Samstag, 30. Januar 2021

Spitze an der Spritze: Letzte Rettung Impf-Gipfel

Ein Gipfel ist sich stets selbst das allerschönste Ziel.
Erst kommt immer die Ankündigung, verbunden mit einem großen versprechen. Es folgt die Phase der Enttäuschung, das mühsam vermiedene Eingeständnis des Scheiterns, die späte Medienschelte, die unglückliche Umstände verantwortlich macht. Die Lage kann nun nur noch durch Kapitulation bereinigt werden - in längst vergangenen Zeiten trat jemand zurück, irgendetwas wurde zu einer sogenannten "Chefsache" und mit der umgehenden Einberufung eines "Gipfels" signalisierten die verbliebenen Verantwortungsträger, dass schließlich doch noch alles gut werden würde.

Ein Gipfel ist der Gipfel

Wer erinnert sich nicht gern und mit großem Wohlgefallen an Klimagipfel, Benzingipfel, Terrorgipfel und Gipfel zu EU-Staatschuldenkrise, an Steuergipfel, Arbeitsmarktgipfel und Digitalgipfel, Stromgipfel, Migrationsgipfel, Rentengipfel, Öko-Gipfel, Geheimdienstgipfel und all die EU-Gipfel, die Nato-Gipfel und die zuletzt alltäglichen Corona-Gipfel? Wie die legendären Zehn-Punkte-Pläne, die ein probates politisches Mittel sind, akute Fragen zu beantworten, indem sie unter großem Mediengetöse für immer in virtuelle Papierkörbe verschoben werden - vergleiche hier den vor zwei Jahren bereits zwölf Stunden nach Verkündigung still verstorbenen Zehn-Punkte-Plan der SPD für Ostdeutschland - ist der "Gipfel" ein magisches Mittel für und gegen alles. 

Klima heilen mit einem Croissant 

Gipfel können das Klima heilen und den Arbeitsmarkt, sie können das Geld der Europäer retten, aber auch Griechenland, sie vermögen es, Islamisten in die Schranken zu weisen, die Wirtschaft zustärken und ganze Heerscharen von europäischen Jungarbeitslosen im Handumdrehen in den Arbeitsmarkt zu integrieren, wenn sie nur getreulich "Beschäftigungsgipfel" genannt werden.  Auf Gipfeln, schweizerdeutsch ein Croissant, wird Geschichte gemacht, oft in hektischen nächtlichen Beratungen, manchmal gar mit angehaltener Uhr, aber, wenn Donald Trump nicht dabei ist, der alles kaputtmacht, immer mit herausragendem Erfolg. Gipfelprotokolle halten diesen vorab fest, Gipfelfotos zeigen die Triumphatoren der Nachtschlacht aufgeräumter Stimmung. Innerhalb eines Berges als Geländeform bilden die Gipfel die entsprechende Kleinform dazu. Innerhalb der Politik sind Gipfel einfach das höchste der Gefühle.

Auf einem Gipfel wird beraten, beschlossen, verabschiedet, verkündet und das Errungene später nie wieder erwähnt. Legendär geworden ist der Benzingipfel, auf dem die Bundesregierung vor zehn Jahren nach Wegen zur Steigerung der Nutzung des Dünnbenzins E10. Unmittelbar nach dem Gipfel lag der Verbrauch des klimarettenden Bioethanols in Deutschland bei 1,24 Millionen Tonnen im Jahr. Knappe zehn Jahre später war die Menge auf nur noch 1,16 Millionen Tonnen zurückgegangen. 

Signale vom Gipfelstieg

So bedeutend sind Gipfel - und so wichtig ist es nun, die deutsche Impfkatastrophe mit einem zünftigen Impfgipfel symbolisch auf höchster Ebene anzugehen, wenn sie schon nicht mehr abgewendet werden kann. Die Seilschaft, die sich zum geografisch-topographischen Endpunkt der Malaise aufmachen wird, besteht aus allem, was Rang und Namen hat Impfstoffkrieg. Neben der Bundeskanzlerin und den Vorsitzenden der Ministerpräsidentenkonferenzng sind "weitere Mitgliedern der Bundesregierung, die Regierungschefs der Länder und Vertreter der Impfstoffhersteller sowie der betreffenden Verbände" geladen, um auf Vorschlag von Bundesimpfminister Jens Spahn "über die Lage, die Ziele und das weitere Vorgehen" an der Vakzinfront zu beraten. „Sich informieren und abstimmen, um dann einheitlich zu agieren und kommunizieren: Das hilft immer“, erklärte der Minister. 

Womöglich gelingt es auch diesmal, mit einem neuen Zehn-Punkte-Plan für Beruhigung zu sorgen, und direkt vom Gipfelstieg Signale zu senden, dass alles gut werden wird, wenn nur der Glaube fest bleibt und das Vertrauen hoch.

2 Kommentare:

  1. Impfgipfel ist doch 'ne gute Idee, hat Trump vor 'nem knappen Jahr auch gemacht.

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  2. dann sollte man das meiden. kann nur falsch sein. allerdings hat er sich das wohl von uns abgeschaut. nur eben nicht richtig, das macht man nicht vorher, sondern wenn das kind aus dem brunnen schreit. aber da sieht mans wieder, der konnte nichts und das hat er auch noch falschgemacht.

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