Mittwoch, 1. August 2018

Facebook-Fake: Wovon deutsche Medienhäuser träumen

"Wer alle erreichen will, muss auf den Sinn verzichten". (Matthias Deutschmann)
Trumps Sieg bei den Präsidentschaftswahlen organisierten bekanntlich Hackergruppen aus Mazedonien, denen wackere deutsche Reporter erst mit Verspätung die Maske vom Gesicht reißen konnten. Russentrolle, Fake-Fabriken, Twitterkonten, bei denen sich Menschen für andere ausgeben - die große Frage, die sich die Manager in deutscher Medienhäusern immer wieder stellen, blieb aber stets, wie Mazedonier und Russen in einer ihnen fremden Sprache schaffen, was den Sodial-Media-Teams der deutschen Leitmedien nicht mal im eigenen Idiom gelingt: Binnen kürzester Zeit mit nur ganz wenig finanziellem Einsatz hunderttausende Leser zu finden, Leser zumal, die jede plumpe Lüge glauben und den Initiatoren - auf bisher nie geklärte Weise - auch noch Millionen Werbedollar in die Kassen spülen.

Rund 100.000 Dollar reichten nach früheren Angaben, Trump ins Amt zu manipulieren. Denn, so die neueste Erkenntnis von "Zeit", FAZ, "Spiegel", "Stern", Taz, FR, SZ und allen anderen Abspielstationen gleichlautender Erkenntnisse, für diese 100.000 Dollar zeigte "Facebook 126 Millionen Nutzern russische Propaganda". Eine gewaltige Zahl. Um sie zu erreichen, müssten alle deutschen Zeitungen zusammenlegen und ihren Lesern acht Tage lang dieselbe ganzseitige Anzeige zeigen, die einerseits sofort absolut mitreißend wirkt, schließlich haben die Russen so die US-Wahl gewonnen. Andererseits aber keinerlei Hinweis auf die mazedonischen oder russischen Urheber gibt, denn schließlich musste die allwissende Datenkrake Facebook monatelang forschen, ehe sich letzte Gerinnungsspuren fanden.

Und nun schon wieder. Wie die Hamburger "Zeit" berichtet, haben kürzlich "zahlreiche Facebook-Accounts und -Seiten" (Zeit) versucht, "Einfluss auf die US-Kongresswahlen zu nehmen". Nun sollte man meinen, bei 1,5 Milliarden Facebook-Nutzern müsse eine Zahl höher als bei 32 liegen, um als "zahlreich" durchzugehen. Aber um genau 32 Accounts geht es hier, mit denen die - unbekannten, also wahrscheinlich russischen - Manipulateure darangingen, ihnen genehme Leute in den Kongress zu putschen. Acht Facebook-Seiten, 17 Facebook-Profile und sieben Instagram-Accounts.

Und das reicht, die Wahlen in der größten Demokratie der Welt zu beeinflussen? Beneidenswert aus Sicht deutscher Leitmedien: Die erste der Seiten, die inzwischen von Facebook gelöscht wurde, ging im März 2017 online, die letzte Seite im Mai 2018. Allein eine davon fand zwischenzeitlich 290.000 Fans, die ihr folgten. Zum Vergleich: Die "Zeit" brachte es in acht langen Jahren täglichen Kampfes auf Facebook gerade mal auf das Doppelte.

20.000 Einträge mussten Zeit-Redakteure bis dahin produzieren, den russischen Fakern reichten 9.500 Postings, 150 Facebook-Anzeigen für überschaubare 11.000 US-Dollar und 30 selbsterstellte Veranstaltungen, von denen die größte 4.700 Interessenten und 1.400 zu erwartende Teilnehmer hatte. Wobei die "Zeit" nicht mitteilt, was das für eine Veranstaltung war, ob sie stattfand und wie viele Fans wirklich erschienen. Qualitätsabschreibübungen, diesmal aus der New York Times, deren Erwähnung die "Zeit" allerdings ebenso vermeidet wie das dort durchaus erwähnte Event: “No Unite the Right 2 — DC”.

Wichtiger für Hamburger, aber auch für den kläglichen Rest der Branche, wäre wohl ohnehin, endlich zu erfahren, wie das funktioniert: Nur mit kindischen Bildchen, dem Rätselspruch "We empower your gente" und regierungsfreundlichen Fake News sammelten „Aztlan Warriors“, „Black Elevation“, „Mindful Being“ und „Resisters“ zehntausende Likes.

Das Wie würden sie nun alle gern wissen, um die Methode künftig selbst zu nutzen.

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