Mittwoch, 3. September 2025

Keine Kinder als Chance: Durch Geburtenknick zur Klimarettung

Die Politik preist seit Jahren den Vorteil hoher Geburtenraten. Dabei bietet das Schrumpfen für das Klima viel bessere Chancen. 

In der EU sinken die Geburtenraten der meisten Mitgliedsstaaten seit Jahren. Das stellt die Gemeinschaft vermeintlich vor große Herausforderungen. Vom langsamen Aussterben ist die Rede und von der Notwenigkeit, die fehlende eigene Bevölkerung durch verstärkte Zuwanderung zu ersetzen. Die Potenziale, die im Schrumpfen stecken, werden hingegen häufig negiert, ignoriert und in der öffentlichen Debatte vollkommen totgeschwiegen. Aussterben hat einen  negativen Beigeschmack, Politiker sprechen gern von einer "demografischen Katastrophe", statt den demografischen Wandel als Chance zu sehen.

Eine positive Triebkraft 

Experten fordern jetzt aber eine strategische Debatte, um die Folgen des Bevölkerungsrückgangs zu gestalten und als positive Triebkraft zu nutzen. Satt auf Staaten wie Frankreich und Bulgarien zu schauen, zwei der wenigen EU-Länder, in denen im Jahr 2023 mehr Babys auf die Welt kamen als im Jahr zuvor, gelte es, einen eigenen weg zu gehen. "Nicht mehr fragen, was macht Bulgarien richtig?", empfiehlt der Migrations- und Klimafroscher Herbert Haase. Sondern darüber nachdenken, woran es in Deutschland noch fehlt, um das allmähliche Aussterben als naturgegebenes Schicksal zu akzeptieren, das der gesamten Menschheit einen Dienst erweist.

Herbert Haase widerspricht damit den üblichen politischen Parolen, mit denen jeder Hinweis auf einen "Trend zu steigenden Geburten" (Ursula von der Leyen) gefeiert, Zahlen zu sinkenden Geburtenraten aber als Desaster dargestellt würden. "Unsere Erwartungshaltung bringt uns dazu, Entspannung zu erwarten, wenn die Bevölkerungszahl durch eine hohe Geburtenrate stabil bleibt", beschreibt Herbert Haase eine Konditionierung, die Politik und Medien über Jahre vorgenommen hätten. 

Falsche Weichenstellungen 

Sie übertrage den Wunsch, den Regierungen durch ihre Öffentlichkeitsarbeit über Jahrzehnte hinweg geweckt und genährt haben, auf die breite Masse, obwohl es dem Einzelnen vollkommen egal sein könne, ob er in einem Land mit drei, zehn oder 300 Millionen Bürgern lebe. Wichtig sei die Größe des verfügbaren Humankapitalstocks ausschließlich für Regierungen, die aus der Masse ihre Armeen rekrutieren. "Das fängt bei Hitler an und hat nie wieder aufgehört." Zwar freuten sich Politiker heute zeitweise auch, wenn fehlender Nachwuchs die Lage in Kindertagesstätten und Schulen kurzzeitig entspanne, weil das den Druck auf politische Entscheider mindere. "Aber sie machen keine Luftsprünge, weil sie glauben, das sei unanständig."

Dabei zeigen Beispiele wie das Frankreichs oder Bulgariens, dass selbst dort, wo es nicht ganz schlimm steht, keine Besserung erwartet werden darf. Trotz einer vergleichsweise hohen Geburtenrate von 1,8 können auch diese beiden EU-Staaten ihre Bevölkerung selbst nicht mehr reproduzieren. Mit jeder Generation schrumpft durch die geringere Zahl an Geburten die Zahl der verfügbaren Frauen. Weniger Frauen bekommen noch weniger Kinder, weil sie einfach nicht da sind. Selbst wenn die Verbleibenden nicht mehr 1,8, sondern 1,9 oder gar zwei Kinder bekommen würden, hält das Schrumpfen unausweichlich an. 

Schrumpfen als Chance 

Noch viel weniger aber können es Staaten aufhalten, die mit noch weniger Nachwuchs auskommen müssen. In der EU stehen Mitgliedsländer wie Malta mit 1,06 Kinder pro Frau oder Italien, Spanien und Polen mit 1,19 bis 1,33 vor einer Perspektive, die dazu führen wird, dass sich die Bevölkerungszahl binnen eines halben Jahrhunderts glatt halbiert. Nicht anders sieht es in Litauen, Lettland, Estland, Portugal und Deutschland aus. Bis zum Jahr 2070 werden alle diese Länder die Hälfte ihrer Bevölkerung verloren haben. Für die gesamte EU prognostizieren Berechnungen, die die Froscher am CWI angestellt haben, das aus 440 Millionen Bürgern nur noch 250 bis 270 geworden sein werden.

Deutschland wird ganz vor dabei sein. Hier sterben seit 1972 jedes Jahr mehr Menschen als geboren werden. Die Fertilitätsrate, die beschreibt, wie viele Kinder Frauen im Durchschnitt bekommen, sank zuletzt auf nur noch 1,35 - Mann und Frau als zwei Eltern müssten zwei Kinder bekommen, um sich zu reproduzieren. Sie bekommen derzeit aber nur 1,35. Das heißt, dass aus 200 Personen innerhalb einer Generation 135 werden. Aus denen bei Beibehaltung der Fertilitätsrate binnen einer weiteren Generation nur noch 75 geworden sein werden.

Stolz auf das Defizit 

Das permanente Geburtendefizit, das Europas Zentralmacht seit mehr als 50 Jahren plagt, hat sich zuletzt noch einmal verstärkt. Allein im vergangenen Jahr schrumpfte die Stammbevölkerung durch einen Sterbeüberhang um 327.000 Menschen. Allein die lange Zeit steigende Lebenserwartung fängt die statistischen Effekte des starken Geburtenrückgangs der vergangenen Jahrzehnte noch auf: Läge die durchschnittliche Lebenserwarung heute noch dort, wo sie 1972 war, lebten heute nicht 84 Millionen Menschen im Land, sondern nur 78 Millionen. Statt einer Alterung der deutschen Bevölkerung gäbe es bereits seit Jahren den Beginn ihres Aussterbens zu betrachten, selbst die als Gegenmaßnahme durch die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel eingeleitete Zuwanderung hätte die Bevölkerungsgröße nicht stabil halten können.

Für Herbert Haase wäre das aber beileibe kein Beinbruch. Der Wissenschaftler, der am Climate Watch Institute (CWI) im sächsischen Grimma zu den Folgen des Klimawandels auf die öffentliche Bewertung sozialistischer und anthroposophischer Ideen forscht, sieht in niedrigen Fertilitätsraten vor allem einen Weg, wie Deutschland und Europa ihre Klimaziele erreichen können. Eine möglichst geringe Zahl an Geburten sei der Schlüssel zur nachhaltigen Senkung des Kohlendioxidausstoßes, sagt er. 

Halbierung in 50 Jahren 

Berechnungen zeigen, dass eine Geburtenrate von 1,32 Kindern pro Frau bedeute,  dass ein Land seine Einwohnerzahl in nicht einmal 50 Jahren halbieren könne. "Nehmen wir Deutschland als Beispiel, kämen wir von den derzeitigen 84 Millionen Menschen auf nur noch von 42 Millionen", umreißt Haase die Dimension. Das sei eine sehr gute Nachricht für das Klima. "40 Millionen Bürgerinnen und Bürger werden zweifellos deutlich weniger Kohlendioxid produzieren", ist er sicher, "so dass es uns ein Leichtes sein wird, die von der EU-Kommission und der Bundesregierung gesetzten Ziele bei der Reduktion des Klimagiftes zu erreichen."

Für eine kontroverse Diskussionen, wie sie die sinkenden Geburtenraten in Deutschland immer wieder auslösen, sieht der Wissenschaftler keinen Grund. Die jüngst überstandene Personalkrise in Kindertagesstätten sieht er als Hinweis darauf, dass im demografischen Wandel mehr Chance als Gefahren stecken. Es gehe jetzt darum, das durch politische Maßnahmen ohnehin nicht mehr zu stoppende Schrumpfen als ökologische Gelegenheit zu nutzen.  "Weniger Menschen bedeuten weniger CO2-Emissionen", sagt Haase. Berechnungen zeigen: Je mehr die Bevölkerungsanzahl zurückgeht, desto kräftiger sinken die Emissionen. 

Wandel proaktiv steuern 

Wichtig sei allerdinsg, den unausweichlichen Wandel proaktiv zu steuern und zu gestalten. "In nur zwei Generationen könnte die Bevölkerung im Land auf die Hälfte zusammengeschrumpft sein", prognostiziert Haase. Um aber die positiven Effekte tatsächlich zu nutzen, müssten einige flankierende Maßnahmen ergriffen werden, die längst überfällig seien. 

Hart geht der Wissenschaftler die Migrationstrategie der Bundesregeirungen der zurückliegenden Jahre an. Die habe viele positive Folgen der niedrigen geburtenraten schlichtweg zunichtegemacht. "Hätten wir seit 2015 konsequent geschlossene Grenzen gehabt, wäre uns viel an CO2-Ausstoß erspart geblieben", verdeutlicht er die Dimension des Problems. Zuwanderung habe Bevölkerungsrückgang in Deutschland nicht nur abgemildert, sondern ihn zumindest kurzzeitig in ein starkes Bevölkerngswachstum verwandelt. Dadurch seien viele Klimabemühungen konterkariert worden.

Merkels fatale Entscheidung 

"Die fatale Entscheidung von Frau Merkel, nahezu alle Schutzsuchenden aus aller Welt nach Deutschland einzuladen", sagt er, "war für das Weltklima verheerend." Menschen, die aus heimatländern kamen, deren Pro-Kopf-Ausstoß an Klimagift weit unter dem der Deutschen liegt, seien gezwungen worden,  sich in das besonders klimaschädliche deutsche Lebensmodell zu integrieren. Vier bis sechs Millionen Menschen wurden dadurch binnen weniger Jahre zu sogenannten CO2-Superspreadern. "Eäre 2015 konsequent darauf geachtet worden, dass unsere Grenzen fest geschlossen, würden  heute schon nur noch 78 Millionen Menschen in Deutschland leben und das Land würde im Regelbetrieb sechs bis acht Prozent weniger Kohlendioxid ausstoßen."

Für Haase ist es höchste Zeit, politisch endlich umzusteuern. Eine schrumpfende Bevölkerung sei die preiswerteste Art des Klimaschutzes, sagt der Wissenschaftler. "Weniger menschen, die weniger CO2 ausstoßen, sind kostengünstiger als technologische Lösungen wie Wasserstoffkraftwerke oder CO2-Speicherung." Statt sich gegen den Trend zu stemmen, müssten die Entscheidnungsträger in Brüssle und Berlin die Dimension ihrer Aufgabe erkennen. 

Weniger Infrastruktur 

"Weniger Menschen brauchen Infrastruktur", weist Haase auf einen wichtigen Nebenaspekt hin. Statt mit hunderten von Milliarden Euro Schuldengeld Brücken, Straßen, Schulen und andere Teile der kritischen Infrastruktur aufwendig zu sanieren und womöglich sogar neu zu bauen, verlange ein tieferes Verständnis der demografischen Krise, die Umfeldbedigungen rechtzeitig an eine schrumpfende Gesellschaft anzupassen.

"Sehr große Teile der Infrastruktur werden künftig einfach nicht mehr benötigt werden", ist Herbert Haase sicher. Schulen werden keine Schüler mehr haben und geschlossen werden können. Wohngebäude werden ungenutzt bleiben, weil es keine Nachmieter mehr gibt. Das Phänomen der Entvölkerung werde sich in allen gesellscjaftlichen Bereiche zeigen. "Das spart Sanierungs- aber auch Personalkosten, wenn rechtzeitig verstanden wird, dass es nicht mehr darum geht, gegen den Trend anzuregieren, sondern ihn als Instrument zu nutzen, um die Klimaziele zu erreichen."

Berufe ohne Zukunft 

Die Lage in den Kindertagesstätten, die nach 2015 mit großem Aufwand personell aufgerüstet worden waren, zeige, wohin falsche Weichenstellungen führen. "Man hat geglaubt, dass der Zustrom an Schutzsuchenden dauerhaft sein wird und zehntausende Mitarbeiter neu eingestellt." Inzwischen zeige sic aber, dass eine junger Erzieher eine deutlich längere Standzeit im Berufsleben habe als ein zu betreuendes Kind. 

"Dadurch kommt es schon zehn Jahre nach dem Beginn der Migrationswelle zu einem Überhang auf der Betreuendenseite." Dier werde sich in den kommenden Jahren durch die Schulen bis nach oben  in die Universitäten fressen. "Man sieht, es war vollkommen überflüssig, hier in den Jahren nach dem Zustrom hektisch aufzurüsten  und Menschen in Berufe zu locken, die keine Zukunft haben."

Abbauen, Zurückbauen, Schumpfen 

Haase prädiert für eine anderen Ansatz. Abbauen, Zurückbauen, Schumpfen. Es gebe keine Gefahr, dass eines Tages wieder mehr Kinder geboren werden, vielmehr zeige das Beispiel Südkoreas, welche Pespektive Deutschland habe. Dort liege Geburtenrate pro Frau im Moment schon bei 0,75 Kindern, vier Personen bringen damit nur noch anderthalb Kinder zur Welt. "Südkorea ist für das Weltklima ein leuchtendes Hoffnungsfanal", sagt Herbert Haase. Binnen von nur einer Generation werde die Einwohnerzahl des Landes um fast zwei Drittel sinken. "Weltweit werden die Auswirkungen auf die Klimaerwärmung spür bar sein."

Denn keine noch so ausgeklügelte Technologie kann auch nur ähnliche Potenziale heben wie das Schrumpfen der Bevölkerung. Das gehe vollkommen kostenlos vonstatten, es benötigekeine Investitionen in teure Wasserstoffkraftwerke oder CO2-Verpressungstechnologien. "Vielmehr spart es noch Geld, wenn wir rechtzeitig in die Phase der Deinvestition eintreten und die großen Teile der Infrastruktur, die nicht mehr benötigt werden, aufgeben."

1 Kommentar:

  1. Als ich in den 60-zigern Kind war gab es 3 Milliarden Menschen. Es ist mir damals nicht aufgefallen, das es zu wenig Menschen gab. Im Gegenteil, die Züge und Straßenbahnen waren immer überfüllt. In der Schulklasse waren wir immer über 30 Schüler. Es gab aber immer Parkplätze.

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