Montag, 13. Juli 2015

Wie der Euro den Preis und den Markt ruinierte

Gelegentlicher Zahlungsausfall ist eigentlich in der Kreditvergabe einkalkuliert. Nur deshalb richtet sich die Höhe des Zinses als Preis der Vergabe nach der Größe des Risikos, dass das verliehene Geld dauerhaft fort ist. Schlechte Schuldner müssen mehr zahlen, gute weniger, wer hohe Schulden hat, kommt weniger leicht an neues Geld als jemand, den keine Außenstände drücken.

So war es immer. Bis der Euro kam. Das Problem mit der Einheitswährung bestand von Anfang an darin, dass die Gläubiger trotz aller anderslautenden Ankündigungen immer davon ausgehen durften, dass die Gemeinschaft für den Ausfall eines einzelnen Landes haften wird. Zwar läuteten die Väter der Union bei Bedarf laut die No-Bailout-Glocke. Doch die Zinskurven der Schwachwährungsländer zeigten, dass niemand das ernst nahm.

Kaum schimmerte die Euro-Hoffnung am Horizont auf, fielen für Italien, Spanien und Griechenland die Zinsen. Wenn alle in einem Boot sitzen, das nur dadurch schwimmt, dass alle glauben, dass es das tut, kann niemand hinausgeworfen werden, wenn die See rauer wird. Dadurch war der Preis griechischen Zinsen schon zum Datum des Beitritts der Hellenen zum Euro nicht auf dem Risikoniveau Griechenlands, sondern in der Nähe desjenigen der besseren Schuldner der Gemeinschaft: Die, so die unausgesprochene Gewissheit, würden haften, wenn es hieße, sich zu entscheiden zwischen einem Untergang des Euro-Kahns und einem Rauskaufen eines Landes.

Damit hebelten die Väter der Union wenn nicht wissentlich, so doch sehenden Auges das Gesetz aus, wonach der, der keine Gewähr auf Rückzahlung bietet, mehr zahlen muss als der, der verlässlich zurückzahlt. Nicht nur Griechenland nutzte die neue Chance, neues Geld geschenkt zu bekommen, auch Spanien und Italien taten das, ebenso Portugal. Der magische Trick aus dem Zauberkästchen der Hades-Planer: Je höher die Verschuldung der späteren Krisenländer stieg, umso billiger wurde es für sie, sie immer noch weiter steigen zu lassen.

Es war den Vätern des Euro zwar nicht gelungen, die erstrebte Angleichung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Euro-Volkswirtschaften zu erreichen. Aber der Markt, der eigentlich zuverlässig reguliert, wer welche Kosten gewärtigen muss, wenn er sich verschuldet, war bereits an diesem Punkt komplett abgeschafft. Eine Art Sozialismus herrschte, in dem niemand mehr einen Ausfall eines Schuldners einkalkulierte. Käme es dazu, würden die anderen Partnerländer haften, das war klar, Bailout-Verbot hin oder her, denn wenn das Boot, in dem alle sitzen, ein Loch hat, dann muss es gestopft werden, egal, ob es unter dem deutschen, dem französischen oder dem griechischen Sitz sprudelt.

So ist es dann auch gekommen und offenbar waren die Politiker die einzigen, die das überrascht hat. Nun geht es nicht mehr darum, wer von wem zu welchem Preis gerettet wird, sondern allein um die Frage, wer dabei sein Gesicht verliert - vor den Wählern, vor allem aber vor den Geschichtsbüchern. Die werden dereinst vermutlich gründlich abrechnen mit dem Großexperiment an 300 Millionen Menschen, das ebenso gründlich schiefging wie der Versuch, aus den Völkern der Sowjetunion mit Hilfe des Rubels einen Staat zu machen. Nur eben in viel kürzerer Zeit.

2 Kommentare:

FDominicus hat gesagt…

Heute mal ganz unsarkastisch unterwegs. Hier mein Kommentar dazu:
"Man kann die Realität ignorieren, aber man kann nicht die Konsequenzen der ignorierten Realität ignorieren."

Werden wir noch lange unsere Geld so manipulieren (speziell natürlich den Preis des Geldes wird) wird folgendes passieren:
„Es gibt keinen Weg, den finalen Kollaps eines Booms durch Kreditexpansion zu vermeiden. Die Frage ist nur ob die Krise früher durch freiwillige Aufgabe der Kreditexpansion kommen soll, oder später zusammen mit einer finalen und totalen Katastrophe des Währungssystems kommen soll“

Mehr "braucht" es nicht.

ppq hat gesagt…

das läuft in der neuen erklärbärreihe "gellend erhellend"

ist alles nicht mehr zum lachen