Freitag, 31. Juli 2009

Besser als gut

Manchmal ist das schlichte, auf blanke Skelett abgemagerte Cover eines großartigen Songs sogar besser als der großartige Song selbst. Jon Sills führt das hier mit Bright Eyes´ fabelhaftem "Something Vague" vor.

Fahrn, fahrn, fahrn auf der Autobahn

Glaubte man bislang, dass Bundeszensurministerin Ursula von der Leyen 24 Stunden am Tag damit beschäftig ist, sich neue wirksame Blockiermechanismen für die weltweiten Datennetze und Emailfilter auszudenken, die Geburtenraten hochzulügen und sich um ihre eigenen Kinder zu kümmern, stellt sich nun Enttäuschung ein. Wie das "linke Kampfblatt"(Helmut Kohl) Stern berichtet, verbringt die CDU-Spitzenpolitikerin einen Großteil ihrer Zeit auf der Autobahn: Nicht nur im Urlaub, wie Kollegin Ulla Schmidt, sondern regelmäßig lässt sie sich im Dienstwagen aus Hannover abholen und ins 300 Kilometer entfernte Berlin fahren. Die Fahrer, die das tun, reisen eigens aus dem weitere 300 Kilometer entfernten Bonn an.

"Abends", schreibt der "Stern", "ging die Tour dann die selbe Strecke wieder zurück. Dazu, wie regelmäßig diese Fahrten stattfanden, gibt es widersprüchliche Angaben."
Da die Fahrzeit rund 10 Stunden beträgt, mussten jeweils zwei Fahrer eingesetzt werden.

Herausgekommen war die Sache nach Angaben von Heise, "als ein Berliner Fahrer das Familienministerium verklagte, weil er sich aufgrund der Sonderwünsche der Ministerin praktisch zum gut bezahlten Nichtstun verdammt sah". Diese habe nämlich zu keinem Berliner Fahrer genug "Vertrauen" aufbringen können. Stattdessen bestand sie darauf, von den Fahrern aus Bonn transportiert zu werden.

Der zuständige Richter hatte Anfang des Jahres festgestellt, dass das Verhalten der Ministerin "unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten [...] schwer nachvollziehbar" sei. Allerdings könne trotzdem nicht eingeschritten werden, weil es an einer Rechtsgrundlage fehlte, mit der man die CDU-Politikerin zu einem für die Steuerzahler günstigeren Verhalten hätte zwingen können.

Ihr Fahrtenbuch, das der "Stern" hatte einsehen wollen, um die Häufigkeit der 600-Kilometer-Ritte der Bundeszensurbeauftragten nachvollziehen zu können, will Ursula von der Leyen wegen der darin enthaltenen "Vielzahl von personenbezogenen Daten" nicht herausgeben. "Weil solch eine Gewichtung von Datenschutzinteressen für eine sonst eher als täterschutzkritisch bekannte Politikerin recht ungewöhnlich erschien", formuliert Heise, habe sich der "Stern" an die Behörde des Bundesbeauftragten für den Datenschutz gewandt, die das Familienministerium darauf hin aufforderte, die "nicht nachvollziehbare" ablehnende Entscheidung zu überprüfen.

Dazu sieht das Ministerium von der Leyen allerdings nach dem Vorbild von Helmut Kohls Ehrenwort keine Veranlassung: Was geht es denn schon das Volk an, was die Mächtigen treiben?

Donnerstag, 30. Juli 2009

Schweden will Journalisten nicht ausliefern

Wäre Schweden im Rahmen der PPQ-Aktion Verbot der Woche nicht schon im Februar diesen Jahres unter Strafe gestellt und untersagt worden, müsste das skandinavische Land spätestens jetzt mit ernsten Konsequenzen rechnen. Wegen Schweden nämlich stocken die Emittlungen im Fall des Holocaust-Leugners und Pius-Bruders Williamson - ein schwedischer Journalist, der als Zeuge geladen ist, weigert sich, nach Deutschland zu kommen und eine Aussage zu machen.

Und das nur, weil der Mitarbeiter eines Fernsehsenders durch die Aufzeichnung und Verbreitung der in Deutschland womöglich stafbaren Äußerungen des irrlichternden Gegenpapstes fürchten muss, selbst als Verbreiter von volksverhetzenden Äußerungen vor Gericht gestellt und abgeurteilt zu werden. Schweden, bislang als eher recht demokratisches und aufgeklärtes Land bekannt, unterstützt die Handlungsweise des TV-Journalisten verwunderlicherweise auch noch. Der Mann müsse nicht nach Deutschland fahren, hieß es, und er werde auch nicht ausgeliefert. Schon eine Befragung danach, ob Williamson darauf bestanden habe, mit seinen Aussagen nur in Schweden ins Fernsehen zu kommen, verstoße gegen schwedisches Presserecht.

"Wir können das rechtlich nicht nachvollziehen. Bei uns wäre es kein Problem, einen Journalisten zu befragen", staunte der zuständige Staatsanwalt Ruckdäschel. Hier wäre es auch kein Problem, den Boten für die Botschaft einzusperren. Weshalb in Deutschland überhaupt nie herausgekommen wäre, dass Williamson den Holocaust leugnet.
Was auch den Papst sehr gefreut hätte.

Die Regensburger Staatsanwaltschaft warte deshalb weiter darauf, eine Aussage des Fernsehmannes zu erhalten. "Wenn nichts aus Schweden kommt, müssen wir halt schauen, wie wir ohne diese Aussage weiterkommen", meinte der Chefermittler. Williamson,
der nicht nur glaubt, der Mensch sei aus Lehm gemacht, sondern auch, dass die Nazis relativ umgängliche Leute waren, hatte zuvor erklärt, er sei davon ausgegangen, dass das Interview nicht in Deutschland verbreitet werde. In Schweden ist es im Unterschied zur Bundesrepublik keine Straftat, den Holocaust zu leugnen.

Wofür wir gern werben: Geklaute Dienstwagen

Die künstliche Intelligenz, mit der unser Werbepartner Google versucht, arglose Menschen dazu zu verführen, auf Werbebanner zu klicken, hinter denen wahrscheinlich ausnahmslos Abofallen, fragwürdige Kinderbilder und Kontaktanzeigen von russischen Girlgroupsängerinnen lauern, hat zuweilen einen fast schon faustisch zu nennenden Humor.

Sie ließ uns in der Vergangenheit für einen Kugellagernotdienst, eine Diebstahlverwaltung, einen Todestest und gefüllte Sandsäcke werben, was wir immer sehr gern getan haben, obgleich es uns bei längerem Nachdenken sehr vergebens erschien. Heute aber wird es menschenverachtend, was uns zur Distanzierung von unserer eigenen Werbespalte zwingt: Unter der Zeile "Dienstwagen geklaut" macht sich der Internetriese aus Kalifornien dort im Auftrag eines gewissenlosen Anzeigenkunden über unsere Gesundheitsministerin Ulla Schmidt lustig, die doch weiß Gott genug zu ertragen hat, seit sie nicht mehr im Kompetenzteam des künftigen Bundeskanzlers Walter Steinmeier mitspielen darf. Wer den Schaden hat, muss für den Spott nicht sorgen, heißt es, doch was zu viel ist, ist zu viel. Wir müssen ein Signal setzen für die Rückkehr zur Moral! Wir fordern deshalb einen Klickboykott für die betreffende Anzeige. Uns wie sicherlich auch unseren Lesern ist es lieber zu Fuß als zu weit zu gehen.

FDJ: Was die ARD verschweigt

45 Minuten widmete das Erste Deutsche Fernsehen dieser Tage der in den Kernbundesländern nach wie vor verbotenen kommunistischen Vorfeldorganisation Freie Deutschen Jugend. Dabei kam heraus, dass die in ihren frühen Tagen von Erich Honecker selbst geführte Sturmabteilung des Fortschritts eine "Mischung aus Ideologie und Pfadfinderlager" war, was viele ihrer ehemaligen Mitglieder bass erstaunt hat.

In einer spontan anberaumten Round-Table-Diskussion hier im Aural-History-Board PPQ konnte von vier Historikern aus fünf Ländern schnell herausgearbeitet werden, dass in FDJ-Schulungslager nachts im FDJ-Hemd geschwommen werden musste - eine beinahe idealtypische Verbindung von Ideologie und Pfadfindertum, gewürzt zudem mit einer Prise volkseigener Erotik, wie Diskussionsteilnehmer aus den demokratieerfahreneren Bundesländern sofort zu bemerken in der Lage waren.

Was aber wurde danach aus der FDJ? Als alle Hemden getrocknet, Erich Honecker verstorben und der letzte große Vorsitzende Eberhard Aurich begonnen hat, als Geschäftsführer der Berliner Trainmedia GmbH Bücher für Kinder mit Lese-Rechtschreib-Schwächen herauszugeben?

Die ARD hat es schamhaft verschwiegen, wohl auch aus rechtlichen Gründen: Einer Wiederauferstehung des fröhlichen Massenverbandes soll nicht aus Gebührenmitteln Vorschub geleistet werden. Dennoch lebt die FDJ, die sich heute schlicht fdj nennt, nicht nur weiter, sondern sie kämpft auch. Rund 200 Mitglieder arbeiten in Berlin, Görlitz, Leipzig, Gotha, aber auch in Bremen, Frankfurt am Main, München und Itzehoe daran, den Imperialismus mit Stumpf und Stiel auszumerzen und eine neue Welt zu bauen, in der der Mensch wieder Mensch sein und ein blaues Hemd aus Nylon tragen kann.

Auf fdj.de wird Klartext gesprochen wie sonst nur noch in versteckten Google-Newsgroups oder auf Bundestagstoiletten: Der Anschluß der DDR an die BRD war eine "Annexion", der Nato-Einsatz im Kosovo diente der Zersetzung Jugoslawiens, einen "dauerhaften und wirklichen Frieden werden sich die Völker Jugoslawiens gegen ihre Bourgeoisen erst erkämpfen". Lustige Aufkleber zum Thema gibt es hier.

Wir harren der Sperren

Schadeschadeschade! Da hatten sich Kinderschützer und Kinderpornografen weltweit so auf den 1. August gefreut, der der Starttag für ein sorgfältig gekämmtes Internet in Deutschland sein sollte - und nun meldet das größte Zensurprojekt seit der chinesischen Firewall Delay auf allen Ebenen.

Wie Heise berichtet, kann das von Ursula von der Leyen erfundene "Gesetz zur Erschwerung des Zugangs zu kinderpornographischen Inhalten in Kommunikationsnetzen" (ZugErschwG) nicht planmäßig in Kraft treten, weil es die Bundesregierung nicht geschafft hat, den Gesetzestext termingerecht im Bundesgesetzblatt zu veröffentlichen. Auch die zuvor vorgeschriebene Unterzeichnung des Gesetzes durch Bundespräsident Hort Köhler habe noch nicht erfolgen können, weil das Gesetz dem Bundespräsidialamt bislang noch nicht einmal vorliege.

Die Anmerkung freut sich darüber, denn "das verschafft der Bundesinternetausdruckerei etwas Luft für die Produktion der Stoppschilder, die bis zum Inkrafttreten, mit dem nun im Oktober gerechnet wird, "ja alle noch eingescannt und auf die Server kopiert werden" müssten.

Großanleger Bundesbank

Sie ist die Staatsbank, sie heißt Bundesbank und bis heute genießt sie das Vertrauen der Deutschen. Die Bundesbank selbst vertraut hingegen Geldinstituten wie der Hypo Real Estate: Nach einem Bericht des "Handelsblattes hatte das Staatsinstitut an dem Sptemberwochenende 2008, an dem die HRE vor der Pleite stand, rund 2,3 Milliarden Euro bei der Hypo-Real-Estate angelegt, davon fünf Millionen Euro für die BaFin genannte Bundesfinanzaufsicht. Das Geld stammte aus Vermögen, die die Bundesbank für Kunden anlegt und betreut - unter denen ist etwa die Bundsagentur für Arbeit, von der allein 265 Millionen in der HRE steckten.

Eine beinahe schon wasserdichte Konstruktion: Bundesbank und Bundesfinanzaufsicht legen als Treuhänder bei Banken an, die sie gleichzeitig scharf kontrollieren. Das etwa müssen Angela Merkel, Peer Steinbrück und Franz Müntefering gemeint haben, als sie nicht müde wurden zu fordern, dass der Finanzmarkt härter reguliert werden müsse.

Technokraten an der Kachel

So ist er, der Kapitalismus. Mit entsprechendem Profit wird Kapital kühn. Zehn Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; 20 Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv waghalsig; für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf die Gefahr, von Kunstkennern in aller Welt für geschmacklos und grausam gehalten zu werden. Karl Marx wusste das schon 1867, als er der Kunstwelt im "Kapital" erklärte, wie Fliesen, Kacheln, Preise und Werte sich zueinander verhalten; warum es des Kredits bedarf, um wirklich große Bilder zu malen, und warum die Religion das Selbstbewußtsein und das Selbstgefühl nur des Menschen ist, der "sich selbst entweder noch nicht erworben oder schon wieder verloren hat" (Marx).

Der TÜV, der einst von Börsengang und Weltherrschaft träumte, fällt unter Letzteres: Am Harz, mitten in der historischen City der Fliesenstadt Halle, hat sich der Überwachungsverein jüngst zwei Fliesen kleben lassen, um von der magischen Anziehungskraft der einmaligen Streetart des enigmatischen Fliesenlegers zu profitieren. Links und rechts seines geschmacklosen Logos durfte der Kachel Gott von Halle, der seit Jahren daran arbeitet, die gesamte Innenstadt komplett neu zu verfliesen, zwei kleine, herzzerreißend subtile Kunstwerke anbringen, wie ein Freiwilligenteam aus PPQ-Lesern und ehrenamtlichen Kachel-Feldforschern jetzt feststellen konnte. In einer kurzen Fachdiskussion mit den PPQ-Experten konnte schnell herausgefunden werden, dass die Neuentdeckung noch nicht im einzigen amtlichen Kachelverzeichnis der fantastischen Werke des Kachelmannes aufgenommen war - das ist inzwischen aber natürlich geändert.

Weitere Funde wie immer an politplatschquatsch@gmail.com

Mittwoch, 29. Juli 2009

Es war nicht immer Februar

Es war tatsächlich nicht immer nur Februar und eisig kalter Krieg, damals in der DDR. Obwohl der Eisbär Knut noch nicht geboren, Sigmar Gabriel noch im Kreistag Goslar auf höhere Weien wartete und Angela Merkel ihren Parteisekretär als junge aufstrebende Chemikerin zu schönsten Hoffnungen ermunterte, zeigte der Klimawandel doch schon ein paar kleine Krallen. "Hochsommerlich bleibt der Juli 1989 in Erinnerung", mutmaßte das "Neue Deutschland" seinerzeit einfach mal so ins Blaue.

"Geprägt durch warme und zum Teil schwülwarme Witterungsperioden, erreichte die Lufttemperatur vorwiegend in der ersten und dritten Dekade überdurchschnittliche Tagesmittel von 18 bis 25 Grad." Insgesamt sei der Juli mit einem Monatsmittel von 17 bis 19 Grad um 0,5 bis 1 Grad zu warm gewesen, was erstaunlich ist, weil er das in diesem jahr, immerhin zwei Klimawandel-Jahrzehnte später, wohl kaum schaffen wird. Die Niederschläge fielen damals schon "meist als Schauer und im Zusammenhang mit Gewittern", kritisierte das Zentralorgan der SED.

Nicht ohne meinen Zuse-Rechner

Es ist ja nicht nur die Frau, es ist ja auch ihr Gepäck, das bewegt werden will! Und im Fall einer Ministerin sind das nicht nur ein paar Kämme, Lippenstifte und Nagellackflaschen. Sondern, so hat das Bundesgesundheitsministerium jetzt offiziell bekanntgegeben, eine "Büromindestausstattung", die der Fahrer von Ministerin Ulla Schmidt im Mercedes hatte nach Spanien transportieren müssen. Drucker, Computer und Papier, so die Auskunft, mussten ins spanische Alicante gebracht, weil die Spanier soetwas noch nicht kennen und Ministerin auch an ihrem Urlaubsort über Entscheidungen informiert werden müsse. Ohne dieses Zubehör aber sie es nicht möglich, etwas aus dem Internet auszudrucken.

Ulla Schmidt mißtraue wie alle anderen Mitglieder des Bundeskabinetts neumodischen Erfindungen wie "Laptops" und "Minidruckern". Sie vertraue weiterhin auf die von Konrad Zuse erarbeiteten Originale (Foto links) und den Druck von der Rolle (Foto oben), ausgeführt mit einem Nadeldrucker. Das Mehrgewicht sei vernachlässigbar, erspare dem Steuerzahler aber den Kauf von Neugeräten auch über die kommende Legislaturperiode hinaus.

Ulla unendlich

Das wäre ein Dreamteam geworden: Ulla Schmidt nun wieder mit Dienstwagen im "Schattenkabinett" des künftigen deutschen Kanzlers Walter Steinmeier. Nun aber hat die frühere Aktivistin des Kommunistischen Bundes Westdeutschland zwar alles richtig gemacht, doch weil das Volk sie nicht versteht, beugt sich die SPD dem Druck von unten. Ulla Schmidt, die "das überstehen wird", wie ihr Parteivorsitzender Franz Müntefering gestern noch kenntnisreich und überoptimistisch zugleich flunkerte, steht dem "Kompetenzteam" des sozialdemokratischen Kanzlerkandidaten nun doch nicht zur Verfügung.

Welthistorie ist das, die im Vorbeigehen passiert. Zum ersten Mal überhaupt tritt jemand voneinem Amt zurück, das er noch gar nicht innehatte. Morgen erst wollte Steinmeier, der vorgestern noch die Ausgabe von allen deutschen Banküberweisungsdaten an die USA klarmachte, sein Kompetenzteam vorstellen. Das Kompetenzteam stehe für "Erfahrung und Kompetenz", vor allem aber stehe es für "Dynamik und Aufbruch", so Steinmeier. Die SPD habe nicht nur die besseren Köpfe, sondern auch die besseren Ideen. Zum Beispiel die, die Dienstwagenaffärenministerin lieber nicht für einen Platz am künftigen Kabinettstisch vorzusehen. Schmidt sei eine "erfahrene, erfolgreiche" Gesundheitsministerin, lobt Steinmeier. Schmidt habe "Reformen durchgesetzt", werde aber dennoch so lange nicht Mitglied "dieses Teams sein, so lange die Vorwürfe nicht aufgeklärt sind".

Ministerin aber bleibe sie. Natürlich. Bis eines schönen Tages bekannt wird, dass Lucas Podolski den AC Mailand verlassen will, Michael Jackson "vorerst" keine weiteren Comebackkonzerte plant und der Papst einen Übertritt zum Katholizismus ausschließt.

Impfung zum Download

"Diese Email wurde im Rahmen unseres durch Sie zugestimmten Newsletter-Programms verschickt und ist kein Spam!", behauptet die Gewinnspielmassenmailversandfirma Hanseservice Inc. aus Grevesmühlen und empfiehlt dringend, auf die Seite Schweinegrippeschutz.eu zu surfen und sich dort den "Schweinegrippenschutzreport" herunterzuladen. Dieser Hinweis sei "eine kostenlose Dienstleistung, die wir im Rahmen der mit uns eingegangenen Nutzungsbedingung für Sie erbringen und begründet daher keinen Verstoß gegen das Telekommunikationsgesetz (TKG)".

Für den Inhalt sei "die oben genannte Firma/Person" verantwortlich, also wohl Schweinegrippeschutz.eu, übrigens "ein Service der Cronon AG Berlin, Niederlassung Regensburg", die eigentlich Seiten wie "gewinnspielnews.eu betreibt und die Schweine-Domain erst am 26. Juli anmeldete. Drei Tage später schon haben die Gewinnspielexperten alle Hinweise zusammen, um rein virtuell gegen die Seuche zu kämpfen. Der Absender übernehme "jedoch keine Haftung für Schäden, Verlust oder Probleme die Ihnen mit diesen Informationen widerfahren".

Rabota na Bankrota

Krise nun auch bei den Russen Berlins angekommen.

Behörden starten "NS-Treff"

Endlich machen die Ermittlungsbehörden ernst im "Kampf gegen rechts". Wenige Tage nach der Veröffentlichung des Rap-Albums "Sexismus gegen Rechts" hat das BKA unter der Adresse "NS-Treff.net" ein soziales Netzwerk gestartet, auf dem sich Rechtsradikale, Rechtsextreme und sonstige Neonazis freiwillig in eine Fahndungsliste eintragen können. Mit Hilfe der so entstehenden Datenbank werde es künftig möglich sein, so hieß es bei Mitarbeitern des aus EU-Extremismusbekämpfungsmitteln finanzierten Projektes, Hasspropaganda und ausländerfeindliche Äußerungen im Internet zu isolieren und langfristig völlig zu verhindern. Habe man erst einmal die persönlichen Daten von Kameradschaftsmitgliedern und Ausländerfeinden, könnten diese künftig direkt aus den eigenen Wohnungen heraus festgenommen werden. Ziel sei es, die Vorgabe von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries zu erfüllen, "die klar gemacht hat, dass der Dreck weg muss aus dem Netz."

Peinliche Panne: Nachdem sich innerhalb weniger Tage bereits mehr als 1.000 aktive Rechtsextremisten in die Datenbank eingetragen hatten, erlitt das ehrgeizige Forschungsvorhaben heute Nacht jedoch einen Rückschlag. Ein "Serverfehler während eines Backups" (BKA), bei dem versucht wurde, die gesammelten Daten von den Servern in den USA nach Wiesbaden zu überspielen, zerstörte die Datenbank, so dass die Behörden jetzt alle Rechtsaktivisten bitten, sich noch einmal neu einzutragen.

Internet: Der Untergang geht weiter

Der grüne Bremer Internetexperte Matthias Güldner ahnt es, Experten hier bei PPQ beschwören es seit Jahren, Yahoo bekommt es jetzt zu spüren. Schneller als gedacht geht die "Glorifizierung des Internets" (Güldner) vorbei, wie der eben abgeschlossene Deal zwischen Microsoft und Yahoo zeigt. Im Februar 2008 hatte der Softwaregigant noch 40 Milliarden für die Übernahme der ehemals beliebtesten Suchseite im Netz geboten, im Sommer vor einem Jahr war Microsoft immerhin noch bereit, eine Milliarde allein für das Suchgeschäft zu zahlen.

Damals wollte Yahoo allerdings nicht übernommen werden. Jetzt schon: "The deal is done", hat Hightech-Bloggerin Kara Swisher gerade verkündet. Sie weiß auch den Preis, den Yahoo erzielt hat: Null.

Dienstag, 28. Juli 2009

Rap ist die Rettung: Sexismus gegen Rechts

Millionen wurden renitenten Rechtsradikalen seit dem Mauerfall in die blassen Hintern geblasen, um sie von der Wiedererrichtung des 3. oder 4. Reiches abzuhalten. Förderprogramme für halbwüchsige Hakenkreuzschnitzer verpufften, die penible statistische Erassung ihrer Taten blieb ebenso ergebnislos wie ihre Streichung aus der Statistik. Nun aber deutet sich ein erster Erfolg an: Die Hiphop-Kapelle Kidz schlägt auf einem neuen Album "Sexismus gegen rechts" als neue Strategie gegen den "braunen Sumpf" (Angela Merkel) vor. Bleibt abzuwarten, wie lange die Szene diesem Angebot widerstehen kann.

Gülle vom Güldner

Er heißt Matthias Güldner, ist Franktionschef der Grünen in der Bremer Bürgerschaft und er hat jetzt mutig all denen die Leviten gelesen, die da glauben, Sperrschilder vor Kinderpornoseiten im Internet seien 1. unwirksam und 2. der erste Schritt hin zu einer Zensur aller möglicher Inhalte im Datennetz. Die Anhänger einer "Virtualisierung der Welt", so Güldner, kämpften "mit hoch effektiven Mitteln für die Rechtsfreiheit ihres Raumes". Wer sich in ihre Scheinwelt einmischen wolle, werde "mit Massenpetitionen per Mausklick weggebissen".

Doch das könne sich die alte Welt der Internet-Ausdrucker, zu denen sich Güldner in seiner "Welt"-Kolummne zählt, nicht zulassen. "Regeln gelten überall", sagt der grüne Experte, der sicher ist, dass die Gegenseite genau diese Regeln suspendieren will. "Wer Ego-Shooter für Unterhaltung, Facebook für reales Leben, wer Twitter für reale Politik hält", fantasiert er sich in die Köpfe seiner Gegner, "scheint davon auszugehen, dass Gewalt keine Opfer in der Realwelt fordert."

Anders könne die ignorante Argumentation gegen die Internetsperren gar nicht erklärt werden, glaubt er - was andererseits nicht erklärt, wie Ego-Shooter, Twitter und Facebook Gewalt erzeugen und Opfer in der Realwelt fordern.

Aber Zeit, das zu erläutern, lässt sein Drängen nach Richtlinienkompetenz nicht. Güldner rechnet ab: "Da ist zum Beispiel das Argument, die Sperren könnten umgangen werden", ficht er verbal vorm Spiegel: "Da haben sich einige wohl das Hirn herausgetwittert." Genauso gut könne die Tatsache, dass Morde begangen werden, obwohl sie verboten sind, als Argument gegen den Mordparagraphen im Strafgesetzbuch angeführt werden. Leicht vertwittert, denn schließlich fordert niemand die Abschaffung des Strafparagraphen gegen Kinderpornografie. Sondern nur, dass Kinderpornografie im Internet wie Mord im richtigen Leben verfolgt und nicht hinter einem Vorhang versteckt werden soll.

So leicht aber ist ein Mann mit einer Mission nicht zu bremsen. Eben noch waren die Grünen Garant von Freiheitsrechten, jetzt trommelt einer von ihnen für deren Abschaffung, denn Stoppschilder im Netz seien zwar "kein Allheilmittel". Aber ein Anfang: Warum nicht, schlägt der Grüne vor, "wie in anderen Politikfeldern auch, Baustein um Baustein zusammenfügen, um eine größtmögliche Wirkung zu erzielen?"

Warum soviel Unkenntnis? Warum soviel Unsinn? Matthias Güldner erklärt es selbst mit Lobbypolitik, die Wählerstimmen bringen soll. "Unser Umfeld kommt zu einem nicht unerheblichen Teil aus den erziehenden Berufen, ist selbst Mutter oder Vater", schreibt er verblüffend offen, "die Internetsperren haben Umfragen zu Folge bei ihnen eine hohe Popularität." Man könnte also Stimmen fangen, wenn man das Internet blockiert. Das ist nachhaltig, das ist nützlich. Denn die Glorifizierung des Internet werde sowieso vergehen, glaubt der Offline-Experte, wie das Experten hier bei PPQ schon seit Jahren festgeschrieben haben. Matthias Güldner wird auch danach noch da sein. In einer Scheinwelt, in der Internetsperren Kinderpornografie verhindern.

Schlag gegen Pressefreiheit

Mit einer Klage hat die frühere TV-Moderatorin Eva Herman eine weitgehende Einschränkung der bisher in deutschland geltenden Pressefreiheit durchgesetzt. Die Autorin des Buches "Das Eva-Prinzip" setzte vor dem Oberlandesgericht Köln durch, dass der Springer-Verlag tatsächlich von ihr gemachte Äußerungen nicht mehr gefühlvoll so verändern darf, dass dem Leser eine Wertschätzung der Autorin für den Nationalsozialismus vermittelt wird.

Auch Herman, die sich seinerzeit in einer lustigen Kabarett-Sendung mit dem Beckmann-Doppelgänger Kerner geweigert hatte, das Wort "Autobahn" nicht mehr auszusprechen und seitdem unter Nazi-Verdacht stand, dürfe nicht einfach falsch zitiert werden, nur um sie sagen zu lassen, dass sie den Nationalsozialismus in Teilen gutheiße, entschied das OLG, das dem "Kampf gegen rechts" (Angela Merkel) damit einen schweren Schlag versetzt.

Obwohl die ehemalige NDR-Moderatorin und selbsternannte Mutterrechtlerin schon lange "umstritten" (Der Spiegel) war, hatte sie sich bloß wegen eines erfundenen Zitat als Sympathisantin der NS-Familienpolitik verunglimpft gesehen. Der Springer-Verlag muss ihr nun eine Entschädigung von 25.000 Euro zahlen und das wörtliche Zitat der Äußerungen von Herman bei einer Pressekonferenz 2007 in Berlin nachreichen. So es sich denn irgendwo unter all den erfundenen noch findet.

Münte steht wie ein Mann

Franz Müntefering tut, was ein Mann tun muss: Er steht seinen Mann. "Müntefering steht zu Ulla Schmidt" will der "Stern"herausgefunden haben, "Müntefering stellt sich hinter Ulla Schmidt" sieht hingegen die "Welt". Ja, was denn nun?

Schiffahrt mit vier F

Als Dietrich Schwanitz sein bezauberndes Politologie-Lehrbuch "Der Zirkel" schrieb, lag die Dienstwagenaffäre von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt noch 12 Jahre vor den Deutschen, die damals gerade vor lauter Aufregung über "ß" und "ss" vergaßen, was sonst noch so passierte in der Welt. So geht das immer in der Welt, wenn Schwanitz Recht hat, der seinen beißend realitätsnahen Senatsdirektor Rudinski im "Zirkel" sagen lässt:

"Schauen Sie unsere politische Öffentlichkeit an.Die Leute wollen nicht komplexe Probleme, die sie quälen. Nein, sie lieben simple Gegensätze, einfache Alternativen. Der Unterschied zwischen ß und Doppel-S, das interessiert sie. Schiffahrt mit zwei oder drei F, das bringt sie in Wallung. Rechtschreibung ist etwas für ein Volk von Pedanten und Zwangsneurotikern. Und das Schöne daran war, das Problem war völlig irrelevant. Wie immer man entschied, es war völlig gleichgültig. Auf diese Weise wurde viel destruktive Energie eingefangen und unschädlich gemacht."

So ein Wagen muss bewegt werden

Der Arbeiterführer Franz Müntefering hatte einen Wahlkampfstart mit Kraft und Elan versprochen - und Ulla Schmidt, die Gesundheitsministerin mit der beim Sprechen im Diskant mitschwingenden Nasenscheidewand hat ihn organisiert. Nur "für dienstliche Termine wie den Besuch von Seniorenheimen und Krankenhäusern" hat die Gesundheitsreformerin ihren Dienstwagen im Urlaub genutzt, lässt sie ihre Sprecherin behaupten. Nun allerdings meldet das Nachrichtenmagazin "Bild", Schmidt habe im Urlaub überhaupt keine Seniorenheime und keine Krankenhäuser besucht.

Die von Schmidt behaupteten „zwei dienstlichen Termine“ waren ein Empfang bei einem Bürgermeister und ein Auftritt vor deutschen Rentnern, die vor dem deutschen Fiskus ins warme Spanien geflohen waren. Der Bürgermeister hat inzwischen erklärt, die Ministerin habe sich bei ihm nur in das Goldene Buch des Ortes Els Poblets eingetragen – und sie sei in einem silbernen Audi A6 2.0 TDI vorgefahren – mit spanischem Kennzeichen.

Doch so ein Mercedes S-Klasse will natürlich bewegt werden, das ist billiger als ein Mietwagen, hat das Gesundheitsministerium ausgerechnet. 5000 Kilometer An- und Abreise inklusive Fahrer kosten nach Berechnungen der Experten im Hause Schmidt nur 500 Euro. Das ist nur halb soviel wie vier Personen für Flüge nach Spanien bezahlen würden, gar nur ein Viertel soviel wie acht Personen für Flugticketts einplanen müssen. 16 Personen kostet eine Flugreise nach Alicante über 4000 Euro - 3500 Euro mehr als die Überführung des leeren Dienstwagens in den Süden.

Wenn sich das herumspricht, bekommt der Kampf gegen den Klimawandel einen schweren Schlag. Flug- und Bahnlinien profitierten bislang vom Image des Autos als teures Transportmittel, vor allem auf Fernreisen. Das dürfte sich schon in der kommenden Saison ändern, wenn die deutschen Reiseweltmeister nach dem Vorbild ihrer Ministerin zu Hunderttausenden mit dem Wagen nach Spanien, Portugal, in die Türkei und nach Tunesien aufbrechen.

Das Hamburger Abendblatt hat bereits die ersten engagierten Autoreisenden gesichtet: Vier weitere SPD-Minister haben ihren Urlaub genutzt, um die bulligen Dienstlimousinen zu bewegen. Arbeitsminister Olaf Scholz, Justizministerin Brigitte Zypries, Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee und Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul schonten sich und ihr Nobelblech auch in der knapp bemessenen Freizeit nicht und sparten so Mietwagenkosten in bislang unbekannter Höhe.

Kuchen gegen die Krise

Mit Kuchenbacken hat Angela Logan die Zwangsversteigerung ihres Hauses im US-Staat New Jersey erst einmal abgewendet. Angestoßen von einem Bundesprogramm für Hausbesitzer in finanziellen Schwierigkeiten nahm sie die bis kommenden Sonntag benötigten 2.559,54 Dollar ein. Die geschiedene Mutter dreier Kinder wollte eigentlich nur 100 «Hypotheken-Apfelkuchen» backen und für je 40 Dollar verkaufen. Bis Dienstag hatte sie aber sogar mehr als 500 Bestellungen, eine sogar aus Hongkong.

Allerdings lief bei der Aktion nicht alles glatt: Die Gesundheitsbehörde wies Logan darauf hin, dass sie nach dem Gesetz des Staates New Jersey nicht in ihrer Privatküche für kommerzielle Zwecke backen dürfe. Doch da kam ihr ein Hotel zur Hilfe: Es erlaubte Logan die Benutzung seiner Küche, wodurch sie auch gleich bis zu zehn Kuchen auf einmal produzieren konnte. Der Zeitung «The Record of Bergen County» sagte sie, sie werde solange Kuchen backen, wie Bestellungen eingingen.

Der Milliardär hats schwer

Kurz vor Weihnachten letzten Jahres schon war klar, dass nichts mehr so sein wird wie es war. Die Krise, so berichteten unser kleines MillionärsbetreuungsblogPPQ exklusiv, beutelte vor allem die Reichen und Superreichen: M illionäre und Milliardäre verloren in absoluten Zahlen das mehrfache von Rentnern, Studentinnen und Aldi-Kassenfrauen. Eine sozialpolitische Maßnahme, zu der die Bundesregierung sich viel früher hätte durchringen sollen. Mit einem Mal nämlich "klaffte" (Karl Lauterbach) die "Schere zwischen Arm und Reich" (Walter Steinmeier) zum ersten Mal seit Walter Ulbrichts Demission nicht "weiter auseinander". Sondern klappte allmählich wieder zusammen.

Ein Phänomen, das in der Folge der öffentlichen Verarmung von Madeleine Schickedanz und dem Verlust des Dienstwagens von Ulla Schmidt nun auch die FAZ entdeckt. Der Milliardär hats schwer, denn bald schon hat er gar nichts mehr: "Es scheint, als hätten einige Reiche vergessen, dass man auch aus der Oberschicht absteigen kann", analysiert das Blatt. Sicher überdies sei: Die Deutschen tun sich schwer mit solchen Nachrichten. Jahrzehntelang bei steigendem Wohlstand verarmt, glauben sie nun nicht, "dass die Reichen tatsächlich massenhaft aus ihren höheren Gefilden hinabsteigen werden zum gewöhnlichen Volk." Reiche. Massenhaft. Eine Analyse, die nur trefflich genannt werden kann.

Sonntag, 26. Juli 2009

Der Himmel über Berlin

Ausnahmsweise zeigt das Heimatkundeblog ppq mal kein Bild des Himmels über Halle. Es ist der, inzwischen nicht mehr geteilte, Himmel über Berlin. Der einst in bunt und grau, in D-Mark und Ostgeld, in Wehrmachtsverweigerer und Stasi, in "Isch bin ein Berliner" und "Keiner hat vor, eine Mauer zu bauen" geteilte Frontstadthimmel ist nun wieder eins. Und an manchen Sommerabenden zeigt er dann sein gesamtdeutsches Bild: in schwarz-rot-gold.

Schlamassel im Scheißhaus

Noch wird vertuscht, dass es Münchhausen jammern würde, noch will niemand etwas gewusst und keiner etwas getan haben, das die Hypo Real Estate in das größte Geldloch der Republik verwandelt hat. Asmussen war nicht informiert, Steinbrück konnte es nicht ahnen - dabei war die Bank seinerzeit erst aus der Hypovereinsbank herausgelöst worden, weil die italienische Unicredito sich scheute, den Berg an unbekannten Gefahren, der in der Immobilienabteilung der Hypovereinsbank lauerte, mitzuübernehmen. Flugs war die HRE als erste deutsche "Bad Bank" gegründet, fast noch schneller wurde aus dem Haus, das vor allem Millionen und Abermillionen fauler Kredite aus den ersten Tagen des Aufbau Ost in den Büchern hatte, ein Börsenstar.

Als der sich dann auch noch mit der ehemals staatseigenen Depfa zusammentat, die in ihrem zweiten Leben als Privatbank von Irland aus gute alte deutsche Pfandbriefe verkauft und so dafür sorgt, dass der deutsche Staat immer genug Kredite bekam, war das Wunder geschafft. Ein nationaler Champion war geboren, aus der Asche eines zu kleinen Staatsfinanzierers und den aufgeblasenen resten der Immobilienabteilung einer bayrischen Regionalbank. Die Bad Bank war ein strahlender Dax-Aufsteiger, alle Kredite waren schön gebündelt und mehrfach gehebelt verkauft. Peer Steinbrück war stolz, so stolz sogar, dass er sich erst einen Tag nach dem Ende der Bürgschaft, die die italienische Unicredito beim Kauf der Hypovereinsbank für deren Tochter HRE abgeben hatte müssen, vom wirklichen Zustand des zwischenzeitlichen Börsenlieblings informieren ließ.

"Ich hab ein Loch in meiner Tasche", jodelte Marius Müller Westernhagen einst ahnungsvoll, "und das kann man nicht mehr näh´n". Doch soviel Selbsterkenntnis gibt es nicht, wo es um höhere Werte geht. Die Bank muss geschützt werden, um das Finanzsystem zu schützen. Der Staatssekretär muss geschützt werden, um den Minister zu schützen. Der Minister muss geschützt werden, um die Partei zu schützen. Kippt die Partei, kippt die Regierung. Europa in Gefahr! Alle sind systemrelevant, alle werden noch gebraucht, umso mehr, je tiefer der Schlamassel wird. Nur durch solche Lügen zur rechten Zeit gelang es, die vermögensbildenden Lebensversicherungen von 40 Millionen Deutschen zu retten, die mit der Allianz untergegangen wären, wäre die HRE untergegangen, was den Untergang der Dresdner Bank zur Folge gehabt hätte, was die Allianz zerstört haben würde.

So war die Bundesregierung noch da, frisch und stark und verläßlich, um die Commerzbank schnell zu zwingen, die Dresdner Bank - eine Art Bad Bank der Allianz - zu kaufen. Womit? Mit der Zusicherung natürlich, alle Verluste, die noch aus der Wundertüte springen können, zu übernehmen.

Alles hängt mit allem zusammen, wie Damian Lewis in "Life" behauptet. Vor allem aber: Allen ist gedient, alle sind gerettet, keiner muss zurücktreten. Und Spaß hat es auch noch gemacht, wie die Rostocker Finanzanalystenband Sally Gardens in ihrer Interpretation der alten irischen Bommerlunder-Ballade "Rattlin´ Bog" hechelsingen, deren prophetisches Potential erst in jüngster Zeit erkannt werden konnte. Da wackelt das Scheißhaus und die Toten Hosen kippen ihre eisgekühlten Frischgetränke nur noch in Zeitlupe:

Now in that nest there was a bird,
A rare bird and a rattlin' bird,
And the bird in the nest,
And the nest on the limb,
And the limb on the branch,
And the branch on the tree,
And the tree in the hole,
And the hole in the bog,
down in the valley-o.

Heißt es am Ende alles geht den Bach runter? Im Tal sind wir schon.

Ende einer Dienstfahrt

Claudia Roth, das berichtete das ZDF im Rahmen seiner demokratiestärkenden Enthüllungssendung "Wahlwatching - Politiker drei Tage auf Urlaub im wahren Leben", fährt einen schmucken Audi, der auf hundert Kilometer Strecke vier Quadratmeter Regenwald rettet. Ulla Schmidt hingegen hat sich für einen Dienstwagen entschieden, von dem sie sich auch nicht mehr trennen mag: Bis in den Urlaub im 2386 Kilometer von Berlin entfernen Alicante nahm die pflichtbewusste Gesundheitsministerin das Wägelchen mit, um dort dienstliche Termin wahrnehmen zu können.

Schmidt selbst flog ins von der Schweinegrippe gebeutelte Iberien, ihr Fahrer, der mit dem Auto nicht ins Flugzeug passte, fuhr hinterher. Für private Termine im Urlaub, teilte eine Sprecherin des Ministeriums der "Bild" mit, nutze Ulla Schmidt einen Mietwagen, nur in "Einzelfällen" habe sie sich auch privat von ihrem Fahrer chauffieren lassen.

Wird nicht mehr vorkommen: Inzwischen ist die S-Klasse-Limousine von dreisten Dieben entwendet worden. Der Fahrer werde nun zu Fuß, mit dem Bus oder im Handgepäck der Ministerin mit der Flugbereitschaft der Bundeswehr zurückkehren, die bereits einen Notfall-Airbus nach Spanien geschickt habe, um die vom Verhalten der spanischen Gastgebern entttäuschte deutsche Delegation zu evakuieren, verlautbarte aus mit dem Diebstahl vertrauten Kreisen. Zugleich wurde die Kritik an der Dienstfahrt der Gesundheitsreformerin in den Süden zurückwiesen. Rechnungen, nach denen Fahrer und Auto 5000 Kilometer hätten zurücklegen müssen, nur damit Ulla Schmidt keinen örtlichen Fahrdienst in Anspruch nehmen müsse, seien "schon rein rechnerisch falsch": "Nach dem Wegfall der Rückfahrtstrecke bleibt es für den Steuerzahler bei den 2386 Kilometern, die auf der Hinfahrt anfielen."

Der Himmel über Halle IX

Die Hitze immer wärmer, die Regen immer nasser, die Wüste immer näher und "die Sonne so rot", wie der große deutsche Volksdichter Marius Müller-Westernhagen schon inmitten der klimawandelfernen 80er Jahre bemerkte. Die Himmel über Halle spiegeln, was "Der Spiegel" nur schreibt: Früher grau, blau oder des nachts auch mal schwarz, hat sich die Farbpalette, die zur Illuminierung des Feierabends dient, seit der Erfindung von Flachbildfernseher und HD-TV sichtbar gewandelt, wie aufmerksamen Verfolgern unserer dokumentarischen Serie "Himmel über Halle" nicht entgangen sein kann. Doch der Himmel, heute abgebildet in einer vom Bauhaus inspirierten Straßenlampe/Straßen-Installation, muss noch warten. Denn auch 20 Jahre nach dem Ende der DDR und Westernhagens letztem Hit gilt für hiesige Himmelsbeobachter der Wahlspruch der SED-Dissidenten: "Lieber rot als tot"!

Samstag, 25. Juli 2009

Kriechtanz auf dem Teppich

Erst war er selbst ein Star, dann Sänger bei Genesis: Ray Wilson, vor gefühlten tausend Jahren Interpret eines dampfenden Jeans-Werbungs-Liedes namens "Inside", tingelt dieser Tage als Sachverwalter eigener und angeeigneter Lieder durch die Lande. Seine akustische Version von Peter Gabriels dunkelsinniger Teppichkriechhymne "The Carpet Crawlers" ist immerhin schöner als die von den Originalherstellern der D-Dur/e-Moll-Moritat vor zehn Jahren hergestellte Neuaufnahme "The Carpet Crawlers 1999".

Wofür wir gern werben: Schwabbelbauch

Als medizinisches Fachboard und erste Internet-Anlaufstelle für magersüchtige Manager ist es uns in diesen extrem wechselhaften Sommertagen eine besondere Freude, unsere Leser mit Hilfe unseres Werbepartners Google, der unsere Leser zuletzt zum "Todestest eingeladen hatte," darauf hinweisen zu dürfen, welche rasante Fortschritte die Diätindustrie seit den Tagen gemacht hat, in denen der Pariser Chemieprofessors Michel Eugène Chevreul irrtümlich die Margarine erfand. Dank neuester Erkenntnisse aus der Weltraumfahrt ist es inzwischen jedermann möglich, einen straffen Bauch zu bekommen, indem einfach mehrmals laut "Meine Geschichte vom Schwabbelbauch" vorgelesen wird. Ein Durchbruch, der uns stolz macht.

Tod unter falschem Namen

"Nazis" hatten ihm das angetan, konnte der schwerverletzte Iraker Azad Murad Hadji seiner Frau gerade noch zuflüstern. Dann duschte er gründlich. Und brach zusammen - gezeichnet von Brandwunden am ganzen Körper. Ein Opfer rechtsradikaler Gewalt natürlich, zumindest vier Tage lang. Dann wurde aus dem Opfer, das im Koma lag, ein mutmaßlicher Täter: An einem Kiosk, der justament in der Nacht in die Luft gesprengt worden war, in der die "Nazis" Azad Hadji angezündet hatten, fanden sich Spuren des Überfallopfers, die die Polizei vermuten ließen, der Verletzte könne der Verursacher der Explosion sein. Befragt werden kann er nicht mehr: Azad Hadji erlag inzwischen seinen Verletzungen.

Doch die Geschichte ist damit noch lange nicht zu Ende. Denn nun wird bekannt: Azad Hadji, den Asylbewerber aus dem Irak, gab es gar nicht. Der 28-Jährige, der unter seinem Namen starb, stammt nun offenbar eher aus Georgien. Noch seltsamer: seine Frau, die angeblich auch aus dem Irak geflüchtet ist, spricht kein Wort Arabisch. Dafür aber deutsch. Beide lebten seit zwei Jahren "unter völlig unzumutbaren Bedingungen"im Asylbewerberheim Möhlau, einer ehemaligen NVA-Kaserne. Zuvor war die Familie fünf Jahre lang in Zerbst untergebracht gewesen. Der selbsternannte Iraker hat zwei Töchter im Alter von sechs und fünf Jahren. Der Besitzer des Dönerladens, den er gesprengt hat, ist seit dem Unfalltag verschwunden.

Freitag, 24. Juli 2009

Vogelmist

Da war auf einmal Schluss mit der Vögelei, ähm Zwitscherei. Aber mit soviel Zuwachs haben sie wohl nicht gerechnet, die Macher des Zwitscher-Portals. Nach neuesten unbestätigten Meldungen gibt es seit ein paar Wochen täglich ein paar Tausend neue User mehr, die unbedingt allen anderen etwas Zwitschern wollen. Besonders seit dem Einstieg der großen Verlage und Zeitungen gibt es einen Run auf Twitter. Doch Freitagabend ist eben Schluss mit Twitterlustig. Aber mal ehrlich: der größte Teil des "die Spatzen zwitschern es schon von den Dächern" ist eh Bockmist. Ähm, Vogelmist natürlich.

War Michael Jackson nie auf dem Mond?

Zwei Wochen nach seinem Tod werden immer neue schreckliche Details aus dem Leben des "King Of Pop" Michael Jackson bekannt. Metic Ignaziew, mehrere Jahrzehnte lang Tanzlehrer und Leibwächter des eigensinnigen Superstars, berichtete jetzt einem Internetportal, das inzwischen vom Management der deutschen Rockband Rammstein abgemahnt wurde, dass Jackson nie wirklich auf dem Mond gewesen sei. Bis dato hatten zahllose Anhänger geglaubt, Michael Jackson verdanke seine einzigartige Fähigkeit, den sogenannten "Moonwalk" auch unter der auf der Erde herrschenden höheren Gravitation durchzuführen, einem ausgedenhten Aufenthalt auf dem Erdtrabanten. Jackson selbst hatte immer wieder nonverbal angedeutet, dass er mit der Mission Apollo 19 auf dem Mond gelandet und dort von Außerirdischen entführt worden sei.

Nach den Worten von Ignaziew, der früher bei der serbischen Soldateska von Milosewicz gedient haben will, ist Jackson allerdings nie über einen Kurzbesuch in Cape Caneveral hinausgekommen. "Sie wollten all sein Geld nicht haben", erzählt der Sicherheitsprofi, der bislang zu allen Spekulationen um Jacksons Tod geschwiegen und auch millionenschweren Buchangeboten widerstanden hatte. Er habe den Musikmillionär als leisen, verschüchterten Mann kennengelernt, der bis ins hohe Alter Angst vor seinem Vater wie auch vor seinen Ex-Frauen und deren Kindern gehabt habe, zitiert das inzwischen vom Netz genommene Internet-Magazin Muffenluder den Kronzeugen.

Jackson sei ein "liebevoller Vater mit einigen komischen Macken" gewesen. Dazu habe die fixe Idee gehört, auf dem Mond gewesen und dort Alien getroffen zu haben. "Ich hatte immer das Gefühl, er glaubt das selbst", sagt Metic Ignaziew heute betrübt. Die schwere Verletzung im Kopfbereich, die sich Jackson den bisher von der Familie Jackson veröffentlichten Legenden zufolge bei den "Dreharbeiten zu einem Cola-Werbespot" (Jackson-Family) zugezogen haben soll, sei in Wirklichkeit entstanden, als eine Raketentreibstoff-Patrone auf Neverland explodierte, die Jackson hatte liefern lassen, um seine eigenen Mondlandungspläne voranzutreiben.

"Er war zweifellos ein Visionär", denkt der Leibwächter und Tanzlehrer des auch drei Wochen nach seinem Tod unvergessenen Idols zurück, "aber auf dem Mond war er wahrscheinlich nicht". Den "Moonwalk", die herausragende Fähigkeit des Stars, habe er selbst Jackson beigebracht. Entstanden sei diese Art, sich schleichend zu bewegen, in seinen Tagen als Scharfschütze im Koreakrieg, wo ein geheimes Kontingent serbischer Freiwillige auf Seiten der Volksrepublik kämpfte. "Es ging darum, zu gehen, dabei aber weiter zu visieren", beschreibt Ignaziew nach Ablauf der Verjährungsfristen inzwischen recht unbefangen: "Unsere ganze Einheit konnte das damals - und von uns hatte niemand Monderfahrung".

Auch Emails bald zum Ausdrucken

Was für eine geniale Idee! Die Deutsche Post, ehemals Zustellungsmonopolist in Deutschland, greift in schlechten Zeiten auf die Geschäftsmodelle ihrer Online-Konkurrenz zurück: Emails zum Ausdrucken! Weil die Zahl der verschickten Briefe wegen der immer häufiger verschickten Emails zurückgeht, plant Postvorständler Jürgen Gerdes ein "wegweisendes neues Produkt der Zukunft": Briefe sollen im Internet geschrieben und dann von der Post im echten Leben zugestellt werden.

Der sogenannte "Brief im Internet" gleicht aufs Haar einer Idee des Hamburger Selfmade-Millionärs Daniel Giersch, die der unter dem Namen G-Mail mit der Ergänzung "Die Post geht ab" bereits seit Jahren anbietet, kombiniert mit der von Bundesüberwachungsminister Wolfgang Schäuble preferierten Bundesüberwachungszwangsmail-Adresse De-Mail.

Mit der Verbindung von "klassischer und digitaler Kommunikation", wie sie der Post vorschwebt, könnte bei registrierte Kunde künftig nicht nur die Kommunikation im Internet beobachtet und gespeichert werden, sondern auch die, die bislang noch dem althergebrachten Briefgeheimnis unterliegt. Der Kunde solle die Möglichkeit haben, einen Brief am Computer oder über Handy zu schreiben, den wolle die Post dann elektronisch sicher zustellen, verkündete die Deutsche Post AG. Habe der Empfänger keinen Internetanschluss, drucke die Post den Brief auch aus und stelle ihn physisch zu. Die üblichen Verzögerungen entstehen in diesem Fall allein beim Durchlesen der Inhalte durch die Sicherheitsbehörden.

Bückware für Empörungswillige

Nach zehn Jahren ist es endlich herausgekommen: Der Internet-Buchhändler Amazon, so hat der deutsche Ableger des American Jewish Committee entdeckt, verkauft "Bücher mit verbotenen Inhalten".

Der AJC fand nach eigenen Angaben, so zitiert die Zeit in Ermangelung eigenen Zugangs zu Amazon, "bei stichprobenartigen Recherchen Anfang des Monats rund 50 rechtsextreme Bücher im Katalog von Amazon". Es sei "inakzeptabel, dass bei Amazon.de mit Büchern gehandelt wird, die ansonsten nur als Bückware in rechtsextremen Szeneläden zu bekommen sind", klagt Deidre Berger, Direktorin des Berliner Büro des AJC.

Im Angebot des Internethändlers hätten sich indizierte Werke wie das seit 1980 bundesweit beschlagnahmte und 1982 endgültig verbotene "Der Auschwitz-Mythos" von Wilhelm Stäglich sowie indizierte Bücher der Revisionisten Germar Rudolf, Udo Walendy, Jürgen Graf und Carlo Mattogno gefunden.

Amazon schalte außerdem gezielt Werbeanzeigen bei der Internet-Suchmaschine Google für Bücher etlicher antisemitischer Autoren und Holocaustleugner. "Wir fordern Amazon.de auf, jetzt aktiv zu werden und alle strafbaren Bücher sofort aus dem Katalog zu entfernen", erklärte Berger, dessen Komitee den Buchhändler inzwischen angezeigt hat, obwohl der dem Auschwitz-Buch-Verkäufer neko052 nur Platz zum Einstellen seiner 37 Euro teuren Rarität bietet. Wobei der besser beraten wäre, das Buch auf amazon.com einzustellen: Dort bringt es derzeit um die 200 Dollar.

Amazon, kürzlich erst kritisiert, weil eine NPD-Kreisorgansiation kaltlächelnd mehrere Euro Werbeeinnahmen aus Buchempfehlungen generiert hatte, zeigt sich in einer ersten Reaktion unbeeindruckt. "Wir glauben, dass die richtige Antwort auf diskussionswürdige Literatur nicht deren Entfernung ist, sondern mehr Diskussion", sagte eine Sprecherin irrtümlich. Inzwischen schaltet der Konzern unter das "Mythos Auschwitz"-Angebot von neko052 auch noch Reiseanzeigen mit dem Ziel Auschwitz - vermutlich die letzte Tat des Webriesen vor dem kompletten verbot.

Last Exit Bundestag

Nun hat sie endlich auch eine U-Bahn. Uns Kanzlerin. Wenn die neue Berliner U 55 auch nicht Kanzlerin, sondern Kanzler-U-Bahn genannt wird. Aber immerhin. Denn als diese Linie geplant worden ist und als Baubeginn war, nämlich 1994, konnte wohl noch keiner ahnen, dass es einmal eine KanzlerInnen-Bahn werden könnte. Nun also geht sie am 8. August in Betrieb. 1,8 Kilometer lang, drei Haltestellen (und somit ein! Unterwegshalt), 2,5 Minuten Fahrtzeit pro Strecke, 320 Millionen Euro Kosten. Macht pro Meter 177.000 Euro. Stolze Summe, stolze Bauzeit.

Berlin diskutiert jetzt den Zweck dieses Stummelstückes mit den drei Haltestellen Hauptbahnhof, Bundestag und Brandenburger Tor. Wer um Himmles Willen fährt da mit? Touristen, die eigentlich vom Bahnhof aus den schönen Weg übers KanzlerInnenamt zum Brandenburger Tor (ohne zu bezahlen) nehmen könnten? Eine Station? Oder doch lieber zwei? Also bis zur Endhaltestelle? Oder aber die Berliner, die dann am Brandenburger Tor keinen Anschluss haben? Oder gar die Kanzlerin selbst? Wohl eher keiner von allen. Doch bis die Stummellinie so richtig Anschluss bekommt, dauert es noch einmal acht Jahre. Ab 2017 soll dann die neue U5 vom Bahnhof über den Alex bis nach Hönow fahren. Wenn nicht wieder Baustopps wegen Finanzmangel oder Wassereinbrüchen dazwischen kommen. 

Wie auch immer. Allemal spektakulär war am Donnerstag das Einsetzen der 40-Tonnen-Waggons über einen Schacht am Hauptbahnhof.   

 

Mehr weniger als in der DDR

Endlich! Zwanzig Jahre nach dem Mauerfall hat das neue Deutschland einen Uralt-Rekord gebrochen, den bisher die untergegangene DDR hielt. Nach vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes haben im vergangenen Jahr 738.000 Einwohner Deutschland verlassen - das sind noch einmal 100.000 mehr als im Jahr 2007. Die Fluchtwelle aus der Bundesrepublik erreicht damit einen neuen Höhepunkt. Die Zahl der Zuwanderer nach Deutschland betrug im selben Zeitraum nur 682.000.

Das neue demokratische Deutschland verlor dadurch in nur zwölf Monaten insgesamt 56.000 Einwohner - jeden Tag etwa 153 Menschen und insgesamt 3.000 mehr als die DDR im letzten Jahr vor ihrem Untergang.

Donnerstag, 23. Juli 2009

Wiedergeboren als Ex-Kanzler

In den geheimen Bibliotheken dieser Welt, das weiß seit "Illuminatus" jeder begeisterte Poolschwimmer, liegen sie zu Hauf, die vergessenen Wahrheiten, die obskuren Erkenntnisse verlorener Wissenschaften, die entsetzlichen Lösungen für all die großen Rätsel, die Finanzkrisen auslösen, Kriege erschaffen und dazu führen, dass Angela Merkel immer dieselbe Jacke, die aber immer in anderer Farbe trägt.

Anonym, wie es sich gehört, ist uns vor Tagen der geheimwissenschaftliche Band "Pfingstanz in Ahlsdorf" zugespielt worden, in dem Fritz Schepe einst minutiös beschrieb, welche "Sitten und Gebräuche in den Mansfelder Grunddörfern" (Untertitel) angesagt waren. Der VEB Sero Eisleben wagte es einst, das brisante Bändchen herauszugeben, das eines der am besten gehüteten Geheimnisse der Neuzeit wie im Vorübergehen enthüllt: Auf dem Titelbild nämlich ist Gerhard Schröder abgebildet, in ein fröhliches weißes Kostümchen mit farblich passenden Kniestrümpfen gewandet, einen traditionellen Mansfeller Grunddorfhut auf dem prägnanten Charakterschädel und - das wohl wollte die SPD jahrzehntelang verheimlichen - mit einer Peitsche in der Hand.

Nicht zu sehen ist, wen oder was Schröder schlägt, doch der Gesichtsausdruck des späteren Friedenskanzlers spricht Bände. Es macht ihm sichtlich Spaß, draufzuhauen. Das Bild entstand, so sagt es die Quelle, Ende des 19. Jahrhunderts - wenige Weltkriege später war der lustige Peitschenschwinger schon Kanzler der Republik.

Alle anderen Wiedergeburten in der großen PPQ-Datenbank.

Kleine Fische ganz groß

So schnell geht das. Eben berichtete das Wissenschaftsmagazin "Der Spiegel" noch brühwarm, dass der Klimawandel jetzt nicht nur drohe, die Sahara bis nach Berlin auszudehnen, ganz Deutschland zu einer einzigen Steppe zu machen und die Inselgruppe Tuvalu zu versenken. Sondern darüber hinaus noch festgestellt werden müsse, dass bestimmte Fischarten durch den "Anstieg der Wassertemperatur schneller wachsen".

Kaum fünf Jahre zuvor hatten amerikanische Wissenschaftler noch herausgefunden gehabt, dass durch die großmaschigen Netze der industriellen Fischfangflotten, die eigentlich nur Jungfische durchschlüpfen lassen sollen, weltweit immer mehr immer kleinere Fische entstünden, weil die Netzlöcher "eine evolutionäre Entwicklung hin zu kleineren Exemplaren förderten".

Das ist nun auch wieder richtig, denn wie die "Welt" in den Chorgesang der Agenturinterpreten einstimmt, haben nunmehr "französische Forscher starke Beweise gefunden, dass die Erderwärmung die Größe von Fischen" beeinflusst. "Starke Beweise" ist schon mal sehr gut. Die "Welt" macht daraus einen Link, der "Klimawandel lässt Fische drastisch schrumpfen" heißt.

Und wodurch schrumpfen sie? Nein, nicht mehr durch die Netze, wie noch bis neulich. Sondern diesmal durch die höheren Wassertemperaturen, die sie eben noch wachsen ließen. "Einzelne Arten haben in den vergangenen Jahrzehnten die Hälfte ihres Körpergewichtes verloren", versichern die Wissenschaftler und meinen womöglich einzelne Exemplare einzelner Arten. Das ist umso mehr erstaunlich, als sich die durchschnittliche weltweite Wassertemperatur in den vergangenen Jahrzehnten gar nicht verändert hat.

Marder sind Mörder

"Derweil laufen die Vorbereitungen, um noch in diesem Jahr vier Schützenpanzer vom Typ "Marder 1 A5" nach Afghanistan zu verlegen. Sie sollen einen zusätzlichen Schutz des Feldlagers Mazar-i-Sharif in Nordafghanistan bringen", meldete die "Zeit" am 21. Dezember 2006.

Im Januar 2007 zeigte sich die CDU dann hocherfreut: "Wir begrüßen, dass die Bundeswehr vier Schützenpanzer vom Typ Marder nach Afghanistan verlegt und in Dienst genommen hat", hieß es.

Das allerdings ist für Qualitätszeitungen wie die Süddeutsche noch lange kein Grund, nicht dreieinhalb Jahre später vom "erstmaligen" Einsatz der "Marder-Panzer" (SZ) zu flunkern. Hier sind ja Marder auch "Panzer", obwohl sie doch eigentlich nur Schützenpanzer sind. Das hat die CDU ja vor zwei Jahren schon genaus so gehalten: "Der Einsatz der Panzer wird den Schutz unseres Feldlagers in Mazar e Sharif verbessern", frohlockte die seinerzeit.

Verfassungsfeind fürs Kanzleramt

Da will nun also ein Verfassungsbrecher Kanzler werden. Mit einer heute verkündeten Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht dem SPD-Kanzlerkandidaten Frank Steinmeier bescheinigt, dass die von ihm veranlasste Verweigerung der Herausgabe von Unterlagen an den BND-Untersuchungsausschuss zum Teil verfassungswidrig gewesen ist. Der Untersuchungsausschuss hatte herausfiunden wollen, welche Rolle deutsche Behörden bei der Abwicklung von CIA-Flügen mit Terrorverdächtigen an Bord über deutsche Flughäfen gespielt hatten und inwiefern BND-Mitarbeitern während des Irak-Krieges in Bagdad Deutschland zur Kriegspartei gemacht hatten. Auch sollte geklärt werden, was höchste Regierungskreise über die Verschleppung deutscher Staatsangehöriger oder in Deutschland lebender Personen durch US-Stellen und über die Beobachtung von Journalisten durch den Bundesnachrichtendienst wussten.

Steinmeier, damals unter Gerhard Schröder Chef des Bundeskanzleramtes, "wies den Vorsitzenden des Ausschusses nach Aufnahme seiner Arbeit daraufhin, dass die Bundesregierung angesichts ihrer Verantwortung für die innere und äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland im Untersuchungsausschussverfahren darauf achten werde, dass hochrangige staatliche Interessen keinen Schaden erleiden werden", zitiert das Verfassungsgericht. Gleichzeitig habe Steinmeier klargemacht, dass die Bundesregierung "eine am Staatswohl orientierte Zusammenarbeit" erwarte.

Daran biss sich der Untersuchungsausschuss die Zähne aus.Wiederholt verweigerten die Zeugen unter Verweis auf eine ihnen nur eingeschränkt erteilte Aussagegenehmigung die weitere Aussage oder gaben auf Fragen der Mitglieder des Untersuchungsausschusses keine Antwort. "Weiterhin", schildert das Verfassungsgericht, "verweigerte die Bundesregierung dem Untersuchungsausschuss mehrmals die Vorlage von Akten oder Aktenbestandteilen".

Ein Handeln, das der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts jetzt als "zum Teil verfassungswidrig" einordnet. "Die Bundesregierung hat durch die Beschränkung der Aussagegenehmigungen für benannte Zeugen, durch die Auslegung dieser Beschränkungen und durch die Verweigerung der Vorlage von angeforderten Akten mit den hierfür gegebenen unzureichenden Begründungen das Informations- und Untersuchungsrecht des Deutschen Bundestages verletzt", schreiben die Richter. Pauschales Berufen auf einen der verfassungsrechtlichen Gründe - wie den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung und Gründe des Staatswohls -, die dem parlamentarischen Untersuchungsrecht Grenzen setzen, genüge in keinem Fall. Die Bundesregierung habe "den Informationsanspruch aus Art. 44 GG in unzulässiger Weise verkürzt" und das Beweiserhebungsrecht des Bundestages verletzt . "Auch die Auslegung der Aussagegenehmigungen, wonach Vorgänge aus der Präsidentenrunde und der Nachrichtendienstlichen Lage nicht von der Aussagegenehmigung erfasst sind, verkürzt in unzulässiger Weise das parlamentarische Untersuchungsrecht. "

Auch Mitteilungen über Kontakte mit ausländischen Geheimdiensten seien dem Informationszugriff eines Untersuchungsausschusses nicht ohne weiteres aus Gründen der Gefährdung des Staatswohls entzogen. "In dem bloßen Umstand, dass das Bekanntwerden derartiger Informationen der Bundesregierung selbst im Hinblick auf ihren eigenen Umgang mit den betreffenden Erkenntnissen Unannehmlichkeiten bereiten könnte", watschen die Richter den SPD-Kanzlerkandidaten ab, "liegt keine Gefährdung des Staatswohls, sondern eine hinzunehmende verfassungsgewollte Folge der Ausübung des parlamentarischen Untersuchungsrechts."

Die Wähler/innen sollten sich so langsam überlegen, ob sie wirklich Politikern Vertrauen schenken wollen, die so häufig verfassungswidrig agieren, wie das von der großen Koalition konstatiert werden muss, empfiehlt Finkeldey.

Tippfehler vom Tugendwächter

Ein schönes Beispiel dafür, wie die von der Bundesrepublik besoldeten Sauberkeitswächter für das Internet ihre Arbeit verrichten, erzählt Fefe in seinem Blog. Danach hat jemand die Tugendwächter und Kinderpornofinder hellwach darauf hingewiesen, dass die bunte Illustrierte "Spiegel" auf ihren "Eines Tages"-Seiten ein vermutlich kinderpornografisches Bild der unschuldig wirkenden jungen Nastassia Kinski (oben) gefunden hat. Zwecks Überprüfung durch erfahrene Zensoren hat der Mann die inkriminierte URL selbstverständlich sofort an Zensursula gemailt hat.

Die Antwort sei dann allerdings von den freischaffenden Experten des Zensurportals jugendschutz.net gekommen: Die zugesandte Adresse sei nicht abrufbar, beklagten die, es komme immer nur der Fehler 404.

Danach wurde die URL noch mal genannt - und siehe da: Beim Abtippen und Ausdrucken und Durchtelefonieren und sich per Notizzettel auf dem Flur überreichen hatte jemand aus der richtigen Adresse die so natürlich nicht funktionierende falsche gemacht.

Denn "l12/l0" sieht zwar fast aus wie 112/10, ist aber eben doch irgendwie anders. Jedenfalls hier, in der nicht ausgedruckten Internetwelt.

Mittwoch, 22. Juli 2009

Der virtuelle Nazi 2.0

1.600 deutschsprachige Internetseiten mit rechtsradikalem Inhalt zählten die Aktivisten von jugendschutz.net im vergangenen Jahr - so viele wie noch nie seit Beginn der Beobachtungen vor neun Jahren, zetert die Süddeutsche Zeitung in einem Artikel, der mit "Qualitätsjournalismus" recht unzureichend beschrieben ist. Glaubt man dem Verfasser, einem Herren namens Johann Osel, dann ist der Nazi 2.0 auf dem Vormarsch wie nie, weil deutsches Recht das weltweite Datennetz nicht regulieren kann. Obwohl immerhin zehn Prozent aller Naziseiten laut Verfassungsschutz "strafrechtlich relevant" seien, interessiere das Provider im Ausland gar nicht.

Ein Lied ist das, das sich anschickt, demnächst Jahr zehnjähriges Jubiläum zu feiern. 2000 schon rief das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Nazialarm im Netz aus: Im Im Web breite sich der Rechtsextremismus immer stärker aus, seit 1999 habe sich die Zahl rechtsextremer Seiten in Deutschland mehr als verdreifacht. "Verzeichneten die Behörden 1999 noch 330 Homepages, die von deutschen Extremisten betrieben wurden, stieg die Zahl im Jahr 2000 auf rund 1.000 an."

Tausend also - und neun Jahre später 1.600. Ein Zuwachs von 60 Prozent in neun Jahren, also einer von 6,6 Prozent pro Jahr. Der Anteil der rechtsextremen Seiten in deutscher Sprache an den insgesamt vorhandenen Internetseiten sank damit allerdings kräftig: 2000 zählte Webknowledge noch zwei Millionen belegte Domains, 1.000 davon waren rechte Seiten, machten also etwa 0,05 Prozent aus. 2008 gab es dann schon 165 Millionen belegter Internetadressen, während die Zahl der rechtsextremen Seiten nur auf 1.600 stieg: Ihr Anteil sank damit auf nur noch 0.00097 Prozent am gesamten Internet.

Ein Vormarsch, wie man ihn sich in dunklen Münchner Zeitungsredaktionen nicht schöner vorstellen kann. Hält die beunruhigende Entwicklung an, könnte jugendschutz.net in zehn Jahren natürlich immer noch von einer noch nie dagewesenen Zahl rechtsextremer Seiten im Netz berichten. Die dann mit viel Mühe auffindbaren rund 2500 Seiten machten zwar nur noch handgeschätzte 0,00000000067 Prozent aller Seiten aus. Aber es zwingt einen auch dann sicher niemand, das dazuzuschreiben.

Illner intim: In den Unterhosen der Politik

Intime Einblicke in die Unterhosen der Politik will die neue ZDF-Dokushow "Illner intim" geben. Während der halbstündigen Sendung legt Moderatorin Maybrit Illner bekannten Politikern wie dem Schauspieler Volker Brandt und weniger bekannten wie dem früher mit Schnauzbart auftretenden Sponti Jürgen Trittin eine Reihe von bloßstellenden Fragen vor, die die Kandidaten dann "ganz kurz" (Illner) beantworten müssen.

Das gelingt nicht immer. Manchmal wird aus dem geforderten halben Satz, in dem erläutert werden soll, was ein "Green New Deal" oder, wie Illner übersetzt, ein "Grüner neuer Deal" ist, eine ganze Parteitagsrede. Kein Wunder, dass der vorab angekündigte Burlesque-Tanz von Ex-Verbraucherministerin Renate Künast am Ende leider der fortgeschrittenen Sendezeit zum Opfer fällt.

Warum wir die Grünen wählen sollen, bleibt so nach der Premiere von "Illner intim" ebenso unklar wie die Antwort auf die Frage, wozu erwachsene Menschen sich eine deutlich spürbar für das Kinderprogramm konzipierte Sendung anschauen sollen. Dem ZDF ist nachdrücklich zu raten, in der nächsten Folge mehr Fleisch zu zeigen und keine Angst vor wirklich wahren Wahrheiten mehr zu haben. Und wenn Sarah Wagenknecht nicht will, muss eben Petra Pau tanzen!

Der Himmel über Halle VIII

Wedelin Wiedeking und die Porsche-Familie haben sich geeinigt: Der Vorname "Wedelin" wird von Ferdinand übernommen, die nächsten drei Erben der Dynasty müssen "Wiedeking" genannt werden. Dafür bekommt der Erfolgsmanager rund 100 Millionen Abfindung - gute Nachrichten für Peer Steinbrück, der nun mit seinem Anteil von 50 Millionn ein neues Rettungspaket für Staatsbeteiligungen schaffen kann. In der Abendsonne glänzt das VW-Logo, das heute nicht mehr aussieht wie das Zahnrad aus dem Zeichen der NS-Arbeiterfront, vor Stolz strahlend am Himmel über Halle: Dank eines geschmackvollen Hightech-Antriebes drehen sich das "V" und das "W" untrennbar vereint um sich selbst, einmal pro Runde fängt das Schild die Sonne ein, die gerade im Westen untergeht. Dort, wo Hitler den VW-Stammsitz hat bauen lassen.

Dienstag, 21. Juli 2009

Führt er noch oder stirbt er schon?

Der Führer geht immer, dieses Grundprinzip öffentlicher Aufmerksamkeitserregung hat seiner seiner Entdeckung durch den Helm-Historiker Guido Knopp nichts von seiner Wirksamkeit verloren. n-tv konnte den Reichskanzler als Nachmittagsmoderatoren verpflichten, beim ZDF führt er durchs Abendprogramm, Filmemacher und Theaterregisseure wissen wie Boulevardjournalisten, Politiker und Fernsehdiskutanten: Wenn nichts mehr geht, ist ein Hitler-Stück allemal die Rettung. Mit "Hitlers Flucht - Geheime Reichssache" drohen jetzt neue Enthüllungen über den 120-Jährigen, wie Amazon schon vorab verrät. Möglich, dass der "Spiegel" noch mehr herausfindet. Oder der "Stern" sogar einen exklusiven Interviewtermin bekommt. Amazon empfiehlt auf jeden Fall: "Reservieren Sie sich Ihr Exemplar jetzt und Sie erhalten es pünktlich zum Erscheinungstermin". Später könnte es schon zu spät sein. Verkauf und Versand übernimmt Amazon.de: "Geschenkverpackung verfügbar". Amazon schreibt:

Hitlers Flucht Wie sein Tod erfunden wurden... Starb Adolf Hitler wirklich am 30. April 1945 oder floh er rechtzeitig nach Südamerika? Der Autor Sven Peters ging der provokativen Behauptung nach und wurde fündig. Es gibt tatsächlich Hinweise, die auf eine Flucht schließen. Stalin war von Anfang an überzeugt, daß Hitler keinen Freitod wählte. Bei der gefundenen Leiche handelte es sich um einen Doppelgänger. Was passierte in den letzten Tagen im Führerbunker, welche Aufzeichnungen darüber sind echt, welche gefälscht? Wer verhalf Hitler zur Flucht? Verfolgen Sie außerdem die Spuren von Hitlers heimlichen Geldgebern aus dem Ausland. Warum scheiterte Himmler bei den Friedensverhandlungen mit England und war Hitler wirklich ein britischer Agent? Die Antworten finden Sie erstmals in diesem Buch. Bei dem vorliegenden Werk handelt es sich aufs Neue, um eine geschichtliche Herausforderung. Wenn Sie mutig sind, lesen Sie den Inhalt.

Die Gedanken bleiben frei

Dass "der Dreck weg muss aus dem Netz" (Zypries), darin sind sich am Tag nach derr Ankündigung der großen Kehr-Initiative von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries alle Parteien der Nationalen Front bis hin zur oppositionellen PDS einig. Unklar war bisher allerdings noch, wie künftig festgelegt werden soll, wobei es sich genau um "Dreck" handelt, der "ausgemerzt" (Karl-Eduard von Schnitzler) gehört. So gilt Moslems die Schlachtung von Schweinen als unerträgliche Beleidigung, Hindus hingegen halten das Essen von Rind für eine eklige und beleidigende Schweinerei. Echte Christen sehen im gemeinsamen Abendmahl von Katholiken und Evangelen eine Art Hasspredigt, während ehemalige DDR-Bürger die Behauptung, die DDR sei schon 1987 pleite gewesen, als "dreckige Unterstellung" geißeln.

Brigitte Zypries selbst, die erst gestern eingeräumt hatte, früher Kenntnis von illegalen Musikmitschnitten erlangt, die Vorgänge aber nicht angezeigt zu haben, hat sich nun in die Debatte um den Wirbel um den Dreck eingeschaltet und eine Lösung vorgeschlagen. Eine zentrale Bundesdreckdefinitionsbehörde (BDDB) solle danach künftig entscheiden, wo die dünne Linie zwischen noch erlaubter Meinungsäußerung und dreckigem Internet-Dreck verlaufe, hieß es aus Berlin. Angesiedelt in den Gebäuden der ehemaligen Opel-Produktion in Köln werde die Behörde, die mit Einverständnis der EU aus Mitteln des Rettungspaketes 3 anschubfinanziert werden könne, beratend für die Bundeszensurbehörde (BZB) tätig werden, der es ab Anfang August obliege, die tagesaktuellen Sperrlisten an die Provider weiterzugeben. "Das Grundmotto der Veranstaltung", beschrieb ein mit den Planungen beauftragter Mitarbeiter, "wird es sein, lieber mal zu sperren als dass Schmutz durchkommt." Ziel sei die porentiefe Reinheit der Gedankenwelt der Deutschen.

Ein "engmaschiges Netz", das "zweifelhafte Meinungsäußerungen" und von den amtlichen dpa-Darstellungen abweichende Tatsachenschilderungen aus dem Internet draußen halte, werde wie ein Turbo für die Meinungsfreiheit im Land wirken, ist auch die Justizministerin optimistisch. Wer nichts zu verbergen habe, habe auch nichts zu befürchten, und wer die richtige Meinung ordentlich vorbringe, werde auch in Zukunft weder gesperrt noch der Strafverfolgung unterliegen. Es gelte in Deutschland nach wie vor der große Luxemburg-Satz, dass "Freiheit auch die Freiheit der Andersdenkenden" sei. Es bleibe bei der Zeile aus dem alten SPD-Lied "die Gedanken sind frei". Wer sie aber äußere, müsse mit Konsequenzen rechnen. Niemand, der andersdenke, könne schließlich verlangen, dass ihm für seine kruden Ansichten auch noch ein öffentliches Podium wie das Internet zur Verfügung gestellt werde.

Hochstapeln mit Hövelmann

Fast ein Viertel weniger Straftaten im "Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik" (Innenministerium) meldet Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Hövelmann heute - und das diesmal, ohne dass die statistische Zählweise verändert wurde. Ein Abwärtstrend bei den Fallzahlen in der "Computerkriminalität" (Innenministerium) also: Statt 1964 Taten gab es nur noch 1404 - bei insgesamt 206669 Straftaten im Land überhaupt ist damit jede 147. Straftat eine der Computerkriminalität. Oder anders gesagt: Nicht ganz 0,7 Prozent aller Straftaten sind Computerstraftaten.

Dazu eine eigene Statistik zu führen kann nur, wer wie das sachsen-anhaltinische Innenministerium davor warnen, dass "diese Entwicklung zu falschen Schlussfolgerungen führt". Die "Gefahren der Computerkriminalität", die angesichts von 1,2 Millionen Menschen im Land, die im Internet unterwegs sind, offensichtlich kaum existieren, seien "nach wie vor sehr hoch und dürfen keinesfalls unterschätzt werden".

Den 1,2 Millionen Nutzern, die im vergangenen Jahr handgeschätzte 500 Millionen Mal im Internet surften und - berechnet nach dem Weltdurchschnitt - etwa 8200000 Millionen Emails empfingen und verschickten, stehen 736 Tatverdächtige "im Zusammenhang mit Straftaten im Bereich der Computerkriminalität" gegenüber. Bei dem Täterkreis, heißt es, handele es sich "in der überwiegenden Mehrzahl um erwachsene Personen (83,1 Prozent), wobei die Altersgruppe der 25-40-Jährigen einen Anteil von nahezu 42 Prozent ausmacht."

Schlösse man daraus nun aber, dass das nicht vorhandene Problem sich mit fortschreitendem Aussterben des westlichsten der östlichen Bundesländer von ganz allein erledigen wird, läge man alleridings falsch. "Aufgrund der immer schnelleren technologischen Entwicklung ist davon auszugehen, dass in den nächsten Jahren die Computerkriminalität noch stärker in den Fokus der Ermittler rücken wird", mutmaßt das Innenministerium. Noch stärker also. Vielleicht steigt die Zahl der Taten sogar auf mehr als 2000, dann wäre schon jede hundertste Straftat eine der "Computerkriminalität". Oder es gelingt endlich, Tauschbörsennutzer mit dem Strafrecht zu bekämpfen. Dann müsste eine Überschrift wie "Computerkriminalität nach wie vor sehr hoch…" nicht mal mehr frei erfunden werden.