Montag, 4. August 2025

Bundesweiter Regenaktionstag: Initiative legt Feuchtschutzpläne vor

Regenschutz Kälteaktionstag Drying Point
Architektonisch aufwendig, aber hochwirksam: Der "Drying Point" ist ein beidseitig offenes Zelt, das klimafair nachhaltig mit erneuertem Strom beheizt wird.

Dauerregen mit Unterbrechungen. Leere Freibäder und Biergärten, enttäuschte Urlauber und Strandbesucher, die sich mit Gummistiefeln gegen den fußkalten Klimasand wappnen. Der Sommer 2025 ist bisher einer, der "ins Wasser fällt", in dem "der Regen das Geschäft verhagelt" und Ältere sich erinnert fühlen: Ja, das ist ein Sommer, wie er früher einmal war.  

Die Klimakrise verursacht längere und intensivere Schlechtwetterphasen, der Boden kann die viele Nässe nicht mehr aufnehmen und die unablässig aufeinanderfolgenden Starkregenstürmen stellen bereits heute eine Gefahr für Menschen dar. Eigentlich ist die Influenza-Saison im Hochsommer vorbei. Aber in diesem Jahr gab es besonders viele Fälle von Erkältungen und auch die der neue Corona-Omikron-Subtypen LP.8.1 und NB.1.8.1, auch "Nimbus" genannt, grassieren. 

Vor allem von Kälte und Nässe geschwächte Menschen, vor allem aus vulnerablen Gruppen, werden infiziert, weil ihr Immunsystem damit überfordert ist, die Klimahitze und das Virus abzuwehren. Etwa drei Millionen Personen mit einer neu aufgetretenen akuten Atemwegserkrankung meldete das Robert-Koch-Institut allein in der 30. Kalenderwoche. Das ist der höchste Stand seit Februar.

Anschwellende Grippewelle 

Kälte und Nässe sind ein Grippe-Nährboden.
Untypisch für eine Sommersaison, doch der aktuelle Lancet Countdown Policy Brief für Deutschland  zeigt, dass viele Kommunen sich in den vergangenen Jahren einseitig auf den Kampf gegen die Klimahitze vorbereitet haben. 

Seit der damalige Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach den nationalen Temperaturnotstand ausrief und Städte und Gemeinden zu bundesweiten Anstrengungen gegen die sich beschleunigende Klimakrise aufforderte, hätten Gesundheitsschutzakteur:innen die nicht weniger wichtige Vorsorge gegen andere Folgen der Klimakatastrophe außer Acht gelassen, sagt der Klimapsychologe Herbert Haase, der am Climate Watch Institut (CWI) im sächsischen Grimma zu den Folgen der einseitigen Krisenvorsorge forscht.

Schutz von gefährdeten Bevölkerungsgruppen

Wie es besser geht, zeigt das "Aktionsbündnis Regenschutz Riesa", das zum Schutz von gefährdeten Bevölkerungsgruppen auf Initiative der Ärztekammer im Freistaat, engagierten Bürgerinitiativen aus Kommunen, Wissenschaftlern, Gesundheitsforschern, Pflegenden und Akteuren der Initiative "DAGR  Deutsche Allianz gegen Regen e.V." ins Leben gerufen wurde. Im Bündnis arbeiten Ärzt:innenschaft,  Katastrophenschützer, Rettungsdienste und der Öffentliche Gesundheitsdienst zusammen für ein Ziel: Sachsen klimasicher machen, ohne sich dabei nur auf die Gefahren der üblichen Brutalohitze zu beschränken.

Der Grundgedanke ist einfach: Verantwortung für Bürgerinnen und Bürger schließt einen vorausschauenden Umgang mit neuen Gesundheitsrisiken ein – und verantwortliche Parteien, Behörden und Institutionen werden dieser Verantwortung im Bezug auf den angeordneten Hitzeschutz mit Plänen zum bundesweiten Ausbau der Trinkbrunneninfrastruktur,  mit Sonnensegeln und Grünfluchtschneisen zwar inzwischen weitgehend gerecht. Doch es mangelt vollkommen an genügender Aufklärung bei Bedrohungen wie Kälte, Nässe und anhaltender Feuchtigkeit.

Spürbaren gesundheitlichen Folgen 

Dabei können die spürbaren gesundheitlichen Folgen aller drei Natureinflüsse in den Sommermonaten gravierend sein. In der sicheren Überzeugung, beim Sommer handele es sich ja um die "warme" Jahreszeit, begeben sich Menschen fahrlässig viel zu leicht bekleidet ins Freie. Auch bei nur 16 Grad wird im Kleiderschrank nach der kurzen Hose, dem knappen Kleidchen und den offenen Sandalen gegriffen. Doch bei Kälte verengen sich die Blutgefäße, in der Folge steigt der Blutdruck an und das Herz muss das Blut gegen einen größeren Widerstand durch die Adern pumpen. 

Die Folgen können gravierend sein, warnt Herbert Haase. "Was für gesunde Menschen kein Problem darstellt, belastet bei Vorerkrankten den Herzmuskel und die Gefäßwände", beschreibt der Gesundheitsexperte einen weitgehend unbekannte Klimaeffekt. Der ausgekühlte, von der unerwarteten Anstrengung geschwächte Körper muss gegen kalte Finger, Zehen, Ohrmuscheln und Nase ankämpfen, da sich die Blutgefäße verengen und Organe nicht mehr richtig versorgt werden.

Drohende langfristige Schäden  

Kommen von Starkregenschauern durchnässte dünne Kleidungsstücke hinzu, droht gar Unterkühlung, die zu langfristigen Schäden führen kann. "Überdies sind viele Urlauber schon nach wenigen Tagen durch das diesjährige typische Sommergeräusch des Prasselns von Regentropfen auch psychisch angeschlagen", verdeutlicht der Forscher. 

Die für Mitteleuropäer vergangener Zeiten eigentlich recht typische Regenresilienz sei in den zurückliegenden Hitzesommern fast vollkommen geschwunden. "Viele hielten sengende Sonne und ausgiebige Dürre für das neue Normal." Die Folgen sind dramatisch: In Deutschland sterben jährlich etwa 20.000 Menschen an Kälte, im Vergleich dazu gibt es nur etwa 3.000 Hitzetote. 

Der mittlere Zustand

Haase weiß: Klimadaten beschreiben den mittleren Zustand der Abfolge einzelner Wetter, kombiniert aus Mittel- und charakteristischen Extremwerte in einem größeren Gebiet über einen längeren Zeitraum. Dass es zu Ausreißern nach unter ebenso wie nach oben kommen könne, werde bei der typischen Klage, die Temperaturen und Niederschlagsmengen wichen vom langjährigen Durchschnitt ab, nicht ausreichend berücksichtigt. "Wir Wissenschaftler weisen immer darauf hin, dass unsere Modelle lange Linien abbilden und keine Wettervorhersagen darstellen", sagt Herbert Haase.

Umso wichtiger sei, dass operativ dynamisch auf sich verändernde Lagen reagiert werde. Wie eben mit dem ersten sogenannten "Drying Point" (DP), den die Aktivisten von DAGR jetzt zum ersten bundesweiten Regenaktionstag unweit der Riesaer Innenstadt der Öffentlichkeit zum Wirkbetrieb übergeben haben. Ein beidseitig offenes Zelt, nachhaltig mit erneuerbarem Strom beheizt, bietet Durchnässten und Durchfrorenen einen kostenlosen Platz zum Abtrocknen und Aufwärmen. Auch ein Wäschetrockner steht bereit. 

Temporäre Infrastrukturmaßnahme

Die temporäre Infrastrukturmaßnahme zum Schutz vor Kälte und Regen soll bis Mitte Oktober in Betrieb sein, hat die Landesagentur für Klimagesundheit (Laak) mitgeteilt. Mit dem Aktionsbündnis von engagierten Bürgern und Behörden nimmt Riesa eine Vorreiterrolle ein. In den Krisenplänen des Bundes spielen dergleichen zivilgesellschaftliche Bündnisse keine zentrale Rolle in der Erstellung und Umsetzung von Kälte- und Nässeschutzplänen. 

Nutzen können den "Drying Point" alle Menschen im öffentlichen Raum. Die Installation ist 25 Quadratmeter groß und barrierearm, das es durch große Klimapanoramafenster erlaubt, die aktuelle Wetterlage ohne Umwege über Apps oder Radionachrichten direkt zu beobachten. Das Klimazelt wird durch große Infrarotheizkörper aufgewärmt. Ab 2026 plant das DAGR, den "Drying Point" um Warmwindgebläsefunktion zu erweitern, die dann an besonders kühlen Tagen zusätzlich für wohlige Wärme sorgen soll, wie der Vereinsvorsitzende Ralf Reisbach dem MDR sagte.

Teil von Modellvorhaben


Der DP ist ein Pilotprojekt, das als Teil des Modellvorhabens "Urban Climate Labs - Klimavorsorge  in Stadtquartieren und Gebäuden" im Rahmen des "Experimentellen Wohnungs- und Städtebaus" vom einem interdisziplinären Forscherkollektiv am Climate Watch Institut (CWI) begleitet wird. Gefördert wird es vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) arbeitet derweil dem Vernehmen nach bereits an neuen Klimaschutzplänen, um Deutschland künftig noch besser auf die gesundheitlichen Auswirkungen des sich wandelnden Klima vorzubereiten.

Es handelt sich dabei um ein ehgeiziges und überaus komplexes Vorhaben. Gerade erst hatte Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) in der Fortschreibung des "Musterschutzplans Gesundheit" erstmals nicht nur ältere Menschen, chronisch Kranke, Schwangere und kleine Kinder, sondern auch Sporttreibende über die gesundheitlichen Risiken von Hitze informiert. 

Aktualisierte Fortschreibung  

Gemeinsam mit der Medizinischen Fakultät Mannheim, der Universität Heidelberg, dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG) e.V. gelang es dem BMG, alle Zielgruppen im Breitensport vor hitzebedingten Gesundheitsrisiken besser zu schützen. 

Jetzt solle eine aktualisierte Fortschreibung Vereinen und Verbänden helfen, Sporttreibende, hauptamtlich Mitarbeitende und freiwillig Engagierte, z.B. Trainerinnen und Trainer, Kampfrichterinnen und Kampfrichter, Funktionäre und Servicekräfte sowie Zuschauerinnen und Zuschauer vor Gesundheitsrisiken zu bewahren, die die bisher oft unterschätzten Klimarisiken Kälte und Nässe mit sich bringen.

Apotheken für Kälte- und Feuchtschutz

Auch den Apotheken kommt bei Kälte- und Feuchtschutz wieder eine besondere Bedeutung zu: Als niedrigschwellige Versorgungseinrichtungen und wohnortnahe Anlaufstellen tragen sie nach Erkenntnisen des Bundesgesundheitsministeriums wesentlich zur Gesundheitsversorgung bei. Sie seien daher auch in nässe- und kältebedingten Ausnahmesituationen von großer Relevanz. Apotheken können bei Starkregen nicht nur als trockere Zufluchtstätten dienen, sondern Zufluchtsuchende dann auch gleich für die gesundheitlichen Risiken sensibilisieren, die mit klimaunangepasst leicher oder durchfeuchteter Bekleidung einhergehen. 

Kälte und Nässe stellten ja auch eine weitgehend unterschätzte Gefahr für die psychische Gesundheit dar, betont Herbert Haase. Ziel des vom CWI gemeinsam mit der Bundespsychotherapiekammer (BPK) entwickelten Feuchtschutzplanes soll es sein, Psychotherapeutinnen und -therapeuten darin zu unterstützen, Patientinnen und Patienten zur Selbstfürsorge an verregneten Urlaubstagen anzuregen und den Schutz vor Feuchtigkeit etwa bei Campingurlaubern zu verstärken.

Das BMG fördert zudem Unterstützungsangebote zum Schutz spezieller Risikogruppen auf dem Portal "Regenservice.de". Für Menschen im höheren Lebensalter, Kinder, wohnungslose Menschen, stationär versorgte Pflegebedürftige, im Freien Arbeitende und – seit Beginn diesen Jahres – auch für Menschen mit Behinderungen ist das neue Format "Regenservice vernetzt" gedacht, das Wissen von Akteurinnen und Akteuren im gesundheitlichen Regenschutz bei regionalen und bundesweiten Fachveranstaltungen sichtbar und nutzbar machen soll.

Hier finden Sie neben weiteren Informationen auch wichtige Fragen & Antworten zum Thema Kälte-und Nässeschutz im Sommer.

3 Kommentare:

  1. TrumpeltierAugust 04, 2025

    Nasskaltes Wetter hat bekanntlich nichts mit einer viruellen Grippeinfektion zu tun, sondern ist maximal Ursache für eine Erkältung.

    Wenn man also verwaltungs-sonderbegabt meint, man müsse - trotz zuvor im TV klimahysterisch angekündigtem Schmuddelwetter - davon mal wieder total überraschte Leute in einem Zelt mit durchzugiger Maximalbelüftung zusammenrotten, um sie zu vor Influenza zu schützen und wegen der politisch korrekten Offenheit-Coolness samt halber Innenstadt auch noch zu beheizen, dann fördert man solche gegenseitigen Ansteckungen eher als sie zu vermeiden.

    Solche simplen Zusammenhänge sind für die hochdotierten Schnapsideen-Ausbrüter im Staatsdienst aber nicht kapierbar. Hauptsache, man kommt damit irgendwie positiv in die einschleimtriefende Lokalpresse.

    Außerdem wird solch eine Feuchtschutz-Initiative sich in einem Land/Volk, in dem eine Häfte sich emsig um den optimalen Kopulations-Zustand ihrer Feuchtgebiete kümmert, kaum Begeisterung auslösen, denn Priorität hat ja Geschmeidigkeit durch z.B. Vagisan-Salbe, empfohlen von "wir wollen mal wieder so richtig, aber ohne scheuern und brennen"-Muttis.

    Was treiben die Leute sich eigentlich in Kälte und Regen auf den Straßen rum?

    Die sollen zwecks Kriegsertüchtigung gefälligst zuhause neue Sodaten zeugen.

    Pflichterfüllung und Spaß dabei.

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  2. TrumpeltierAugust 04, 2025

    Dieser Schutz vor Kälte ist angesichts unserer medialen Sonder-Erhitzung eigentlich überflüssig, denn wir haben Anfang August - also im Hochsommer - morgens um 9:00 bereits schweißtreibende 15°. Zählt man jene Nachmittagsspitze von vermutlich 17 Grad dazu und addiert noch die 10 nächtlichen, erhält man das gewünschte Panikziel von schockierenden 42 Grad Celsius pro Tag.

    Der Michel läuft dann pawlowitsch triefend Klimaschutz-Amok.

    Schattenspender mit Kühlung wären also viel wichtiger, um die idiotischen Shopping-Queens vor Hitzepeak-Hitzschlag zu bewahren. So ein Kleiderschrank voll nichts anzuziehen ist nämlich ähnlich mächtig wie der soziale Herdentrieb.

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  3. Dieser "Sommer" gehört zu einem perfiden Plan unserer Regierung, den Widerstand gegen die Streichung von ein paar Urlaubstagen zu brechen.

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