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Am Ende wird abgerechnet: 25 Prozent soll Phillip Amthor einsparen. Mindestens. |
Wie er da steht, schlenkernde Gliedmaßen, breites, jungenhaftes Lächeln und die Ohren weit ausgestellt, wirkt Philipp Amthor keineswegs angestrengt von den die vielen Rollen, die er spielen muss. Der Mann aus Ueckermünde ist in der CDU-Spitze der einzige aus Mecklenburg-Vorpommern, in der Außenwahrnehmung sogar oft der einzige aus ganz Ostdeutschland. Er ist zudem so jung, dass er als einer von wenigen in der Chefetage der Union den größten Teil der jüngeren deutschen Geschichte entschuldigt verpasst hat.
Ein junger alter Mann
Amthor ist im selben Augenblick aber auch alt. Anders als seine Generationsgenossen kleidet er sich betont altväterlich, er ist schrill, aber auf eine andere Art als andere. Ein Gutsherr der Generation X, den Kindern des Millenials, die in den 90ern aufwuchsen und deren Kindheit mit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 endete. Amthor wuchs in Torgelow bei seiner alleinerziehenden Mutter auf, einer gelernten Werkzeugmacherin auf. Er durchlitt eine Adoleszenz in einer Region, deren größte Sehenswürdigkeit die Ueckermünder Heide ist, seinerzeit ein Wolfserwartungsgebiet, heute Heimat mehrerer Rudel. Er liebt Wagner. Ob wirklich, oder als Provokation, das bleibt offen.
Amthor ging in der CDU den Weg der grünen und sozialdemokratischen Kader. Mit 16 Junge Union, mit 18 Landesvorstand, mit 20 erstes Parteiamt. Sein schneller Aufstieg in einer Partei, die ihrer früher konservativen Haltung abgeschworen hatte, erstaunte Beobachter. Dem studierten Juristen fehlte sichtlich es an allem, was ein Spitzenpolitiker mitbringen muss: Er hatte kein Charisma, er fesselte nicht mit leidenschaftlichen Reden, er glühte weder vor Sexappeal wie Robert Habeck noch zog er Menschen als ostdeutscher Herausforderer des früheren ZDF-Schnellsprechers Dieter Thomas Heck in den Bann.
Der Sparkommissar
Philipp Amthor brachte es dennoch zu etwas: Bundeskanzler Friedrich Merz hat den 32-Jährigen jetzt zu seinem Sparkommissar ernannt: Als Parlamentarischer Staatssekretär im eigens für die Verwaltungsertüchtigung neugebildeten Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung soll den Staat modernisieren. Eine Titanenaufgabe, an der schon Größen wie Günther Oettinger scheiterten, die immerhin mit der Erfahrung von Jahren im Amt eines Ministerpräsidenten angetreten waren und von Brüssel aus agieren konnten.
Doch Amthor ist nicht so leicht bange machen. Ohne Vater aufgewachsen, der Mann war Bundeswehrsoldat und verließ die Familie früh, strebte schon der junge Amthor nach Höherem. Gezielt arbeitete er sich als Mitarbeiter von Landtags- und Bundestagsabgeordneten ins politische Geschäft ein. Sein Anker, hat er später einmal erzählt, seien seine Großeltern gewesen, die ihn stark geprägt hätten.
Ein wunderlicher Mitstudent
Während seine Kommilitonen noch über den wunderlichen Mitstudenten schmunzelten, der auftrat wie ein Landadliger und im progressiven Bionademilieu der damals noch als Ernst-Moritz-Arndt-Universität bekannten Hochschule in Greifswald von der Jagd schwärmte, trainierte Amthor als Kreisvorsitzender der JU Vorpommern-Greifswald und als Vorsitzender des CDU-Stadtverbandes Ueckermünde, dass ihm keine Aufgabe zu groß ist, sich nicht in ihr zu beweisen.
Wie alle Parteien leidet auch die CDU unter akutem Fachkräftemangel. Der Blick der Führung glitt nicht lange über den jungen Mann mit dem unverwechselbaren Äußeren hinweg. Mit 31 wurde er Generalsekretär der CDU Mecklenburg-Vorpommern, mit 32 "Mitgliederbeauftragter" im Bundesvorstand der CDU. Die immer noch ein wenig rückständigen Norddeutschen wählten den Neuling 2017 direkt in den Bundestag. 2021 und 2025 behauptete er sein Mandat über die Landesliste.
Gegner des Genderns
Die Leidenschaft des derzeit mit einer Carlotta glücklichen Gegners von Gender-Mainstreaming, Schwangerschaftsabbruch und gleichgeschlechtlicher Ehe gilt schon lange dem der Staatsmodernisierung. Amthor wurde berühmt mit einer Brandrede gegen einen AfD-Antrag zum Burka-Verbot, den er als "groben Unfug" bezeichnete.
Wie ein konservativer Gegenentwurf zur linken Ostmulle Heidi Reichinnek teufelt Amthor in einem Personalstil durch die sozialen Netzwerke, der wirkt: Millionen Aufrufe verwandeln den Mann ohne Lebenserfahrung in der Außenwelt einen Star, wie die CDU ihn sich schon lange ersehnt. Amthor geht dorthin, wo es beim Zuschauen wehtut: Er war schon in der "Heute Show" und auf Twitch hat er gezeigt, dass sich auch im Anzug gamen lässt.
Eine optische Originalität
Der Nachteil ist: Amthor aber bringt in seinen neuen Posten als DOGE-Chef eines Wackelkanzlers, dem der Ruf des Umfallers spätestens seit seiner Absage einer Stromsteuer-Entlastung für alle vorauseilt, nicht viel mehr mit als seine optische Originalität. Mit Bürokratieabbau und der Modernisierung der Verwaltung beschäftigt sich der bundesweit bekannteste Ostdeutsche im 73-köpfigen CDU-Vorstand schon lange, aber rein theoretisch.
Wie die meisten seiner grünen und roten Kollegen hat Amthor nie im bürgerlichen Sinne gearbeitet. Er kennt die "hart arbeitende Mitte" allenfalls aus dem Fernsehen und als Reportagen bei Spiegel TV, doch nicht aus eigenem Erleben. Er spielt die Stimme derer, die er nicht kennt, voller Selbstbewusstsein, aber wenig überzeugend.
Doch in einem Land, in dem jede Forderung nach Staatsrückbau als offener Angriff auf "unsere Demokratie" gewertet wird, ist eine Vorgeschichte, die in einer Tätigkeit als "Fachsprecher für Staatsmodernisierung" in der Unionsfraktion besteht, ausreichend. Dabei hat diese Funktion ihrem Inhaber nur ganz viermal zu öffentlicher Aufmerksamkeit verholfen.
Einen anderen hat die Union aber eben nicht. Oder jedenfalls keinen, bei dem sie sich darauf verlassen kann, dass sein Bestreben, die Verwaltung effizienter und bürgerfreundlicher zu gestalten, Bürokratie abzubauen und den Staat zu modernisieren, letztendlich wie jeder der ungezählten früheren Versuche zu enden verspricht: Nicht nur ohne Ergebnis. Sondern mit einem, das zeigt, dass nur ein stärkerer, weiter ausgebauter Staat in der Lage ist, sich selbst zu beschneiden.
Der richtige Mann
Philipp Amthor ist damit zweifellos der richtige Mann am richtigen Platz. In seiner Vita findet sich ein erfolgreicher Einsatz für die Wiederinbetriebnahme eines Bundeswehr-Truppenübungsplatzes, auch sein beständiges Engagement für die Anerkennung ostdeutscher Lebensleistungen und seine steten Forderungen nach Chancengleichheit für junge Ostdeutsche sprechen für sein Durchsetzungsvermögen.
Der Mann aus Vorpommern ist auch keiner, der sich schnell in die Büsche schlägt, wenn Gegenwind aufkommt. Jedes Mal, wenn ihm seine Gegner einen Strick drehen wollten, schüttelte er die Vorwürfe ab. Beim Werbefoto mit den "Freiheit für Haverbeck"-Nazis hatte er den T-Shirt-Aufdruck nicht gesehen. Seine Lobbyarbeit für das IT-Unternehmen Augustus Intelligence, dem er nebenberuflich als Aufsichtsrat diente, war nie böse gemeint. Am Ende waren die Aktienoptionen dann auch nicht wert. Und Amthor schwor: "Ich bin nicht käuflich".
Der ausgefallene Zwist
Alles passt zusammen. "Hey Rezo, du alter Zerstörer", hatte Philipp Amthor dem blauhaarigen Youtuber entgegenschleudern wollen, der im Coronasommer 2020 versucht hatte, der letzten Volkspartei "überspitzt, wütend und unfair" (Die Zeit) die Leviten zu lesen. Damals war eine solche "Flachwitz-Anspucke" (Rezo) gegen eine Regierungspartei noch erlaubt. Die Medien waren begeistert, das Land hatte keine anderen Probleme und konnten den ausgefallenen Zwist zwischen dem Wuppertaler mit dem Nannen-Preis und dem ostdeutschen Kleinstadtjungen mit den süßen Segelohren begeistert feiern.
Philipp Amthor hat die Pleite überlebt. Jetzt geht er seinen größten Kampf an. Als einer von 38 Parlamentarischen Staatssekretären der schwarz-roten Koalition - noch 20 Jahre zuvor hatten den Bundesministerien höchstens 27 ausgereicht - ist der Sparfuchs ein "machtpolitischen Instrument" (Bund der Steuerzahler) des Bundeskanzlers, der den Eindruck erwecken soll, es gehe um "Effizienz und Einsparungen bei Behörden". Mit "weniger Bürokratie, schlanke Behörden, mehr Effizienz" wurden die Ziele des Engagements des schrägen Christdemoraten umschrieben.
25 Prozent Einsparung soll Philipp Amthor rausholen, mindestens.
Scheitert er bis 2029, wäre das kein Beinbruch. Ursprünglich war 2009 geplant.
Es hat mir in meinem Leben
AntwortenLöschenSo nichts einen Stich ins Herz gegeben
Als des Menschen widrig Gesicht.
(Gretchen - eigentlich meint sie Mephisto)
Wahrlich, allein für diese Flabbe, nur dafür, möchte man ihn ... lassen wir besser ...
Phillipp, dieser ewige Kabe mit juristischer Sonderbegabung und dem Amt nebst germanischem Donnergottes bereits im Namen, könnte angesichts der Verteufelung unislamischer denkender älterer Männer zum Hoffnungschimmer einer jungen kriegsertüchtigten Vielfaltsgesellschaft werden, die gegen Wokismus immune Russen mit bombastischen Westwerte-Argumenten zwangsmissionieren will.
AntwortenLöschenGroßer kleiner Fitz-Cäsar, die Iden des Merz nahen, denn ein Brutus lauert bereits im Senat auf seine Chance, den Schildbürgerstaat vom Schwarzfelsen-Tyrannen zu befreien.
Dann kann mit Sondervermögen endlich richtig gespart werden.
Nicht bei Volkvertröter-Diäten und Beamtenpensionen, nein, nur bei Rentnern und sozial wirklich bedürftigen Einheimischen. Außerdem wird ein Kruppstahl-Soli für Rheinmetall bereits in Vorbereitung sein, um unsere wenig klimaschonenden eisernen Raubkatzen rasch zu vermehren.
Amthor in echt
AntwortenLöschenhttps://die-anmerkung.blogspot.com/2021/09/bundestagswahl-im-spiegel-der-schuldigen.html
endlich ein denkmal für ihn! so verdient
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