Freitag, 28. Januar 2022

Rockin' in the free world: Neil Young, der Unfreiheitskünstler

Wer mit Zahlen, Grafiken oder gar mit Nachrichten lügen will, hat einige grundsätzliche Regeln zu beachten, um sich beim Publikum durchzusetzen. Bei Zahlen empfiehlt es sich, sie ohne jeden Bezug zu präsentieren. Bei Grafiken hat es sich eingebürgert, zeichnerisch über die sogenannte "Grafikkosmetik", einen Teilbereich der angewandten Wahrheitsbeugung, Wertungen setzen, die mit den abgebildeten Werten nichts zu tun haben. Und bei Nachrichten mit Israelbezug ist es seit Jahren üblich, den tiefgefrorenen Hass der Enkel auf die Opfer von Opa auszuleben, indem Täter mit großem handwerklichen Geschick zu Opfern gemacht werden.

Erpressung als Kunstform

Als der Altrocker Neil Young,  in den 70er Jahren eine bedeutsame Stimme der Jugendkultur, das Streamingportal Spotify, einer bedeutsamen Stimme der Jugendkultur, jetzt aufforderte, seine Songs von der Plattform zu nehmen oder aber an einem Podcast des Komödianten Joe Rogan festzuhalten, in dem nach Ansicht des kanadischen Altinternationalen "Fehlinformationen zu Corona" verbreitet werden, war die Entscheidung bei den deutschen Leitmedien schnell gefallen. Man würde die ganze Geschichte einfach andersherum erzählen. Dann würde Young den Raum nicht als einer verlassen müssen, der zur Erpressung neigt. Sondern als wackerer Kämpfer für das Gute und Richtige, der sein ganzes künstlerisches Gewicht in die Waagschale wirft, der einzigen Wahrheit zum Durchbruch zu verhalfen.

Zu der gehört bei dieser Geschichte der Umstand, dass Young Spotify vor die Wahl gestellt hatte. Er oder ich, meine Songs oder sein Podcast. "They can have Rogan or Young. Not both." Dem schwedischen Unternehmen blieb da keine Wahl: Den Podcast zu canceln, hätte die Tür geöffnet in eine Welt, in der auch Youngs alter Hit "Rockin' in the free world" nur noch so lange gespielt werden würde, bis ein wahnsinnig beliebter, unglaublich erfolgreicher und vielmehrgefragter anderer Künstlernder mit der Forderung auftaucht, Youngs Lieder wegen falscher Noten, falscher Textzeilen oder medizinische Falschinformationen über den Aufbau des Herzen zu löschen. Oder den Katalog des wahnsinnig beliebten, unglaublich erfolgreichen und vielmehrgefragtereren Forderers zu verlieren.

Die Popmaus als Programmdirektor

Jede Popmaus wäre Programmdirektor, jedes empfindliche Gemüt mit hohen Umsätzen dürfte sein kommerzielles Gewicht in die Waagschale werfen, um alles weglöschen zu lassen, was ihm - aus welchen Gründen auch immer - nicht gefällt.

Beim "Spiegel" allerdings gefiel dieser destruktive Spin gar nicht. Dass Spotify der Erpressung nicht nachgab und, von Neil Young vor die Wahl gestellt, lieber den Stuhl des Kanadiers vor die Tür räumte als dessen Zielperson zu rauszuwerfen, hört sich an wie eine Niederlage des Zensur-Volkssturms, der davon ausgeht, dass er selbst natürlich Fehlinformationen über Corona" erkennen kann. Andere aber nicht. Weshalb Neil Young, 79 Jahre alt, ohne erlernten Beruf oder abgeschlossenes Studium, vor kurzem aber erfolgreicher Verkäufer seines Liedkataloges an den britischen Kunstfonds Hipgnosis, sich schützend vor die Arglosen werfen muss, um sie vor gefährlichen Witzen zu bewahren.

Der siegreiche Verlierer

Während die New York Times berichtet, dass Spotify Youngs Musik lösche, weil es dessen Forderung nicht nachkommen wolle, hat sich Mediendeutschland für eine andere Erzählung entschieden. Mit "Protest gegen Corona-Falschinfos - Neil Young verlässt Spotify" strikt die "Tagesschau" ein Musikmärchen. Und mit der "Spiegel"-Schlagzeile "Neil Young lässt seine Musik von Spotify entfernen" bekommt die Ohrfeige für den ehemals so werbefeindlichen  Oldie ("This note's for you") gleich ein richtig siegreiches Gepränge. Fast klingt es, als habe Young von Anfang an nichts anderes vorgehabt, als seinen Kram bei Spotify zu sperren.

Ob das seinen Investoren bei Hipgnosis gefällt, ist nicht bekannt. Die hatten vor ein paar Tagen erst 150 Millionen Dollar für 50 Prozent an Youngs Liedrechten auf den Tisch gelegt, mit Sicherheit nicht in der Erwartung, dass die nicht mehr auf allen nur denkbaren Kanälen verwertet werden. Dass Youngs offener Brief mit dem Ultimatum nur kurz auftauchte und gleich wieder verschwand, mag allerdings damit zu tun haben, dass seine Investoren nicht allzu glücklich sind.

11 Kommentare:

  1. Spotify hat 2020 100 Mio Dollar in Rogan investiert und sein Podcast bringt in einer Woche mehr Traffic und Einnahmen als Youngs Seniorendisko in einem Jahr. Spotify wäre vielleicht geneigt, dem Woke Mob nachzugeben, aber auch sie müssen ihre Investitionen schützen.

    Young ist ein heuchlerischer Vollidiot, und vermutlich haben das jetzt auch viele andere, die keine Tagesschau gucken, festgestellt.

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  2. Manchmal packt es einen und man muss sich die alten Dinger reinziehen. Und nun das.
    Schade.

    Es betrifft viele mit dem Wandel von gestern zu heute.

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  3. Worum geht's eigentloich?
    ...und ist Neil Y. hier nun der Bösewicht oder der Gute ?

    Die Wahl der (negativen) Adjektive im Artikel ist allerdings deutlich. Man kann es auch 'Hetze' nennen, gegen jemanden mit anderer Meinung.

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  4. das steht eigentlich im text. er hätte jede möglichkeit gehabt, zu sagen, nein, da will ich nicht mehr sein, fertig. das aber mit einem ultimatuum verbinden, entweder ich oder er, öffnet die tür zu einer kultur der allesumfassenden zensur. wie gesagt, steht eigentlich im text

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  5. Sich selbst auszuschließen ist ja jedermanns Recht. Den Ausschluss anderer zu fordern, ist wesentlich problematischer. Zensur ist das Letzte.

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  6. gernot, genau das ist der punkt.

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  7. Nur mal so aus dem Versandhauskatalog.

    § 253 Erpressung

    (1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

    (2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

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  8. § 185 Beleidigung

    Die Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Beleidigung öffentlich, in einer Versammlung, durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) oder mittels einer Tätlichkeit begangen wird, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

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  11. MUSIKPORTAL EINSICHTIG

    Verbreitung von Fake News – Spotify sperrt alle Pop-Songs

    Von Kurt Pliszka & Jean Gnatzig

    https://www.welt.de/satire/article236638707/Wegen-Verbreitung-von-Fake-News-Spotify-sperrt-alle-Pop-Songs.html

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