Montag, 22. April 2013

Kommando zurück für den "Vorwärts"


Große Enttäuschung bei Oliver Preuss von der "Soligruppe für Lothar König". Große Trauer auch bei Jörg Völkerling, einst bekanntgeworden als Kachelmann-Paparazzo. Mit ihm leidet Friedrich Burschel von der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Auch beim Schlagerradio Arabella und der SPD-Zeitschrift "Vorwärts" ist der Sekt wieder zugemacht worden: Das Oberlandesgericht in München hat die führenden Vertreter der demokratischen Öffentlichkeit erst zum großen NSU-Prozess eingeladen. Und ihnen dann nach einem Protest türkischer Zeitungen wieder abgesagt.

Seitdem reist das ganze Land nach Jerusalem und nichts deutet daraufhin, dass die Musik gestoppt wird. Wie einfach war das doch damals, als das letzte große Nazi-Verfahren in Deutschland über die Bühne ging! Auf der Anklagebank Göring, Speer und Dönitz, auf den Pressehockern wahre Giganten der Feder. Willy Brandt berichtete für skandinavische Zeitungen. Deutsche gab es gerade nicht. Neben ihm hockten Ernest Hemingway und Erika Mann, Ilja Ehrenburg und Louis Aragon waren da, John Steinbeck, Erich Kästner, Konstantin Fedin, Robert Jungk, Martha Gellhorn, Victoria Ocampo, Peter de Mendelssohn, Rebecca West und John dos Passos. "Selbst China", lobten zeitgenossen, "hat einen Berichterstatter entsandt".

An die 250 Journalisten und Schriftsteller berichteten damals über die Nürnberger Prozesse, gemeinsam übernachteten die meisten auf dem Stammsitz derer von Faber-Castell. Die Giganten teilten sich Gemeinschaftsschlafsäle, Geschichte wurde gemacht und genialisch notiert. Ein Weltkrieg war gerade zuende gegangen, das Land lag in Trümmern und der größte Prozess aller Zeiten ging seinen Gang.

Heute dagegen: Kein Prozess, nirgends. Auf der Anklagebank Beate Zschäpe, die Terrorbraut. Vor ihr kniet der Innenminister, der der über ein geheimes Zeitungsnetzwerk bettelt: Gestehe doch, das wär´so schön! Mit ähnlichem Format waren im ersten Anlauf auch die Beobachterreihen besetzt: Oliver Preuss, der noch nie eine Zeile selbst geschrieben hat. Jörg Völkerling, Friedrich Burschel und die Mannschaft von Radio Arabella.

Hier drohen nach der Verlosungsveranstaltung unweigerlich neue Klagen. Auch das NSU-Begleitboard PPQ hat bereits angekündigt, vor das Verfassungsgericht ziehen zu wollen, sollten Vertreter der Redaktion vom Gericht auch im zweiten Anlauf keinen angemessenen Platz im Gerichtssaal zugewiesen bekommen. Opfer des Verfahrens haben parallel dazu klargemacht, dass sie auf einer Live-Übertragung aus dem Gerichtssaal bestehen. Der Anwalt Thomas Bliwier argumentiert, man könne nur so dem enormen öffentlichen Interesse an dem Verfahren gerecht werden. Auch für eine spätere Kino- und DVD-Auswertung ließen sich die Live-Bilder verwenden.

Warum kein Public Viewing

4 Kommentare:

  1. "Auf der Anklagebank Beate Zschäpe ..."

    Es sitzen noch vier andere Angeklagte auf der Bank, Merkwürdig, daß bei denen unsere Qualitätspresse so sehr ruhig ist und praktisch nicht berichtet.

    Vor allem wird nicht berichtet, wie ein OLG ein Urteil sprechen soll, wenn bei zwei Angeklagten das BGH bereits gegenteilige Beschlüsse gefaßt hat.

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  2. Bilder zum Public Viewing hier und hier.

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  3. Public Viewing:
    Für die Internationale Presse (neben TGI), also Washingtonpostnewyorktimeslosangelestribunelastampa
    lemondevolkskrantlequotidienguardiantelegraph
    independentchicagotribunecorrieredellaseraPRAWDA
    aftonbladetdagbladetlefigaroshimbun1-7 sind exakt 4 Plätze freigehalten worden (die man sich mit deutschsprachigen Blättern, die im Ausland angesiedelt sind, teilen muß).

    Vier Plätze für die Welt, die auf uns blickt.

    Ich vermute, wenn wieder eine Südamerikanerin behauptet, im Bahnhofs-WC von Lugano sei an ihr ´rumgeschnitzt worden, wird wieder binnen 24 Stunden die komplette Weltpresse am Start sei.

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  4. Unvergessen in der Ahnenreihe historischer Berichterstattung aus dem Bayerischen der Verfasser russischer Kochkunstbücher Markus Wolf.

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