Montag, 17. Februar 2020

Armin Laschet: Der Zwerg heiligt die Mittel

Merkelianer Nachfolger Merkel
Armin Laschet gilt unter Merkelianern als Hoffnungsträger, außerhalb der CDU aber ist der frühere Chefredakteur einer Kirchenzeitung kaum bekannt.


Nur ein Meter einundsiebzig misst Armin Laschet, der politische Riese, der nach Ansicht der gemäßigten Merkelianer in der CDU zwischen Deutschland und dem Untergang steht und in diesen Tagen, die für alle Zeiten die nach Thüringen sein werden, nicht weiß, ob er schon aus der Kulisse treten soll. Die Lage ist unübersichtlich und sie ist unhaltbar: Einerseits regiert da in Berlin immer noch Angela Merkel, eine Kanzlerin, deren Lebenstraum es ist, nach Hitler und Adenauer auch noch den gehassliebten Helmut Kohl an Amtszeit zu übertreffen. Andererseits sind da Friedrich Merz und Jens Spahn, die beiden anderen KandidatInnen auf den Parteivorsitz, der nach einem Beschluss der noch amtierenden CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer künftig wieder verbunden sein soll mit dem Kanzleramt.

Für Friedrich Merz ist das kein Problem. Er hat über seine Kandidatur für den CDU-Chefsessel keinen Zweifel gelassen und klar ist, wenn es macht, dann hat Angela Merkel nur noch ein paar Tage, allenfalls Wochen Zeit, ihre Dinge zu ordnen, die Akten zu säubern und im Büro aufzuräumen. Merz würde aus dem Kanzleramt in den Wahlkampf gehen wollen. Und wenn die SPD ihm die Gefolgschaft versagt, umso besser, denn dann kann er, der kalte Hund aus dem Hochsauerland, im Wahlkampf nach allen Seiten austeilen.

Merz ist der Hoffnungsträger derjenigen, die die Ära Merkel lieber heute als morgen beenden und neu anfangen wollen. Rücksicht auf die Kanzlerin, der sie vorwerfen, spätestens seit 2015 so ziemlich alles falsch gemacht zu haben, wird hier niemand nehmen.

Armin Laschet hingegen, der verglichen mit Merz und Spahn von geradezu zwergenhaftem Wuchs ist, muss. Der Mann, den Merkel selbst wohl nach den Enttäuschungen mit Ursula von der Leyen und Annegret Kramp-Karrenbauer am liebsten als Erbfolger hätte, darf noch nicht aus der Deckung kommen. Seine Gefolgsleute würde ihm nicht verzeihen, die immer noch beliebteste Politikerin Deutschlands vorzeitig aus dem Amt zu drängen, auch wenn sie womöglich gleichzeitig die am meisten gehasste ist. Gleichzeitig muss er aber, um den Konkurrenten nicht das Feld zu überlassen. Und einerseits muss er sich in der Mitte die Bewerberfeldes platzieren. Andererseits darf er nicht die Merkel machen.

Dagegen hat es Jens Spahn gut. Er kann in Ruhe abwarten, denn seine Zeit wird später kommen. Schon ein Blick auf die CDU-Nomenklatura, die an eine nahezu nadellose Weihnachtstanne aus DDR-Zeiten erinnert, verwandelt den Gesundheitsminister in einen Hoffnungsträger: Neben ihm hat es von den halbjungen und jüngeren CDU-Politikern nur die bizarre Simpsons-Figur Philipp Amthor zu einiger Bekanntheit geschafft. Wenn also die Generation der Haudegen aus den Geburtsjahrgängen 1950 bis 1969 abgetreten ist - wer wird es dann zwangsläufig machen müssen?

Bis dahin wird im Grunde genommen ein Übergangskandidat gesucht, einer, der ein bisschen aufräumt und das Staatsschiff auf einen Kurs bringt, der den Passagieren nicht das Gefühl vermittelt, man sei auf einer Art "Titanic" unterwegs. Allerdings mit dem Ziel, alle entgegenkommenden Eisberge zu umarmen und ihnen klarzumachen, dass Deutschland ein partnerschaftliches Verhältnis mit allen Naturgewalten anstrebt und bereit ist, frühere Verfehlungen nicht nur zu bereuen, sondern auch Ablass dafür zu zahlen.

Das ist ungemütlich für Laschet, der mit 59 bereits acht Jahre älter ist als Angela Merkel zu Beginn ihrer ersten Amtsperiode. Viel Zeit hat der rheinische Hauslatsch mit der Physiognomie eines Basset nicht, sich zu entscheiden. Schon trampeln die die um stete Bewegungssimulation bemühten Kanzlermedien voller Ungeduld auf das nächste Kapitel im Kampf um Westeros das Regierungsviertel. Dynamik muss her, der Dreikampf muss beschreibbar werden.

"Merkel sollte gehen", murrt sogar der "Spiegel", der in den Kanzler-Jahren der Hamburgerin eine Wandlung durchgemacht hat, die der gleicht, die Herrchen und Hund alten urbanen Legenden zufolge erleben: Sie werden einander immer ähnlicher, bis einer die Raute zeigt und der andere in Rauten schreibt. Der "Spiegel" meint es auch diesmal nur gut, denn er will Merkels Nachruhm schützen. Das Beste, was die Kanzlerin für sich, für ihren Eintrag in die Geschichtsbücher und für ihre Partei tun könne, ein sofortiger Rückzug. "Alles andere schadet der Partei, den beteiligten Personen und letztlich auch dem Land."

Wenn in einem ehemaligen Nachrichtenmagazin Partei, Parteiführung und Land in einem Atemzug genannt werden, als sei ihr Schicksal unauflöslich miteinander verbunden, ist das für Armin Laschet, der leider auch noch so heißt, wie er dynamisch wirkt, ein Alarmsignal. Der aktuelle Zeitplan der Vorsitzendensuche orientiert sich an der endlosen Schnitzeljagd der deutschen Sozialdemokratie und ist damit genau auf ihn zugeschnitten, ein langer, langsamer Prozess, der das Publikum dermaßen ermüden wird, dass es am Ende wie all die Merkeljahre hindurch jedes Interesse am Ausgang verloren haben wird. Wenn dann Entscheidungen verkündet werden, ist außer dem "Spiegel"-Korrespondenten und seinen Kollegen keiner mehr im Raum. Die freuen sich dann für alle.

Doch wie es läuft, wird dieser Ablaufplan kaum zu halten sein. Überall drängt es, überall surrt es. Geht es aber schneller, kann der treue Merkel-Mann Laschet nicht zwölf oder 18 Monate im Schatten der Übermutter eine Partei führen, die im Hintergrund nach wie vor nur eine Chefin hat. Armin Laschet wird aus der Deckung kommen müssen oder für immer dort bleiben. Nur wenn er wagt, kann er gewinnen.

Wie ein Gewinner aber sieht er eben nicht aus.

3 Kommentare:

  1. Man weiß nicht ob man sich freuen oder ärgern soll, wie vorhersehbar das alles ist. Laschet ist ja nichts anderes als die männliche Variante von AKK. Der steckt seiner geliebten Führerin dermaßen tief hinten drin, dass er der die Zähne putzen kann.

    Kaum ist er der designierte Kronprinz, simuliert er den Aufmüpfigen.
    "Laschet kritisiert" bringt für die letzten 24 Stunden so um die 60 Treffer.
    Was für ein Rebell!

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  2. überschaubarkeit ist für die medien wichtig, denn komplexe sachen will niemand wissen

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  3. Gemach mit Schmähungen gegen uns Zwerge. In den letzen 45 Wintern bin ich um 4 cm gesunken, außer den Bandscheiben in summa fordert auch der Collodiaphysenwinkel seinen Tribut. Notgedrungen hatte ich den tiefen Mawashi-Geri (=Kreuzbänder zerlegen) entwickelt. The small guy has to fight dirty. Auch verehre ich Franco Columbu.

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