Samstag, 12. Januar 2013

All die hässlichen Hautgenossen


Ein Wind fegt durchs Land, ein Wind großer Veränderungen, ein Wind der Vokabelverbrennung zur Ausrottung entarteter Sprache. Nachdem der Thienemann Verlag, nur echt ohne den Bindestrich, "im Zuge der Prüfung missverständlicher Begriffe" nach dem Wort nach "Neger" auch das Wort "wichsen" aus den Kinderbuchklassikern Otfried Preußlers "auszumerzen" (Franz Müntefering) versprochen hat, stehen jetzt die Online-Archive der großen deutschen Medienhäuser auf dem Prüfstand.

Wie der Bundesverbotsbeauftragte Herrnfried Hegenzecht angekündigt hat, will seine Behörde nach einer Vielzahl von Bürgerhinweisen auf unangemessene und nicht mehr zeitgemäße Sprache in den Archiven von "Die Zeit" und "Spiegel" eine Initiative zur freiwilligen Berichtigung der anstößigen Inhalte starten. Bei Schlagzeilen wie "Der häßliche Neger" (Der Spiegel) oder "Sind Neger wirklich dümmer?" (Die Zeit) handele es sich um zweifellos ungesetzliche und "weite Teile der Bevölkerung verstörende Machwerke" (Hegenzecht), die auch nicht von einem vermeintlichen Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt seien.

"Mittlerweile haben manche Begriffe eine andere Bedeutung erlangt", so Hegenzecht, der beim Bundesblogampelamt über den rechtmäßigen Gebrauch der deutschen Sprache wacht. Man halte deshalb eine Modernisierung bei veralteten und ungebräuchlichen Wörtern für sinnvoll.

Im Fall von "Spiegel" und "Zeit" sei das besonders wichtig, weil es sich hier um sogenannte Qualitätsmedien handele, die von der Bevölkerung häufig ernst genommen und auch im Ausland als deutsche Aushängeschilder begriffen würden. "Wenn dann ein Blatt wie der ,Spiegel' einen Poeten wie James Baldwin abfällig ,Negerdichter' nennt", ärgert sich Bundessprachwart Hegenzecht, "dann erscheint es uns sinnvoll, dies durch den Gesetzgeber auf dem Wege der Freiwilligkeit abstellen zu lasen". Das gelte umso mehr, als dass die fragwürdigen Internetseiten, die die beiden großen Blätter unterhalten, öffentlich auch für Minderjährige zugänglich seien.

Denn was dort zu lesen ist, scheine ganz offenbar gehalten, junge, noch ungefestigte Persönlichkeiten oder Ostdeutsche nachhaltig zu verstören. ",Tötet, tötet, tötet!' wurde zum Kriegsruf des Mobs im Farbigen-Viertel Watts", heißt es etwa im redaktionellen Beitrag, den der "Spiegel" demonstrativ mit "Der häßliche Neger" überschrieben hat. Ein Dokument von Vorurteilen, Rassenhass und Diskriminierung. "Tausende Neger durchbrachen den Sperrgürtel aus 18.000 Polizisten und Nationalgardisten und terrorisierten die Stadtteile Long Beach, Wilmington und Hollywood", schildert der Text weiter. Der Autor scheut sich auch nicht, offen rassistische  Stereotype wie "Kraushaar-Knabe", "Negerführer" und "Hautgenossen" zu verwenden, die im Alltagssprachgebrauch keine Rolle mehr spielen. "Schon seit längerer Zeit", sagt Herrnfried Hegenzecht, "beschäftigen wir uns mit dem Gedanken, ob bestimmte Begriffe heute noch verstanden werden."

Ähnlich stehe es mit den kruden Thesen, die die "Zeit" im Internet verbreite, wohl um vom Erfolg des Berliner Gesellschaftstheoretikers Thilo Sarrazin zu profitieren. "Sind die Neger von Geburt an dümmer als die Weißen?", fragt das Blatt provokant - und zitiert als Antwort bizarre amerikanische Studien, nach denen "Negerkinder im Durchschnitt einen IQ erreichen, der um 15 Punkte niedriger liegt als der IQ ihrer weißen Altersgenossen" alle Zitate "Die Zeit"). Zugleich werde behauptet, dass ein niedriger IQ von "unter 75 unter Negern signifikant häufiger vorkommt als bei Weißen".

Herrnfried Hegenzecht ist empört und, wie er selbst sagt, "auch persönlich mehr als angewidert". Krude Thesen wie die von der „hinreichend belegten Tatsache, daß die Gene zu achtzig Prozent für den erreichbaren Intelligenzgrad eines Menschen verantwortlich sind“, verbreite die "Zeit" wider besseren Wissens bis heute, obwohl inzwischen klar sei, dass farbige Menschen zwar häufiger schneller laufen können als nicht-farbige, deshlab jedoch keineswegs häufiger langsamer dächten.

Hegenzecht sieht dringenden Handlungsbedarf, denn "Sprache beeinflusst das Bewusstsein und wo ein diskriminierender Begriff vermieden werden kann, halten wir es für vernünftig ihn wegzulassen". Im Grunde genommen also wie das Komma, dass ein Verlag, der sich mit deutscher Sprache auskennt, im letzten Satz zwischen "vernünftig" und "ihn" gesetzt hätte.

9 Kommentare:

  1. "Wenn also im Text steht, dass Kinder 'durchgewichst' werden, erscheint es uns sinnvoll, daraus 'verhauen' zu machen."

    Ich traute meinen Augen nicht. Die finden es *sinnvoll*, da *verhauen* einzusetzen. Na gut, jedem nach seinem Fachgebiet. Nach den Genderern nehmen die Pazifisten und Missbrauchsexperten sich den Text nochmal unter die Lupe.

    AntwortenLöschen
  2. Man kann sich das heute gar nicht vorstellen. Aber es gab irgendwo zwischen 1945 und 2012 ein Interregnum, in der Deutschland nicht von rassistischen Fanatikern regiert wurde. Es war die Zeit, als noch keiner auf die Idee kam, die Überlegenheit der farbigen Herrenrasse über das weiße Untermenschentum zur Staatsdoktrin zu erheben.

    Wenn die Verlage schon mal beim Hausputz sind, sollte man auch Wikipedia nicht vergessen. Das ist zwar fest in roter Hand, aber dann und wann schaffen es die Hofnarren (wenn auch unter dem fadenscheinigen Vorwand der Buchbesprechung), diese und jene Abweichung unterzubringen und über Intelligenzunterschiede der Rassen zu reden.
    Diesen Artikel habe ich gesichert. Und das gleiche empfehle ich allen anderen auch.

    AntwortenLöschen
  3. Unter den Nationalsozialisten wurden Bücher verbrannt, damit jeder brave Bürger wußte, was er nicht lesen darf. Heute werden unter den Moralhumanisten Wörter verbrannt, damit jeder brave Bürger weiß, was er nicht sagen (und nicht denken) darf.

    AntwortenLöschen
  4. Die Sprachpolizei sollte doch endlich Nägel mit Köpfen machen. Statt einzelne Wörter auf den Index zu setzen, die als Werkzeuge böser Gedanken (als Unwörter) betrachtet werden, sollte die Sprache insgesamt verboten werden. Schließlich kann man auch die nettesten Wörter dazu gebrauchen, um die bösesten Gedanken auszudrücken. Wozu noch Sprache in der heutigen Zeit? Sprache verführt nur dazu, Unstatthaftes, Illegitimes und Illegales zu denken und womöglich auch noch auszusprechen. So entstehen immer wieder Störfrequenzen, die den Ablauf des Fortschritts hin zur Zukunft unnötig erschweren. Diesen unsinnigen Störungen kann man ein Ende bereiten, indem man die Sprache abschafft, jedenfalls ihren allgemeinen Gebrauch. Wozu soll der einzelne Bürger denn noch sprechen? Das braucht er doch längst nicht mehr. Es reicht völlig aus und es wäre viel besser, wenn nur der Staat spricht. Es sollte also die aktive Anwendung der Sprache allein in die Hände des Staates gelegt werden. Wie es ein staatliches Gewaltmonopol gibt, so sollte es auch ein staatliches Sprachmonopol geben. Einzelne unbescholtene Bürger mit entsprechendem polizeilichem Führungszeugnis können dann einen Sprachschein erwerben und in geschlossenen Heimen eingetragener Sprachvereine sich zum gemeinsamen Sportsprechen treffen, unter strenger sprachpolizeilicher Aufsicht natürlich.

    AntwortenLöschen
  5. eine lösung, die nur konsequent wäre. das wäre sehr zu begrüßen, nähme es doch allen hetzern und menschenverächtern die möglichkeit, weiter ungebremst geistige brandstiftung zu betreiben.

    dein vorschlag also ins ohr des bundesverbotsbeauftragten! herr hegenzecht liest ja hier mit, vielleicht kann er entsprechende maßnahmen anstoßen

    AntwortenLöschen
  6. Was macht man nun eigentlich mit den schwarzen Rap-Künstlern, deren Texte zur einen Hälfte aus dem Wort Bitches und zur anderen aus dem Wort von Nigger(s) bestehen? Werden diese teils international gefragten Gesangskünstler in Schutzhaft genommen, um sie vor der eigenen rassistischen Sprache zu schützen?

    AntwortenLöschen
  7. @Anonym: Rap? Mir war gar nicht klar, daß das unter "Sprache" läuft.

    AntwortenLöschen
  8. Noch effektiver wäre es das menschliche Spachzentrum noch weiter herunterzuzüchten (gute Ansätze sind ja schon allenthalben sichtbar und vor allem hörbar), dass solche bösen Unwörter gar nicht erst produziert bzw. rezipiert werden können. Gerade auf das für die elementaren vitalen Bedürfnisse Erforderliche ist semantisch und lexikalisch herunterzufahren.
    Damit wären Gedankenverbrechen weitgehend die Grundlage entzogen.

    AntwortenLöschen
  9. der zuchtvorschlag ist wahrscheinlich am vielversprechendsten, nur dauert es bis dahin zu lange

    AntwortenLöschen

Richtlinien für Lesermeinungen: Werte Nutzer, bitte beachten Sie bei ihren Einträgen stets die Maasregeln und die hier geltende Anettekette. Alle anderen Einträge werden nach den Vorgaben der aktuellen Meinungsfreiheitsschutzgesetze entschädigungslos gelöscht. Danke.