Freitag, 20. März 2009

Pfeiffer im Walde

Für die mediale Abbildung eines Ereignisses ist es schon seit geraumer Zeit völlig egal, was wirklich passiert ist. Eine Schlagzeile lässt sich immer aus Erwartungen machen, die die werden nach der alten Regel, nach der Vorraussagen schwierig sind, sobald die die Zukunft betreffen, stets entweder enttäuscht oder übertroffen.

Meist kannte die Vorraussagen nicht einmal jemand, so dass es dem bearbeitenden dpa-Praktikanten, der sie auch nicht kennt, obliegt, einzuschätzen, ob Enttäuschung oder Euphorie eher eine Schlagzeile ergeben.

Schön hat Fact&Fiction das im Zusammenhang mit der erstaunlichen Studie des Kriminologen Christian Pfeiffer (mit drei "F") ausgestellt: Ein scheinwerfersüchtiger Halbwissenschaftler fertigt per Schulhofumfrage eine halbgare Studie an, deren Ergebnisse so hanebüchen sind, dass sie keiner weiteren Erwähnung mehr wert wären. Aber die Studie liest ja niemand, außer der taz, und die Schlagzeilen werden also aus den Pfeifferschen Äußerungen auf der Vorstellungspressekonferenz gemacht. Muss ja auch schnell gehen.

Plötzlich entstehen so rund 330.000 neue, in rechtsextremen Kamaradschaften organisierte Jugendliche und junge Erwachsene, plötzlich verändert sich der Schwerpunkt der Studie vom Punkt "Erfahrungen Jugendlicher als Täter und Opfer" zu "wie rechts ist die Jugend", plötzlich schallt der Ruf nach noch mehr Umerziehung, Kontrolle und Förderprogrammen durchs Land, wo doch eindeutig in der Studie steht, dass die Gewalt unter Jugendlichen zurückgeht.

Zu behaupten, das läge daran, dass einfach immer mehr Jugendliche rechtsextrem organisiert sind und ihnen wegen des hohen Organsierungsgrades wohl allmählich die Gegner ausgehen, ist genauso schlüssig wie Christian Pfeiffers Behauptung, der Organisierunggrad unter Jugendlichen sei so hoch, weil "überall dort, wo rechtsextreme Konzerte stattfinden, sich solche Gruppeneffekte ergeben können" (Pfeiffer). Dabei bezieht sich der Pfeiffer im Walde mit seinem selbsterfundenen Heer von 330.000 organisierten Rechtsextremisten in der taz nun genau auf den Verfassungsschutz, der nur 6.000 kennt: Der sage ja auch, dass sich die Zahl der aktiven rechtsextremen Bands in den letzten fünf Jahren um 60 Prozent erhöht hat.

Prozentzahlen aber sind immer verdächtig, denn wer in Prozenten spricht, hat keine richtigen Zahlen. In Sachsen-Anhalt bestätigt die in diesen Dingen immer hellwache Fördermittelverbrauchsstelle Miteinander, entwickle sich "rechtsextreme Musik besonders dynamisch". Die "in Sachsen-Anhalt aktiven rechtsextremen Bands" seien sogar "in der internationalen Szene gefragt und vernetzt". Im Jahr 2008 brachten sie es zusammen zum Beispiel, Gastspiele von Gruppen aus anderen Bundesländern eingerechnet, auf sieben Auftritte.

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