Freitag, 24. Februar 2017

Für fairen Fasching: Karneval ohne Kostüme

Wenn weltweiter Jubel zu Diskriminierung wird: Tom Neuwirth konnte noch als "Conchita Wurst" auftreten, im Karneval aber ist das Verkleiden als Transvestit jetzt erstmals verboten.

Als Indianer gehen, als Kleiner Muck, als Frau, Muselmann aus 1000 und einer Nacht? Als Betonhindernis? Schwein? Kuh? Ratte? Nackter? Gräfin im Pelz? Als Lastwagen oder Polizist? Um Gottes Willen! Beim ersten Hochsicherheitskarneval der deutschen Geschichte sind Veranstaltungsteilnehmer aufgefordert, bestimmte Kostüme nicht zu tragen - wer gegen das Verbot verstößt und zu stark provoziert, dem drohen rechtliche Konsequenzen – wie ein Bußgeld, eine Strafanzeige oder sogar Festnahme und Gefängnis.


Grund für den Wandel ist eine höhere Sensibilität für fragwürdige Faschingsbräuche wie die Verkleidung mit Kostümen, die rassistische, sexistische, kulturalistische oder religiöse Stereotype stärken. Vor allem Europäerinnen und Europäer waren es über Jahrhunderte hinweg gewohnt, die dritte Jahreszeit zu nutzen, "um Ausbeutung und Unterdrückung von bestimmten Menschengruppen zu rechtfertigen", wie es auf der Diskriminierungsseite des Oegg e.V. heißt.

Häufig völlig unbewusst trugen Kostümträger in der Vergangenheit dazu bei, die Zeit des Kolonialismus und der sogenannten „Entdeckungen“ zu glorifizieren und Massenmorde und andere Gräueltaten zu verharmlosen. Das bereits bei Kindern beliebte „Indianderkostüm“ und andere diskriminierende Verkleidungen wie den Südseekönig, die Frau im kurzen Rock, den an Marx oder Dickens erinnernden Herren im schwarzen Gehrock oder den an die Gruppe Village People gemahnenden Polizisten gaben Ältere immer wieder an die nächste Generation weiter.

Auch Menschen, die sich nach dem Vorbild des Trans-Aktivisten Conchita Wurst im Karneval als Frau verkleiden, sind sich der stigmatisierenden Wirkung ihrer Kostümierungen wohl in den seltensten Fällen bewusst. Das diskriminiert und stärkt Stereotype, die Ungleichbehandlungen rechtfertigen, jedes Jahr aufs Neue.

Mit einer Aufklärungskampagne halten Verfechter eines fairen, nachhaltigen und gerechten Karnevals jetzt dagegen: „Ich bin kein Kostüm!“ heißt es auf Plakaten, die vom Forum gegen Rassismus und Diskriminierung in Deutschland aufgegriffen und mit Geldern des Antidiskriminierungsverbandes Deutschland, die Amadeus-Antonio-Stiftung sowie der linken Bundestagsfraktion finanziert werden. In sechs Motiven zeigen sie Menschen, die von alltagsrassistischen Kostümtraditionen betroffen sind, darunter Indianer, Neger, Conchita Wurst, Asiatinnen, Selbstmordattentäter und Haremsfrauen.

Die provokanten Motive sollen eine Mahnung an die Mehrheitsgesellschaft sein, zu neuen kreativen und inklusiven Karnevalstraditionen zu finden, etwa, indem in Workshops mit Betroffenen eigene Vorschläge für faire Kostüme und rassismusfreie Verkleidungen erarbeitet werden. Denkbar und diskriminierungsfrei wäre es zum Beispiel, als Möbelstück, Schuh, Brot oder Märchenfigur zu gehen, in letzterem Falle aber ist zu beachten, dass sich nicht alle Märchen gleichermaßen als Vorlage eignen. Genauere Auskunft geben die Kostüm-Experten bei info@oegg.de.

8 Kommentare:

  1. Immerhin haben sie mit ihren lustigen Pakaten en passant den Ernst der realen Lagesituation offen gelegt.

    Die Linke. sei ein Verein der Bundestagsfraktion, heißt es auf den Plakaten. Wie wahr, wie wahr. Da versteht sich von selbst, daß man einen Verein, dem alles Wurst ist, nicht mit einer Conchita Wurst bewirbt.

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  2. darüber war ich auch erstaunt. vermutlich ist das ein steuersparmodell

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  3. My Carnival

    https://www.youtube.com/watch?v=hlpRpz4YAkQ

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  4. Ich bin kein Kostüm, weil Er das sicherlich nicht gewollt hätte!

    https://pbs.twimg.com/media/C5ZoDzxWcAA_qks.jpg

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  5. Ich gehe als Schiefertafel! - Hä? - Ja, mit mir kann man rechnen! - OK, Kalauer.
    Gewisse Märchenfiguren gehen aber auch nicht. Bei Rumpelstilzchen z.B. würden David und Liza am Rad drehen: Kann ofenkundig zwar aus Stroh Gold spinnen, aber wenn man ihn direkt beim Namen*** nennt - das hat dir der Teufel gesagt!
    ***Fängt in den meisten europäischen Sprachen mit "J" an, auf Italienisch aber mit "E", auf Tschechisch mit einem "Z" with such a sign above it.

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  6. Die sind das.

    http://www.fraktionsverein.de/der_verein/

    Der Verein verfügt über kein eigenes Büro und keinen Mitarbeiterstab. ... Weder die Mitarbeiter in den Abgeordnetenbüros, noch die Fraktionsmitarbeiter sind mit den Vereinsgeschäften vertraut, ein telefonischer Kontakt ist daher nicht möglich.

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  7. 'Karnevalbehörde für korrektes Verkleiden' ...Februar 25, 2017

    Ralf 'Hetzer' Stegner versus hate-Puppe: "Das ist nur zu 65% okay!"

    Schwarzer Michael Jackson vs. weißer Michael Jackson_ Araber vs. 'Lawrence of Arabia': This is Not Okay!

    Kann das mal jemand für Darth Vader oder Harry Potter machen....?

    knowyourmeme.com/We-are-a-Culture-not-a-Costume

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