Donnerstag, 13. November 2025

Faktencheck: Was ist da los im Weihnachtsland?

Wie eine Einladung: Seit Betonpoller alle Weihnachtsmärkte schützen, hat sich die Zahl der Vorfälle erhöht.

Gefundenes Fressen für rechte Trolle, Systemzweifler und Gegner der demokratischen Mitte. Weil Behörden nach dem Weihnachtsmarktvorfall von Magdeburg im vergangenen Jahr verstärkt auf Sicherheit und Gesundheit von Besuchern achten, streuen bestimmte Kreise Gerüchte über abgesagte, aufgefallene oder verbotene Christmärkte. Dabei bedienen sie sich den klassischen Methoden der Desinformation und der Hilfe ausländischer Informationsmanipulatoren, die mit ihrer Einmischung Verunsicherung sähen wollen. Solche Vorgänge, warnt das Bundesblogampelamt (BBAA) im mecklenburgischen Warin, stelle eine ernsthafte Bedrohung für unsere Gesellschaften dar.  

Die EU geht gegen Falschmeldungen vor 

Die Mitarbeiter*innen der Meinungsfreiheitsschutzaufsicht dort haben zuletzt akribisch analysiert, wie  Weihnachtsmärkte durch gezielte Falschinformationen über angebliche Absagen untergraben werden soll. Zwar hat die Europäische Kommission mit dem Europäischen Zentrum für demokratische Resilienz - einem zentralen Bestandteil des European Democracy Shield -  bereits begonnen, mit einem neuen Instrument gegen hybride Angriffe und Desinformation aus dem Ausland vorzugehen. Doch deutsche Weihnachtsmärkte sind besonders anfällig für Fake News – die sich jedoch bei genauerer Betrachtung und gründlicher Recherche schnell enttarnen lassen. 

Falsch ist, dass auf X und TikTok, aber auch bei Facebook und in verschiedenen Medien behauptet wird, in Deutschland müssten Weihnachtsmärkte wegen zu hoher Sicherheitsanforderungen abgesagt werden. Das ist nicht der Fall. Einzelne Absagen gibt es – aber aus verschiedenen Gründen, etwa weil Behörden keine Genehmigung gegeben haben oder Veranstalter keine Veranlassung sahen, ausreichend in Sicherheit zu investieren. Richtig ist also, dass vereinzelt Weihnachtsmärkte aus verschiedenen Gründen abgesagt werden. Etwa, weil Veranstalter wegen des sich verschärfenden Klimawandels nicht mehr dem früher jahreszeitüblichen Schnee rechnen. 

Sicherheitskosten spielen keine Rolle 

Die Falschbehauptung aber, dass es Sicherheitsgründe seien, die vielerorts den Ausschlag gäben, erfüllt bekannte Merkmale von Desinformation. Offenkundig zielt die Fake News darauf ab, Unsicherheit zu schüren und Menschen Angst vor einem Weihnachtsmarktbesuch zu machen. Interessierte Kreise versuchen ganz offensichtlich, den Eindruck zu erwecken, als lasse sich Deutschland durch einige Vorfälle der vergangenen Jahre seine Art zu leben nehmen.

Das haben sowohl Angela Merkel als auch Olaf Scholz bereits mehrere Male ausdrücklich ausgeschlossen. Auch Friedrich Merz hält an dieser klaren Linie fest: Ausdrücklich hatte er Weihnachtsmärkte bei seiner berühmten Stadtbild-Kritik ausgeklammert. 

Weihnachtsmärkte waren, sind und sie bleiben sicher. Wo das noch nicht der Fall ist, arbeiten Behörden, Kommunen und Veranstalter in diesen Tagen und Stunden vor dem 1. Advent gemeinsam daran, ein sicheres Glühweinerlebnis zu ermöglichen. Dass es sich bei jedem Weihnachtsmarkt um einen potenziellen Anziehungspunkt für Gewalttäter handelt, wie die Magdeburger Oberbürgermeisterin Simone Borris aus einem offiziellen Schreiben des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt zitiert hatte, ist zwar zutreffend. 

Nie so gut wie heute 

Doch die Sicherheit in Deutschland war insgesamt noch nie so gut gewährleistet wie heute. Im vergangenen Jahr allein sankt die Gesamtzahl der polizeilich erfassten Straftaten um weitere 1,7 Prozent auf nur noch 5,84 Millionen. 2015 waren es noch mehr als 5,9 Millionen gewesen, 2005 sogar mehr als 6,3 Millionen. weniger Straftaten als aktuell hatte es - abgesehen von der Corona-Zeit - überhaupt nur Anfang der 90er Jahre gegeben.

Was die Idylle trübt, sind die Querschüsse von  Zweiflern und Scharfmachern, die zur eigenen Unterhaltung oder gegen Rechnung für fremde Mächte Unruhe schüren. Die gestreuten Gerüchte über eine vermeintliche Weihnachtsmarktkrise sollen die Konsumlaune trüben, dem Einzelhandel die inzwischen einzige umsatzträchtige Zeit im Jahr verderben und die Bundesregierung zwingen, ihre zuletzt zunehmend optimistischeren Konjunkturprognosen zurückzunehmen. 

Als Nebenwirkung ist fest eingeplant, dass die Festtage für Millionen Familien überschattet werden: Wenn Fake News eine Bedrohungslage suggerieren, werden Bürgerinnen und Bürger daran gehindert, fundierte Entscheidungen zu treffen und das Risiko, auf einem sicher abgepollerten Weihnachtsmarkt Opfer einer Straftat zu werden, korrekt einschätzen zu können.

Ein einfacher Trick 

Die Täter bedienen sich dabei eines einfachen Tricks. Sie behaupten, dass es keine absolute Sicherheit gebe, nicht einmal auf Weihnachtsmärkten, die von den Behörden als sicher eingestuft und zugelassen worden seien. Rechte Politiker*innen geben diesem Affen gern Zucker. Provokant reden sie von "Weihnachtsmärkten ohne Poller", als habe es sich seinerzeit bei der Austragung dieser oft über Wochen laufenden Veranstaltungen ohne ausreichende Sicherheitskonzepte nicht um bedauernswerte Vorgänge, die - zum Glück überwundene - eine kollektive Verantwortungslosigkeit zeigen.

Viele gängige Klischees über deutsche Weihnachtsmärkte sind über viele Jahre zum Exportschlager geworden. Seit Jahren wird unter Tannenbaum, mit Weihnachtsmann und Glühweinstand weltweit im deutschen Stil in die Weihnachtszeit gefeiert, bislang meist noch ohne vom Tüv abgenommene Terrorsperren, Nato-Drahtverhaue und versenkbare Nagelbretter. Vielerorts fehlt es global nicht nur am Bewusstsein für die Gefahr, sondern auch an einem entsprechend aufgeblähten Verwaltungsapparat, der Zufahrtsschutz und die Organisation der Sicherheitskräfte aus fachlicher Sicht zu optimieren weiß.

Nur eine kurze Fahrt 

In Deutschland gibt es im Vergleich zu anderen Staaten ohnehin kein Weihnachtsmarktdefizit. Zwischen 2.500 und 4.000 solcher Märkte werden hierzulande veranstaltet - trotz der vereinzelten Absagen aus Angst vor Terror und steigenden Sicherheitskosten ist die Weihnachtsmarktdichte in Deutschland verglichen etwa mit der in den Vereinigten Staaten überaus beeindruckend. Niemand in Deutschland muss auf seinen Weihnachtsmarktbesuch verzichten. Oft sind es nur Minuten oder eine Stunde vom eigenen Wohnort bis zum nächsten heimeligen Märchenwald mit Lebkuchen- und Glühweinbude.

Weihnachtsland ist immer nur einen kurzen Abstecher entfernt, wenn man nicht den Untergangsparolen glaubt, die sehr ähnlich sind, obwohl sie auf verschiedenen Kanälen veröffentlicht werden. Nach Angaben des Schaustellerverbands wird die große Mehrheit der Feste stattfinden, "gut vorbereitet, sicher und mit der allseits beliebten festlichen Atmosphäre". 

Demnächst im Wirkbetrieb 

Das sind die reinen Fakten, wie sie zweifellos auch das Europäische Zentrum für demokratische Resilienz bestätigen wird, sobald die Disinformation-Unit unter der federführenden Verantwortung von Justizkommissar Michael McGrath den Wirkbetrieb aufgenommen hat. Im nächsten Jahr können Falschmeldungen zu Weihnachtsmärkten dann bereits durch die zentrale Anlaufstelle für den Informationsaustausch zwischen EU-Staaten und EU-Institutionen abgewehrt werden. In diesem Jahr aber müssen hybride Angriffe wie die koordinierten Online-Desinformationskampagnen auf die zentralen Orte der deutschen Weihnachtskultur noch improvisiert abgewehrt werden.

In der Sammlung "Mythos und Wahrheit" finden Interessierte bis dahin die schönsten Antworten auf rund 30 Vorurteile und Falschmeldungen zum Schmökern und Schlauerwerden. Spätestens wenn der üble Querdenker-Schwager am Glühweinstand auftaucht, lässt sich mit der amtlich geprüften und abgenommenen Argumentationshilfe in der Hand viel Gutes bewirken.

4 Kommentare:

  1. Da verewige ich mal ein Zeller-Zitat:
    Was kann es gemütlicheres geben als einen Glühwein in der Messerverbotszone?

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  2. OT. Einer der Hauptakteure bei der GFF, der Gesellschaft für Freiheitsrechte, ist Malte Spitz. Er agiert als Geschäftsführer ...
    Spitz. Ein sprechender Name, so wie Stechus Kaktus oder Shlomo Wajntraub.

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  3. Kaum ist EU-Justizkommissar Micheal McGrath im Amt - schon geht es der BBC an den Kragen.
    Guter Mann!

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  4. "abgepollerten Weihnachtsmarkt". Machen wir aus dem o ein u erhalten wir "abgepullert". So waren die Weihnachtsmärkte in der guten alten Zeit. Der Unterschied ist also nur ein Buchstabe. Deshalb so ein Aufstand.

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