Dienstag, 26. April 2022

Der Euro, eine ganz besondere Erfolgsgeschichte

Ein Start nach Maß, einige stabile Schwankungen, aber schließlich ein Happy End mit Punktlandung: Der Euro löst sein Versprechen ein, stabil zu sein. Nur mit dem Schweizer Franken, norwegischen Kronen, Silber oder Gold darf man ihm nicht kommen.

Keinen Millimeter von einem einmal gegebenen Versprechen abweichen, das ist Grundlage erfolgreicher Politik. Die Einheit von Wort und Tat, sie schafft Vertrauen, Vertrauen aber ist die Basis von allem und jedem. Das wussten schon die Gründer der europäischen Einheitswährung: Als Helmut Kohl seinem französischen Amtskollegen Francois Mitterand das Ja-Wort gab - ihr stimmt der deutschen Einheit zu und wir der Abschaffung unserer Währung - gingen die beiden großen Staatsmänner fest entschlossen davon aus, dass das gemeinsame neue Geld alles sein würde, was die einzelnen nationalistischen Separatwährungen nie hatten sein können.

Stark und flexibel zugleich, ein Werkzeug, das neue Märkte öffnen und die Inflation deckeln, das Konversion befördern und Europa eines Tages zu einem einzigen Vaterland aller Euro-Zahler*Innen machen würde.

Der Endverbraucher freut sich

Das Ziel steht seitdem. Mussten auch hin und wieder Mitgliedsstaaten und Sparvermögen gerettet werden, mussten auch Landesbanken schließen und die EZB ihre Inflationsziele je nach Datenlage verbal flexibilisieren und sogar die Euro-Staaten ihre verfassungsmäßigen Schuldenbremsen lösen. Der Euro als Einheitswährung hielt in jedem einzelnen Augenblick seit seiner Einführung, was er versprochen hatte. Damals im Januar 2002, als die Ausgabe des Bargeldes an die "Endverbraucher" (Bundesfinanzministerium) begann, verkörperte ein Euro den Gegenwert von 1,06 US-Dollar.  

Seitdem wurde das Stabilitätsversprechen, das Kohl und Mitterand den Völkern des Kontinent gemacht hatten, auf eine welthistorisch einmalige Weise eingelöst: Ein Euro ist heute 1,08 Dollar wert. Eine Schwankung von nicht einmal zwei Prozent binnen zweier Jahrzehnte, entlang der großen Linien, die drei deutsche Kanzler*innen, vier US-Präsidenten und ungezählte französische Regierungschefs sowie EU-Kommissionsvorsitzende zeichneten.

Keine Spur von Inflation

Von der gerade in der aktuellen Situation vielbeklagten Inflation ist jedenfalls nichts zu sehen. Wie ein stählerner Koloss steht der Euro stolz in der weltweiten Währungslandschaft. Egal, ob die EZB als Inflationsziel "unter zwei Prozent", "unter, aber nahe zwei Prozent" oder "zwei Prozent, aber mit akzeptierten Abweichungen nach oben und unten" ausgab, der Geldwert des Euro-Zone blieb gemessen in Dollar stabil. Im Vergleich zum russischen Rubel und der türkischen Lira explodierte der Wert der Einheitswährung geradezu. 

Eine stolze und schöne Bilanz, die kaum gemindert wird durch einige wenige kleinere Einschränkungen. Zum Edelmetall Silber etwa verlor der Euro seit dem Tag seiner Geburt knappe 400 Prozent an Wert. Gab es eine Unze Silber 2002 noch  im Tausch für einen Fünf-Euro-Schein, braucht es mittlerweile fünf von ihnen, um eine Unze Silber zu kaufen. Eine Unze Gold kostete am Geburtstag des Euro zum Neujahrstag 2002 rund 250 Euro, so dass sich ein durchschnittlicher Lohn- oder Gehaltsempfänger monatlich ungefähr sechs Unzen Gold hätte zulegen können. Hätte er das mal gemacht, denn heute reicht ein durchschnittliches Netto-Monatseinkommen gerade mal noch für eine Unze Gold.

Nur noch verdünnte Silbermünzen

Die Durchschnittsgehälter in Deutschland stiegen um ein Viertel, umgerechnet rund 500 Euro. Der Preis der Edelmetalle aber auf ein Vielfaches. Und niemand hat es mitbekommen, schließlich kaufen nur die wenigsten jemals überhaupt Gold, Silber oder Platin.

Die Bundesregierung allerdings war früh im Bilde: Schon 2011 wurde die Materialmischung der traditionellen 10-Euro-Silbermünzen aus der Deutschen Münze erstmals verdünnt, weil die Anschaffung des in den Geldstücken enthaltenen Silbers teurer geworden war als der Verkauf zum Preis von zehn Euro einbrachte. Später folgte eine weitere Reform: Nun verwandelten sich die 10-Euro-Münzen in 20-Euro-Münzen, deren Silberanteil von etwa einer halben Unze bis zum Moment noch einen gewinnbringenden Verkauf zulässt.

Nur wie lange noch? Die Inflation, von der EZB mit gigantischen Geldgaben über Jahre geduldig herangezüchtet, ist kein reißendes Tier, sondern eine schleichende Krankheit. Ohne Kontakt zur Realität bleibt sie unsichtbar, sie frisst keine Vermögen in großen Bissen, sie knabbert sie langsam weg, ein geduldiger Esser, der weiß, dass er nur ja nicht gesehen werden darf. 

Der Euro würde kein Teuro sein

Bei Bäckerbrot und Kneipenbier, bei Mieten, den Kosten für den Bau eines Hauses oder dem Kauf eines Neuwagens der unteren Mittelklasse ist es schon lange schwer, nicht zu sehen, wie die Preise klettern und klettern. Brot kostete vor 20 Jahren 2,30 Euro, heute sind es 4,60. Das erste Bier, mit dem auf den stabilen Euro angestoßen wurde, der kein Teuro war und werden würde, wurde für 2,50 gezapft, heute kostet es 3,90 oder gar 4,50. Die Baukosten für ein Einfamilienhaus verdoppelten sich, Neuwagenpreise kletterten ähnlich stark.

Der Euro als solcher aber, zuletzt viel stärker "im Kampf gegen den Klimawandel engagiert" (Christine Lagarde), hat alle seine Versprechen eingelöst. 20 Jahre nach seinem Debüt ist er gemessen in anderen stabilen Papierwährungen stabil wie sie, verglichen mit notorischem Geldersatzgeld ein sicherer Hort zur Wertaufbewahrung und gehalten neben echte Hartwährungen ein trauriges Beispiel dafür, dass Geld allein nicht glücklich macht.

3 Kommentare:

  1. Währungsstabilität: Die Banknotendruckmaschinen laufen stabil, und auch stabil synchron.

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  2. "Man kann jetzt nur nicht mehr so viel für einen Euro kaufen wie damals."

    Wer will denn MEHR kaufen? Das ist doch gegen Klima und so!

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