Sonntag, 10. Oktober 2010

Die Helden der Anderen

Werner Bredebusch war unbelehrbar. Statt wie sein späterer Wiedergänger Gerd Wiesler, den der große Ulrich Mühe spielte, ehe er starb, knieweich zu werden und den universalen sozialistischen Werten von Gleichheit, Freiheit aller nicht Andersdenkenden und Brüderlichkeit abzuschwören, hielt Bredebusch unter dem Decknamen "Achim Detjen" im Namen von Frieden und Völkerverständigung Augen und Ohren offen. Nicht er selbst natürlich, sondern Armin Mueller-Stahl, seinerzeit ein hellwacher Verteidiger des Fortschritts gegen seine zahllosen Feinde im Reich des Imperialismus.

"Das unsichtbare Visier" fegte in der notorisch wenig abenteuerlichen DDR die Straßen leer. Bredebusch, im Fernsehen punktgenau gestartet, als Friedenskundschafter Günter Guillaume in der echten Welt daran ging, SPD-Kanzler Willy Brandt zu stürzen, schleicht sich als vermeintlich gefallener Jagdflieger ins Leben der Anderen in der BRD ein und versucht dort mit ganzem Einsatz, das fürchterliche Treiben von alten SS-Seilschaften und neuen Kapitalistenschweinen und Kriegsgewinnlern zu unterbinden.

Beinahe so engagiert, wie heute der sachsen-anhaltinische Innenminister, der Chef des BKA oder fördermittelgetriebene Berufswarner vor einem unmittelbar vor der Errichtung stehenden 4. oder 5. Reich kommt Müller-Stahl, anfangs ein williger Ost-Bond, laufend faschistischen Organisationen auf die Spur. Er enthüllt, wie sie deutschen Naziverbrechern Unterschlupf gewähren, er deckt Atomkriegspläne auf und verhindert durch sein beherztes Eingreifen unter Lebensgefahr den Ausbruch diverser Konflikte, die Millionen Menschenleben gekostet hätten.

Ein Jack Bauer in gefühltem Schwarzweiß, der keine Maschinengewehre braucht, um die Schlachten des Kalten Krieges für sich und die Seinen zu entscheiden. Ein Held, wenn auch aus heutiger, demokratischer Sicht ein Held der Anderen. Bredebusch spitzelt und verrät, aber im Unterschied zu allen Stasi-Filmen, die später gedreht wurden, ist er ein grundsympathischer Kämpfer für das Gute, dessen Heimat die in den 16 Episoden weitgehend unsichtbar bleibt. "Das Böse ist ein System aus Faschisten, Rüstungsfanatikern und CIA-Spitzeln", schreiben Filmkritiker ihm heute hinterher, wo der Kapitalist, der am Ende siegreich geblieben ist, die große DVD-Box mit allen Abenteuern des Weltfriedenskundschafters anbietet. Es handele sich hier, "trotz Anti-West-Ideologie", heißt es, um "eine brillante Spionageserie mitten im Kalten Krieg".

6 Kommentare:

  1. Aber die Bösen waren im Grunde auch sehr menschlich und sympathisch. Oder nicht? Ich hab den Wilson und Krösing und den Felgenkamp gemocht.

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  2. VolkerStrammOktober 10, 2010

    Das war ja die Stärke der Filme.
    Der Held kein Chefideologe, sondern ein sympathischer Abenteurer (James Bond für Arme). Und auch die Bösen waren menschlich.
    Ich fand das Unsichtbare Visier ganz gut.

    Dass einem die ganze Richtung nicht passt, steht auf einem anderen Blatt. Aber ich erinnere mich, dass sich James Bond in Afghanistan ganz gut mit den Islamisten (die damals noch in der Rubrik "Freiheitskämpfer" einsortiert waren) vertragen hat.

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  3. War das nicht Rocky, der alleine mit einem Panzer bewaffnet, Afghanistan befriedigte? Äh, befreite. Tschuldigung. Befriedete.

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  4. Ich glaube, das war eher Gizmo, der legendäre Mogwai.

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  5. VolkerStrammOktober 11, 2010

    grrrh.
    ... es war Rocky.

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  6. Nein, der Beste in der Richtung wurde ausgezeichnet: "Rambo III erhielt von der Filmbewertungsstelle Wiesbaden (FBW) das Prädikat Wertvoll".

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