Sonntag, 25. September 2022

Doku Deutschland: Senior in Sparmodus

Heinz Müller ist ein Sparer der ersten Stunde. schon im März, draußen war es noch bitterkalt, begann der 73-jährige Heidenheimer, sein kleines Einfamilienhaus zu dämmen. "Ich habe Steinwolleplatten im Baumarkt gekauft, sie mit dem Bollerwagen nach Hause gefahren und sie an die Fassade geklebt", beschreibt der frühere Schichtingeneur  bei einem großen Getränkehersteller. Müller muss experimentieren, denn den "chemieversuchten Kleber", wie er ihn nennt, zu nehmen, den die Fachfrau im Baumarkt empfohlen hat, lehnt er ab. "Das zerstört unsere Umwelt doch erst recht", sagt er. Gibt aber auch zu, dass er sich später revidieren musste. "Mein Plan, das mit der im Mittelalter üblichen Mischung aus Dung, Blut und Lehm zu erledigen, ging nicht auf."

Senior in Sparmodus

Zum Ausgleich hat Heinz Müller seine Heizung in den Sparmodus versetzt und seine Duschgewohnheiten strikt umgestellt. "Das war noch, ehe die Bundespolitik mit ihren Sparappellen begonnen hat", sagt er schon ein bisschen stolz. Er habe die Situation annehmen wollen, die möglichen  Szenarien im Kopf durchgespielt und sich Gedanken gemacht, wie er sich damit freiwillig anfreunden könne. Der Spritpreis sei ihm seit jeher egal, er fahre so wenig, und wenn, dann nicht weit. Im Ruhestand sei es sogar noch weitaus weniger geworden, denn er müsse nun nicht mehr jeden Tag zum Arbeitsplatz fahren. 

Meine Entscheidung stand im Grunde genommen nach einer Nacht fest", erinnert er sich. Damals, als die Talkshows noch in Dauerschleife über den Krieg berichteten und Militärexperten die Vormarschtaktiken der Russen bei Youtube erklärten, habe er sich "ein für allemal" entschlossen, nur noch Fahrrad zu fahren, wenn er Besorgungen zu machen habe. "Zumindest, wenn das Wetter mitspielt und das Ziel in erreichbarer Entfernung liegt", wie Heinz Müller konkretisiert. Seine ökologischen Überzeugungen seien lange gereift, "im Grunde genommen hat es mit meiner Vorliebe für Äpfel angefangen, ging dann weiter mit Biofleisch und das habe ich dann auch hinter mir gelassen." 

Ein Mann klarer Überzeugungen

Müller ist heute Ethiker aus sich selbst heraus, ein Mann klarer Überzeugungen und praktischer Überlegungen, der in Kosten-Nutzen-Kategorien denkt. Seine Einkäufe erledige er nicht täglich, sondern nur, wenn er etwas brauche. Sein Haus habe er winterfest gemacht, einen klimaneutralen Kanonenofen eingebaut und dazu einen "durchaus funktionierenden Rauchabzug" durchs Fenster, für dessen Konstruktion er sich das Glasschneiden mit Hilfe von mehreren Youtube-Videos selbst beibrachte. Müller räumt ein, dass er vom öffentlichen Nahverkehr weiterhin nicht begeistert ist. "Ich weiß, das sollte man nicht sagen, aber es ist eben so."

Dafür aber sei er schon immer für ein Tempolimit gewesen, weil er selbst noch nie schneller als 130 gefahren sei, ausgenommen, ein Stau oder unerwartete Bauarbeiten auf seiner Strecke zwangen ihn dazu, um verlorene Zeit aufzuholen. "Das verdanke ich dem kleinen Preußen in mir", gesteht Heinz Müller, "der zwingt mich, pünktlich zu sein, wenn ich eine Verabredung habe." Das sei wohl eine genetische Sache. Vielleicht hänge es mit seinem Vater zusammen, der Uhrmachermeister gewesen sei und "der pünktlichste Mensch, den ich kenne oder besser kannte".

Tugend aus dem Garten

Eine Tugend, die Heinz Müller jetzt im Alter in seinem kleinen Garten wiederfindet. "Dort wächst, was man sät", sagt er. Standen hinterm Haus, das er seit dem Tod seiner Frau und dem Auszug der Kinder allein bewohnt, früher nur ein paar Tulpen, "die liebte meine Frau eben", finden sich durch heute Stachelbeeren, Tomaten, Gurken und Bohnen. "Pflanzen, die ich kenne und bei denen ich mich sicher fühle." Als überaus belesener Mensch definiere er ganz allein für sich, im Sinne von Kant, "was für mich Vernunft und vernünftig heißt". Richtschnur dabei sei ihm aber das, was die Gesellschaft kollektiv definiert habe. "Ich brauche keine öffentliche Stelle, die mir das vorschreibt, ich schaue relativ regelmäßig bei Anne Will und Maischberger rein, lese die 'Zeit' und bin Tagesschau-Fan." Dort bekomme man automatisch mit, was gerade angesagt sei.

Zum kollektiven Verzicht, wie er mit dem Kalten Wirtschaftskrieg angesagt war, sei er von Anfang an bereit gewesen. "Es ist doch so, dass man in meinem Alter keine neuen Jacken, Hosen oder Socken mehr braucht." Alles, was er im Leben noch benötigen werde, finde sich in tiefen Schränken und in zahllosen Koffern, in die noch zu Lebzeiten seiner Frau verpackt worden sei, "was zu schade zum Wegschmeißen ist, weil man es ja später noch mal beim Malern brauchen kann." Früher, als es noch wichtig war, habe er aber doch nie gemalert. "Meine Lise meinte, ich eigne mich nicht dazu, auf eine Leiter zu steigen." All die in einem ganzen Leben gesammelten Kleidungsstücke ständen ihm nun zur Verfügung. "Ich bin auch schon ein bisschen stolz, dass das alles noch passt."

Knappheit als Erleichterung

Wenn das Gas knapp wird, werde er das sicher auch spüren, doch Heinz Müller setzt darauf, die begonnene Dämmung noch vor dem ersten Schnee fertigzustellen. "Und dann habe ich ja auch noch den Ofen, der ist einsatzbereit." Gerade nach dem heißen Klimasommer aber freue er sich auch schon ein bisschen auf Monate mit ein paar Grad weniger Hitze. 

"Wird es zu kalt, zieht  man eben mal einen Pullover mehr an." Komme es ganz hart, plane er, sich den neuen Ölradiator auf seine Füße zu stellen, weil die seiner Erfahrung nach immer zuerst eiskalt würden. "Sind die Füße erst warm, folgt der Rest  automatisch", schildert er seine Lebenserfahrung. Vielleicht ändere er aber auch sein Duschverhalten und gehe nur noch aller paar Wochen unter die Dusche. "Manchmal sehe ich ja sowieso über Tage hinweg niemanden."


6 Kommentare:

  1. Die Medien jubeln, hoch entzückt über das Verhandlungsgeschick von Führer Olaf, der im Gegensatz zum Bückling Habeck einen satten Vertrag für die Lieferung von Flüssiggas aus den Blutscheichgebieten mitbringt. Um die 150.000 qqm sollen im Dezember in hamburg an land gepumpt werden. Damit ist der Krieg gegen Rußland schon fast gewonnen.

    Es fehlt ja nicht mehr so viel zu dem round about 100 Milliarden qqm, die Deutschland so jährlich durch Rühren und Schornsteine jagt.

    https://de.statista.com/statistik/daten/studie/41033/umfrage/deutschland-erdgasverbrauch-in-milliarden-kubikmeter/

    Neben konventionellem Erdgas werden Gas-Derivate aus Kohlevorkommen und konsumierte Gasvolumina innerhalb des Transformationsprozesses von Gas zu Flüssiggas – in Abgrenzung zu NGL (Natural Gas liquids) - nicht aber Flüssigtreibstoffe selbst in dieser Definition zu Erdgas gezählt.

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  2. alle komplett wahnsinnig geworden. niemand rechnet mehr irgendwas nach, alle kläffen, wie der chorleiter winkt. so hatte ich mir den weltuntergang nicht vorgestellt

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  3. Erfreulich ist immerhin, dass es bein Röpers Kommentatoren (bei mindestens 9 von 10 fällt mir nur ein: Die Rebellion der Besengten) doch noch vereinzelt Vernünftlinge gibt ...
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    Nobbi62 sagt:
    25. September 2022 um 11:20 Uhr

    Ich nenne solche Leute wie Wagenknecht , Weidel und Gauland Gatekeeper , ausser Deren Reden ist da nichts echt , Sie sind Teil des korrupten und rechtswidrigen BRD-System , dazu hört man von diesen Sprechpuppen absolut nichts !
    Die stopfen sich wie alle Anderen jeden Monat schön brav Ihre Taschen mit Unseren Steuergeldern voll , aber Taten sieht man seit Jahren keine nach Ihren schlauen Reden und Die wissen ganz genau in welchem System Sie agieren !

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  4. 10kg-Paket Braunkohle-Briketts erreicht auf dem freien Markt 20 bis 25 Euro. Das macht einen Anstieg um 1000% in 2022.

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  5. wer nicht AfD wählt zahlt eben 25 oiro für 10kg Braunkohle .

    der Zusammenhang zwischen rotgrüner Bevormundungspolitik und hohen Preisen wurde hier mehrfach erklärt .

    mfG Kohlenbernd mit 80 RM Buche und 10t Koks

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  6. wer nicht AfD wählt ...

    Ich habe die "gewählt", seit dieser Tycoon-Verschnitt Lucke nicht mehr dabei ist, aber 2017 das letzte Mal. Die können mich - aus mehreren Gründen - mal am Rockschoß küssen.
    Während Kalbitz und Gauland noch von "unserer Verantwortung" blödelten, nach Klonovsky ein Tarnwort für "Schuld", lallte Jongen dann von "unserer Schuld".
    (Wunder habe ich als alter Zyniker ohnehin nicht erwartet.)

    P.S. "Die Basis" ist für's Gesäß. Von wegen, Coronaterror nein, "Klimaschutz" aber >selbstverständlich< ja: Urschlicken trallala.

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