als wären sie selbst am Spiel beteiligt.

4 Kommentare:

  1. Alte Sanktionsanekdote.

    ... wird gegen den Kapitän ermittelt, da der Frachter "Sanktionsware" geladen hat. Es geht um 251 Container mit Birkensperrholz aus Russland.
    ...
    Darüber hinaus befindet sich an Bord eine nicht näher bezifferte Menge angereichertes Uran. Da dieses weder auf der Sanktionsliste der EU noch auf der der USA steht, ist es in diesem Fall weniger relevant.


    Und natürlich kommt gleich der Experte:


    Was sagt denn Lobbypedia zur 'Stiftung Wissenschaft und Politik':
    ...ein halboffizieller, regierungsnaher Think Tank. Sie wird selbst primär vom Bundeskanzleramt finanziert (...) und geht maßgeblich auf eine Gründungsinitiative des Bundeskanzleramts zurück....

    M.a.W. Parteienfilz.

    https://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/Schiff-mit-russischer-Ladung-in-Rostock-Staatsanwaltschaft-ermittelt,frachterneu100.html

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  2. He, wer hat den Text geklaut.
    Und natürlich kommt gleich der Experte:
    Sanktionsexperte Sascha Lohmann von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin erklärte gegenüber NDR MV live, dass Holz nach Öl und Gas eine der bedeutendsten Einnahmequellen der russischen Volkswirtschaft sei.

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  3. Was "Glaubwürdigkeit"?
    Die Trotteln glauben doch den abstrusesten Mulm, am Tag darauf das Gegenteil, wenn es denn im Fernseh' kommt. Kannste nix machen.

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  4. Die "glauben" nicht nur den größten Blödsinn, die sind darüber hinaus auch gar nicht imstande, einen Satz dem Sinn nach zu verstehen. Vierbeiner gut, Zweibeiner schlecht - mehr geht nicht.

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