Sonntag, 1. Januar 2023

EU-Lösung gegen China-Virus: Jeder kämpft für sich allein

Die EU-Gesundheitsunion versagt natürlich schon in ihrer ersten Bewährungsprobe. Die Mitgliedsstaaten können sich nicht auf gemeinsame Regeln für Einreisende aus China einigen.

Es ist fast alles wie beim ersten Mal. In den Hauptstädten der Union, seit zwei Jahren nicht nur Wertegemeinschaft, Schuldenkollektiv und einig in allen Zielen und wegen wohin auch immer, schauen die führendsten Vertreter auf eine Zeitschleife. China. Ein neuartiges Lungenvirus. Millionen und Abermillionen Infizierte. Die chinesische Regierung trifft diesmal zwar andere, aber wieder völlig falsche Maßnahmen. Die EU, durch eine wegweisende Rede der EU-Präsidentin Ursula von der Leyen im Februar 2021 auch zur weltweit ersten Gesundheitsunion namens "Hera" geschmiedet, sucht Schutz, Hilfe und vor allem Einigkeit.

Suche statt gemeinsamer Lösung

Wie stets vergebens. Mühsam versuchen die Nachrichtenagenturen noch, das erneute Auseinanderbrechen der Gemeinschaft  mit Tarnsätzen wie "Europa sucht nach einer gemeinsamen Lösung" oder "EU diskutiert über Einreiseregeln" zu kitten. Karl Lauterbach tut, was er in Sachen Zeitspiel von der früheren Kanzlerin Angela Merkel abgeschaut hat, wenn er nach einer "europäischen Lösung" ruft: Merkels große europäische Lösung der Flüchtlingskrise war im Sommer 2018 für "in 14 Tagen" angekündigt worden. Daraus wurden bis heute 1658 Tage und ein Ende ist nicht in Sicht.

Es bleibt, wie es war, trotz "Gesundheitsunion" und "gemeinsamem Raum für Gesundheitsdaten", trotz "gemeinsamer Prioritäten, aufbauend auf den soliden Fortschritten des letzten Jahres" (EU), trotz aller "Lehren, die aus der Coronapandemie gezogen" wurden (EU) und des festen Willens, beim nächsten Mal "koordiniert zu reagieren" (EU). Während EU-Staaten wie Frankreich, Spanien und Italien die Einreiseregeln für Besucher aus China verschärfen, richtet sich Deutschland nach den Vorgaben der EU-Kommission, die eine Corona-Testpflicht für Reisende aus China derzeit "noch" für "ungerechtfertigt" hält. Europa, wie sich die EU gern selbst nennt, spricht einmal mehr mit zwei Stimmen: Wie zu Beginn der ersten Welle, als populistische Nationalisten von Paris bis Berlin die Grenzen schlossen, EU-Regierungen einander die Masken und Impfstoffe vor der Nase wegkauften und die EU-Kommission über Monate nur mit Tipps zum korrekten Händewaschen aushalf, kämpft auch jetzt wieder jeder für sich allein.

So hält es Karl Lauterbach, der zuletzt weitgehend abgetauchte Gesundheitsminister, zwar einerseits "für sehr wichtig, dass Europa hier koordiniert reagiert". Andererseits sei eine Testpflicht für Einreisende aus China aktuell "noch nicht notwendig". Nicht Deutschland müsse sich folglich den Partnerstaaten anschließen, die ihre Regeln verschärft haben. Sondern die müssten runter von ihrem Verschärfungstrip und zurück zu Normalbetrieb.

Gesundheitsunion im Normalbetrieb

Eine Gesundheitsunion, zwei Geschwindigkeiten. Bis heute konnten sich die Mitgliedsstaaten weder auf die Anerkennung eines einzigen venezuelanischen Präsidenten einigen noch darauf, ob der Kosovo nun ein eigener Staat ist oder weiterhin ein Teil Serbiens. Die Lücken in der gemeinsamen Verteidigung  Europas gegen das ehemals neuartige Lungenvirus will Lauterbach nun "intensivst" mit seinem französischen Amtskollegen "diskutieren" - der normale Gang der Dinge in der Gemeinschaft sieht als nächsten Schritt vor, das Thema anschließend für immer zu meiden. 

Eine dicke Schicht Vergessen über Streitfragen zu gießen, war noch immer das beste Mittel, gestehende Meinungsdifferenzen wenn schon nicht beizulegen, so doch erfolgreich ignorieren zu können. Ursula von der Leyen macht es vor: Die Mutter der EU-Gesundheitsunion hat sich zum Kontrollstreit über die Einreiseregeln für Reisende aus China bisher nicht geäußert. Bleibt es beim Zwist unter den Mitgliedsstaaten, bleibt das sicher auch ihr letztes Wort.

6 Kommentare:

  1. >> gestehende Meinungsdifferenzen

    Sehr schön. Wer hat gestanden, was und wieviel? Kommt vdL jetzt in die Zelle neben Zschäpe?

    Auch die Typos werden uns dieses Jahr treuer Begleiter sein. So wie die usual Typen.

    Weitermachen.

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  2. es sollte gestandene heiße, danke für den hinweis!

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  3. 'Gestandene' macht auch nicht mehr Sinn. Es sollte wohl 'gestundete' heißen, denn das werden 'wir' bald brauchen.

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  4. Mein Tipp lautet ja "bestehende Meinungsverschiedenheiten", den sie bestehen ja wirklich. Manchmal gesteht auch jemand, daß sie bestehen.

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  5. wie so oft richtig geraten

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