Donnerstag, 30. September 2021

Zitate zur Zeit: Generation Zentralheizung

 
Der Klimastreik als Versuch, die eigene Zukunft abzuschaffen.

Eine Generation, die nicht mehr weiß, was körperliche Arbeit ist, bekämpft den Motor und setzt auf Muskelkraft. Es ist die Generation Zentralheizung, die glaubt, Wärme komme einfach aus der Wand. Die Generation, die nie Kohle aus dem Keller in den fünften Stock geschleppt hat, um es warm zu haben.

Ohne Aufzug. Die Generation, die nicht einmal mehr den Satz auf den Mülltonnen kennt "Keine heiße Asche einfüllen". Eine Generation, die jeden erdenklichen Luxus - von der Waschmaschine über den Wäschetrockner bis zur Spülmaschine und von der elektrischen Zahnbürste über den Akkurasierer bis zum Kaffeevollautomaten - für naturgegeben hält. Es ist diese Generation, die nun ganze Städte zu Fußgängerzonen umbauen will, damit die alternde Bevölkerung ihre Wasserkästen möglichst nicht nach Hause transportieren kann, sondern Flasche für Flasche einkaufen muss; so wie sie auch jede einzelne Flasche aus dem Müll fischt, um das Pfand in Rente zu wechseln.

Die wohlstandsverwahrlosten Luxuskinder, deren der Schweiß bislang allenfalls im Fitnessstudio floss. All diese Entschleuniger und Natureinklangsfetischisten, die Life-Life-Balancierer und Lattemacchiato-Jonglierer werden lernen: Motorsägen und Elektrobohrer, Fahrstühle und Lkws, sie alle wurden nicht erfunden, um das Biotop des dreifach gefächerten Wildlurchs oder das Habitat der fluoreszierenden Zwerglaus zu stören, sondern um den endlosen Schmerz, die ächzende Pein und das zerrende Keuchen bei der Bewältigung alltäglichen Tuns zu reduzieren, um das Leben lebenswerter und die Welt freundlicher zu gestalten.

Ich wage vorauszusehen: Erst wenn Ihr Euer letztes Bettgestell, Eure letzte Schrankwand, Euren letzten Bierkasten und Euren letzten Gartengrill im Nieselregen eines Herbstnebeltages auf dem Lastenfahrrad den Berg hochgezerrt habt, werdet Ihr begreifen, warum Opa froh war, ein Auto zu besitzen. Und wenn Ihr dann in einer anschließenden Zwischenphase wieder zwischen Bergen von Pferdeäpfeln über die Straßen gehüpft seid, dann kommt der Tag, an dem Ihr Euer Lastenfahrrad in einem glücktriefenden Moment zum Sperrmüll stellt. Sei's drum: Jede Generation hat das Recht, aus ihrer eigenen Dummheit zu lernen. Schmerzen sind der beste Lehrer.“

Carlos Alexander Gebauer, deutscher Jurist, Publizist und Schriftsteller

Einsam in den Untergang: Das Mädchen und sein Klimahund


Sie ist auf den Hund gekommen und sie steht dazu, wenn auch nicht unbedingt dann, wenn sie auf großen Bühnen mahnende Klimaworte spricht. Auch für Greta Thunberg, die Gründerin der europaweiten deutschlandweiten Klimabewegung Fridays for Future gehört ein Haustier zum Lifestyle. Ohne Hund zeigt sich die inzwischen 18-jährige Schülerlotsin in ihren sorgsam inszenierten Videos zur Verbreitung der Klimabotschaft selten, denn einen Hund zu haben, bedeutet, Tiere zu lieben. Tiere zu schützen und auf sie Acht zu geben aber gilt als Teil der Mission der jungen, klimabewegten Generation.  

Im Zeichen des Tieres

Zeig mir dein Tier und ich sage dir, ob du gut bist, ob du mitzufühlen weißt mit der Kreatur und wie ernst du es meinst mit dem Schutz von Mutter Natur. Eigens zum Zweck der Demonstration der eigenen Empathie unterhalten Menschen, die Tiere halten, eine globalisierte Großindustrie, die allein in Deutschland alljährlich rund 5,5 Milliarden Euro Umsatz macht. Weltweit sind es 190 Milliarden Euro, für in Zucht und Futter, Zubehör, Betreuung, Ferienanlagen für Hunde und Aquarien für Fische ausgegeben werden. Der Markt wächst zuverlässig, denn "Haustiere gehören heute für viele Menschen zur Familie", analysiert das Versicherungsunternehmen Allianz, den "sie sind nicht länger Nutztier, sondern Lebensbegleiter, Freund oder Therapiepartner."

Einsam wäre auch Greta Thunberg, hätte sie nicht ihren Hund an ihrer Seite. Ein Klimakiller mit feuchter Schnauze, dessen einzige Aufgabe es ist, um sein Frauchen herumzuscharwenzeln. Hunde werden - wie Katzen, Hauskaninchen, Hamster oder Mäuse - nicht geschoren, nicht gegessen, sie geben keine Milch und sie haben keinen ersichtlichen Nutzen außer dem, da zu sein, wenn niemand sonst da ist. 

Je einsamer der Mensch, desto mehr sehnt er sich nach Tieren: Während der Monate des Corona-Regimes erhöhte sich die Zahl der in engen Wohnungen gehaltenen Haustiere in Deutschland um eine fast eine Million. Mittlerweile lebt in 47 Prozent aller Haushalte in Deutschland mindestens ein Haustier. Die wenigstens von ihnen sind kleine, unauffällige Sittiche, Kanarienvögel und Zierfische. Meist gilt das Motte, je größer, desto besser. Arme Kinder, hübsche Hunde

Damit halten die Haushalte hierzulande nun ungeachtet der Tatsache, dass jedes fünfte Kind am Rande der Armut vegetiert, 34 Millionen Haustiere, davon 14,7 Millionen Katzen und 10,1 Millionen Hunde.Wenig wächst schneller als die Liebe zum Tier: Mit einer jährlichen Wachstumsrate von 5,3 Prozent übertraf der mit vielen bizarren Auswüchsen glänzende Haustier-Markt zuletzt regelmäßig die US-Wirtschaft, deren Wachstum im selben Zeitraum lediglich 3,8 Prozent betrug. In Großbritannien stiegen die jährlichen Durchschnittsausgaben pro Haustier zwischen 2010 und 2017 um bemerkenswerte 76 Prozent, weltweit verdoppelten sich die Umsätze allein in den vergangenen fünf Jahren.

Auch dank der Bemühungen von Greta Thunberg gelten Haustiere im Unterschied zu Internetservern, Fahrzeugen und Urlaubsreisen nicht als klimaschädlich. Zwar produzieren allein Hunde weltweit jährlich  700 Millionen Tonnen des Klimagiftes CO2,  dennoch sind es gerade die Millennials aus dem Bionadeadel der hochurbanen Zentren, die ihrer Wertschätzung für die Natur öffentlich Ausdruck verleihen, indem sie überdurchschnittlich oft Haustiere halten. Heute machen im 21. Jahrhundert geborenen Menschen mit 35 Prozent aller Haustierhalter aus, die als Umweltfrevler geltenden Baby-Boomer liegen mit nur 32 Prozent dahinter.

Mit dem Boom der Hunde und Katzen kam die Klimakatastrophe. Deutsche Tierhalter sind hier ganz vorn dabei: Mit rund 34 Millionen Haustieren belegt Deutschland vor Italien und Frankreich und knapp hinter Russland den zweiten Platz bei der Anzahl der Haustiere in Europa. Und der Trend geht ganz klar zum Zweit- oder Dritttier, wie Studien zeigen: Es kommt immer häufiger vor, dass in einem Haushalt nicht nur ein, sondern zwei oder mehr Haustiere leben, denn das Halten von Hunden gilt als gesellschaftlich anerkannte Tat. 

Weder mehr als 6.000 Übergriffe von Hunden auf Menschen jährlich noch weltweit bis zu 50.000 Tollwuttote im Jahr haben den guten Ruf von Hund und Katze schaden können. Der Klimakiller Hund erfreut sich weiterhin eines untadligen Rufes als bester Freund des Menschen. Kaum ein Tabu wird in Politik und Medien sorgfältiger beachtet als das, über Hund und Katze nur ja nicht als gefährliche CO2-Emittenten zu sprechen. Greta Thunberg trägt als Lobbyistin des Verschweigens dieser akuten und beständig größer werdenden Klimagefahr ihren Teil bei zu einer Entwicklung, die kaum noch umkehrbar scheint.

Mittwoch, 29. September 2021

Online Casino – Tipps für Neukunden


Heute wollen alle ihr Glück in einem Online Casino versuchen! Schließlich gibt es ein unterhaltsames Angebot von Spielen und dabei die Aussicht auf gute Gewinne. Einige Jackpots können sich sogar mit Leichtigkeit mit denen aus dem Lotto messen. Die Anzahl der Millionäre, die einfach nur Glück bei einem Online Spielautomaten gehabt haben, wächst ständig an. Vor einigen Jahren ist ein Jackpot von fast 18 Millionen Euro durch einen Spieleinsatz von unter einem Euro von einem Briten geknackt worden. Dieser Rekordgewinn ist an dem Spielautomaten Mega Moolah von Microgaming erspielt worden und steht im Guinness Buch der Rekorde.  

Für Menschen, die sich mit den farbigen Spielen noch nicht besonders gut auskennen, eröffnet sich mit der Anmeldung im Online Casino eine kunterbunte Welt, die viel Freude und eine gute Unterhaltung verspricht. Jedoch sollte man stets auf der Hut sein. Um sich die Laune nicht an einigen Ecksteinen zu verderben, sollte man einige Dinge von vorneherein wissen. Die wichtigste Regel lautet: Das Glücksspiel ist zum Zweck der Unterhaltung gedacht worden und darf unter keinen Umständen als eine Einnahmequelle betrachtet werden. Mit dem eingesetzten Geld bezahlt man quasi für ein Ticket, das einen an der Teilnahme an dem jeweiligen Spiel berechtigt. Es ist durchaus möglich, dass man keinen Gewinn erzielt und der Einsatz einfach weg ist. 

In den meisten Fällen wird man einen kleinen Gewinn erzielen, der im Durchschnitt allerdings geringer als der Spieleinsatz selbst ist. Wenn man etwas Glück auf seiner Seite hat, dann wird der Gewinn höher als der Einsatz sein. Nur richtige Glückspilze können einen Jackpot gewinnen, der alle vorherigen Verluste ganz schnell vergessen lässt. Wenn man die Sache von der Seite des Casinos betrachtet, dann muss der angebotene Service sich rentieren. Damit ein Glücklicher einen himmelhohen Jackpot erzielen kann, müssen im Umkehrschluss viele andere Spieler Verluste erleiden. Gute Casinos zahlen bis zu 98% aller Spieleinsätze wieder als Gewinne aus. Die restlichen 2% gelten als Hausvorteil und dienen der Instandhaltung der Spieleinrichtung. Wer auf der Suche nach einem guten Spielhaus ist, kann eine Liste mit den besten Angeboten finden. 

Bevor man sich an Spiele mit Echtgeld macht, sollte man die bevorzugten Games in der Demoversion ausprobieren. Eine Demoversion kann in den meisten Fällen ohne Registrierung ausprobiert werden. Dadurch kann man sich ein Bild von den einzelnen Spielen verschaffen und sich die Spielauswahl deutlich erleichtern. In stationären Spielhallen kann man keine Spielautomaten ohne Risiko ausprobieren. Das Spielen eines physischen Spielautomaten ist immer mit dem Einsatz von Echtgeld verbunden. Zusätzlich sollte man beachten, dass die Auszahlungsraten in stationären Casinos oder Spielhallen deutlich geringer als in den Online Casinos sind. Was man noch über das Online Glücksspiel wissen sollte und wie man am besten eine geeignete Online-Spielbank aussucht, kann man in dem folgenden Beitrag erfahren.

Die Auswahl eines Online-Casinos

Wenn man sich dazu entscheidet, sich in einem Online Casino zu registrieren und das Glücksspiel mit echtem Geld auszuprobieren, dann sollte man einige Dinge beachten. In der ersten Linie sollte die Spieleinrichtung über eine gültige Glücksspiellizenz verfügen. Die Nummer der Lizenz und die zuständige Aufsichtsbehörde sollte im unteren Bereich der Website aufgeführt sein. Diese Nummer kann durch wenige Klicks im Internet überprüft werden.

Selbstverständlich sollte man sich vorab über das Spielangebot des bevorzugten Casinos informieren. Einige Casinos bieten alternative Glücksspiele an. Wenn man zum Beispiel gerne Sportwetten abschließen oder an Lotto-Ziehungen teilnehmen möchte, dann sollte man ein Spielhaus auswählen, das diese Möglichkeiten zur Verfügung stellt. Um Spaß bei Tisch- und Kartenspielen zu haben, sollte man ein Casino mit einem reichhaltigen Live-Angebot auswählen. Im Live-Casino kann man sich via Live-Stream mit einem echten Spieltisch verbinden lassen und in der Gesellschaft von anderen Spielern mit einem echten Croupier, echten Karten oder einer echten Roulette-Kugel in den Genuss von dem Online Glücksspiel kommen. Der neueste Trend sind VR-Casinos. Virtual Reality steht derzeit noch in den Startlöchern und es gibt eher wenige Casinos, die ein bislang noch nicht wirklich salonfähiges VR-Angebot zur Verfügung stellen. 

Viele Spieler achten bei der Auswahl eines Casinos in der ersten Linie auf den angebotenen Bonus. Mit Recht, denn durch einen Bonus ergeben sich zusätzliche Gewinnchancen, bei denen man nichts riskieren muss. Jedoch sollte man wissen, dass ein Bonus in der ersten Linie dazu gedacht ist, das Spielvergnügen zu verlängern, wenn das eingezahlte Guthaben verbraucht worden ist. Boni werden stets auf besonderen Bonuskonten geführt und können nur sehr selten in echtes Geld umgewandelt werden. Aus diesen Gründen sollte man sich von unglaublichen Bonus-Paketen nicht blenden lassen und in der ersten Linie auf die allgemeinen Geschäftsbedingungen achten.

Der Casino-Bonus

Bevor man in einem Online-Casino einen Bonus in Anspruch nimmt, sollte man sich stets mit den Bonusbedingungen auseinandersetzen. Das Bonusguthaben kann nicht mit dem Echtgeld-Guthaben gleichgesetzt werden. Mit anderen Worten kann man sich einen Bonus nicht einfach auszahlen lassen und ihn zum Teil nur eingeschränkt als Spieleinsatz bei Spielen um Echtgeld verwenden. Bevor ein Bonus auf das Echtgeldkonto gutgeschrieben wird, muss er mehrfach umgesetzt werden. Meistens liegt die Umsetzungspflicht bei mal 25 bis zu mal 30 der Bonussumme. Das bedeutet, dass die Spieleinsätze um 30 Mal höher als die Bonussumme sein müssen. 

Das ist nur dann möglich, wenn man zum Beispiel mit einem 10 Euro Bonus Gewinne in der Höhe 300 Euro erzielen kann und diese wieder als Spieleinsatz bringt. Meistens kann man nach einer erfolgreichen Umsetzung nur einen Maximalbetrag erhalten. Das bedeutet, dass selbst, wenn man einen Gewinn von mehreren Tausend Euro mit dem Bonusguthaben erzielt, man im Endeffekt nur die ursprüngliche Bonussumme oder einen Maximalbetrag erhält. Einzelne Spiele tragen zu verschiedenen Teilen der Bonusumsetzung bei. Gewinne aus den Freispielen werden ebenfalls auf das Bonuskonto gutgeschrieben und unterliegen somit der Umsatzpflicht. Von Casino zu Casino können sich die Bonusbedingungen deutlich unterscheiden und man kann genaue Angaben in den AGBs nachlesen oder sich beim Support-Team informieren. 

Das Spielen mit echtem Geld

Um einer Spielsucht vorzubeugen, sollte man einen gesunden Spieltrieb entwickeln. Spieler, die sich nicht unter Kontrolle haben, können Gebrauch von den angebotenen Spiellimits machen. Im Handumdrehen versinkt man in diese unterhaltsamen Games und ein Einzahlungslimit oder ein Limit zur täglichen Sitzungsdauer kann eine schnelle Abhilfe verschaffen.

Kleine Koalition: Mit uns zieht die neue Zeit

Ohne Abstand, ohne Maske, aber die die Hände waren gründlich gewaschen. Beim ersten Treffen der künftigen Kleinen Koalition, die sich anschickt, den kommenden Kanzler zu wählen, war so vieles anders als in den bleiernen Jahren der Merkel-Ära gewohnt. Drei Männer, eine Frau, zwei Liberale, zwei Grüne, alle aus den alten, demokratisch gestählten Bundesländern - so sieht sie aus, die Zukunft eines Landes, das an Tag drei nach der großen Schicksalswahl auf der Suche nach seiner neuen Mitte ist. Irgendwo ier muss sie doch sein, hat einst ein Liedermacher gesungen, irgendwo hier wird er gefunden werden, der neue Kanzler, rechts oder links, Hauptsache klimaneutral.  

Selfie der Kanzlermacher

Das Selfie der vier Kanzlermacher*innen, das recht eigentlich kein Selfie ist, weil es ein dienstbeflissener Mitarbeiternder geschossen hat, zeigt den neuen Geist, der in Berlin regiert. Gemeinsam statt einsam wie Merkel in der Kanzlerwaschmaschine die Pandemie zu fürchten lehrte. Zusammen dem Deltavirus in die häßliche Viertewellefratze lächelnd. Todesverachtend, aber zukunftszugewandt - vier Filter für einen Neuanfang im Zeichen einer Zuversicht, die höhere Inzidenzen weniger fürchtet als zu schnell steigende Spritpreise, zu hhe Verschuldung und einen viel zu langsamen Umbau von Wirtschaft, Verwaltung, Europa, Nato und Genehmigungsbürokratie.

Wo Wissing, Baerbock, Lindner und Habeck als vier Musketiere einer möglichen Machtverschiebung hin zu den Kleinen auftreten, ist die "Zitrus-Koalition" zugange, so benannt nach dem sauren Gesichtsausdruck, den der Anblick der neuen Powerverbindung als regierungssüchtigen Etatisten und freiheitswütenden Ellenbogenmännern allenthalben auslöst. Der Wähler hat gesprochen, wie stets mit gespaltener Zunge, er möcte gewaschen wwerden, aber ohne nassmachen, er sehnt sich nach Führung, aber unter seiner eigenen Leitung, er möchte Klima, aber vor allem endlich besseres Wetter, und er traute dem laschen Laschet die Quadratur des Kreises ebensowenig zu wie der Partei, für die der beliebte Scholz als einer der letzten überlebenden Vertreter der Jahre der Reform-Agenda ins Rennen gegangen war.

Verschwundene Macher im Hintergrund

Die Frauen und Männer im Hintergrund, die Merkel, Schäuble, Altmeier und Braun, sie sind abgetaucht, der Vorhang ist gefallen, die Machtübergabe an die Kleinen in die letzte Phase getreten. Niemand ist es nun gewesen, keiner ist nicht mehr der Deutschen liebster Kanzlerkandidat, sondern das namenlose "auch", auf das Laschet anspielt, wenn er sich selbst attestiert, "auch Fehler" gemacht zu haben. Ein Verlierer, der nur noch gewinnen kann, indem er auf Posten bleibt, bis er zur letzten Hoffnung auf Regierbarkeit wird. Scholz hingegen muss hoffen, genug zu bieten zu haben, dass die beiden Kleinen sich erbarmen und ihm ins Amt verhelfen. 

Sieger sehen anders aus als sie alle, die vom Wahlaufgang überraschter zu sein scheinen als vom Umstand, dass es beim maskenlosen Treffen vor dem Eintritt in eine Regierung keinem der Beteiligten einfiel, wenigstens für das Gruppenfoto so zu tun, als sei Corona weiterhin so wichtig, dass Schutzmaßnahmen wenigstens simuliert werden müssten, solange die eben erst verlängerte pandemische Lage von nationaler Bedeutung nicht für beendet erklärt wurde.

Energiewunder: Voodootrick mit Wasserstoff

Es war im Jahre 2006 und Angela Merkel war noch kein Jahr im Amt, als das damals noch nicht komplett abgewirtschaftete an Visionen reiche Bundeskabinett Pflöcke einschlug, dass die Erde bebte. Mit der "NOW GmbH Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie" gründete die Bundesregierung eine bundeseigene Gesellschaft, die zur Aufgabe gestellt bekam, eine Bundeswasserstoffstrategie auszuarbeiten und ihre Umsetzung voranzutreiben. Kein Staatsakt begleitet die Gründung, es ging ganz bescheiden zu: Bisschen Stammkapital, ein Firmensitz in der feinen Berliner Fasananstraße. Fertig. Zwei Geschäftsführer wurden eingestellt, gute Leute, die gut bezahlt werden müssen, weil das Schicksal der Nation ja auch irgendwie an ihnen hängt.

Visionäre Wasserstoffziele

Und ohne Wasserstoff, Visionäre wie die Physikerin Angela Merkel wussten das schon vor 15 Jahren, würde gar nichts gehen. Für ihre je 300.000 Euro Gehalt lieferten die beiden Chefs der NOW GmbH denn auch solide Arbeit. Millionen und Abermillionen "echte Zuschüsse bzw. Einnahmen aus Zuwendungen sowie Mittelzuweisungen" für "Ziele im Bereich Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie" wurden ausgereicht, um den Treibstoff der Zukunft praktikabel zu machen. Während in anderen Staaten Konzerne gegründet wurden, um Elektroautos herzustellen, blieb NOW am Förderball, um das „Nationalen Innovationsprogramms Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie“ der Bundesregierung, kurz NIP" voranzutreiben. 

Ja, das gab es wirklich, und es wurde nach seinem Tod nicht einmal bestattet, sondern wagemutig fortgeschrieben. Die NOW Gmbh als deutsche Speerspitze beim Wasserstoffwunder macht inzwischen allerdings eher in "emissionsfreien Technologien in einem integrierten Energiesystem" als nur in Wasserstoff, so führt sie etwa die "Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur". Ein Strategiewechsel, der ziemlich pünktlich in einem Moment erfolgte, in dem die Bundesregierung sich darauf konzentrierte, statt der Wasserstofftechnologie Elektrotankstellen zu fördern und die Anschaffung von Elektroautos zu finanzieren.  

Comeback der Zukunftshoffnung

Aber das ist nun auch schon wieder ein Jahr her und die im Sommer 2020 still beerdigte Zukunftshoffnung Wasserstoff ist nun wieder eine große Nummer. Grün soll er sein, der "vielleicht interessanteste Energieträger" (Merkel, 2006), umweltfreundlich herstellbar, umweltfreundlich nutzbar, ein Segen ohne jede Einschränkung, der Energie speichern kann wie ein Netz, praktisch ist und einfach mit kostenlosem Abfallstrom aus der Öko-Überproduktion gefüttert wird wie das DDR-Schwein einst  mit den Essensresten aus der Specki-Tonne.

Die nun neue "Wasserstoff-Strategie" (Merkel) der Bundesregierung plant mit diesen Stärken ein wahres Energiewunder. Wasserstoff soll demnächst Wohnungen heizen und die Industrie antreiben, Stahl kochen und Braunkohle- wie Kernkraftwerke ersetzen. Dazu wird einfach mit Hilfe von Ökostrom aus Solar- und Windkraftwerken per Elektrolyse oder auf thermischem Weg Wasserstoff erzeugt, der hernach wie heute der Klimakiller Erdgas dorthin gepumpt wird, wo er gebraucht wird, und das genau dann, wenn er gebraucht wird.

Teuer, aber öffentlichkeitswirksam

Bei dem Verfahren handelt es sich allerdings die mit Abstand teuerste Variante der Wasserstoff-Erzeugung. Nach einer Übersicht im „Wall Street Journal“ vom 8. Oktober 2020 kostet die Erzeugung von einem Kilogramm grünem Wasserstoff auf diese Weise bis zu 19 Dollar. Wasserstoff, der aus Erdgas hergestellt wird, ist nicht einmal ein Zehntel so teuer. dazu kommen weitere Beschwernisse der Physik, die so gar nicht gemacht scheint, dem Menschen bei der Rettung der Welt zu helfen.
 
Denn grüner Wasserstoff ist nicht nur in der Herstellung teuer, er hat auch einen Wirkungsgrad, der nur knapp über dem einer - mit Fug und Recht wegen ihrer akuten Umweltschädlichkeit in der EU verbotenen - Glühbirne. Gehen bei der 95 Prozent der verwendeten Energie als Wärme verloren, so dass nur fünf Prozent übrigbleiben, um das Zimmer zu erhellen, sieht es beim grünen Wasserstoff kaum besser aus. Eine Solarzelle etwa kommt auf Wirkungsgrad von 20 Prozent, so dass aus 100 Prozent Sonnenlicht etwa 20 Prozent nutzbarer Strom werden. Bei der Umwandlung der elektrischen Energie in Wasserstoff geht nun ein Drittel der Energie verloren, bei der nächsten Umwandlung - nun wird der gespeicherte grüne Wasserstoff ja verwendet, um daraus wieder Strom zu machen - verschwindet ein weiteres Drittel.
 

Ein verbotener Wirkungsgrad

 
Der Wirkungsgrad ist nun "im Bereich unter sieben Prozent liegt", wie Martin Wolter von der Magdeburger Otto-von-Guericke-Universität im MDR vorgerechnet hat. "Da ist vom Sonnenstrahl nicht viel übriggeblieben", sagt er. Das liegt unter dem Wirkungsgrad einer Halogenlampe, die auf etwa 10 Prozent kommt und deshalb in der EU schon geraume Zeit verboten ist.  
 
Der Voodootrick, der aus Wasserstoff  eine Zukunftstechnologie macht, die allen physikalischen Gesetzen spottet, besteht in der Behauptung, wenn nur genügend Energie sowieso "da" sei, weil zahllose und immer mehr Solar- und Windanlagen ja keine Rechnung ausstellten, sei jeder Energieverlust auf der langen Strecke der zahlreichen Umwandlungen zwischen Stromerzeugung und Stromnutzung leicht verschmerzbar. Was nichts kostet, nämlich aus überflüssigem Strom speichernden Wasserstoff zu machen, werde auch nicht teurer, wenn es mehrfach hintereinander und mit beständig sinkendem Ergebnis durchgeführt werde. Klimaschutzpakete aller Parteien setzen deshalb demonstrativ auf Wasserstoff und sie behaupten zudem, nicht nur die gesamte Menge des bisher verwendeten Erdgases durch mit regenerativen Strom erzeugten "Grünen Wasserstoff" ersetzen zu können. Sondern darüberhinaus, dass dieser massiv unwirtschaftliche Vorgang es sein wird, der die menschliche Mobilität, die Globalisierung, den Wohlstand und die Welt retten wird.

Wenn aber ein Treibstoff schon beim Tanken verglichen mit fossilem Benzin oder Diesel nur noch ein Zehntel des Energieaufwandes widerspiegelt, den seine Gewinnung verursacht hat, dann trägt jedes Fahrzeug, das mit ihm vorwärtsbewegt wird, einen virtuellen Tank mit sich, der zehnmal so groß ist wie bisher. Statt 60 Liter zu tanken, um 600 Kilometer vorwärtszukommen, braucht das grüne Wasserstofffahrzeug im Grunde 600 Liter, die es zwar nicht wirklich in einem gewaltigen Behälter mit sich führt. Die aber als volkswirtschaftliche Gesamtlast an Bord sind.

Kann das funkionieren? Kann das eine "Wasserstoffstrategie" begründen, die sich zum Ziel setzt, bis 2040 eine "Deckung des Wasserstoffbedarfs mit CO2-freiem und -neutralem Wasserstoff zu wettbewerbsfähigen Preisen" zu erreichen? Die kommende, noch an Visionen reiche Bundesregierung wird - ganz egal, wie sie nun wann doch zustandekommt - den Beweis antreten.

Dienstag, 28. September 2021

Spätlese: Es war einmal Amerika

Bill Bryson bereiste Ende der 80er ein Amerika, das es heute nicht mehr gibt.


Er war noch nicht zu Ende, der Kalte Krieg, und Bill Bryson, der später mit seinem Buch und dem Hollywood-Hit "Picknick mit Bären" zu einem Weltstar werden würde, war noch keineswegs der berühmte Schriftsteller, der er heute ist. Mit Ende 30 schlug sich der Mann aus Iowa in Großbritannien als Zeitungsjournalist durch, ein Buch hatte er auch schon mal geschrieben, aber es war ein Flop geworden.  

Der verlorene Kontinen

Nun also diese Idee. Für "The Lost Continent: Travels in Small Town America" reiste Bryson 1988 durch sein Heimatland, das er der Liebe wegen Mitte der 70er Jahre verlassen hatte. Eine Reise der Wiederkehr, aber in ein Land, das nicht mehr war, was Bryson in Erinnerung hatte. Die USA, in jenen Jahren wie noch stets das mächtigste Land der Welt, aber längst noch nicht im Überschwang der eigenen Allmacht, die die Früchte der Reagonomics und der kurz bevorstehende Sieg über die Sowjetunion auslösen würden, erscheinen dem Reisenden durch 38 Bundestsstaaten als recht trüber Ort mit unklaren Zukunftsaussichten. Bill Bryson, der ein begnadeter Beobachter seiner - hier beständig wechselnden - Umgebungen ist, beklagt die gestiegenen Preise, die Verlotterung vielerorts, das Kleinstädtische und Beschränkte in den Menschen, das er wiederum auch lobt.

Nichts ist, wie es war, und nicht alles ist besser auf den "Straßen der Erinnerung" wie die deutsche Ausgabe des Buches heißt, das hierzulande den Untertitel "Reisen durch das vergessene Amerika" erhalten hat. Eine Zeile, die mit den Jahren immer richtiger geworden ist, denn Brysons Reisebeschreibungen sind mit mehr als drei Jahrzehnten Abstand interessanter zu lesen als damals, als das Buch erschien. Ende der 80er Jahre steckte die Welt in der finalen Phase des kalten Krieges, Die Zinsen waren hoch, die Arbeitslosigkeit ebenso. Städte wie New York oder Detroit litten unter Mordraten, wie sie heute nur noch Kabul und Caracas erreichen. 

Alles ist verloren

Bryson aber, der nicht wissen kann, wie sein Heimatland drei Jahrzehnte später aussehen wird, erzählt die Geschichte seiner Rundreise im selben Ton wie jeder gute "Spiegel"-Reporter: Eigentlich ist alles verloren, eigentlich geht alles in die Binsen. Eigentlich gibt es kein Licht und schon gar keine Hoffnung. Zwar sind die Menschen, denen der Reisende unterwegs begegnet, meistenteils nett. Aber alles ist teuer, verrottet, ungepflegt. Und die Leute, mit denen man lieber nicht spricht, weil sie aussehen, als lohne sich das nicht, sind vom selben beschränkten Schlag wie die, die ein Vierteljahrhundert später Donald Trump ins Amt heben werden. 

Die Sichtweise des europäisch geprägten Amerikaners machen die Lektüre eigentlich erst zu einem Vergnügen.  Wo der Amerikaner traditionell die Chancen sieht, ist Bryson, der in späteren Werken ein begnadeter Spötter sein wird, hier hämischer Urkundsbeamter eines vermeintlichen Untergangs. Amerika hat seine besten Zeiten hinter sich, folgert er aus seinen Beobachtungen. Die 50er und 60er Jahre müssen es gewesen sein. Seitdem sitzt das mächtigste Land der Welt in Tom Waits' "Downtown Train" mit zerschlagenen Fenstern und ohne jede Idee, wie es mal wieder besser werden soll. 

Abscheu und Bewunderung

Wenn Bryson sein Amerika beschreibt, dann mit einer Mischung aus Abscheu und Bewunderung. "Auch einen kleinen Park gab es in Newport, den Perrott Park, doch der war ungepflegt und voller Graffiti", heißt es da, "entlang der Thames Street sah ich schöne, alte Häuser, in denen einst die Schiffskapitäne lebten. Nun kämpften diese Häuser einen aussichtslosen Kampf gegen Schmutz und Hundekot und gegen die allseits wuchernden Tankstellen und Gebrauchtwagenhändler." Ein trauriger Anblick. Doch "den Menschen, die hier lebten, schien es gleichgültig zu sein, wie es in ihrer Stadt aussah. Vielleicht merkten sie auch nicht, wie heruntergekommen sie inzwischen war."
 
Das erinnert derr Autoren zwar an London, die Stadt, in der er lebt. Aber den amerikanischen Pendants zu seiner Wahlheimatstadt kann er so gar keinen Reiz abgewinnen. Amerika, die USA, das alles schildert Bill Bryson als Produkt göttlicher Zufälle: So berichtet er aus Provincetown , wo die Pilgerväter anno 1620 zum ersten Mal amerikanischen Boden betraten, Vorfälle wie aus der deutschen Fernsehserie "Die Auswanderer": Denn die Pilgerväter landete ganz und gar unfreiwillig auf Cape Cod. Eigentlich waren sie auf dem Weg nach Jamestown in Virginia gewesen, sie verfuhren sich aber um schlappe 600 Meilen. Als sie dann angelangt waren, bemerkten sie, dass sie weder einen Pflug noch ein Pferd oder eine Kuh mitgebracht hatten, auch nicht einmal eine einzige Angelschnur.
 

Quelle des amerikanischen Glaubens

 
Bryson kommt das nicht heldenhaft, sondern töricht vor. Aber vielleicht ist es auch die Quelle des amerikanischen Glaubens, dass am Ende doch immer alles gut werden wird. Man kann zum Beispiel 70 Millionen Büffel abschießen, bis nur noch ganze 800 Büffel übrig sind, die meisten in Zoos und umherziehenden Wildwestshows. Heute gibt es doch wieder 30.000, auch die Indianer, die bei der Eroberung des Westens als nächste dran glauben mussten, sind wieder 300.000, nicht mehr nur 90.000 wie nach dem Todeszug des Weißen Mannes. Bill Bryson darf das alles noch, in dieser alten Ausgabe seines Buches: Von "Indianern" schreiben und von weißen Männern und davon, dass sich die letzteren heute, also damals, Ende der 80er, "am liebsten  gegenseitig abzuknallen"

Ein schönes Buch einfach, das entspannt von einem Land erzählt, dass es vor 30 Jahren gegeben haben mag, das heute aber von der Landkarte und weitgehend auch aus der Erinnerung verschwunden ist. Die USA sind nach ihrem Sieg im Kalten Krieg zur Vorbildnation der Welt geworden, die lange Zeit so werden und so leben wollte wie die US-Amerikaner. Dann aber, in den deutschen Schröder-Jahren, stellte sich heraus, dass die amerikanische Sehnsucht, frei zu leben, nicht zur Sehnsucht der Deutschen passt, ein bemuttert und betreut zu werden, sobald ein Fuß aus dem Bett hängt. Der Siegeszug des Neoliberalismus endete, Guido Westerwelle starb, Europa rückte nach links und Amerika, das ja an sich selbst den Anspruch hat, immer führen zu müssen, und sei es auch (die Büffel!) in die falschen Richtung, verwandelte sich selbst in eine woke Nation, geführt von einem Pilgervater ohne Kuh und Angelschnur.

Links, zwo drei vier: Das Ende einer Volkspartei

So viel war geträumt worden. Und nun sitzen die Nazis im Parlament.

Die Vorfreude war riesig, das Erwachen böse. Eben noch hatten sich Janine Wissler und Henning Wellsow schon in Ministerämtern gesehen, irgendwas für Wohltaten, Mindestlohnminister für Gerechtigkeitssolidarität und Wohlstandsverteilung vielleicht, paritätisch besetzt natürlich von der Westtrotzkistin und der Ostquotenmann als Ampelfrau.Mit Olaf Scholz nach Berlin, das war der Plan aller fortschrittlichen Kräfte, Klima und Wirtschafstkoma vereint, ein DDR-Nachbau aus nachhaltigem Holz, regional geerntet. Mit Rot und Grün in eine neue Zeit ziehen jedenfalls, dafür hätten Wissler und Wellsow, Bartsch und Gysi und der Rest angesichts des seit Jahrzehnten anhaltenden Niedergangs ihrer Partei sogar ein paar Panzer geschluckt und die eine oder andere Nato-Mission geleitet.  

Niedergang einer uralten Institution

Zumindest in der Linken, ehemals PDS, ehemals SED, bis heute aber dieselbe Organisation,  glaubten sie fest, es endlich schaffen zu können. Nach 30 Jahren Eindämmung, Isolation und allenfalls verdruckster Versuche, sich ranzuschmeißen an der Klassenfeind, wäre es der Durchbruch zu einer neuen Normalität gewesen, in der Deutschland sich selbst gestattet, seine knapp 50 Prozent beinharter Linkswähler als einen Block zu sehen, der selbstverständlich gemeinsam regieren darf - nicht so wie der etwa gleich große auf der rechten Seite, der seine Mehrheiten weiterhin nur Richtung Mitte häte suchen sollen.

Strategisch wäre es der Aufbruchn in ein anderes Land gewesen. Nie mehr Große Koalition, nie mehr Machtverlust durch eine Bedrohung von rechts. Die Bundesrepublik hätte endlich werden können, was die DDR versprochen hatte zu sein: Die Heimat der Armen und Entrechteten, der Unterdrückten und Ausgebeuteten, ein Land, das für Frieden steht, für die Liebe zur Natur, Völkerfreundschaft außer mit bösen Völkern und das Streben nach Glück in den eigenen vier Wänden und ohne große Rumreiserei in der Welt, die ja nur das Klima schädigt.

Die Hälfte wendet sich ab

Statt die Chance zu ergreifen und der derzeit gerade als "Linkspartei" firmierenden zweitältesten deutschen Partei die zuletzt erreichten um die neun Prozent der Stimmen zuzugestehen, wandten sich nahezu die Hälfte der ehemaligen Wähler von der Linken ab und linken Alternativen zu. Olaf Scholz fischte am linken Rand, die Grünen ebenso. Die Original-SED stürzte in ein Tal der Tränen, die der Parteivorsitzende Henning Wellsow schon kurz nach 18 Uhr am Wahlabend kaum noch zurückhalten konnte. 75 Jahre nach der erfolgreichen Zwangsvereinigung mit der wankelmütigen Sozialdemokratie, die der Linken zwischenzeitlich Wahlergebnisse von mehr als 98 Prozent eingebracht hatten, stehen nun kümmerliche 4,9 Prozent in der Endabrechnung.

Nur die Gnade des Klassenfeindes erhält eine Fraktion im Parlament, prozentual gesehen hat niemand anders mehr verloren. Nun muss der Wahlsieger, mit dem drittschlechtesten Ergebnis der Geschichte knapp vor der Konkurrenz durchs Ziel gegangen, weil die das allerschlechtestes einfuhr, zurückgreifen auf die Hilfe einer politischen Gruppierung, von der kürzlich noch klargeworden war, wie nahe am rechten Rand sie steht. 

Darüber heißt es nun hinwegsehen, denn der Linksruck der Linken hat in Kombination mit dem Linksruck der SPD nicht zur Stärkung des linken Lagers geführt, sondern zu einer Kräfteverschiebung innerhalb der Formation aus SPD und PDS. Die Linke muss sich nun radikalisieren, um sich wieder abheben zu können. 

Doch wohin, wenn überall schon zwei andere sind?

Montag, 27. September 2021

Zitate zur Zeit: Giftmüll der Niederlage

Wenn nichts mehr zu machen ist, muss dringend etwas getan werden.

Sie war gewissermaßen die Halde, auf der man den Giftmüll der Niederlage ablud. 

Der Schriftsteller Ismael Kadare beschreibt in seinem 1970 erschienenen Buch "Der General der toten Armee" den Mechanismus, der sich an Wahltagen um 18.01 Uhr in Bewegung setzt.

Die Wahlsiegerin: Im Licht der letzten Tage

Unvergesslich und ikonisch: Die erste Kanzlerin als Porzellanpuppe in einem Souveniershop in Suhl.

Das war es nun also. Der erste Tag ohne mich. Der erste Morgen, an dem ich nicht mehr bin, was ich war. Obwohl ich es ja formal noch bin und nach diesem Wahlergebnis bestimmt auch noch eine Weile bleiben werde. Ich merke, dass ich schmunzeln muss, obwohl mir überhaupt nicht zum Lachen ist. Hätte ich es selbst nochmal angehen sollen? Ein fünftes Mal? Draußen wird es hell und ein neuer Morgen steht vor der Tür. In solchen Augenblicken kommt es mir immer vor, als liege alles offen und weit vor einem. Man muss nur hingehen. Zugreifen. Aber dann wieder, wenn der Tag sich streckt und mühsam wird, wenn einem in einer der seltenen ruhigen Minuten einfällt, dass das alles das einzige Leben ist, das man jemals haben wird, dann wollte ich mich immer trennen von dem Amt, das ich so sehr wollte und dann behalten wollte und dann wieder nicht.

Vogelfrei schwebe ich davon

Nun ist es vorüber, so ist es nun mal. "Vogelfrei schwebe ich, endlos weit auf lange Sicht" singt irgendeine Sängerin, ich weiß nicht mal den Namen. Ich würde auch gern singen können, ich hätte es immer gern gekonnt, aber das war dann nichts, wo sich eine Gelegenheit ergab, das mal zu machen. Als Kanzlerin muss man Würde verkörpern, Größe, die man nicht hat. Man ist das Gesicht des Landes, aber auch die Brandmauer zwischen den Menschen und der Wirklichkeit. Man verspricht ihnen viel und hofft, dass sie das Meiste schnell wieder vergessen. Steuerreform, Bürokratieabbau, Modernisierung. Jaja. Über die Jahre legt man sich einen Friedhof an vergessenen Projekten zu wie ein Kleingärtner, der bei Rundgang über seine Scholle irgendwann nicht mehr sagen kann, was aus dem und dem Beet eigentlich mal hatte wachsen sollen. Man legt sich ein dickes Fell zu. Das ist dann so. Weg mit Schaden, besser noch ohne. Sie kennen mich. Machen wir eben was anderes.

Ich war der ganzen Sache schon vor vier Jahren überdrüssig, das muss ich sagen. Wäre nicht in der Partei gar kein anderer dagewesen, hätte ich gesagt, es reicht mir, jetzt kann mal einer von den Herren und Damen weitermachen, die immer alles besser wissen. Aber die Personallage war dünn, niemand in Sicht mit Format und Schultern, die breit genug sind, das Erbe zu tragen, das ja so schlecht nicht ist. Denkt man sich, gut, warten wir noch vier Jahre. Und schauen mal, wen wir da reintrainiert bekommen. war zu ahnen, dass es mit Ursula nicht klappen würde? Und dass man sich bei Annegret so verrechnet?

Falsche Träume verhindern

Ich glaube nicht. Vielleicht verliert man nach so vielen Jahren ein bisschen das Gespür dafür, wie lebende Menschen das sehen, was die gerne möchten und wovon sie träumen. Manche Träume aber darf man auch nicht erfüllen, Stichwort starker Mann, Friedrich Merz. Den Teufel werde ich, Sie kennen mich. Aber 18 Monate nicht aus dem Büro gekommen zu sein, das war nicht geplant. ich hätte auch gar nicht gedacht, dass das funktioniert. Hier oben im Morgenkreis dachten alle, das gibt Druck von draußen, gerade wegen der pandemischen Lage. Wo ist die Kanzlerin, warum sieht man sie nie? Warum verbarrikadiert sich sich in ihrem Bunker, statt mal eine Intensivstation zu besuchen oder ein Gesundheitsamt?

Weil sie nicht muss! Der Vorteil einer lahmen Ente, wie das unsere amerikanischen Freunde und Partner nennen, ist ja, dass die nicht mehr schnell herumflattern muss. Kann sie auch nicht abgeschossen werden, habe ich immer gesagt. Wenn ich in mich hineinhorche, muss ich zugeben, dass es nicht die schlechtesten Monate waren, diese Zeit mit den Videokonferenzen, Videobotschaften, Abstandsbesuchen über Internet. Ungewohnt, aber unendlich viel entspannter als vorher die Herumreiserei von Gipfel zu Gipfel und nie kommt was raus außer ein Papier, das dann alle deuten, wie sie mögen.

Lieber ein Ende ohne Schrecken

So, wie es zuletzt war, wäre es auszuhalten. Aber Joachim hat beim letzten Mal schon gemosert, Angela, du verspielst deinen guten Ruf, Angela, mehr kannst du nicht erreichen, Angela, nun lass es gut sein. Mir war aber klar, dass es noch nicht reicht, dass noch so viel zu tun ist, das ich tun muss, weil nach mir keiner mehr da sein wird, der es tun kann. Ein Motiv, das aus der deutschen Geschichte bekannt ist, das weiß ich. Aber ich bin keine Historikerin, sondern Physikerin. Für mich sind Dinge immer, wie sie sind, man muss damit arbeiten und das habe ich getan, bis nun Schluss ist. Schade.

Denn wie gesagt, so schlecht ist der Blick von hier oben nicht. Und die drei, die da jetzt versucht haben, in die Schuhe großer Spitzenkandidaten zu schlüpfen, die dieses Land ja durchaus auch schon gehabt hat, die drei, muss ich sagen, machen mir schon Sorgen. Das sind doch keine Figuren, denen man was zutraut. Das sind doch Typen, die nicht ein Amt wollen, um etwas zu erreichen, sondern für die das Amt alles ist, was sie erreichen wollen, also ähnlich wie ich. Das beunruhigt mich, das würde mir sogar den Schlaf rauben, wäre ich jemand, der wegen solcher Dinge schlecht schläft. 

Loslassen lernen

Auf der anderen Seite muss ich sagen, dass sich eben auch kein anderer aufgedrängt hat. 83 Millionen Menschen und das kommt dabei raus: Eine sympathische Hochstaplerin, ein verdruckster Provinzfürst und ein altgedienter Bürokrat. Wenn einem dann klar wird, dass man auch diese Wahl noch gewonnen hätte, darf das nicht dazu führen, dass man sich für großartiger hält als man ist. Man muss loslassen lernen, den Rückzug genießen und sich freuen auf die Vorstellung, die nun geboten werden wird. Im Licht der letzten Tage betrachtet ist das, was da jetzt kommt, ja genau das, was sich die Leute wünschen. Mich ohne mich, meine Politik der jähen Wendungen, nur mit einem anderen Namen, und Alternativlosigkeit jetzt auch mit Klima.

Sonntag, 26. September 2021

Vereinigungskriminalität: Im Chinchilla-Kapitalismus

Die Kriminalpolizei weist auf folgendes hin: Durch eine BRD-Firma wurden seit Januar 1990 Annoncen in Zeitungen der DDR veröffentlicht, die hohe Nebenverdienste als Chinchilla-Züchter versprachen. Unter Garantie eines "gesicherten Verkaufs der Jungtiere" wurde das als so lukrativ dargestellt, daß viele Interessenten Verträge abschlössen und Geldzahlungen leisteten. Die Verträge wurden jedoch den betreffenden Bürgern unter Angabe fadenscheiniger Gründe nicht ausgehändigt. In der BRD wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Bürger, die durch diese Handlungsweise geschädigt wurden, werden gebeten, bei der Kriminalpolizei vorzusprechen. Zitiert nach: Leipziger Volkszeitung, 23. September 1991

Sieg oder Hauptgewinn: Alles, was wir über den Wahlausgang zu wissen glauben

Am Ende hat auch das nichts gebracht.

Knapp würde es werden, denkbar knapp. Aber nach der großen Aufholjagd wäre der Sieger dann doch der Erwartete, also der Nichterwartete. Eine Überraschung auf jeden Fall, absehbar nach all den Umfragen der letzten Wochen. Aber eigentlich eine Ohrfeige für die, die angetreten waren, die letzte Gelegenheit zu nutzen, um das Schicksal der Nation noch wenden, das Schicksal immerhin einer Nation, an deren Schicksal das der Welt hängt, weil ohne deutsches Klima und deutsche Zeichen und Signale für eine globale Klimaumkehr jede Hoffnung auf ein Weiterleben auf der Erde verloren wäre.

Weiterleben auf der Erde

Trotz aller Unkenrufe, die Armin Laschet, Annalena Baerbock und Olaf Scholz zeitweise jede Fähigkeit abgesprochen hatten, das Land  und damit die nach Weisung dürstende Welt in eine lebenswerte, schuldenfreie und klimaneutrale Zukunft zu führen, haben die Skeptiker, Zweifler und Kritikaster am Ende nicht gewonnen. Eine Mehrzahl der Schonlängerhierlebenden entschied sich, doch wieder teilzunehmen am traditionellen Zettelfalten und noch mehr Menschen zu noch höheren Bezügen in einen noch größeren und damit eigentlich noch verfassungswidrigeren Bundestag zu wählen. 

Dazu bedurfte es keiner "Mobilisierung der Menschen für ein modernes und zukunftsgewandtes Gemeinwesen", nicht einmal öffentliche Debatten über Verschuldung, galoppierende Inflation, den Zerfall EUropa in einen Corona-Kontinent der permanenten Uneinigkeit und die schlagartig offenbar gewordene Unfähigkeit der Jahr für Jahr mit rund 45 Milliarden Euro gepamperten Bundeswehr, auch nur einen einzigen kleinen Flughafen für nur ein paar wenige Tage gegen ein Sandalenheer aus Steinzeitkriegern zu verteidigen. Es reichten Diskussionen über die Subventionierung von Lastenrädern, Versprechen, Millionen Löhne schlagartig zu erhöhen, und die Zusicherung, man werde aussteigen aus allem, das aber werde für alle supergut werden.

Wer hat, der hat

Wer die hat, hat die, sagt ein altes peruanisches Sprichwort, denn von seiner inneren Verlangen her ist der Mensch konditioniert auf das Gefühl, nicht zu wollen, was er nicht will. Das fängt beim Hören an und hört beim Wählen auf: Wie Frauen, Männer und Angehörige anderer Geschlechter nie gern über Patientenverfügungen, Organspendeausweise oder Bestattungsvorlieben sprechen, so mögen sie es auch nicht, im Wahlkampf mit Wahrheiten konfrontiert zu werden. 

Selbstverständlich zehren die niedrigen Zinsen, mit denen der Staatshaushalt Fantastrilliarden spart, die Sparvermögen der Bürgerinnen und Bürger auf. Selbstverständlich wird es nicht ein generöser Finanzminister sein, der die Energieausstiegskosten der hiesigen Haushalte finanziert. Und selbstverständlich wird der öffentlich-rechtliche Rundfunkmoloch nach dem Verfassungsgerichtsurteil über sein von den Verfassungsvätern eingebauten Ewigkeitswachstum nie mehr schrumpfen oder sparen müssen oder umgebaut werden.

Warum konkret werden

Ein Problem ist das nicht, zumindest war es keines im Wahlkampf. Abhängig von der Gewogenheit der Gemeinsinnsender, befleißigten sich alle Parteien, das Thema zu vermeiden wie die meisten anderen. Nicht der Inhalt zählt schließlich, sondern der Eindruck, nicht die Einsicht in die Notwendigkeit, sondern die Absicht, sie nach besten Kräften zu ignorieren. Gut gemeint ist halb gesiegt, stabil geschwiegen erspart die Enttarnung als irrlichternder Aufschneider*in. Die Dankbarkeit der wirklich Wählenden unter den Wählenden, wie die früheren Wählerinnen und Wähler im neuen Stummeldeutsch heißen, kriecht denen am schnellsten nach, die es am besten verstehen, alles zu vermeiden, was Teile der Bevölkerung verunsichern könnte.

Alles, was es jetzt schon über den Wahlausgang zu wissen gibt, ist alles, was sich überhaupt über das Ganze zu wissen lohnt. Die einen siegen, die anderen gewinnen. Die Verlierer haben nichts falsch gemacht, denn es war denkbar knapp. Jetzt kommt es auf die Koalitionsverhandlungen an, auf die Basis, auf eine Einigung der Demokraten auf den gemeinsten kleinen Nenner. Die Welt schaut auf Deutschland und wartet auf ein Zeichen. Das wird doch alles gutgehen, oder? Man kann doch von Versprechen leben, nicht war? wenn sie nur richtig blumig sind?

 


Samstag, 25. September 2021

Zitate zur Zeit: Im Kartenhaus

S
ie sind süchtig nach Taten und Slogans. Es ist unwichtig was ich sage oder was ich tue. Es ist nur wichtig, dass ich etwas tue. Ich soll der starke Mann sein, der Mann der Tat.
 
Frank Underwood, House of Cards 

Doreen Schröder: Ich bin ostdeutsch und blond, das sind meine Identitäten

Doreen Schröder trägt selbstbewusst Mädchenrose und Lippgloss: Man kann sich selbst nicht entkommen, sagt das ostdeutsche Model.

Sie ist ostdeutsch, sie ist blond, sie sächselt ganz süß und hat darauf verzichtet, Abitur zu schreiben. Doreen Schröder stammt aus einer alten erzgebirgischen Räuchermannmanufakturfamilie, Mutter und Vater arbeiteten ihr Leben lang in einer kleinen Räuchermannl-Genossenschaft, ehe sie dann Umschulung, Vorrente und schließlich Altersrente genießen durften. Für Schröder, 1,76 Meter, ebenmäßiges Gesicht und ein bisschen schon Traumfigur, kam eine solche Karriere nie infrage. Die heute 22-Jährige wollte ihr ganzes Leben lang stets Model werden -"seit ich die erste Staffel von Heidi Klums Supermodelsuche gesehen habe", gesteht sie.  

Der Weg ganz nach oben in einer Haifischbranche war kein einfacher, Doreen Schröder musste sich anstrengen, manchmal auch kämpfen, gegen innere Widerstände, vor allem aber gegen die Vorurteile eines globalisierten Geschäfts, in dem bestimmte Stereotype immer noch fest sitzen. "Blond gleich dumm und dumm fickt gut", fasst Schröder ungute Erfahrungen zusammen, die sie in den vergangenen acht Jahren im Modelbusiness machen musste. Dazu komme ihre Herkunft, das Sächseln, das sich auf ihr grobes Englisch übertragen hat. Doch Doreen Schröder hat nie aufgegeben, ganz im Gegenteil: Ihre Makel sind heute ihr Aushängeschild, die Traummaße, die fehlenden Schönheitsfehler, das tiefsitzende Ossige, jene Mischung aus Sturheit, Selbstschaden und Stolz auf die eigene Rückständigkeit.

PPQ.li-Kolumnistin Svenja Prantl hat mit dem erfolgreichsten Fotomodel Sachsens über Vorurteile als Waffe zur Selbstverteidigung, Weißheit, Blondheit und Ostdeutschheit gesprochen - ein Dreiklang aus Terroreigenschaften, die schon manche Karriere beendet haben - nicht aber die von Schröder, die bei Instagram inzwischen 673.000 sogenannte Follower zählt.

PPQ.li: Du trägst Shirts auf denen groß “Ost Weiß Blond Hübsch” steht. Bezeichnungen, die viele Menschen als Beleidigung verwenden und andere wiederum aus diesem Grund überhaupt nicht. Was bedeuten diese Begriffe für dich?

Doreen Schröder: Es sind meine Identitäten. Ich bin ostdeutsch und naturblond, tut mir leid. Ich bin weiß und nach gängigen Idealen hübsch. Das sind alles Adjektive genauso wie groß oder schwarzhaarig. Das ist also per se erstmal nichts Negatives, sondern einfach eine Beschreibung. Und ich finde, dass sie meinem Körper und mich am besten beschreiben. Allerdings wird das Wort "ostdeutsch" von der Mehrheitsgesellschaft negativ konnotiert, ebenso "weiß" und "blond". Aber das nehme ich nicht hin, ich lasse mich daran nicht fesseln. Ich und andere East-Acceptance-Aktivist:innen holen uns die Begriffe jetzt einfach zurück.

PPQ.li: Modebegriffe wie "Zweite Generation Ost" oder "Ex-DDR-Kinder" siehst du auf der Gegenseite überaus kritisch, warum? 

Schröder: Ex-DDR-Kinder impliziert ja schon, dass diese Leute von etwas sind, das es nicht gab. Sie sind also von der Herkunft her nicht im Normbereich, denn sie haben keine Heimat, weil die weggefallen ist. Aber was soll denn dieser Normbereich sein? Hat Angela Merkel ihre Heimat verloren, weil sie Hamburg verlassen musste? Diese Begriffe beschreiben doch nur Ideale, die die Mediengesellschaft geschaffen hat, um ihre Wurzeln zu gießen. Im Deutschen verwende ich als Selbstbezeichnung für mich ostdeutsch, weil das nun mal ein unveränderliches Personenstandsmerkmal ist. Wenn ich über andere Personen mit demselben Schicksal rede, nehme ich den Begriff mehrdeutsch. Die sind ja ab einem gewissen Alter ostdeutsch, aber auch westdeutsch, also mehr deutsch als nur Westdeutsche. Allerdings kann ich nicht für andere sprechen. Man fragt am besten immer – sollte es die Situation wirklich erfordern – nach der Bezeichnung oder Identitätsbeschreibung einer Person und verwendet diese, so lange sie schlüssig klingt. Wobei ich eben die Ansicht vertrete, dass Identitäten zu einem Teil das sind, was sich nicht ändern lässt. Ich zum Beispiel kann mich als pummelige Schwarzhaarige mit XXL-Oberschenkeln denken. Aber ich kann im Laden nicht danach einkaufen.

PPQ.li: Du lebst in deinen Vorfestlegungen?

Schröder: Nicht, dass ich das so möchte. Mein Modelberuf besteht ja zu einem Gutteil aus Verwandlung. Mein Traum ist, dass wir irgendwann dahin kommen, dass man beispielsweise nicht mehr sagen muss "Ich bin ostdeutsches Model", sonder einfach "Ich bin Model" – ohne verwunderte Blicke zu bekommen, weil alle sich fragen, ob man vielleicht aus Ostdeutschland kommt. Oder, dass man nicht mehr in einer speziellen Kategorie Kleidung kaufen muss, damit die an einem passt. Aber so weit ist die Gesellschaft noch nicht. Wer kein Abi hat, schlecht Englisch spricht und gern Cola trinkt, wird in vielen Lebensbereichen einfach ausgegrenzt.

PPQ.li: Du erfährst eine Dreifachdiskriminierung aufgrund deiner Herkunft, deines Aussehens und deiner Bildungsgeschichte. Aber deine sexuelle Orientierung schadet dir nicht, oder? Und wenn doch: Wie hälst du das mental aus, dieses Gewitter an Vorurteilen?

Schröder: Ich habe schon ganz früh gemerkt, dass ich genauso wie die anderen Kinder in der Schule war. Ich habe am liebsten mit Mädchen gespielt, aber irgendwann kam das Interesse an Jungen. Zur selben selben Zeit lebten wir das alle, würde ich sagen. Es gab Experimente, aber oberflächlich, oft unter Alkoholeinfluss. Wenn ich mich morgens für die Schule anzog, dann so, dass Jungen und Mädchen etwas zum Schauen hatten. Meine Klassenkamerad:innen und ich, wir waren von vielem unbeleckt, wir dachten nicht Kategorien wie systemische Benachteiligung durch fehlende Minderheitsmerkmale. Ich wusste schnell, dass es nicht gut ist, schlank, sportlich und beliebt zu sein. Aber was hätte ich machen können? Auch über meine Sexualität war ich mir sehr früh klar, nichts Exotisches, nichts Spannendes. Dass anderes möglich gewesen wäre, wusste ich nicht. Ohne Internet waren Menschen, die nicht so waren wie ich, einfach noch überhaupt nicht jeden Tag überall sichtbar. Im Zuge dessen, habe ich jahrelang mit schweren Depressionen gekämpft, weil ich mich als langweilig und gewöhnlich empfand. Ich habe sehr lange gebraucht, um mich selbst anzuerkennen. 

PPQ.li: Das Schlagwort Body Positivity wird seit einiger Zeit sehr inflationär benutzt und oftmals falsch. Was verbirgt sich wirklich dahinter?

Schröder: In meinem Fall geht es darum, für sich selbst einen positiven Bezug zum eigenen Körper zu entwickeln, den man ja hassen lernt in dem Moment, in dem einem klar wird, dass er für andere eine ständige Beleidigung ist. man träumt von der eigenen Einzigartigkeit, von einer rätselhaften Ausstrahlung, androgyn und herkunftslos global. Und dann geht man in seiner unendlichen Gewöhnlichkeit herum, zeigt seine Blondheit, seine Schlankheit, seine sogenannten Traummaße. Man ist sexuell für das andere Geschlecht verfügbar,wie es sich bei uns im Erzgebirge immer noch gehört. Man Spaß am Sex und seine Freude daran, vom Mittelstürmer der Schulauswahl flachgelegt zu werden. Das ist trübe, das ist beleidigend für andere. Das macht einen fertig, wenn man ein junges Mädchen ist, das gar nicht weiß, was es flaschmacht. ich habe lange gebraucht bis zur Selbstakzeptanz, also bis ich ein positives Gefühl für mich selbst verspüren konnte. Body Positivity heißt nicht – und das wird sehr oft missverstanden – dass ich meinen Körper schön finden muss. Es heißt, dass ich mich damit abfinde, dass er eben ist, wie er ist.

PPQ.li: Vieles habe ich genauso erlebt, den Neid, die Zurücksetzung. Aber wie stehst du als Ostfrau und Blond-Positivity-Aktivistin zu Selbstakzeptanz versus Selbstliebe? 

Schröder: Selbstakzeptanz bedeutet für mich zu verstehen, dass es beispielsweise gut ist ostdeutsch, schlank und heterosexuell zu sein, egal, was mir die Medien beibringen wollen. Ich sage: Ich habe es mit Frauen versucht, ich habe es mit Steaks und Kuchen versucht und ich war beim Friseur und habe färben lassen. es hat nicht funktioniert. Frauen im Bett machen keinen Spaß, Essen schlägt bei mir nicht an und mit schwarzen Haaren sehe ich durch meine makellose helle Haut noch blonder aus als sowieso schon. Also bin ich ich und das ist vollkommen in Ordnung. Und es ist deshalb auch in Ordnung, wenn es Tage gibt, an denen ich mich mit einer oder beiden Identitäten struggle. Ich will nicht immer ostig sein, bin es aber. Ich schiele manchmal auf Jobs, die Molly-Model an Land ziehen. Aber es ist ganz wichtig zu verstehen, dass diese schlechten Gefühle und Gedanken, die man sich selbst gegenüber hat, nicht von einem selbst kommen, sondern von außen. Mit dem Begriff Selbstliebe muss ich sagen, bin ich vorsichtig. Sich selbst lieben zu müssen, baut zu viel Druck auf. Das Schicksal wirft einen ja in Umstände und Eigenschaften, die einem aufgebürdet sind. Das muss man akzeptieren, aber muss man es leben? Nein. Es reicht, wenn man sicher ist, dass man okay ist, obwohl man ein Leben lang beigebracht bekommen hat, dass man nicht richtig ist, so wie man ist.

PPQ.li: Was hat dir zu mehr Selbstakzeptanz verholfen?

Schröder: Ich muss sagen, dass die sozialen Medien mir extrem geholfen haben. Ich habe dort andere Ostdeutsche und andere blonde Frauen mit Filmstar-Figuren gesehen, die damals schon an dem Punkt waren, an dem ich noch nicht war. Sie waren hübsch, haben aber trotzdem Bikinis getragen und sich selbst gefeiert – einfach ihr Leben genossen. Das war für mich total krass und empowernd. Ich habe damals auch andere Instagrammer:innen und TikToker*I;..)/Innen angeschrieben, um mir auf die Sprünge helfen zu lassen. Wie werde ich so? So selbstbewusst auf meine Nachteile? Ich habe mir dann einen Bikini gekauft - mit Rücksicht auf die anderen am Strand hatte ich bis dahin immer Badeanzug getragen. Heute weiß ich: Natürlich bekomme ich ständig die Blicke! Natürlich schauen die Männer lüstern und die Frauen neidisch. Und beide zusammen hassen mich. Aber auch wenn ich das spüre, weiß ich doch: Wir sind eine Community. Irgendwo anders auf der  Welt liegt gerade auch ein Model in ganz, ganz knappem String am Strand und sonnt sich. Das ist eine kollektive Verbundenheit, die macht mich stark. 


Freitag, 24. September 2021

Fake News: Mehrheit für den Aberglauben

Gott liegt weiterhin deutlich vor Hellseher*innen, Schamanen, Heilernden und Astrolog;:_*/Innen.

Die Pandemie hat sie zu einer zentralen Überlebenstaktik gemacht, der nicht nur Politiker*_:Innen, sondern auch ein Großteil der Bevölkerung zu folgen bereit war. Wissenschaft war die Waffe im Kampf gegen das Virus, Forscher, Virologen, Epidemiologen und mathematische Modellierer entwickelten sich ebenso wie Youtube-Wissenschaftlerinnen zu Stars, auf deren Wort gehört wurde.  

Sturmgebet gegen die Seuche

Dahinter zurückzufallen schienen zeitweise traditionelle Strategien der Krisenbewältigung: Als Papst Franziskus in einer frühen Phase der Pandemie zu einem "Sturmgebet" gegen die Seuche aufrief, blieb der spezielle Gebetsgottesdienst gegen das Corona-Virus ebenso wirkungslos wie der Sondersegen "Urbi et Orbi", mit dem Gottes Stellvertreter auf Erden beabsichtigt hatte, den Herren im Himmel das einmütige Gebet aller seiner Jünger hören zu lassen.

Ein anderes Ergebnis wäre allerdings auch ein wahres Wunder gewesen. Seit Jahrzehnten schon beten Päpste immer wieder für den Weltfrieden, zuweilen auch für die Befriedung bestimmter Weltregionen. "Möge zwischen Israelis und Palästinensern die Kultur der Begegnung wachsen und der Friedensprozess wieder aufgenommen werden", bat auch Papst Franziskus immer wieder, gewandt direkt an Gott, wie der Vatikan offenbarte. "Vom auferstandenen Herrn erflehen wir die Gnade, nicht dem Stolz nachzugeben, der die Gewalt und die Kriege schürt, sondern den demütigen Mut zur Vergebung und zum Frieden zu haben". Ein Effekt war nie zu entdecken, Gott hört nicht, er hat sich einmal mehr anders entschieden. 

Gott hört nicht

Oder aber, das Fehlen jeglichen Beweises für das Gegenteil spricht dafür, es gibt ihn gar nicht. Ein Umstand, der eine relative Mehrheit der Deutschen allerdings nicht irritiert. 60 Prozent der Menschen hierzulande geben bei Befragungen an, an einen "Gott" zu glauben, den sie sich als eine Art höheres Wesen vorstellen, das die Geschicke der Welt, aber auch ihr eigenes Schicksal lenkt. 2.000 Jahre Wettbewerb zwischen Wissenschaft und Aberglaube haben in den dunkeldeutschen Regionen im Osten Spuren hinterlassen. 

Hier sind 70 Prozent der Bürger_:;*+Innen konfessionslos. Der Westen dagegen wird auch 300 Jahre nach dem Zeitalter der Aufklärung zu 80 Prozent von Menschen bewohnt, die die menschliche Vernunft als universelle Urteilsinstanz ablehnen und stattdessen eine unsichtbare Entität mit bisher unentdecktem Wohnsitz für die entscheidenden Weichenstellungen im privaten wie im gesellschaftlichen Leben verantwortlich machen. 

Stärkere Neigung im Westen

Bereits im Frühjahr hatte der Medien- und Konsumforscher Hans Achtelbuscher auf die stärkere Neigung der Westdeutschen zu Aberglauben, Christentum und Religiosität hingewiesen. „Wir haben es mit Menschen zu tun, die teilweise in einer Form durch Aberglauben sozialisiert sind, dass sie auch nach 100 Jahren nicht in der Demokratie angekommen sind“, sagte Achtelbuscher. Ein Teil der Bevölkerung habe „gefestigte Ansichten“, die sich an Horoskopen, Fernsehwahrsagern und selbsternannten Untergangspropheten orientierten. 

Nach Einschätzung des Wissenschaftlers, der am An-Institut für Angewandte Entropie der Bundeskulturstiftung Phänomene wie das Themensterben in den deutschen MedienSprachregelungsmechanismen und den Einfluss subkutaner Wünsche auf die berichterstattete Realität erforscht, sei nur geringer Teil dieser Gläubigen „potenziell rückholbar“. Es bleibe nur Bildungsarbeit und das Hoffen „auf die nächste Generation“.

Bundesprepperamt: Strom ohne Kochen

So viel Spaß macht das Kochen ohne Strom - einen Vorgeschmack auf kommende Genüsse gibt jetzt das erste Katastrophenkochbuch des Bundesprepperamtes.

Sie glauben nicht an den Staat, nicht an die Supermärkte und an die globalen Lieferketten, nicht an das Primat der Politik und nicht daran, dass Tiefkühltruhen im Falle einer weltweiten Pandemie tödlichen Ausmaßes die beste Möglichkeit sein werden, leckere Steaks und abgepacktes Speiseeis genießbar zu halten. Prepper horten Lebensmittel, sie bauen Schutzräume oder üben, mit einfachen Mitteln Feuer anzuzünden, um einfache Gerichte zu kochen. 

Sogenannte Survivalists wollen vorbereitet sein auf tagelange Stromausfälle, ein Versagen der Versorgunsginfrastruktur und den Untergang der alten Normalität. Als "Hamsterer" verspottet und als Rechtsnationalist, AfD-Wähler*In und Sachse enttarnt, wurde der Prepper zwar zuletzt Opfer des Themensterbens in der deutschen Medienlandschaft. Doch Hilfe naht jetzt - ausgerechnet Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe.

Oberste Pandemiewarnbehörde

Dabei handelt es sich um eine Bundesbehörde, zu deren Aufgeben es gehört, vor Pandemien zu warnen, Hamstererlisten für Privathaushalte zu erstellen und Kochrezepte für Notzeiten zu sammeln, in denen es an allem fehlt wie damals im Hungerwinter 1946/1947. Nichts zu essen, kein Strom, keine Heizung? Mit dem neuen Küchenratgeber „Kochen ohne Strom“ kein Problem mehr. Statt Angst vor der Katastrophe zu schüren, macht das schmale Bändchen voller Kochrezepte für den Fall der Fälle des Zusammenbruchts der Zivilisation richtig Lust aufs Mitpreppern.

Kein Wunder, denn was hier an Mahlzeiten für Zeiten empfohlen wird, in denen kein Strom mit aus der Wand kommt und keine beruhigenden Nachrichten aus den Fernsehgeräten, stammt nicht aus der Designerküche eines Staatsbehörde. Nein, eine Fachjury hat die besten Notfallrezepte in einem bundesweiten Rezeptwettbewerb ermittelt: Bereits im Februar 2020 startete die gemeinsame Initiative des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), der Bonner Feuerwehr, des Technischen Hilfswerks und aller Bonner Hilfsorganisationen mit dem Ziel, klarzumachen, dass auch das Ende der Welt nicht so schrecklich sein muss wie es in Medien und leider Gottes auch von Teilen der Wissenschaft gemalt wird.

Ein Strom von Rezepten

Mit Blick auf den Energieausstieg besonders wichtig: Ja, man auch ohne Strom eine nahrhafte und leckere Mahlzeit zubereiten! Mehrere hundert Rezepte dachten sich die Notfallköche in ganz Deutschland aus, vom Hirsebrei über die Brennesselsuppe bis hin zum Dörrfisch aus eigener Trockung. Brot wird hier lustig am Stock als Knüppelkuchen gebacken wie früher im Kindergarten, es werden Tricks vermittelt, wie mit feuchten Holz roher Reis geräuchert werden kann und auch für Leckermäuler findet sich dies und das, etwa eine Anleitung, wie man einen Baum erklettert, um an Wildbienenhonig heranzukommen. Von wegen Kochen ohne Strom! Backen ohne Hoffnung!

Eine Jury von Expertinnen und Experten aus dem Katastrophenschutz, der Ernährungsvorsorge und dem Bereich Kochen hat die eingereichten Rezepte bewertet,  Auswahlkriterien dabei waren Kreativität, Machbarkeit und Nachhaltigkeit. Die 50 besten Rezepte stehen nun fest und das Kochbuch mit dem sprechenden Titel "Kochen ohne Strom" - der eigentlich geplante Titel „Notfallkochbuch“ war bereits vergeben - geht an den Start. Außer den Rezepten enthält das Buch viel Hilfreiches und Wissenswertes beispielsweise zu den Themen Überleben im Stromausfall, Gewinnung von Notwasservorräten durch Verdunstungsplanen und Öffnen von überlagerten Büchsen ohne Werkzeug. 

Backen ohne Reue

Unter allen Teilnehmenden und Teilnehmenden*Innen hat die Jury zudem mehrere Gewinnerende der Notfall-Verlosung ermittelt. Der Hauptgewinn besteht aus einem 3-Flammen Katatrophengasherd mit sechsteiligem Ersatzkartuschenset, einem 5-teiligen Topfset aus rostresistentem Edelstahl und einem Faltbackofen für den Gasherd. Der zweite Platz bekommt einen 2-Flammen-Gasherd mit einem Grillaufsatz und ein 5-teiliges Topfset aus Edelstahl. Der dritte Platz erhält einen 2-Flammen-Gasherd, ein 5-teiliges Topfset aus Edelstahl und einen Flötenkessel, dessen Tülle abgenommen und in Fällen äußerer Bedrohung als Signalpfeife verwendet werden kann.

Donnerstag, 23. September 2021

Wald und Feld vor Gericht: Kläger in eigener Sache

Ein künftiger Kläger: Auch einzelne Bäume, die wie hier mit einem Nagel traktiert werden, können sich künftig vor Gericht dagegen wehren.

Der Wald steht still und schweiget, während der Mensch die Umwelt vernichtet, das Klima zerstört und ganze Landstriche und Kontinente für seine Bedürfnisse umbaut. Im Mittelalter entwaldete er, damals noch ungebremst von Pariser Abkommen, das gesamte Mitteleuropa. Zuvor schon war der Baumbestand auf den Mittelmeerinseln komplett gerodet worden, die Täter in Deutschland aber schmückten ihre neubegründeten Siedlungen noch stolz mit Namen wie Annenrode oder Herbertsrode, die auf Freveltaten verwiesen und sie als große Leistung darstellten.

Konsumausstieg reicht allein nicht

Seitdem ist vieles noch schlimmer geworden und erst langsam setzt sich die Erkenntnis durch, dass der Mensch aufgrund seiner egoistischen Grundausrichtung vielleicht gar nicht in der Lage sein wird, sein eigenes Vernichtungswerk zu stoppen,. Gute Ansätze wie der Konsumausstieg der gesamten Generation Greta, der rigorose Flug- und Fernverkehrsverzicht älterer Umweltbewegter und Umweltpolitiker oder die Umstellung von Gipfelkonferenzen der führendsten Klimaschutzstaaten auf virtuelle Formate können nicht darüber hinwegtäuschen, dass nicht nur wertvolle Klimaorganismen aus dem Mikrobereich unter anhaltender menschlicher Verfolgung leiden, sondern auch die  wenigen verbliebenen Wald- und Feldbestände, die keinerlei Lobby haben.

Die Rechtswissenschaftlerin Jula Zenetti, die am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig zum Thema der Rechtsstellung von Lebewesen aus der Flora forscht, hat jetzt einen entschiedenen Paradigmenwechsel vorgeschlagen: Flüsse, Moore, Wälder, Gebüsche, Tiere, Blumen und Käfer sollen eine eigene Rechtspersönlichkeit bekommen, um selbst gegen ihre fortgesetzte Vergiftung, Abholzung oder Quälerei vor Gericht ziehen zu können. Auf diese Weise, glaubt die Juristin, würde sich die Umweltzerstörung, die "mittlerweile ein desaströses Ausmaß angenommen hat", wie Zenetti sagt, am wirksamsten einhegen lassen.

Gewässer klagt gegen Bauvorhaben

Beispiele, etwa aus Florida, wo gerade mehrere Gewässer Klage gegen ein Bauvorhaben eingereicht hätten, um eine Beschädigung oder Zerstörung der Gewässer zu verhindern., zeigten, wie wirksam ein Klagerecht für Wälder, Flüsse, Seen und Wiesen sein könne. "Das kolumbianische Verfassungsgericht sprach erstmals im Jahre 2016 dem drittgrößten Fluss des Landes subjektive Rechte zu", beschreibt Julia Zenetti, "es ist also nicht so, als reden wir über etwas, was juristisch unmöglich ist."

Nein, es ist vielmehr eine große Chance, die zudem bereits im deutschen Recht angelegt ist. Das kennt neben der natürlichen Person, die qua Geburt Rechte hat, die sie vor Gericht einklagen kann, auch die  juristische Person, der diese Rechte vom Gesetzgeber verliehen werden. "Das zeigt, dass der deutschen Rechtstradition die Anerkennung von Rechten zugunsten anderer als natürlicher Personen nicht fremd ist", sagt Julia Zenetti. Dass sich eine solche juristische Person nicht selbst zu ihren Wünschen und Vorstellungen äußern könne, sei kein Hinderungsgrund ihrer Vertretung vor Gericht. "Es wurde auch eine juristische Konstruktion gefunden, damit Eltern oder ein Vormund die Rechte eines Säuglings oder einer betreuungsbedürftigen Person wahrnehmen können", sagt Zenetti. Ebenso habe ein Embryo im Mutterleib anerkannterweise eigene Rechte, die auch schon vor Anwälten vor Gericht vertreten worden seien.

Ökosysteme treten vor die Richterbank

Ähnlich könnten künftig ganze Ökosysteme vor die Richterbank treten. Ein Wald, der seine Rodung abwenden will. Eine Blühwiese, die sich gegen das Mähen wehrt. Ein Gebüsch, das nicht bereit ist, zu akzeptieren, dass es einer neuen Straße weichen soll oder im Rahmen der Straßenrandpflege verschnitten wird. Ökosysteme gewährleisteten den Artenschutz., sie bremsten den Klimawandel und sicherten damit die auch dem Menschen die Existenz, analysiert Julia Zenetti. Da sei es naheliegend, die  Wertigkeit von Baum, Busch und Blume auch rechtlich anzuerkennen.

In einem ersten Schritt wäre aus Sicht der Wissenschaft ganzen Ökosystemen eine eigene Rechtspersönlichkeit zuzugestehen, weil man davon ausgehen könne, dass zusammenlebende Wälder und gemeinsam fließende Flüsse überwiegend dieselben Interessen teilten. Später sei dann aber vorstellbar und konsequent, dass auch einzelne Bäume, Grasbüschel, Nutzpflanzen und Unkräuter das Recht erhielten, in eigener Sache vor Gericht zu ziehen. 

Furcht vor Prozesslawine

Natürlich bedarf es bestimmter Erheblichkeitsschwellen, die überschritten sein müssen, damit ein Eingriff in die Rechte eines Flusses oder eines Waldgebietes bejaht werden kann", schränkt Julia Zenetti ein, um Befürchtungen zu begegnen, dass klagende Wälder und in Berufung gehende Gräser eine riesige Prozesslawine auslösen könnten. Doch auch wenn das gesetzlich näher definiert ist, wie sie fordert, bleibt natürlich die Klagemöglichkeit gegen diese Definition durch den jeweiligen Vormund oder Treuhänder des betreffenden Grundrechtsträger.

Dem stünden in seiner neuen Rechtsposition auch andere Grundrechte offen wie etwa das auf Meinungs- und Demonstrationsfreiheit. Bäume könnten dann Kundgebungen anmelden, auch Sitzblockaden wären möglich, wenn Umweltverbände als rechtliche Vertreter der durch natürliche Gegebenheiten an eigenen Meinungsäußerungen gehinderten Interessenträger in die Bresche springen.  Denkbar sei aber auch eine Regelung, wonach jeder/jede einzelne Bürger*:;(/IN für ein Gewässer, ein Gebüsch oder einen Blühstreifen vor Gericht ziehen könne. 

Das Eigenrecht der Natur

Der Grundgesetz-Artikel 20a formuliere das  Staatsziel, "in Verantwortung für künftige Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen zu erhalten", sagt Zenetti. Das rufe nach einer Erweiterung der gerichtlichen Durchsetzungsmöglichkeiten für umweltrechtliche Normen. "Derzeit kann niemand eine Verletzung von Art. 20a GG gerichtlich geltend machen, wenn sie nicht mit einer Verletzung menschlicher Rechte einhergeht." Um das zu ändern und eine gesunde Umwelt dauerhaft zu garantieren, bedürfe es einer Anerkennung von Eigenrechten der Natur.