Donnerstag, 7. Juli 2022

Hate-Speech-Beauftragter: Die der Hass ernährt

An der Fassade des BBAA ist erst kürzlich ein neues Kunstwerk eingeweiht worden.

In nur zwei letzten Jahren haben Hasskommentare im Internet massiv zugenommen, rekapituliert Herrfried Hegenzecht, Bundesverbotsbeauftragter und Chef des Bundesblogampelamt (BBAA) mit Sitz im mecklenburgischen Warin. Hegenzecht, seit 2010 auch Hauptvorstand der Meinungsfreiheitsschutzbehörden des Bundes, sieht nicht nur in der anhaltend schwierigen Pandemiesituation einen Treiber der "erschreckenden Entwicklung", wie er es nennt. Dass sich in zeiten notwendiger Maßnahmen Hass auf Social-Media-Plattformen ausgebreite und verbotene Verschwörungserzählungen ein neues Publikum erreichten, halte er unabhängig von seiner persönlichen und fachlichen Ablehnung für vollkommen normal. "Das hat es immer gegeben."

Hinhorchen und Hineinwirken

Doch ein anderes, weitaus weniger gut ausgeleuchtetes Phänomen macht Hegenzecht zu schaffen. Als er sein Amt vor mittlerweile beinahe zwölf Jahren übernommen und gemeinsam mit einer kleinen Aufbauorganisation in der abgelegenen Heidestadt Warin begonnen habe, "in die Gesellschaft hinzuhorchen und hineinzuwirken", sei er trotz beschränkter Budgets und einer Vielzahl technischer Schwierigkeiten optimistisch gewesen. "Ich dachte, mit einer klaren Haltung und ausreichend finanziellen Mitteln, einem schnellen personellen Aufwuchs und politischer Schützenhilfe schaffen wir das." 

Der Kurs des BBA sei damals glasklar gewesen. "Wir zielten darauf, der Bevölkerung klar zu signalisieren, das ist ein Verhalten, das toleriert die Gesellschaft, also wir, und dies hier, das tolerieren wird nicht." Von der Nazigefahr, die heute aus der Mitte der Gesellschaft komme, habe niemand etwas geahnt, "selbst der Fall Sarrazin, mit dem alles anfing, lag ja noch in der Zukunft." Der Skandal um Eva Herman dagegen, der sei bei vielen schon wieder vergessen gewesen. 

Im Dienst der Menschen

Das BBAA konzentrierte sich dementsprechend damals auf den Kampf gegen den Hass auf Managergehälter, "da haben wir gesagt. die tolerieren wir nicht, weil das einfach nicht in Ordnung ist, wie mir viele Menschen bei meinen vielen Reisen draußen durchs Land immer wieder sagten". Kritik dürfe durchaus sein, aber im Rahmen müsse sie bleiben. "Wer uns anfängt, in Bausch und Bogen auf allem herumzuhacken, den ziehen wir zur Verantwortung."

Das war auch die Position der damaligen Bundesregierung, "ich habe Frau Merkel als eine Frau kennengelernt, die immer ein offenes Ohr für die Hassfrage hatte". Entsprechend flott sei der Ausbau des BBAA  vorangegangen. "Wir hatten schon nach sieben Jahren Aufbauarbeit mehr Mitarbeitende als die EU-Grenzschutzagentur Frontex heute", sagt Herrnfried Hegenzecht stolz. Das böse Erwachen, so Deutschlands renommiertester Verbotsschützer, sei erst später gekommen: "Plötzlich merkten wir, dass mit jeder zusätzlichen Million, die in den Hasskampf floss, nur immer mehr und noch mehr Hass entstand."

Der süße Brei des Hasses

Es war wie der süße Brei im Märchen. Während die staatlichen Ausgaben gegen Hetze, Hass und Zweifel von nur 29 Millionen Euro im Jahr 2011 auf rund eine Milliarde Euro im Jahr 2021 mehr als verdreißigfachte, belegten wissenschaftliche Untersuchungen immer wieder, dass der Hass noch viel schneller wuchs und gedieh. "Denken Sie nur", rechnet Hegenzecht im exklusiven PPQ-Interview vor, "wir haben die Ausgaben gegen den Hass um 3.400 Prozent gesteigert, obwohl die Löhne und Gehälter in der EU im gleichen Zeitraum nur um 18 Prozent gestiegen sind." Und das Ergebnis seien immer neue Rekordzahlen bei der Hasskriminalität, verbotenen Ansichten und abzulehnenden Haltungen.

Herrnfried Hegenzecht zweifelt selbstverständlich nicht an seiner Mission. "Die Bundestagspräsidentin hat uns allen in den Hassmeldestellen viel Mut gemacht, als sie alle vor warnte, sich einreden zu lassen, dass wir anstehende Probleme nicht lösen können", sagt er. Doch dringt der Bundesverbotsbeauftragte derzeit beim neuen Kabinett grundsätzlich auf eine Evaluierung der Bundeshass-Strategie. "Unsere Untersuchungen zeigen, dass der Hass sich gerade auch aus den Quellen nährt, die wir selbst zur Verfügung stellen." Zwar halte er das ausgefallene Verbot der NPD bis heute für einen großen Sieg der entschlossenen Haltung aller Behörden, Medien und Institutionen. "Seitdem hört man ja nichts mehr von dieser Truppe, die wurde wirklich nur vom Verbotsverfahren am Leben gehalten." 

Aber für ihn ganz persönlich liege die Vermutung nahe, dass der Ruf nach immer mehr und mehr Geld allein nicht zum Ziel führe. "es kommt auch darauf an, wohin es gelangt." Mit Stolz erfülle ihn, heute zu sehen, wie junge, frische und smarte Start Ups wie Correctiv oder Volksverhetzer eine weltweit einmalige neue Branche entwickelt hätten, die Jahr für Jahr Millionengewinne auf neue Rechnung vorschreibe. "Aber ich mache mir eben Gedanken, ob der Hass nicht auch zum Teil die Falschen ernährt, indem er sie ermutigt, wider den Stachel zu löcken, einfach, weil es leider immer noch möglich ist." 

Den Hass ausmerzen

Für die Beamten des BBAA eine zwiespältige Situation. "Uns bewusst zu werden, dass es unsere Tätigkeit ist, die den Hass vieler provoziert, das war ein schwerer Prozess", sagt Herrnfried Hegenzecht. Zu Beginn seiner Karriere, die mit einem ungewöhnlichen Sprung aus der Privatwirtschaft - Hegenzecht lebte als freischaffender Bildhauer in Mecklenburg - in den Staatsdienst begann und an der Spitze der deutschen Meinungsfreiheitsschutzbehörden endete, sei er voller Begeisterung für seine Mission gewesen, den Hass aus der Welt auszumerzen, egal, was es kostet. "Heute aber sehe ich die Sache differenziert", sagt er. 

Wichtig sei es weiterhin, viel Geld gegen die Hetzer und Hasser zu mobilisieren, "schon allein, weil wir die Faktencheck-Industrie nicht genauso hängen lassen können wie damals die Solarindustrie." Aber vom Ziel, den Hass komplett auszuradieren und Hasser aus der Gesellschaft auszuschließen, der sei für ihn persönlich ausgeträumt. "Wir werden auch mit diesem Virus leben müssen", sagt Herrnfried Hassknecht.

7 Kommentare:

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  2. Wer eine bunte Hampel-Regierung mit amerikanischen 'Freunden' hat, die hier Totalstillstand befehlen, der braucht eigentlich keine Russen oder Chinesen als Feinde, denn den kollektiven Zusammenbruch schaffen wir Kartoffeln der Sorte Piefke mit Hilfe der Amiamigos doch ganz alleine.

    Weiter so!

    Liebevoll in den Abgrund, denn Hass gegen die Selbstvernichtung ist voll nazi.

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  3. Carl GustafJuli 07, 2022

    Was waren das noch für Zeiten, als Joesi Prokopetz und Codo der Dritte aus der Sternenmitte mit Liebe und Sauseschritt die probatesten Mittel gegen Hass wäre. Wenn doch die Jugend von heute nur nicht so geschichtsvergessen wäre.

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  4. Carl GustafJuli 07, 2022

    Meanwhile in UK: Der blöde Wladimir aus dem Reich des Bösen hat sein erstes Kriegsziel erreicht, den Sturz des britischen PM. Frage: Zieht Boris jetzt in den Krieg?

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  5. Vor kurzem mußte ich den Blogwart wegen seiner flinken Betätigung der Löschtaste loben, nun aber wieder ob seiner Trägheit schelten. - Hau wech die Scheiße!

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  6. Blogwart, da muss ich Anonym 3 ausnahmsweise mal beipflichten - Hau also wech seine Hirnscheiße!

    Der scheint massive Psychoprobleme mit ihm wesensfremden Kommentaren zu haben, dieser Kackeexperte. Hält sich in seinem Überlegenheitswahn wohl für den Großinquisitor, der über Sein oder Nichtsein von Meinungen entscheidet.

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