Mittwoch, 30. April 2025

Tempolimit: Längere Fahrzeit, geringere Standzeit

Ein strenges Tempolimit könnte der Stein der Weisen sein, der die Mobilwende voranbringt.

Die deutschen Verkehrsministernden der vergangenen Jahre kamen immer wieder aus anderen Parteien, nahezu jede politische Farbe durfte sich an der Aufgabe versuchen, Deutschland Mobilität zukunftsfest zu machen. Die einen setzen auf einen langsamen Verfall der Infrastruktur, die andere auf Prämien, der die hart arbeitende Mitte denen zahlte, die sich schon eines der teuren Elektromobile leisten konnten. Ein Tabu aber blieb über alle Wechsel im Amt: Kein einziger der roten, gelben und schwarzen Reformer wagte sich an das Tempolimit, dem Wissenschaftler zutrauen, fast so viel CO2 einsparen zu können wie ein deutschlandweites Haustierverbot.

Furcht vor dem Autofahrer

Verschiedene Parteien, unterschiedliche Ideologien. "Doch egal, ob Schwarz-Gelb, Rot-Grün, Schwarz-Rot oder die Ampel regierte, in einem Punkt waren sich alle einig: Tempolimit ohne uns", schildert Herbert Haase die dramatischen Fehlentwicklungen im deutschen Verkehrssektor. Die heilige Kuh der Deutschen, dieses letzte Symbol einer verlorengegangenen Freiheit, es scheint eine Ewigkeitsgarantie zu genießen wie früher Meinungsfreiheit und das Recht, den Staat aus seinen privaten Entscheidungen heraushalten zu dürfen.

Ja, die Politik scheue das Tempolimit wie der Teufel das Weihwasser, sagt Haase, der als Gründungsdekan und langjähriger Chef des Climate Watch Institutes im sächsischen Grimma mehrere Jahre zur Frage tragfähiger Argumente für die Einführung einer Höchstgeschwindigkeit zur Stabilisierung der Höchsttemperatur in Deutschland geforscht hat.

Wie kann eine Limit helfen?

Der Klimapsychologe und sein Team sind schließlich ausgerechnet dort fündig geworden, wo bisher noch niemand nachgeschaut hat. "Wir haben uns einfach die autoversessenen Deutschen vorgenommen und gefragt, wie könnte ein Tempolimit denen helfen?" Haase hält das für den einzigen Weg, zu einer Lösung zu kommen. "So lange die Autofahrer nicht mitziehen, werden Politiker immer fürchten, an der Wahlurne abgestraft zu werden."

Zwar sei es nur ein Mythos, dass die Bevölkerung ein Tempolimit ablehne, doch bei den knappen Wahlentscheidungen, die in allen gespaltenen Gesellschaften des Westens die Regel geworden sind, können ein paar hunderttausend Autofahren schon über künftige Koalitionen entscheiden. "Leider hat die Politik so lange mit der Einführung einer Geschwindigkeitsbegrenzung gewartet, dass der Überraschungseffekt einer überrumpelnden Einführung wie bei der plötzlichen Umsatzsteuererhöhung unter der ersten CDU-SPD-Regierung Anfang der 2000er jetzt nicht mehr umzusetzen ist." 

Schlimmer als Badewannen

Haase und sein Team setzen deshalb an einer unerwarteten Stelle an: Derzeit stehen private Autos etwa 90 Prozent ihrer Lebenszeit nur herum - ähnlich wie Badewannen, die auf noch höhere Stillstandszeiten ohne Nutzung kommen. Während die vor der Energiepreiskrise vielgenutzten privaten Badestellen aber einfach nur da seien, verursachen Fahrzeuge Anschlussprobleme. 

"Sie brauchen Parkplätze, die sind durch die Aufmotorisierung und den klimagerechten Rückbau der Städte vielerorts schwer zu finden." Nach dem Vorschlag aus dem CWI ausgerechnet ein Tempolimit, wie es Umfragen zufolge selbst die Mehrheit der ADAC-Mitglieder herbeisehnt, hier gleich zweifach Abhilfe schaffen: "Einerseits erhöht sich bei langsamer Fahrt die Fahrzeit, andererseits ist jedes Auto dadurch länger unterwegs, so dass es viel kürzer geparkt blieben muss."

Win-Win-Lösung

Eine Win-Win-Lösung, glaubt Herbert Haase. Im Gegensatz zu Greenpeace-Aktivistenden, die seit Jahren eine allgemeine Höchstgeschwindigkeit von 130 oder 120 Kilometern pro Stunde fordern, setzen die Forscher aus Sachsen aber auf strengere Regeln. Ein Tempolimit sei aus wissenschaftlicher Sicht nur dann sinnvoll, wenn die erlaubte Höchstgeschwindigkeit auf 20 oder höchstens 30 Kilometer pro Stunde begrenzt werde, sagt Knut Knoth, der in der Abteilung Klimamathemathik für die Berechnung der Auswirkungen verschiedener Limitlösungen auf den gesamten fossilen Pkw-Bestand zuständig war. 

Die Ergebnisse seien eindeutig, sagt er. "Halbieren wir die Geschwindigkeit, verdoppelt sich die Fahrzeit, gehen wir weiter runter, haben noch mehr Zeit auf der Straße, die uns das Vorhalten von Parkplätzen erspart." 

Keinerlei Kosten

Das Ganze koste überhaupt kein Geld, sagt Knoth. "Man fährt einfach langsamer, ist dann von Hamburg nach Berlin nicht mehr vier, sondern zwölf oder 14 Stunden unterwegs. "Aber das sind eben auch 12 oder 14 Stunden, in denen der Autobesitzer die Parkgebühren spart." Zudem gehe der Vorwurf von 110-prozentigen Umweltschützern, Autos stünden 90 Prozent ihrer Lebenszeit nur herum, fortan ins Leere: "Wir haben errechnet, dass es dann nur noch etwa 81 Prozent sein werden, das liegt sogar weit unter der ungenutzten Zeit von Toiletten."

Was fehlt, ist nun nur noch der Mut einer Bundesregierung, die Vorschläge aus Sachsen umzusetzen. "Das alles ist kostenlos und sofort umsetzbar. Das ist also ein Traum von einer Maßnahme", wirbt Haase für den Limit-Plan, der auch die Entwicklung zukunftsweisender Technologien beschleunigen würde. "Bisher setzt die Autoindustrie immer noch darauf, rasante, flotte Fahrzeuge zu bauen, die möglichst gut beschleunigen und auf langen Fahrten auch bei hoher Geschwindigkeit möglichst sprit- oder stromsparend unterwegs sind." 

Game Changer für Elektrifizierung

Ein allgemeines Tempolimit von 20 oder 30 Kilometern pro Stunde würde die derzeit taumelnden großen deutschen Autokonzerne zum Umdenken zwingen, sie aber auch zu Technologieführer beim sogenannten slow riding der Zukunft machen. "Weil bei Elektroautos der Energieverbrauch bei hohen Geschwindigkeiten deutlich ansteigt, sinkt damit deren Reichweite", beschreibt Herbert Haase. Das strikte Tempolimit von 20 oder 30wäre somit ein echter Game Changer: "Wir haben errechnet, dass die Reichweiten förmlich explodieren würden, wenn die Geschwindigkeitsbegrenzung konsequent umgesetzt wird."

4 Kommentare:

  1. Ellen Enkel:
    https://www.focus.de/finanzen/news/dudenhoeffer-nachfolgerin-fuer-normalverdiener-gibt-es-keine-e-auto-alternative_id_260074978.html

    Ich komme gerade von einer Konferenz der EU-Kommission,...
    Übersetzt: Ich gehöre zum Filz.

    Aus Sicht der Professorin führt an der Verkehrswende kein Weg vorbei. Und auch wenn klare Konzepte fehlen, glaubt sie im Interview mit fondsmagazin.de an den Erfolg.

    Glaube als Grundlage der Politik passt nach Brüssel.

    Die politische Diskussion führt in die Irre. Ich will mal versuchen, sie vom Kopf auf die Füße zu stellen...

    Gut, 'von Kopf auf Füße' muss nicht exklusiv eine Nummer von Marx sein, aber passt trotzdem.

    Ellen Enkel studierte von 1991 bis 1998 Biologie, Pädagogik und Theologie an den Universitäten Bielefeld und Paderborn. Von 1998 bis 2003 promovierte sie in Wirtschaftspädagogik und schloss ihre Dissertation über Wissensnetzwerke...

    M.a.W. Expertin für heiße Luft.

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  2. mich hat sie überzeugt. "wir müssen" finde ich immer gut

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  3. wir dulden diese Leute - im Job, als Nachbarn , im Verein .Gespräch am Gartenzaun - sie ist Lehrerin , er ist Diplomarschkriecher und schafft fürs Amt. " also Probleme mit der Integration sehe ich jetzt nicht .....hatten noch nie Probleme mit dem Paketdienst ....usw usw ...." . Beide Kinder besuchen eine katholische Privatschule - beide Kinder werden mit dem schwedischen SUV gefahren . "Kürzlich war das SEK in der Adolph-Maler Gesamtintegrationsklippschule ; mal wieder Theater ohne Ende . Schüler mit Migrationshintergrund ....." ja aber . usw , und : Doitschä tun das auch . Er schwindelt - er hat ein Schwindlergesicht und lügt sich und seine Umwelt an . Hoffnung : das reinigende Feuer einer knüppelhageldicken Wirtschaftskrise setzt diese Leute auf Null . der Bernd

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    1. Es ist anzunehmen, dass diese "Wirtschaftskrise" (wie die von 1929 ff.) von interessierter Seite gewollt
      ist.
      Aber Dank für dieses herrliche Sittengemälde.

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