So lange nicht Geld vor dem Staat versteckt wird, kann der nicht ruhig schlafen. |
Das letzte Hemd hat keine Taschen und das letzte bisschen Geld, das Vater Staat noch nicht hat, ist kaum mehr etwas wert. Es wird für den Haushalt gebraucht werden, den der Bund schon seit fast einem Jahr nicht mehr hat. Doch so schlecht stehen die Dinge nicht. Zwar hinkt Deutschland mit einer weiterhin stabil schrumpfenden Wirtschaft dem weltweiten Wachstum schon im dritten Jahr hinterher. Doch die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau, der Name ist Programm, sieht Licht am Horizont: Mit Merz kam der Frühling, "ich habe noch nie einen so rasanten Stimmungswechsel erlebt", seufzt Stefan Wintels, der als Chef der KfW eine der großen schwarzen Kassen des Bundes führt.
Wiederaufbau nach dem Krieg
1948 gegründet, um Kredite für den Wiederaufbau nach dem Krieg zu vergeben, überlebte das heute als KfW Bankengruppe firmierende Institut seine milliardenschweren Spekulationen mit US-Immobilienkrediten nur knapp und auf Kosten der Steuerzahler. Die SPD-Politikerin Ingrid Matthäus-Maier musste gehen, die Bank blieb, gerettet vom Steuerzahler. Heute ist sie das drittgrößte Geldinstitut Deutschlands, unverzichtbar wie die staatlichen Lottogesellschaften, weil von der KfW vergebene Kredite so hoch sein können, wie sie wollen, sie werden trotzdem nicht dem Staat zugerechnet, der für sie bürgt.
Eine Konstruktion, die sich bewährt hat. Wo immer Finanzminister Sonderprogramme ausrufen und private Investoren mit Fördermitteln locken wollen, kommt die Frankfurter Staatsbank ins Spiel, die inzwischen nahezu alle ihre früheren privaten Konkurrenten überlebt hat. Die Hypovereinsbank und die Dresdner Bank sind verschwunden, letztere in einem kühnen mitternächtlichen Tauschhandel zwischen Finanzminister und der Commerzbank, die das Schlachtfeld in Kürze auch verlassen wird. Geblieben sind die Deutsche Bank und die DZ Bank der Genossenschaften, dahinter folgt schon die KfW. Sie ist heute eins der zehn Geldinstitute in Staats- oder Bundesbesitz auf der Liste der größten Banken im Land.
Deutschland verstaatlicht sich selbst
Deutschland ist bei seiner eigenen Verstaatlichung gut vorangekommen. Bis heute beschwört das Bundesfinanzministerium auf seiner Internetseite, dass "Staat und Unternehmen durch Privatisierungen Handlungsfreiheiten gewinnen": Der Bund setze damit "Reformpotenziale frei und die Unternehmen steigern ihre Effizienz, um sich im internationalen Wettbewerb zu positionieren". In nahezu allen Bereichen, in denen aus staatlichen monopolisierten Industrien wettbewerbsorientierte Märkte und eine Vielfalt des Angebots entstanden, sei das "den Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie Unternehmen zu Gute gekommen", ließ noch die frühere Ampel-Regierung wissen.
Wie ernst das genommen wird, zeigt sich an der beeindruckenden Privatisierungsbilanz. Seit dem Verkauf von Anteilen an der Deutschen Telekom an Bürgerinnen und Bürger, denen diese Anteile faktisch vorher schon gehört hatten, hat der Bund aufgehört, weitere Beteiligungen zu privatisieren. Der "weitere konsequente Schritt auf dem Weg zur Privatisierung der Deutschen Telekom" vor 20 Jahren war der letzte in diese Richtung.
Zwar steht heute immer "die regelmäßige Überprüfung der Bundesbeteiligungen" als "ein wesentlicher Bestandteil der Privatisierungspolitik des Bundes" auf dem Papier. Doch die Liste der mehr als hundert bundeseigenen Unternehmen schrumpft nicht mehr, weil es inzwischen unvorstellbar scheint, dass Werften, Energieerzeuger, Gästehäuser, Flughäfen, Filmgesellschaften oder Impfstoffhersteller in Privatbesitz sind.
Eine theoretische Grundüberzeugung
Selbstverständlich verleiht das Haushaltsrecht des Bundes erklärtermaßen dennoch "der ökonomischen und politischen Grundüberzeugung Ausdruck, dass privater Initiative und Eigentümerschaft gegenüber einer Beteiligung des Bundes grundsätzlich der Vorrang zu geben ist und die Betätigung des Bundes als Unternehmer auf das Notwendige beschränkt bleibt". Notwendig aber ist so vieles, weil das "wichtige Bundesinteresse", das als Voraussetzung für das Festhalten an einer Beteiligung des Bundes gilt, bei jeder Überprüfung zeigt, dass "der vom Bund mit der Beteiligung angestrebte Zweck nicht besser und wirtschaftlicher durch Private erfüllt werden kann".
Was der Staat kann, kann nur der Staat, hat der frühere SPD-Vorsitzende Franz Müntefering immer wieder gepredigt, als er zum Kampf gegen "Manager" und "Spekulanten" aufrief. Formal gelten die inzwischen als begehrte Investoren, die Münteferings Nachfolger Lars Klingbeil mit einem "Investitionsbooster", kürzeren Abschreibungsfristen und damit höheren Renditen anlocken will. Sobald aber der Verdacht aufkommt, Beteiligte strichen unanständige Übergewinne ein, ruft es dort nach strengen Regeln, wo eben noch die Angst vor dem Untergang geschürt worden war, wenn es nicht gelinge, attraktiver für internationaler Geldgeber zu werden.
Untergang mit vielen Gesichtern
Der Untergang hat viele Gesichter. Natürlich erfolgt schon lange nirgendwo im Firmenimperium des Bundes mehr eine "Prüfung auch mit dem Ziel, Freiräume für privates Unternehmertum und für Wettbewerb zu eröffnen, um damit den Wirtschaftsstandort Deutschland weiter zu stärken". Die letzte große Privatisierung war die der Telekom vor einem Vierteljahrhundert. Seitdem wird eher mehr nach Verstaatlichung verlangt, in der Linken sogar nach der Verstaatlichung staatlicher Unternehmen.
Aktuelle Statistiken zeigen das Gegenteil: Nur zwei Branchen in Deutschland schaffen noch neue Arbeitsplätze - der Staat und das - in großen Teilen staatliche - Gesundheitswesen. 2022 waren noch elf Prozent aller Erwerbstätigen in Deutschland im Staatsdienst beschäftigt, 2023 bereits zwölf, 2024 werden es nicht wneiger geworden sein. Binnen eines Jahres stellten Behörden und öffentliche Verwaltungen 60.000 neue Mitarbeiter ein, im Gesundheitswesen und der Pflege waren es sogar 128.000. Gleichzeitig gingen in der Industrie und auf den Bau 350.000 Arbeitsplätze verloren.
Es kommt kein Geld ins Land
Für eine Volkswirtschaft, die kaum darauf hoffen kann, sich in naher Zukunft mit großen Innovationen zurückzukämpfen unter die Nationen, deren Warenexporte in aller Welt begehrt sind, sind das beunruhigende Nachrichten. Wo nicht produziert wird, kann nicht exportiert werden. Wo nichts ausgeführt wird, kommt kein Geld ins Land. Es drohen fortschreitende Wohlstandsverluste, höhere Schulden und ein niedrigerer Lebensstandard. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Nach neuerer Lesart reicht der Staat allein, um Jobwunder zu wirken und sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf der Wachstumsschwäche zu ziehen.
Wenn die Steuereinnahmen steigen und die Zahl der Millionäre sinkt, ist schon viel erreicht, wenn auch noch nicht alles. Geld gehört in die Hände derer, die alles ausgeben. Privates Horten ist nicht verboten, hat aber in Deutschland traditionell einen schlechten Ruf. Wer spart, etwa fürs Alter, drückt damit insgeheim aus, dass er den staatlichen Rentenversprechen nicht weiter traut, als ein Kabinett eine Haltelinie zugleich nach oben und nach unten werfen kann. Ein Rosskur für Neoliberale, die vom Irrglauben nicht lassen wollen, dass weniger Staat und mehr Markt es sind, die andere Weltregionen davoneilen und die zentraler Planung unterworfene EU zurückfallen lassen.
Wie anders alles werden muss
Der Fortschritt auf dem alten Kontinent, er ist einer aus Beschwichtigungen, wie schlimm die Lage letztlich gar nicht sei, kombiniert mit beständig wiederholten Ansagen, wie anders alles werden muss, damit es bleiben kann, wie es ist. Zwischen Wiederaufbau und Transformation liegt meist nur eine Von-der-Leyen-Rede, mit Leidenschaft und voller innerer Überzeugung vor einem zumeist gähnend leeren Saal gehalten.
Wo eben noch alles grün werden sollte, kann heute schon olivgrün ausgerufen werden. Alles ist immer zum Besten aller. Jede Entscheidung, die ganz plötzlich von weither verkündet wird, zeichnet sich durch ihre Alternativlosigkeit aus: Ein Verbrennerverbot kann unumgänglich sein, seine Aufhebung aber ebenso. Grenzen sind sowohl unmöglich zu bewachen als auch problemlos zu kontrollieren. Das wiederum kann als nachgewiesenermaßen vollkommen zwecklos abgelehnt und - von derselben Person - als sehr effektive und nützliche Maßnahme gelobt werden.
Mehr oder weniger
Niemand weiß, was morgen ist, denn richtig klar ist ja nicht einmal, womit wir es heute zu tun haben. Zeitgleich hat Europa nach Angaben des "World Wealth Report 2025" zuletzt sein Ziel erreicht, die Zahl der Millionäre zu senken, während nach Angaben der Bundesstatistiker die Zahl der Millionäre deutlich stieg.
Nach den Daten des Statistischen Bundesamts rund 34.500 Deutsche mit einem Einkommen von mindestens einer Million Euro, im Vergleich zu 2020 ein deutlicher Anstieg von 18 Prozent, wobei nach aktuelleren Zahlen binnen Jahresfrist gut 40.000 Millionäre keine mehr sind. Diese höhere Zahl an Einkommensmillionären verdient ihr Geld zum Entsetzen gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hauptsächlich mit privaten Gewerbebetriebe und durch eigene Arbeit.
Das Gefühl entscheidet
Der SPD-nahe Think Tank, dessen 220 Beschäftigte mehr als ein Drittel ihres Gehaltes direkt Staat bekommen, zeigt sich besorgt über die Zahlen. Mehr Einkommensmillionäre stünden einem Zuwachs an Armut gegenüber, beklagen die Gewerkschaftsfunktionäre die Reichtumsverschiebung nach Übersee. Ist es nicht die wachsende große soziale Ungleichheit, die "Wasser auf die Mühlen derer ist", die demokratische Ordnung grundsätzlich infrage stellen", dann muss es "das Gefühl einer solchen wachsenden großen sozialen Ungleichheit" sein.
Und wie: 134.200 Steuerpflichtige zahlten zuletzt den Steuersatz für Extrareiche. Diese 0,3 Prozent aller Steuerzahler spendierten nach Angaben des Statistischen Bundesamtes fast 16 Prozent aller Steuereinnahmen. Auf die Art geht es allen gut, sehr gut sogar. Die laufenden Geschäfte sind nicht in Gefahr, die Sondervermögen scharren schon mit den Hufen und mit Hilfe einer Übergewinnsteuer für Rüstungsfirmen, die zu großen Teilen dem Bund gehören, kann der Finanzminister sich sogar noch zusätzliche Millionen aus den Rippen schneiden. Plus all die Milliarden, die auf nachrichtenlosen Konten liegen. Und schon ist das Land saniert.
Was wollen Grünlandser?
AntwortenLöschenDas Geld war doch nur eine klimaschonendere Hohlraumversiegelung als sonst in Kfz benutzt wird.
Außerdem ist es eine ziemliche Plackerei, 2 Mio Euronen im Handgepäck über die Grenze zu schleppen. Da kommen je nach Scheinstückelung dann schon etliche Kilo zusammen. Ein Autotransport ist da gesundheitlich einfach weniger belastend.
Wenn Banken und Unternehmen Milliarden hin und her verschieben wie beim Cum-Ex-Ole-Warburg-Skandal und der Steuerzahler das dann sogar doppelt bezahlen muss, rührt sich kein Justizender aus Angst um das Ende seiner erbärmlichen Erfüllungsbüttel-Karriere.
Im besten D aller Zeiten werden inzwischen nämlich die zündelnden Pyromanen als Feuerwehr zum Löschen ihrer Brandstiftungen gerufen.
Kein Wunder also, wenn der Planet sich bei so einem lichterloh funkensprühenden Fachkräfte-Personal erwärmt.