Montag, 30. November 2009

Zu faul zum Abtippen: Der totale Knopp

Gesänge fremder Völkerschaften: Singende Singles

Auch für Völkerkundler läuft die Uhr langsam ab. Globalisierung allüberall, immer schwieriger wird es für die PPQ-Abteilung Gesangssuche, draußen bei den fahrenden Sängern und schalmeiblasenden Spezialkräften noch wirklich originäre Beiträge für unsere preisgekrönte Doku-Soap Gesänge fremder Völkerschaften auf unsere liebevoll "Schnürsenkel" genannten Tonbänder zu bannen. Selbst in Polen reicht es jungen, langhaarigen Männern nicht mehr, darauf hinzuweisen, dass Polen nicht verloren ist. Nein, auf den Weltmarkt schielend singen sie lieber die Prophezeiung nach, die ein dem somalischen Ex-Kaiser höriger Jamaikaner einst auf einen stumpfen Offbeat genagelt hatte: "No Woman, No Cry" stimmt eben überall.

Ein bisschen Spaß muss sein

Anders Levermann erforscht am Potsdam Institut für Klimafolgenforschung "die möglichen Auswirkungen des Klimas auf die Gesellschaft", wie Telepolis in einer Art selffullfilling-Formulierung raunt. Anders Levermann aber, der uns als "eine Art Orakel, ein Weiser" vorgestellt wird, kann noch mehr. Nämlich lustig sein. Auf die Frage, wie die Welt in fünfzig Jahren aussehen werde, entwirft der Wissenschaftler doch glatt drei Szenarien, unter denen zwei Apokalypse sind, menschengemacht. Und eines zeigt die Welt, wie sie nach Meinung Levermanns früher war: "vor der Industriellen Revolution. In dieser Welt gab es keine Emissionen. Das Klima bleibt wie es ist. Natur. 0 Grad Erwärmung".

Nächste Woche will Anders Levermann dann verraten, wann genau "vor der Industriellen Revolution" gewesen ist, ob das Klima wirklich die ganzen 4,55 Milliarden Jahre seit der Entstehung der Erde immer exakt gleich blieb und wie es die Vorväter schafften, in diesem Paradies jahrtausendelang immer kurz vor dem Aussterben zu stehen.

Stunk beim Gebührenfunk

Wie sich doch die Zeiten ändern. Als der seinerzeit rot-grün dominierte ZDF-Verwaltungsrat den Journalisten Nikolaus Brender zum Chefredakteur des ZDF machte, war das eine politische Entscheidung. Brender, als junger Mann CDU-nah, später aber in eher linken Sendern wie dem WDR sozialisiert, galt seinem "roten Freundeskreis B" als Gewährsmann dafür, die richtige politische Linie im Sender zu vertreten. Das tat Brender zuverlässig ein Jahrzehnt lang. Das ZDF baute die Informationsschiene ab, politische Magazine verschwanden. Das Image des altbackenen Omaopa-Senders aber blieb, obwohl zuletzt sogar der erträgliche Digitalkanal ZDF doku geschleift wurde, um mit ZDF neo eine Abspielschiene für Tierdokus und die Telenovela "Bianca – Wege zum Glück" zu schaffen.

Dabei mühte sich Brender doch. Zur Geburtstagsfeier des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Beck luden Staatskanzlei und ZDF zum Beispiel gleich gemeinsam ein. 700 Gäste wurden von "heute"-Sprecherin Petra Gerster durch den Abend geführt, der die politische Unabhängigkeit des deutschen Gebührenfunks nachdrücklich bewies: Landesregierung und ZDF teilten nicht nur den Spaß an der Sache, sondern auch die Kosten der Party.

Klar, dass die Verweigerung einer Vertragsverlängerung für Nikolaus Brender nur elf Monate später eine "Welle der Empörung auslöst", wie das Medienmagazin turi2 in einer originellen Formulierung zusammenfasst. Von Welt über SZ bis Faz und Focus wird allenthalben "politische Einflußnahme" gewittert. Denn nun ist die konservative Bank im Verwaltungsrat des ZDF besser als die linke besetzt - und sie kann damit tun, was noch alle Verwaltungsräte zuvor taten: ihre Interessen durchsetzen.

Was seinerzeit bei der Ernennung von Brender völlig normal war - dass sich die politische Mehrheit für ihren Staatssender einen Transmissionsriemen sucht, der ihre Interessen wenn nicht vordergründig wahrt, so doch im Hinterkopf behält - gibt jetzt einen "schwarzen Tag", wie das turi2 bang flötet: "Die Entscheidung des ZDF-Verwaltungsrates, den Vertrag von Chefredakteur Nikolaus Brender nicht zu verlängern, hat eine Welle der Kritik an der Einflussnahme der Politik am öffentlich-rechtlichen Rundfunksystem losgetreten". Aufruhr und Entsetzen überall, als wäre in den Schreibstuben gerade zum ersten Mal entdeckt worden, dass öffentlich-rechtlicher Rundfunk von alters her von den Parteien gelenkt und kontrolliert wird.

"Deutschland ist von heute an Berlusconi-Land", fantasiert Spiegel-Online-Experte Markus Brauck sich in die Welt der Superlative. Die Grünen wollen gar mit einer Klage vor das Verfassungsgericht ziehen, um die Entscheidung anzufechten.

Ja, genau die Grünen, deren Vertreter im ZDF-Fernsehrat den damaligen Intentanten Dieter Stolte im Jahr 2000 gemeinsam mit ihren SPD-Kollegen in einem Brief aufforderten, ein neues politisches Magazin immer abwechselnd mit dem als links geltenden "Kennzeichen D" auszustrahlen. Um die redaktionelle Unabhängigkeit besorgt sind sie da wohl gewesen.

Minarette sich, wer kann

Quedlinburg hat sich ebenso dagegen entschieden wie Dresden, Oranienbaum verweigert sich genauso wie Naumburg. Demokratisch gewählte Abgeordnete bewiesen dort schon vor Jahren, wie sich die Religionsfreiheit von unten aushebeln lässt: Mit Hilfe tückischer "Gestaltungssatzungen" bestimmen die Behörden mit bei Hausbau und Sanierung. Niemand darf bauen, was nicht den engen bürokratischen Vorschriften, die von Traufhöhe bis Fensterbreite, von Dachfarbe bis Kellertiefe alles in eine enge Schablone pressen.

Türme, die die Firsthöhe um ein Drittel überragen, sind danach unter keinen Umständen genehmigungsfähig. Doch gegen wen sich die vermeintlich unpolitischen "Satzungen" richten, die angeblich nur der Bewahrung eines Deutschlands dienen, wie es Karl der Große noch kannte, wird nun durch die widernatürliche und langfristig schädliche angebliche "Volksabstimmung" gegen Minarette in der Schweiz deutlich.

In Deutschland braucht es dazu kein Plebiszit, dessen "Ergebnisse nur die Falschen freuen" (Wolfgang Thierse). Hierzulande erledigen das Zügeln der Religionsfreiheit im Hochbau demokratisch gewählte Angeordneten, ohne dass es überhaupt auffällt. Nach Quedlinburg, Dresden, Oranienbaum und Naumburg kam das Minarettverbot durch die Hintertür. In die Schweiz poltert es vorn herein.

Wer hat es gesagt?

... aber es wäre thöricht, sich von der Zurechtweisung aufdringlicher Erscheinungen durch das Bedenken abhalten zu lassen, daß man ihnen neuerlich "Reklame" macht.

Wer hat es gesagt?

In Deutschland läuft vielfach das Engagement auf Geblök hinaus, auf das, was alle sagen, oder wenigstens latent alle gern hören möchten.

Sonntag, 29. November 2009

Wofür wir gern werben: Kurbanfleisch

Das ist doch mal ein Statement von uns und unserem Werbepartner, der nach Experten baldigst untergehenden Internet-Klitsche Google. "Opfern in Bosnien - Kurbanfleisch für Menschen in Not", trompetet der US-Netzgigant in unserer Rechtsaußenspalte, seitdem wir uns hier völlig zurecht empört gegen die Entscheidung zahlloser unbelehrbarer Schweizer Nachbarn gewandt haben, den Bau von formschönen Minaretten künftig demokratisch unterbinden zu wollen.

Im ersten Lesen bleibt sicherlich unklar, wer da in Bosnien für welchen guten Zweck geopfert werden soll. Wird Oberst Klein wieder wie damals in Varvarin Bomber anforden, um die Ungläubigen zu bestrafen? Aber nein, Oberst Klein tat ja Dienst in Afghanistan, der Nato-Angriff auf die Zivilisten in Serbien hingegen erfolgte ja durch einen Luftangriff der NATO während des Kosovo-Krieges.

Völlig zurecht natürlich, wie das Landgericht Bonn in der Abweisung einer Klage von Opfern und Hinterbliebenen befand. Von Nato-Bombern angegriffene Kläger können sich "als Individuen nicht unmittelbar auf Schutzwirkungen von zwischen Staaten geschlossenen Verträgen berufen". Dafür aber bekommen die Nachbarn in Bosnien nun wenigstens lecker "Kurbanfleisch", lebend geschlachtetund mit Liebe geschenkt. Das haben Schafe, Ziegen und Kühe gespendet, die, "wenn es ungewöhnlich große Mengen an geschächtetem Fleisch gibt", auch eingefroren werden. 2"005 verteilte das Islamic Relief-Büro in Bosnien-Herzegowina 1.244 Opfertiere als gefrorenes Fleisch an etwa 7.700 Menschen." Auf dass es wärmer werde unter den Religionskrieger. Gutes tun, kurz vor dem heiligen Abend - zweifellos ein Höhepunkt unserer sensiblen Chronik "Wofür wir gern werben".

Nicht weiter aufregen

Eben fragte sich unser überkorrektes PC-Board noch, ob der klampfende Liedermacherdarsteller "Stephan Krawczyk wirklich wahnsinnig geworden" ist, als es ihm der picklige junge Mann (Bild oben) mit den schlechten Zähnen und dem explodierten Hamster auf dem Kopf geradewegs nachmachte: Pete Doherty hat laut haupt- und nebenamtlicher Nachrichtenagentur dpa "in München für einen Eklat gesorgt". Normalerweise lässt sich der 30-Jährige dabei mit heruntergelassenen Hosen beim Koksen erwischen, doch mit seinem "Überraschungsauftritt im Funkhaus des Bayerischen Rundfunks" reihte er sich in die Phalanx der Ewiggestrigen und Nichtbelehrbaren ein: Er "stimmte offenbar die erste Strophe des Deutschlandlieds «Deutschland, Deutschland, über alles» an". Damit war der juvenile Spaßvogel jedoch an das falsche Publikum geraten. Das reagierte nämlich mit "Buhrufen, Pfiffen und ausgestreckten Mittelfingern". Wirklich grandios ist jedoch die Reaktion des BR. Der hatte zunächst weder das Konzert noch die Radioübertragung abgebrochen. Erst nach weiteren fünf Liedern war der "Skandal-Rocker" (dpa) von der Bühne gebeten worden: "Man habe das extrem gespaltene Publikum nicht weiter aufregen wollen."

Stephan Krawczyk hat uns auf Nachfrage übrigens inzwischen wissen lassen, dass er mit seinem Deutschland-Deutschland-Gesang vorm Bundespräsidenten keineswegs bezweckte, den tapferen Ex-Banker querköpfig mies zu machen. Die westliche PC-Diskussion über die richtigen und falschen Strophen habe bei seiner Sozialisation tatsächlich keine Rolle gespielt, bestätigte er die Spekulation, die PPQ-Leser R.A. angestellt hatte. Die ganze Hymne sei in der DDR tabu gewesen, wenn also das Deutschland-Lied angesagt werde, liege es nahe, mit "Deutschland ..." zu beginnen.

Dass er das dann auch getan habe, sei kein Akt des Widerstandes gewesen, sondern schlicht ein Versehen.

(Danke an PPQ für die Ergänzung!)

Austritt aus der Völkerfamilie

Thyssen-Aufsichtsrat Peer Steinbrück und Libyens Staatschef Gaddhafi haben es schon immer gewusst: Die Schweiz ist kein demokratisches Gemeinwesen, sondern ein Land der Räuber, Hallunken und Ausländerfeinde. Jetzt haben die Schweizer einen weiteren Schritt aus der kuschelwarmen Völkerfamilie getan. Nach dem Endergebnis eines "Referendums", das in Deutschland und anderen wirklich demokratischen Ländern zum Glück undenkbar wäre, stimmten mehr als 57 Prozent der Eidgenossen für "die Initiative zweier rechtspopulistischer Organisationen", wie der Auslandsarm des deutschen Gebührenfunks "Deutsche Welle" klimaneutral formuliert. Die Schweizerische Volkspartei und die Eidgenössisch-Demokratische Union erreichten damit, dass ein Verbot zur Errichtung von Moscheen mit Gebetstürmen in der Schweizer Verfassung verankert wird, die damit nach deutschen Recht verfassungsfeindlich wird.

Noch ärgerlicher für den ehemaligen Arbeiterführer und Krisenretter Peer Steinbrück aber ist das Ergebnis einer zweiten Abstimmung. In der sprachen sich 68 Prozent unbelehrbarer Schweizer Friedensfeinde und Kriegsliebhaber gegen ein sofortiges Verbot von Rüstungsexporten für Schweizer Firmen aus, das fortschrittliche Kräfte im Schweizer Volk gefordert hatten. Nur rund 836.000 Stimmen bekam das von der SP, den Grünen, zahlreichen pazifistischen, feministischen, kirchlichen und umweltpolitischen Organisationen sowie Hilfswerken unterstützte Volksbegehren.

Schade für den Standort Deutschland, schade ganz besonders Steinbrücks Unternehmen Thyssen, das als Ersatzlieferant sicher gern bereitgestanden hätte.

Samstag, 28. November 2009

You´ll never walk alone

Unfassbar! Unglaublich! Total überraschend! Nur drei Tage, nachdem unser kleines halblegales Sportwetten-Board PPQ nachdrücklich darauf hingewiesen hat, dass es Überlegungen gibt, die Berichterstattung über den "größten Wettskandal aller Zeiten" (dpa) demnächst auch auf Eishockey, Basketball, Handball und Tennis auszudehnen, setzt das ehemalige Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" ein erstes Zeichen für mehr und ausgedehntere Aufregung. "Der Wettskandal, der den europäischen Profifußball seit anderthalb Wochen erschüttert, nimmt immer größere Dimensionen an", fabuliert das Magazin. In den Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft fänden sich Verdachtsmomente, "wonach auch ein Frauen-Doppel im Tennis im vergangenen April im marokkanischen Fes verschoben worden sein soll". Unter Manipulationsverdacht stehe dazu ein Playoff-Spiel der Basketball-Bundesliga im Juni. Nächste Woche dann in diesem Theater: Alles noch schlimmer? Als erwartet? Hängst die Wettmafia auch bei "Wetten, dass" mit drin? Kaufte sie auch bei der Bundestagswahl? Half Ante Sapina Angela Merkel ins Amt? Wird Walter Steinmeier nun doch noch Kanzler?

Aktion befreiter Hörsaal

Die Studentenproteste. Hier bei uns in Dresden. Ja, junge Leute suchen nach Sinn, kämpfen gegen das System, streiten für eine bessere Zukunft. Sind sie endlich selbst. Und ja, langsam wird ein Staat draus, mit Arbeitsgruppen, die Selbstbeschreibungen liefern. Sowas hat der Bundestag nicht. Nein, niemals.

AG Begrüßung

# Fragestellung: Was wollen wir den Leuten sagen, wenn sie reinkommen?
# Begrüßungsvorgang:

Begrüßung: Hallo, Chatten, ein wenig nach Feedback fragen
Information über Programm, Ideen: z.B. heute Abend ist Plenum,
Abendessen, Bier.


AG VoKü

Hier werden täglich Leute ab 16:30 Uhr zum kochen und schnibbeln
gesucht, sodass auch weiterhin um 18:00 ein leckeres Menü bereit
steht. Das Essen ist immer vegan und kann meist auf Wunsch mit Fleisch
'verfeinert' werden.

AG Chilln

Einfach mal die Seele baumeln lassen und ein bisschen chilln!
Vielleicht gibt es kommende Woche auch einen Workshop "Entspannung/ Meditation"

AG_iraffe

AG_iraffe beschäftigt sich mit gewaltfreier Kommunikation. Wir wollen
einerseits persönlich in Gesprächen weiterkommen, andereseits aber
vorallem im Pot81 akut die Diskussionskultur verbessern, damit es zu
weniger hierarchiebedingten Synergieverlusten kommt.
Dabei wird unter anderem die Theorie nach Dr. Marshall Rosenberger erarbeitet.

AG Weihnachtsbaum

Da der Prozess länger dauern wird und auch muss, denn es geht hier um
für uns sehr wichtige und existentielle Themen, stellen wir uns auf
eine längere Aktion ein. Deswegen sollten wir uns schon jetzt auf die
Adventszeit einstellen, praktisch soll das heißen
Plätzchenbackworkshops, Weihnachtsbaum und -schmuck zu organisieren.

Freitag, 27. November 2009

Klimatod durch frische Luft

Das Freunden der Natur als CO2-Fabrik bekanntgewordene Umweltbundesamt (UBA) appelliert zum Schutz des Klimas für einen freiwilligen Verzicht auf das Öffnen von Fenstern im Winter. «Grundsätzlich wäre es europa- und verfassungsrechtlich durchaus möglich, das Öffnen während der kalten Jahreszeit zu verbieten», sagte Jens Schuberth, Energiefachmann beim UBA der staatlichen Agentur dpa. Dies halte die Behörde jedoch angesichts des damit drohenden Ausmaßes an Bürokratie nicht für unbedingt sinnvoll. «Besser ist, den gesunden Menschenverstand einzuschalten, der sagt, Fenster zu öffnen schadet der Umwelt durch den Ausstoß von C02.»

Dabei gebe es kaum Unterschiede zwischen Fenstern von Wohnungen, die mit Gas, Fernwärme oder mit Strom beheizt werden. «Beides ist nicht gut für das Klima», sagte er. Das Beheizen von Außenflächen vergeude wertvolle Energie, schon die Idee, die Straße zu beheizen sei widersinnig. In Zeiten des intensiven Klimaschutzes sei es überholt, Fenster im Winter zu öffnen, während andererseits mit großem Aufwand Energie in Innenräumen und bei der Sanierung kompletter Gebäude gespart werde. «Da beißt sich die Katze in den Schwanz», sagte Schuberth.

Die Argumentation von Mietern und Hausbesitzern, durch das Fensteröffnen werden "frische Luft in die Wohnung gelassen", bezweifelte der Energiefachmann. «Mit dem Fensteröffnen werden Außenbereiche beheizt, denn dabei entweicht stets warme Luft nach außen». Schuberth räumte ein, dass ihm keine verlässlichen Statistiken über die Anzahl der in Deutschland vorhandenen Fenster sowie deren jährliche Öffnungsdauer bekannt sind. Bei mehr als 30 Millionen Wohnungen in Deutschland, die über mehr als 150 Millionen Fenster verfügten, würden aber schon bei einer täglichen Öffnung eines Bruchteils Millionen Tonnen des Klimagases CO2 zusätzlich in die Atmosphäre geblasen.

Kostbarkeiten der Agenturliteratur

Nicht wegen Mordes oder wegen Totschlages, sondern wegen Vollrausches wurde ein Mann jetzt verurteilt, vermeldet die staatliche Nachrichtenagentur dpa. Unbestritten war, dass der Täter seine Frau erstochen hatte. Zuvor allerdings habe er Alkohol getrunken, bis er vier Promille im Körper hatte. Das reicht hierzulande, straflos meucheln zu dürfen. Zum Glück aber ist Vollrausch ja in Deutschland auch eine Straftat. So muss der 50-Jährige nun doch hinter Gitter. Die Strafe sollte anderen Freunden von Bier, Schnaps und Wein zu denken geben: Für einmal zuviel getrunken gibt es hier dreieinhalb Jahre Knast, der Strafrahmen reicht aber sogar bis fünf.

Donnerstag, 26. November 2009

Foodwatch warnt, das Jahr ist rum

Bettlägerige und komatöse Gesellschaften, so lehrt die Geschichte, werden ganz am Ende nur noch von Ritualen zusammengehalten, an deren eigentlichen Zweck sich niemand mehr erinnert. Das Jahr in Deutschland teilt sich deshalb ganz einfach auf: Im Mai der ADAC-Tunneltest, kurz danach der ADAC-Brückentest, gefolgt vom "Kriechtier des Jahres", der "Blume des Monats" und dem "bedrohten Baum der Saison", gewählt von führenden Förstern und Zoodirektoren, ehe dann der große ADAC-Raststättentest kurz vor dem großen ADAC-Fährentest und die Bekanntgabe des "Insekts des Jahres" die Urlaubszeit einläutet.

Ist die überstanden, gibt es immer den Schulranzentest - und nun schon im vierten Jahr die Warnung der Organisation Foodwatch vor Uran im Trinkwasser. Seit der ersten urkundlichen Erwähnung der bis dato unbekannten Gefahr im Jahr 2006 jagt die vom ehemaligen Greenpeace-Chef Thilo Bode gegründete Organisation traditionell einmal im Jahr die Tschernobyl-Angst durchs Land um zu signalisieren, dass es schlimm steht um Land und Leute.

Inzwischen werden die Alarmrufe auch immer aufgeregter, schriller und sie kommen in immer kürzeren Abständen. Im Mai erst hatten die Bode-Truppen herausgefunden, dass trotz aller Warnungen in den Vorjahren immer noch Uran im Mineralwasser ist. Jetzt wird bekannt, dass Gleiches auch für das normale Trinkwasser gilt, aus dem zahlreiche Mineralwasser hergestellt werden: Es enthält zum Teil "mehr als zehn Mikrogramm Uran pro Liter" (Foodwatch).

Allerdings enthält jeder Erwachsene mit 30 bis 60 Mikrogramm noch mehr Uran als ein Liter Wasser. Tomaten, Gurken, Duschwasser und das Beckenwasser im Freibad sind mit Uran geradezu verseucht, selbst in der Wurst ist Uran, im Schweinebraten, im Kirschkuchen, in der Milch, im Sicherheitszündholz und in der Zigarette. Schlecht zubereitet? Fahrlässig angerichtet? Achiwo: Jede Tonne Erdkruste enthält etwa 2,3 Gramm Uran. Was automatisch zur Folge hat, dass Trinkwasser, Böden und Nahrungsmittel voller Uran sind und sogar die Luft 0,04 Milliardstel Gramm pro Kubikmeter enthält.

An Entseuchung ist da nicht zu denken. Schön für Thilo Bode, denn der wird auch im nächsten Jahr wieder warnen und die Gesellschaft damit zusammenschweißen können.

Vom Himmel hoch

Höher, größer, teurer - sieben Jahre lang ließ Dubais Herrscher Scheich Muhhammed bin Raschid Al Maktoum keinen Zweifel daran, dass er entschlossen ist, aus seinem kleinen Scheichtum eine Weltmacht zu machen. Maktoum, unter dessen Feudalregierung die einheimischen Dubaier leben wie im siebten Himmel, weiß, dass Dubai keine nennenswerte Öl-Förderung hat und der Freihafen allein nicht ausreicht, den hohen Lebensstandard der gerade mal 200 000 Staatsbürger, von denen mehr als 50 000 Dollar-Millionäre sind, auf Dauer zu halten. Der Staat, der hier der Scheich und seine Familie ist, gibt Posten und Lehen, er beschenkt jeden, der volljährig wird, mit Grund für ein Haus, und jeden Einheimischen, der eine Einheimische heiratet, mit Geld für ein Haus.

Das will bezahlt werden. Und das kann es auch, glaubt Maktoum. Schließlich liegt sein Land auf halber Strecke zwischen Europa und Asien / Australien, so die Spekulation. Wenn es nun gelänge, einen Teil der Menschen, die das seit Jahren explosiv wachsende Luft-Drehkreuz benutzen, mit Hilfe attraktiver Erlebnisangebote für drei, vier Tage im Land zu halten, würde auch viel Geld im Land bleiben.

Diese durchaus rationale Überlegung war es, die den Bauboom am Golf anstieß. Höher, größer und teurer garantierte jahrelang Schlagzeilen vom Westen bis in den asiatischen Osten, Schlagzeilen aber brauchte Dubai, um seine Hotels zu füllen und Reisende an die kurzen und keineswegs atemberaubend schönen Strände zu locken. Das höchste Haus, das teuerste Hotel, die am schnellsten gebaute U-Bahn, das größte Disneyland weltweit und all die Inseln in Palmen- und Erdballform - sie waren vor allem immer dazu gedacht, Aufmerksamkeit auf das kleine Land zu lenken.

Das ist gelungen, doch die Hotels sind immer noch nicht voller. Nun muss Muhammed Al Maktoum, Vater von sieben Söhnen und neun Töchtern, Pferdezüchter und Hobby-Querfeldeinreiter, die Notbremse ziehen und er erschüttert damit die Weltfinanzmärkte. Nachdem seine Regierung die Gläubiger der staatseigenen Investmentgesellschaft für Immobilien um einen Zahlungsaufschub bis Mai 2010 gebeten hat, geht es an den Weltbörsen abwärts. Dubai World, eine Art Westentaschen-Privatbesitz von Maktoum wie das ganze Scheichtum, soll Verbindlichkeiten in Höhe von fast 60 Milliarden Dollar haben, drei Viertel der Staatsschulden Dubais.

Die will Dubai bis zum 30. Mai 2010 nicht mehr bedienen. Vorerst. was danach wird, weiß wohl auch Maktoum noch nicht genau. Beim Warten auf ihr Geld können die Investoren aber jedenfalls schon mal über die großartigen Gedichte des Herrschers nachdenken: "Nicht jeder, der ein Pferd reitet, ist auch ein Jockey", hat der größte lebende dubaiische Dichter einst geschrieben. Und den Vers aus lauter Begeisterung über sich selbst als bewohnbare Inselkette vor die Küste seines Emirats aufschütten lassen. Sein kleiner Wunsch dabei: Sie müsse groß genug sein, dass künftige arabischsprechende Astronauten das Poem auch aus dem Weltraum lesen können.

Internet-Gau beim Spiegel!

Das ehemalige Nachrichtenmagazin wieder ganz vorn: "Google-Gau im Internet", dichten die Praktikanten. Denn "Wer bei Google nach Bildern der US-Präsidentengattin Michelle Obama sucht, bekommt als erstes Ergebnis eine beleidigende Montage serviert, die Obama als Primaten zeigt", enthüllt die Illustrierte. Google habe sich zwar inzwischen entschuldigt, weigere sich aber, das Bild aus dem Internet zu nehmen. Angeblich könne die Suchmaschine das Foto nicht entfernen, weil es auf der Seite Flytsylelife stehe und nicht auf einer von Google selbst betriebenen Firmenseite.

Die ganze Wahrheit aber ist noch viel grausamer: Selbst wenn Google das Bild aus dem Suchindex entfernen würde, bliebe es 1. im Internet stehen und 2. sogar von Deutschland aus abrufbar. Dazu reicht es, auf die Seite des Hamburger Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" zu gehen. Wer dort "Michelle Obama" eingibt, bekommt als erstes Ergebnis eine beleidigende Montage serviert, die Michelle Obama als Primaten zeigt. Auf unsere Beschwerde hin hat uns Google inzwischen mitgeteilt, dass es der Suchmaschine nicht möglich sei, Bilkder, auch wenn sie eindeutig rassistisch sind, aus dem Internet zu entfernen. In diesem Fall stehe das rassistische Fotomotiv auf der Seite des "Spiegel", in die Google nicht eingreifen könne.

Mannichl: Pannen bei CSI Fürstenzell


Kurz vor dem ersten Gedenktag an das Messer-Attentat auf den Passauer Polizeichef Alois Mannichl meldet nun auch die Qualitätszeitung Die Zeit "mehrere Pannen" bei den Ermittlungen. Direkt nach der Tat hatte unser kleines Privatermittlerboard PPQ zwar schonauf die Ungereimtheiten hingewiesen, jetzt aber gab der Ermittlungsleiter zu, "sein Team habe kein DNA-Material bei dem Opfer gesichert" (Zeit). Obwohl Mannichl angegeben hatte, "er habe mit dem Täter gerangelt", sei es versäumt worden, DNA-Material unter den Fingernägeln des Opfers zu sichern, schreibt "Die Zeit".

Nicht erklärt wird, wie ein "Rangeln" Anfang Dezember aussieht, bei dem DNA-Spuren unter Fingernägel gelangen - war der rechtsextreme Täter im kurzärmligen Hemd erschienen? Rangelte Mannichl mit ihm durch beherzte Griffe ins Gesicht? Früheren Angaben nach trug der Täter ja Handschuhe, was erklärte, warum am zur Tat benutzten Lebkuchenmesser keine DNA-Spuren gesichert werden konnten. Aber wieso "rangelte" Mannichl plötzlich überhaupt? Wo er doch bislang stets angegeben hatte, der Angriff habe nur "Sekunden" gedauert. Gerade lang genug, ihn erkennen zu lassen, dass ein "Rechtsextremist" ihn angreife, nicht aber lange genug, dessen Gesicht zu beschreiben?

Nicht die fehlende DNA-Probe, sondern die fehlende Frage, wo denn Täter-DNA hergekommen sein sollte, fügt sich ein in das Bild einer Ermittlung, die vom ersten Moment an mehr politisches Kaspertheater war als ernsthafte polizeiliche Tätersuche, un ddie flankiert wurde von einer geradezu besinnungslosen Berichterstattung.

Festgenommen wurden angeblich dringend Tatverdächtige, die eine Nachbarin des Opfers vier Kilometer entfernt vom Tatort in lockerem Gespräch gesehen hatte. Gefahndet wurde nach einem Gesichtstätowierten, den sich eine Arbeitskollegin von Mannichls Frau ausdachte. Drei Wochen und drei schwere Schneefälle nach der Tat begann die Soko "Lebkuchenmesser" schließlich, Spuren in Tatortnähe zu sichern, darunter Zigarettenkippen und ein Kinderdreirad. Spuren, die später nie ausgewertet wurden, was allerdings mangels Nachfragen der Qualitätsmedien bei der Soko Lebkuchenmesser gar nicht auffiel.

Doch bei alledem handelte es sich offenbar nicht um "Pannen" im Sinne der "Zeit", die Anfang des Jahres noch vermeldet hatte, "DNA-Spuren für einen Abgleich soll es immerhin geben". Nun also doch nicht. Aus allem, was man bis heute nicht weiß, gehe nunmehr klar hervor, dass es sich nicht um eine geplante Tat einer politischen Organisation gehandelt habe, aber auch nicht um eine Beziehungstat. Eventuell, so hieß es, sei der Täter Österreicher gewesen. Eventuell war er aber auch Deutscher, Banat-Schwabe, deutschsprachiger Peruaner, Ägypter oder Maori-Häuptling aus Neuseeland. Dort zumindest gibt es eine große, stolze Tradition, Gesichtstätowierungen zu tragen.

Mittwoch, 25. November 2009

Es tut nicht mehr weh

Die Welt immer verückter, die Erderwärmung immer wärmer, die Lügen immer lustiger. Die SPD auf dem Umfragetiefpunkt, die Merkelin immer noch Kanzler, die Krise nicht ausgestanden und Peer Steinbrück bei Thyssen. Krupp und Krause, Kirche und Koma, die DDR lebt und Frau Honecker hat sogar Geburtstag. McDonalds kontert mit einem grünem Logo, Coca Cola plant Eistee und Putin die demokratie. Fußballspiele in München werden im Kosovo entschieden und der Mannichl-Mörder ist immer noch auf freiem Fuß. Aber nee, es tut nicht mehr weh.

Across the town on the other hill,
your lights glow from a different world.
You always found a place to hide - nails and cross to lay beside;
with all the ghosts that we denied.
Now, in rippled arcs across the sky, the great white birds of winter fly;
and the wheel turns, and people change - scattered ashes to the wind.
And there's no pain, there's no pain, there's no pain
A dry river in the blazing sun . . .

Your parched face and your callused hands,
Behind us lie the arid lands
To say too much - well, it was not our way,
and in the end there wasn't much to say;
the scars are healed now anyway
and there's no pain. . . a dry river in the blazing sun . . .

And Abraham rose, took his only son, and knife and tinder
in his hand, and setting out across the desert and up into
the scrubland hills, he bound the boy Isaac to the stone,
raised the blade and waited for the miracle.
But the wind blows silent across the hills, across the dead and the empty hills,
dead, like the god that never came,
like your face, the day that you turned away.
There's no pain.

Fremde Federn

In Pakistan beispielsweise sieht man die größten nationalen Probleme nicht etwa in mangelnder Bildung oder gar in der Gefahr eines nuklearen Krieges mit Indien, sondern dass dort irgendwann einmal Frauen in Miniröcken herumlaufen könnten. Man hat mehr Angst vor Sexbomben als vor Atombomben. (Vince Ebert)

Kosovaren helfen Fahrtkosten sparen

Jahrelang haben tausende Sportwetter in ganz Europa sich gewundert. Wie kann es sein, fragten sich viele, dass Fußballspiele nicht immer so ausgehen wie man vorher zu wissen glaubt? Wie können Tabellenletzte beim Meisterschaftsaspiranten gewinnen, Außenseiter Kantersiege landen, Mannschaften in Bestbesetzung vor gerade noch zusammengeraffen Notteams einbrechen?

Die Antworten gibt nun seit einigen Tagen die kosovarische Wettmafia, deren segensreiches Wirken mehr illegale Sportwetter davon abgehalten haben dürfte, Haus und Hof zu verspielen als alle Warnungen des fürsorglichen deutschen Gesetzgebers. Wer nie gewinnt, hört auf zu spielen, das wissen sie in Las Vegas seit 100 Jahren. Im Kosovo aber schraubten sie dennoch immer weiter an der Schlagzeile "Wettskandal weitet sich aus".

Nicht mehr nur die vierte, dritte und die zweite deutsche Liga, in denen es durchweg seit Jahren ebenso wie in der 1. Bundesliga zu fragwürdigen Ergebnissen kommt, sind nun betroffen, sondern auch die Qualifikation zur Champions League. Das ist ein Wettbewerb, in dem die Meister meistensteils unbekannter europäischer Königreiche wie Rasemadonien, Pasterkaland und Agrainia sich mit dem Mittelmaß der Ligen bekannterer Fußballnationen messen dürfen. Natürlich haben weder der rasemadonische Titelträger FC Ladnaks noch der agrainische Pokalsieger CFC Tewtrops gesteigertes Interesse daran, sich auf der internationelen Bühne verprügeln zu lassen. Ein 0:9 gegen den FC Barcelona würde das Publikum zu Hause als Debakel empfinden, das aber beschädigte langfristig das Image der eigenen Liga.

Also scheiden versehentlich in die Qualifikationsrunde gerutschte Exotenteams zumeist recht bereitwillig aus. Das spart Fahrtkosten und bringt, hat man zuvor mit der kosovarischen Wettmafia gesprochen, noch ein kleines Zubrot, mit dem sich die Mannschaft weiter verstärken lässt.

Macht das einer, merkt es keiner. Machen es alle, ist es eine "neue Dimension", wie der Sportinformationsdienst messerscharf schließt. DFB und DFL tappten weiter im Dunkeln, heißt es. Aber PPQ-Leser dürfen schon wissen: Es waren die Kosovaren um Ante S., die den Holländer van Gaal bei Bayern München platziert haben, damit der vor Saisonbeginn mit 2:1 gewettete Meisterschaftsfavorit im Titelrennen keine Chance hat. Ante S. persönlich fädelte auch den Transfer von Mario Gomez aus Stuttgart nach München ein, wodurch beide Vereine geschwächt werden sollten. Dies diene wie der Transfer von Lucio und Ze Roberto nach Hamburg und die Zerstörung der aufstrebenden Berliner Hertha durch die Installierung von Preetz als Manager dazu, den HSV, auf den die mutmaßlichen Wettbetrüger große Beträge gesetzt haben, zum Meister zu machen.

Demnächst soll dann auch darüber berichtet werden, dass Wettbetrug nicht nur im Fußball vorkommt: Von Eishockey bis Basketball, von Handball bis Tennis gibt es zwar keinerlei Anzeichen für manipulierte Spiele. Aber manipulierte Spiele, die gibt es.

Erderwärmung schlägt brutal zurück

Kaum war der weltweite "Kampf gegen das Klima" (Angela Merkel) durch die von hinterlistigen Hackern gestohlenen internen Mails weltweiter Klimaforscher etwas in die Bredouille gekommen, schlägt die Erderwärmung jetzt mit doppelter Wucht zurück. Das Klima-Zentralorgan "Der Spiegel", das den in einigen tausend Mails nachlesbaren Manipulationsgeständnissen namhafter Klimaexperten aus Platzgründen nur einige Zeilen hatte widmen können, kündigt jetzt eine nach dem Vorbild von Hitler "Blitzkrieg" anlaufende "Blitz-Klimakatastrophe" an. "Die Erde erwärmt sich viel schneller, als es selbst düsterste Szenarien vorhergesagt haben", warnt das Fachblatt, das selbst stets die allerallerallerdüstersten Szenarien ausgedacht hatte. Für Gegenmaßnahmen blieben "nur noch wenige Jahre", hätten "renommierte Klimaforscher" in langen Email-Korrespondenzen herausgefunden.

Zufällig direkt vor Beginn der Weltklimakonferenz in Kopenhagen schwillt der schrille Ton wieder an, in dem die "Folgen des Klimawandels" beschworen werden, als reichten guter Wille und Vollbadverzicht in Westeuropa, um die Gletscher zu retten und die seit dem Ende des zweiten Weltkrieges unablässig anschwellende Eisbären-Population noch schneller explodieren zu lassen. In einem neuen Forschungsbericht "Copenhagen Diagnosis", fabuliert das ehemalige Nachrichtenmagazin, werde gewarnt, dass "die globale Durchschnittstemperatur bis zum Jahr 2100 um bis zu sieben Grad Celsius ansteigen" könne. Bisher war eine eine Erwärmung von zwei Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit verabredet, weil zwei Grad als die Grenze gilt, deren Einhaltung katastrophale Folgen verhindert.

Bei sieben Grad wäre das egal - das Klima-Kind läge auf jeden Fall im Brunnen. Der aber scheint derzeit ausgetrocknet: Die Erderwärmung macht inzwischen bereits im zweiten Jahr Pause, die globalen Durchschnittstemperaturen steigen nicht mehr, der Meeresspiegel, der die Insel Tuvalu erstmals vor 20 Jahren verschlingen sollte, steigt immer noch nicht.

Projekt 18 kurz vor dem Ziel

Wenn das Jürgen Möllemann noch erlebt hätte! Eine Woche nach nach dem gefeierten Amtsantritt des demnächst wieder scheidenden neuen SPD-Chefs Sigmar Gabriel steht die deutsche Sozialdemokratie so nah wie nie vor dem Ziel, das Möllemann immer erreichen wollte: Von 18 Prozent der Stimmen träumte der, nach einer neuen Umfrage erreicht die SPD inzwischen glatte 19.

Gabriels großartige Rede, in der er seinen Parteikollegen Peer Steinbrück als Retter der Welt vor der Finanzkrise pries, die Gesellschaft aufforderte, endlich wieder zu denken wie die SPD und versprach, alle Genossen dorthin zu schicken, wo es stinkt, zeigt Wirkung. Während das inhaltsleere Geplapper des ehemaligen Pop-Beauftragten medial als Offenbarung gefeiert wurde, hat das Volk den Fernseher gar nicht mehr angemacht. Die SPD erreicht nunmehr den niedrigsten Wochenwert, den das Forsa-Institut je für die einstige Arbeiterpartei gemessen hat. Seit der Bundestagswahl vor zwei Monaten gelang es alter und neuer SPD-Führung damit, noch einmal nahezu 20 Prozent aller SPD-Wähler davon zu überzeugen, dass es wenig Sinn hat, von der Sozialdemokratie etwas zu erwarten.

Gleiches gilt für Gabriel selbst, dem der "Stern" nunmehr keine großartige, sondern nur noch eine "umjubelte" Antrittsrede attestiert. Trotz dieser sei der neue SPD-Vorsitzende bei den Wählern nicht beliebter als seine Partei. Auf die Frage, wen sie direkt zum Kanzler wählen würden, entschieden sich nur 19 Prozent der Deutschen für Gabriel, 60 Prozent zogen Merkel vor. Damit schneide Gabriel schlechter ab als Kurt "Mecki" Beck, sein später von Steinmeier, Müntefering und Struck aus dem Amt geputschter Vorgänger. Der war zu Beginn seiner Amtszeit im Mai 2006 noch auf eine Zustimmung von 25 Prozent gekommen.

Dienstag, 24. November 2009

Heuschrecken im Harz

Als er noch Arbeiterführer war, hätte Franz Müntefering seine Partei damals wirklich beinahe gerettet. Eine Moment lang sah es so aus, als könnte der greise Knappe des gescheiterten Bundeskanzlers Gerhard Schröder das Ruder herumreißen: "Heuschrecken" hatte "Münte" die Finanzinvestoren genannt, die deutsche Unternehmen aufkaufen, sie restrukturieren und dann versuchen, sie teurer wieder loszuwerden.

Nein, nein, von der Hypo Real Estate war damals noch nicht die Rede, die wurde erst später vom Bund übernommen. Auch die Commerzbank war nicht gemeint. Franz Müntefering sprach von Firmen wie den im sachsen-anhaltinischen Harzflecken Rübeland inmitten einer Märchenlandschaft aus Tropfsteinhöhlen und dunklen Wäldern Kalk aus den Bergen brechenden Harz-Kalk-Werken. Die gehörten ganz früher zum Buna-Werk, das mit Karbidchemie Muffengummi für des Führers Wehrmacht herstellte, später war das Unternehmen Teil des Kombinats Chemische Werke Buna, dem es gelang, Mitteldeutschland über 40 Jahre mit einer blickdichten Decke aus Kalkstaub und Braunkuhleruß zu überziehen. Ehe die Fels-Werke aus Salzgitter, damals noch eine Preussag-Tochter, nach dem Mauerfall zugriffen.

Der Tiefpunkt der langen und bewegten Geschichte der Firma, die in Rübeland und Umgebung zu DDR-Zeiten gehasst wurde, weil ihre Riesenlaster die Straßen zerfuhren und der Kalkstaub den Touristen abschreckte, ist nach Müntefering allerdings jetzt erst erreicht. Die Fels-Tochter Harz Kalk gehört inzwischen wie ihre Mutterfirma zur Duisburger Xella-Gruppe, deren Eigentümer wiederum sind seit einem Jahr die Private-Equity-Gesellschaften PAI Partners und - der Teufel selbst - Goldman Sachs Capital Partners.

Heuschrecken im Harz! Erst 2002 hatte die Franz Haniel GmbH Fels übernommen und bewiesen, dass noch immer zuammenwächst, was zusammengehört. Wie die Harz-Kalk-Werke im zweiten Weltkrieg dafür sorgten, dass die Karbidöfen in Buna für Führer, Volk und Vaterland rauchten, baute Haniel im Ruhrgebiet Dehydrieranlagen, mit denen aus Steinkohle im Fischer-Tropsch-Verfahren Benzin für das ölarme Reich hergestellt werden konnte. Die Haniel-Tankstellen warben seinerzeit mit einem Slogan, der Franz Müntefering gefallen würde: „Säulen deutscher Unabhängigkeit“.

Hamas von hinten

Überraschend synchron werden die handwerklichen Fehler beim Herstellen von Nachrichten in deutschen Medien von "Spiegel" bis "Tagesschau", wenn es um den Konflikt im Nahen Osten geht. Die allgemeine Sprachregelung beim allwöchentlichen Artillerieduell sieht vor, dass nach einem Strickmuster geschrieben und gesprochen werden muss, das auf keiner Journalistenschule gelehrt wird. Die Qualitätsmedien vom Heimatsender MDR bis zur einzig wirklich wahren Qualitätsagentur dpa nähern sich dem Thema generell unauffällig von hinten.

Der zeitliche Ablauf des Geschehens, der zum Verständnis eigentlich wichtig wäre, wird verbal umgestülpt: "Israel", so heißt es standardmäßig, "hat erneut soundsoviele Raketen auf den Gazastreifen abgeschossen. Dabei wurden soundsoviele Menschen verletzt". Erst nachdem diese wichtigen Nachrichtensätze gesprochen sind, wird noch ein quasi schon gar nicht mehr so wichtiger Satz hinterhergeschickt: "Zuvor hatten Hamas-Kämpfer Kassam-Raketen auf Israel abgeschossen."

Aller handwerklichen Logik zufolge müsste die Meldung natürlich heißen: "Nachdem Hamas-Kämpfer Raketen auf Israel abgeschossen haben, hat Israel soundsoviele Raketen auf den Gazastreifen abgeschossen. Dabei wurden soundsoviele Menschen verletzt". Die korrekte Abbildung eines Geschehens in zusammenfassender Kürze verlangt nach Einfachheit, will sie verstanden werden. Und Einfachheit geht immer noch am einfachsten der Reihe nach.

Außer natürlich, man bezweckt etwas anderes. Demnächst vielleicht auch in der qualitätsmedialen Fußballergebnisberichterstattung, die dann so lauten wird: "Bayern München hat im Spiel gegen Dortmund ein Tor geschossen. Dabei konnte der Dortmunder Keeper den Ball nicht festhalten. Zuvor hatte Dortmund einen Treffer gegen die Bayern erzielt".

Wer hat es gesagt?


"Keiner hat wirklich Ahnung, aber keiner will die Klappe halten."

Montag, 23. November 2009

Wofür wir gern werben: Adipositas

Für Sackleinen, Internet-Steckdosen und den
Kampf gegen das Klima, für ungeschützten Sex mit Paris Hilton und für Mp3 vom BND durften wir schon Reklame machen, dank der stets zielgerichtet auf die persönlichen Bedürfnisse unserer Besucher ausgerichteten Werbebemühungen unseres Partners Google immer auf Augenhöhe mit dem kranken Zeitgeist und immer nah dran am Wahnwitz einer Welt, der zwischen monarchischen Starbeerdigungen, wirren Wahlkämpfen und immer extremer werdenden Berichten über Wetterextreme zunehmend die Luft für zunehmende Aufregung ausgeht.

Inzwischen muss sogar ein alter Bock wie der als Literaturkritiker bekannt gewordene Helmuth Karasek das neue Glück des als Totengräber der SPD bekanntgewordenen Franz Müntefering mit einer als SPD-Nachwuchshoffnung zuvor nie bekanntgewordenen jungen Frau kritisieren, um überhaupt noch in irgendeinem Medium wahrgenommen zu werden. Härter noch traf es die Hartrockerband Rammstein. Die war gezwungen, für ein neues Album auf den Strich zu gehen.

Das hier aber ist nochmal ein richtig ekliger Knaller, den wir mit besonderem Stolz schon seit Tagen präsentieren: Die dicke Frau mit dem adipöden Schwabbelbauch, die in unserer Rechtsaußenspalte dafür wirbt, ruhig mal eine Haxe mehr in sich reinzustopfen, weil das zellulitefreie Eisschnelläuferinnenoberschenkel macht. Das sichtlich computergenerierte Geschöpf wird uns von Google momentan sehr hartnäckig zur Verfügung gestellt, erste Leser beschweren sich schon, weil sie den Anblick von soviel Wahrheit selbst hier nicht vermuten und zu ertragen bereit sind.

Nun, wir haben das Pinup-Bild nicht bestellt. Dass es dennoch zu sehen ist, hängt, so entnehmen wir dem Wenigen, das aus den Betriebsgeheimnissen des Noch-Netzriesen ans Tageslicht gedrungen ist, mit den Interessen unserer Besucher zusammen, denen Google glaubt, völlig zurecht Gewichtsprobleme unterstellen zu dürfen.

Wir weisen darauf hin, dass unser marodes Anzeigengeschäft wie in Deutschland üblich völlig unabhängig vom redaktionellen Teil verwaltet wird. Wir hier in den dunklen Schreibstuben halten unsere Leser generell für durchweg irre jung, sehenswert schön, beneidenswert sportlich und in einem Maße durchtrainiert, das seinesgleichen sucht.

Themenklau im Klimakampf

Daten sind neutral, Daten verraten gar nichts, nicht mal, ob es auf der Erde nun global gesehen und langfristig wärmer oder kälter wird oder vielleicht doch einfach so bleibt, wie es war: Mal wärmer, mal kälter.

Umso wichtiger ist, wie man Daten interpretiert - das richtige Grafikprogramm zaubert aus nahezu stabilen Zahlen einen zum Himmel schießenden Bogen, ein mutiger Regierungsberater vermittelt auf der Basis eines seit zehntausend Jahren um keinen Zentimeter gestiegenen Meeresspiegels den Eindruck, schon die kommende Generation werde mit einem sieben Meter höheren Ozean leben lernen müssen.

Auf Basis solcher Informationen entscheidet die Politik - wie eine Datei zeigt, die Unbekannte aus den Datenbanken der britischen Climate Research Unit gestohlen haben. Da unterhalten sich Klimaforscher darüber, wie sich mit Daten, die ganz anderes sagen, der Eindruck anhaltender Erwärmung erwecken lässt, da schimpft ein Klimatologe über die Rekordkälte vor seiner Haustür, die gar nicht mit den Rechenmodellen in Einklang zu bringen sei, da gesteht ein anderer, dass er einen "Trick" angewendet habe, um eine Grafik so aussehen zu lassen, als nehme die Erwärmung immer weiter zu, obwohl das gar nicht der Fall sei.

Die gestohlenen Daten stehen seit dem Donnerstag der vergangenen Woche komplett und nach Stichworten durchsuchbar im Netz, angelehnt an den Zensurparagraphen im Grundgesetz aber hieß es bis gestern "Eine Berichterstattung findet nicht statt". Dann erst gab der ehemals renommiert "Spiegel" allen Ratlosen die Richtung vor: In einem punktgenau neben das Thema zielenden Beitrag namens "Cyberkrieg unter Klimaforschern" gelingt es dem ehemaligen Nachrichtenmagazin, aus dem Skandal um generalstabsmäßig gefälschte und mit Absicht missinterpretierte Klimadaten eine Art Zickenkrieg zwischen Hackern und Klimaforschern zu machen.

Ein höherer Zweck legitimiert es offenbar, dass Glaube zur Wissenschaft wird, Daten gefälscht werden und die Bevölkerung belogen wird. Wenn es dann rauskommt, ist das Thema nicht, was herauskommt, sondern wie. Deutsche Medien, die bis zum "Spiegel"-Beitrag sichtlich ratlos waren, wie sie die Geschichte möglichst klimaunschädlich verklappen können, sind nun seit gestern schlagartig zur Stelle, auch sie allerdings nicht mit der Enthüllung "Klimaforscher fälschen Berichte", sondern mit "Hacker knacken Daten von Klima-Institut".

Schlagzeilen, souverän am eigentlichen Gegenstand der Berichterstattung vorbei -vergleichbar lautete die Schlagzeile über einen Verkehrsunfall mit sechs ausgebrannten Autos und sieben Toten "Nach Massenkarambolage bleibt Brillenetui des Verursachers verschwunden".

Sonntag, 22. November 2009

Mit Springer im virtuellen Warteraum

Der Krieg ist eröffnet. Acht ahre nach einem ersten, damals grandios gescheiterten Versuch, abgetippte Pressemitteilungen von großen Parteien, Waschzettel von Plattenfirmen, Filmpremieren-Geständnisse zumeist unbekannter Prominenter und ad hoc-Mitteilungen von Dax-Konzernen im Internet als "Qualitätsinhalte" zu verkaufen, hat der Axel-Springer-Konzern einen furiosen neuen Anlauf gestartet. Auf einer in Flash programmierten Bezahl-Nachrichten-Seite, die bei schnellen DSL-Verbindungen nur knappe 30 Sekunden braucht, bis sie geladen ist, macht der Mutterkonzern von unverzichtbaren Blättern wie "Bild" und "Welt" mobil gegen die "Kostenlos-Kultur" (Kai Dieckmann) im Netz. An diesem Wochenende hat das Unternehmen das Online-Angebot "Welt am Sonntag eMag" gestartet, das für 1,50 Euro neben "speziell aufbereiteten" Inhalten der gedruckten Version auch exklusive Beiträge bieten soll.

Freuen darf sich der auf nie dagewesene Lesegenüsse abonnierte eMag-Kunde im ersten Analuf schon mal auf unverzichtbare politische Beiträge wie "Guttenbergs Kraft - Was ihn so stark macht" und Lebenshilfe für die Weihnachtszeit, die "Ski laufen, Panzer fahren - 24 Trips für den Advent" überschrieben ist. Und natürlich auf die absolut total ultra exklusive Geschichte "Wie ich Uli Heoneß das Leben rettete", die es nur im Bezahlspriger gibt. Wenn man nicht der vor drei Jahren im "Spiegel" wummernden Reklametrommel lauschen möchte, die seinerzeit zur Markteinführung des Buches "Die wahre Geschichte des FC Bayern" erzählte "Wie Uli Hoeneß einen Flugzeugabsturz überlebte".

eMag? Demnächst auch noch auf dem iPhone? Echt, wenn das kein Erfolg wird.

Steinbrück macht in Stahl

Als er noch Ministerpräsident war, öffnete er der maroden WestLB die Türen zum Weltmarkt für heiße Finanzspekulationen. Als er Finanzminister wurde,
setzte er sich mannhaft für mehr unverständliche Finanzinstrumente und rätselhafte Asset-Back-Securities ein, er war einer der ersten, die im sogenannten Verbriefungsmarkt eine große Zukunft sahen, und einer der letzten, der vor einer "amerikanischen Krise" warnte, die Deutschland wenig oder kaum treffen werde.

Peer Steinbrück, nach Ansicht seines Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel der Mann, der den Finanzministern der Welt gezeigt hat, wie sie die Krise, die dann doch keine rein amerikanische war, bekämpfen müssten, fand zwischendurch immer noch Zeit, die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau zu überwachen. Als Chef die Verwaltungsrates lebte der Arbeiterführer vor, wie er sich "schärfere Aufsicht" vorstellt: Unter seiner Ägide gelang es der Bank sogar, ohne jeden Grund 320 Millionen Euro an die gerade pleitegegangene Investmentbank Lehman Bros. zu überweisen, während die Deutsche Bundesbank es in seiner Ära sogar schaffte, zehn Milliarden mit spekulativen Geschäften zu verlieren.

Solche Empfehlungen bleiben nachhaltig im Gedächtnis, auch bei anderen Wirtschaftsführern. Nachdem Peer Steinbrück seine segensreiche Tätigkeit als Finanzminister zuletzt wegen sozialdemokratischer Kommunikationsdefizite beenden musste, wechselt der Spezialist für Briefkastenfirmen und Steuersparfilialen, der es stets schaffte, als Vorkämpfer gegen das zu gelten, wofür er sich einsetzte, nun als Aufsichtsrat zum Düsseldorfer Stahlkonzern ThyssenKrupp.

Am 21. Januar findet die Hauptversammlung statt, danach soll Steinbrück für fünf Jahre lang in dem Gremium bleiben, um vorzuleben, dass die Rente mit 67 kein Ding der Unmöglichkeit ist. Der 62-Jährige bleibt nebenbei auch einfacher Abgeordneter im Bundestag als der er mit Freuden hören wird, dass die Europäische Union sich ein jahr nach Ausbruch der großen Krise endlich stark macht für die seit Monaten plakativ verteufelten Asset-Back-Securities (ABS): Ab März 2010 ändert die EU die Emissionsregeln für ABS mit dem "Ziel, zur Wiederherstellung eines reibungslos funktionierenden ABS-Marktes beizutragen."

Der Himmel über Halle XXI

Grau, grau, grau bläht sich der Himmel über Halle, dem wir hier im kleinen Freelance-Metereologenboard PPQ seit Jahr und Tag eine zweite Heimat geben, sobald Stadtverwaltung und Landesregierung in ihrer unendlichen Weitsicht neue, spektakuläre Bilder auf Wolken und Firmament malen lassen.

Inzwischen ist unsere Serie "Der Himmel über Halle" für den renommierten "Web-Award für klimaintensive Heimatkunde-Blogs" nominiert und selbst Irina aus Murmansk ließ uns kürzlich in einer zufällig durch den Spamfilter gesicjerten herzlichen Mail wissen, dass sie plant, jemanden zu heiraten, der offenbar unsere Email-Adresse mitbenutzt.

Wir werden das in Redaktionskollektiv und Familienverband besprechen, bis dahin aber weiter dokumentieren, wieviele Farben der Himmel haben kann über einer Stadt, über die ein Singwortsucher aus der Nachbarschaft in seiner karbidstaubigen Jugend reimte: "Ich bin grau / Du bist grau / laß uns zusammen / grausam sein".

Samstag, 21. November 2009

Trauer mit Dscherschinski

Uli Hoeneß würde es das "Spiel der Spiele" genannt haben, Jürgen Klinsmann hätte vielleicht mal wieder vom "Schicksalsspiel" gesprochen. In Halle, wo der einheimische HFC seit zwei Jahren auf einer von altgedienten Fans nie mehr erwarteten Woge von Siegen in Richtung Aufstiegseuphorie getragen worden ist, begnügen sich die Verantwortlichen vorher mit Vokabeln wie "wichtig" und "wegweisend", klar ist aber, dass ein Sieg des derzeitigen Tabellenzweiten gegen Spitzenreiter Babelsberg 03 den Saisonverlauf völlig verändern würde: Halle, im vergangenen Jahr spät und zur eigenen Überraschung aus der Position des Zweitplatzierten ins Aufstiegsrennen gestartet, würde diesmal von der Spitze weg spielen. Und eventuell mehr Glück haben als vorige Saison, als es am Ende im Duell mit Holstein Kiel doch nicht ganz reichte.

Die Mannschaft von Trainer Sven Köhler will, ungeachtet aller Absprachen, die die kosovarische Wettmafia zum Spielausgang getroffen haben mag. Nachdem eine Gedenkminute für den Hannoveraner Torwart Robert Enke schief gegangen ist, weil die legendär temperamentvolle HFC-Fankurve einfach weitergesungen hat, glückt sie im zweiten Versuch zumindest halb. Zwar sitzt die Tribüne wieder. Dafür aber schweigt der Block in der Kurve.

Hier braucht alles mehrere Anläufe, auch der Aufstieg. Doch von der ersten Minute an drücken die Hallenser Babelsberg in die eigene Hälfte. Markus Müller versucht zweimal aus der Distanz zum Torerfolg zu kommen und der im Fanurteil abwechselnd als "Katastrophe" verteufelte und als "Fußballgott" gefeierte Thomas Neubert, von seinen bekennenden Anhängern als Marius Müller-Westernhagen des deutschen Fußballs verehrt, schafft sogar eine Brustannahme mit Körperdrehung und anschließendem Abschluß im Stafraum.

Auch der Ball geht allerdings vorbei. Ein Null zu Null zur Halbzeit droht, das niemand im Stadion will, sofern er Rotweiß trägt. Die fünf Minuten vor der Pause sehen so einen HFC, der Babelsberg bis auf die eigene Torauslinie zurückdrängt. Fünf Ecken hintereinander, die Abwehr schwimmt, 03-Trainer Dietmar Demuth gestikuliert vor seiner Bank. Einen Schuß von Neubert holt sich Babelsberg-Keeper Unger hinter der Linie, jedenfalls glaubt das die Tribüne. Dann ist Halbzeit und doch Nullnull.

Dietmar Demuth, der schon Pauli trainiert hat, versucht es mit Psychotricks. Drei Minuten lässt sein Team die Hallenser warten, ehe es aus der Kabine kommt. Drei Minuten, die am Ende reichen werden. Denn jetzt ist das Spiel ein ganz anderes. Als hätte ihr der Pausenpfiff kurz vorm greifbaren Tor-Orgasmus eine Art koitus interruptus beschert, stehen die HFC-Spieler wie gelähmt herum. Alles, was bis hierher geradezu beeindruckend beiläufig gelang, geht nicht mehr. Schubert verliert Zweikämpfe, Finke passt ins Aus, Neubert verspringen die Bälle nun doch wieder wie gewohnt. Babelsberg tut auch nichts Bedeutsames, wirkt aber schneller, präsenter und kommt jetzt an Bälle, die vorher bei Hallensern landeten.

Zweimal tauchen Frahn und Hebisch vorm halleschen Torwart-Denkmal Darko Horvath auf und verziehen von links knapp am rechten Pfosten vorbei. Auf der anderen Seite könnte Pavel David wieder mal alles klar machen. Aus zehn Metern aber schießt er entschlossen genau dorthin, wo Unger gerade hinfällt.

Wenn hier nichts Komisches mehr passiert, das ahnen die 3400 Zuschauer, dann passiert hier nichts mehr. Die hallesche Kurve, letztes Jahr noch mit zwei Siegen gegen Babelsberg verwöhnt, wird immer leiser. Dann geht sie dazu über, Umfrageergebnisse per Plakat zu veröffentlichen, von denen unklar ist, wer da wen befragt hat. "Halle ist gegen das Produkt Rasenball Leipzig" wurde offenbar ermittelt. "Mich hat niemand gefragt", knurrt ein Tribünenbesucher. In der Babelsberger Ecke unter der Anzeigetafel kontern 150 Mitgereiste mit russischsprachigen Ostalgie-Transparenten und ikonographischen Bildern von unbekannten Männern, die von älteren Zuschauern auf der Tribüne je nach Sozialisation als Karl Liebknecht, Ludwig Ehrhard oder Stalins Stasi-Chef Feliks Dscherschinski erkannt werden.

Unten nehmen nun die Trainer das Heft in die Hand. Dietmar Demuth wechselt
für seinen Torschützenkönig Frahn Kutschke ein. Auch Sven Köhler, der eigentlich wissen muss, dass Babelsberg seine Spiele zumeist in der Nachspielzeit gewinnt, ist mit dem Remis, das sich jetzt beide Mannschaften verdient hätten, nicht zufrieden. Mit Görke kommt ein neuer Mann fürs Mittelfeld, mit Lindenhahn und Aydemir folgen auch noch zwei neue Außen.

Das endlich, unterstützt von einer der üblichen Wurfaktionen der halleschen Fankurve, vermag aus dem bis hierhin sicheren Unentschieden doch noch eine der seltenen halleschen Heimniederlagen zu zaubern. Die erste seit dem letzten Spiel der letzten Saison, in dem es, im Unterschied zu heute, um nichts mehr ging.

Selim Aydemir, ein junger, flinker und technisch eleganter Mann, ist noch kaum zehn Sekunden auf dem Platz, als er zum ersten Mal den Ball verliert. Jan Benes muss retten - und sieht dafür die gelbe Karte. Eine Minute später erneut Aydemir, erneut mit einem Pass, der vor allem elegant aussehen soll. Und wieder schief geht. Babelsberg stürmt, kurz vorm Strafraum muss der bis dahin souveräne Abwehrchef Adli Lachheb den ballführenden Babelsberger umreißen. Freistoß. Aus der Fankurve fliegen Papierrollen, der Linienrichter verlässt seinen Platz, das Spiel wackelt wiedermal, die Abwehr der Hallenser wankt durch eine zweiminütige Unterbrechung, die pure Angst spielt nun mit.

Dann kommt es, wie es kommen muss. Der Freistoß segelt lang in den Strafraum, Kopfballverlängerung - und am langen Pfosten steht der eingewechselte Kutschke einsam und allein, und drückt das Leder aus anderthalb Metern unter die Latte. Das wars. Babelsberg jubelt wie über die gewonnene Meisterschaft, Halles Spieler schleichen mit hängenden Köpfen in die Kurve. Gewinnen Magdeburg und Wolfsburg morgen, ist Halle, letzte Woche noch einen Wimpernschlag lang Erster, plötzlich nur noch Fünfter. Dann könnte die Elf endlich mal wieder "befreit aufspielen" (Waldefried Forkefeld). Vielleicht auch mal 90 Minuten lang, nicht nur 45. Wäre auch schön.

Freitag, 20. November 2009

Money mit der Messermasche

Da ist er wieder, der rechtsfreie Raum, vor dem uns Ursula von der Leyen und Wolfgang 2.0 Schäuble immer gewarnt haben. Auf Milliondollardigit bietet ein gewisser Jesse Distad aus Wisconsin an, sich einen seiner Finger abzuschneiden, sobald die Welt da draußen im Internet ihm eine Million Dollar gespendet habe. Die Operation soll öffentlich vor einer Webcam stattfinden, allerdings nur von denen beobachtet werden können, die zuvor eine Spende geleistet haben.

Bisher haben Blutgierige rund 900 Dollar an Distad überwiesen, eigentlich mit der Seite Admindaily Webseitenprogrammierung anbietet und Webmastern Tipps gibt, wie man mit seiner Seite im Internet erfolgreich Geld verdient. Das allein scheint für den ehemals im Irak eingesetzten Familienvater selbst nicht ganz zu reichen, so dass er jetzt auf die Messermasche setzt. Klappt alles wie geplant, lebt sichs mit einer Million und neun Fingern sicher nicht viel schlechter als ohne das Geld und mit zehn.

Verbot der Woche: Fünfte Kolonne in Photoshop

Ein grafisches Versehen mit Folgen: Die französische Stadt Orange muss Plakate für einen Weihnachtsmarkt abnehmen, weil darauf Hakenkreuze zu
sehen sind. Nach offiziellen Angaben hatte eine Beamtin beim Design nicht aufgepasst. Die Angestellte, die das Plakat am Computer entwarf, benutzte zur Gestaltung ein angeblich "traditionelles indisches Stoffmuster", das sie im Programm Photoshop gefunden haben will. Sie fand es so schön, dass sie die Ankündigung für den Weihnachtsmarkt mit den im Muster enthaltenen kleinen Hakenkreuzen unterlegte.

Während die Organisation SOS Racisme nach Bekanntwerden des Skandals folgerichtig ankündigte an, die Stadt Orange wegen Anstiftung zum Rassenhass anzeigen zu wollen, berät die Bundesregierung über weitergehende Maßnahmen. Sollte sich herausstellen, dass in Photoshop tatsächlich Hakenkreuze enthalten seien, müssten umgehend alle Produkte des Herstellers Adobe auf solche "fünfte Kolonnen" überprüft werden, hieß es in Berlin. Photoshop solle bis zur Prüfung des Sachverhalts durch eine hochrangige Expertenkommission, zu der Internet-Experten, Grafiker, Fotografen und Indologen gehören, im Rahmen der PPQ-Aktion "Verbot der Woche" nicht mehr vertrieben werden. .

Kantersieg im Kampf gegen rechts

Kantersieg im "Kampf gegen rechts" für Klimakanzlerin Angela Merkel und die Mobile Opferberatung. Jahrelang fuhren Medienvertreter auf der Suche nach dem ganz gewöhnlichen Faschismus in der "Mitte der Gesellschaft" (Wolfgang Thierse) der Einfachheit halber in das kleine erzgebirgische Dörfchen Reinhardtsdorf-Schöna, das unerwartet sehr berühmt dafür geworden war, dassl ein Viertel ihrer Bürger stets Kandidaten der NPD wählte.

Mobile Opferberater fanden sich auch ein, verstärkt durch Soziologen, Sozialarbeiter und andere Fördermittelempfänger, der von Rechten unterwanderte Jugendklub wurde kurzerhand geschlossen, zugezogene Zivilgesellschaftler gründeten tapfer eine Bürgerinitiative und die Landesregierung in Dresden legte eine Bargeldpipeline bis ins Dorf, um den traditionell fremdenfeindlichen Dörflern ihre widerliche Sympathie für die NPD abzukaufen.

Das Ganze wurde selbstverständlich wissenschaftlich begleitet: In einer nahezu unlesbaren Broschüre namens “Deutsche Zustände” analysierte die im “Kampf gegen rechts” lokal führende Autorin Bianca Richter “exemplarisch die Selbststabilisierungsfaktoren von feindseligen Ansichten und Verhalten” (Broschüre). Anschließend stellte “sie verschiedene Interventionsmöglichkeiten für die Gemeinde vor” und “das Mobile Beratungsteam in Sachsen zog "Bilanz zu Möglichkeiten der Demokratieentwicklung in Reinhardtsdorf-Schöna”.

Die sind nun unter Ausschluß der Öffentlichkeit ausgeschöpft. Bei der Bundestagswahl 2009 brach der Stimmenanteil der NPD um die Hälfte ein, nur noch 108 Reinhartdsdorfer und Schönaer wollten die Rechtsextremen wählen. Die CDU profitierte am meisten vom demokratischen Sinneswandel, sie holte das Dorf mit 39,5 Prozent der Zweitstimmen zurück in den Schoß der demokratischen Gemeinden. Leider ist das weltweit unbemerkt geblieben, weil der gewonnene Kampf gegen rechts tendenziell eher weniger ein Thema ist als der verlorene. Ohne braune Gefahr keine Fördermittel, ohne Fördermittel keine Schlagzeilen. Außer auf der drögen Statistikseite der Landesregierung und im wackeren Domradio hat den Triumph der Guten gar niemand mehr zur Kenntnis genommen.

Wahrheit tut weh

Donnerstag, 19. November 2009

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

Der hier im Freidenker-Board PPQ gerade erst besprochene Gatte von Nadeschda Konstantinowna Krupskaja, Wladimir Iljitsch Uljanow aka Lenin, dessen Kurzbiografie auf Makedonisch übrigens so lautet: Владимир Илич Ленин (1870-1924) е руски револуционер, лидер на болшевиците и прв премиер на Советска Русија. Според неговите приврзаници неговата теорија се надоврзува на марксизмот (оттука „марксизам-лeнинизам“), а според неговите противници разликите помеѓу марксизмот и ленинизмот се преголеми за да се сметаат за единствена политичка теорија, dieser Lenin also stellt sich, im Nachhinein ist man immer klüger, als großer Kabarettist und Satiriker dar.

Auf dem Gründungskongress der Kommunistischen Internationale dekretierte er 1919, dass "die Diktatur des Proletariats die gewaltsame Unterdrückung des Widerstands der Ausbeuter, d.h. einer verschwindenden Minderheit der Bevölkerung, der Gutsbesitzer und Kapitalisten (ist). Hieraus wiederum ergibt sich, dass die Diktatur des Proletariats unweigerlich nicht nur allgemein gesprochen, eine Veränderung der Formen und Institutionen der Demokratie mit sich bringen muss, sondern eine solche Veränderung derselben, dass die vom Kapitalismus Geknechteten, dass die werktätigen Klassen in einem in der Welt noch nie da gewesenen Maße die Demokratie tatsächlich ausnützen." (Thesen und Referat über bürgerliche Demokratie und die Diktatur des Proletariats, in: Lenin Werke, Band 28, S. 479; Protokoll des 1. Kongresses der Kommunistischen Internationale, S. 122)

Auf die Pointe muss man erst einmal kommen.

Wende auf dem virtuellen Dachboden

Direkt über dem "Geldmarkt", unmittelbar unter dem Kellner, der einer 16-Jährigen in die "Sexfalle" gegangen ist, genau an dem Platz also, an den wir uns immer träumten, damals, als die Mauer noch stand, steht in der nach dem "Spiegel" zweitgrößten deutschen Boulevardzeitung "Bild" heute ein Bericht über unser auf dem Dachboden gefundenes Tondokument aus wilden Wendetagen.

"Youtube", so flunkert das Blatt, "präsentiert die historische Wende-Rede im Internet", was nicht ganz akkurat ist, weil nicht der demnächst sterbende Internetriese auf seinem sicher sowieso nur virtuellen Dachboden gekramt und dabei auf gilbem Orwo-Band weise Böhme-Worte wie "Sie sind das Volk, aber nicht Sie allein" gefunden hat. Sondern unser kleines Freiwilligen-Board PPQ, das all seine wenige Kraft der Bewahrung der schönsten Momente unserer überwiegend tristen Heimatgeschichte widmet. Dafür sind wir damals zwar nicht auf die Straße gegangen.

Aber so kurz vor Weihnachten sind wir geneigt, Nachsicht zu üben. Sobald Zeit und Gelegenheit ist und wieder dominostürzende Jubiläumsfeiern anstehen, "präsentieren" wir dann Teil 2 der "historischen Rede", das Band war ja ein 60er. Also, "Bild", dranbleiben!

Der Letzte macht das Licht aus

Wenn das mal nicht wieder eine sensationelle Nachricht ist! Im Jahr 2060 wird es in Deutschland kaum noch mehr Jugendliche als Menschen im Greisenalter geben, hat das Statistische Bundesamt herausbekommen, das früheren Bekenntnissen nach im Moment allerdings nicht genau weiß, wieviele Menschen eigentlich wirklich in Deutschland leben.

Aber egal, die da sind, werden immer älter und sie bekommen anhaltend wenig Kinder, so sind in 51 Jahren schließlich nur noch 16 Prozent der Deutschen unter 21 Jahre, dagegen aber jeder dritte mindestens 65 Jahre alt. Greise im Alter von 80 Jahren und mehr, die gegenwärtig nur fünf Prozent der Bevölerung stellen, werden 14 Prozent der Bevölkerung ausmachen.

Die niedrige Geburtenziffer von 1,4 Kindern pro Frau kann dauerhaft auch nicht durch die steigende Lebenserwartung ausgeglichen werden - dadurch wird es den neuen Prognosen, die PPQ-Statistiker bereits im Februar vorabgemeldet hatten, ganz allmählich immer weniger Deutsche geben. " Die Bevölkerung werde von derzeit 82 Millionen Menschen auf 65 Millionen schrumpfen", bestätigte Behördenchef Roderich Egeler die im PPQ-Kompetenzteam gewürfelten Zahlen.

Denen zufolge bleibt Deutschland noch volle 15 Generationen von den Kindern, Enkeln und Enkelenkeln der derzeitigen Bewohner besiedelt, ehe der Landstrich abschließend verödet. Von 80 Millionen Deutschen werden bei einer Geburtenrate von 1,37 Neugeborenen pro Frau innerhalb der nächsten Generation immerhin noch fast 55 Millionen. Die wiederum bekommen bei gleicher Kinderzahl noch 37,5 Millionen mal Nachwuchs. Über 25,6, 17,5 und 11,7 Millionen erreicht die Zahl innerhalb der nächsten 150 Jahre bereits unter zehn Millionen.

Um dann anhaltend schnell, aber in absoluten Zahlen im Grunde nur noch vernachlässigbar weiter zu schwinden: Anno 2200 werden noch rund 5,5 Millionen Deutsche das neue Jahr begrüßen, anno 2300 dann nur noch knapp eine Million.

Die können dann allerdings auch langsam zusammenpacken, denn sie werden beinahe Zeitgenossen der nur noch etwa 300.000 Mitglieder zählenden Generation sein, die sich um das Jahr 2450 in den weiten und weitestgehend von der Urbevölkerung entkleideten Landschaften verliert, die einmal Deutschland waren.

Das Ende wird das immer noch nicht sein: Erst weitere 15 Generationen oder umgerechnet rund 500 Jahre später werden die letzten Deutschen endgültig verschwunden sein - von heute an gerechnet bleibt also noch ein ganzes tausendjähriges Reich lang Zeit, den Babyboom zu feiern.

Der Himmel über Halle XX

Das müsste sich wohl "goldener Oktober" nennen lassen, wenn nicht schon November wäre. Ohne Kosten, Steuergeld und Mühe zu scheuen, hat die in der ehemaligen Chemiemetropole Halle kultisch verehrte Stadtverwaltung auch gestern Abend wieder einen denkwürdigen Sonnenuntergang an die Himmelsleinwand projizieren lassen. Im Rahmen unserer Aufgabe als offizielles Dokumentationsboard der fortgesetzten Sky-Spektakel über dem Saaletal freuen wir uns, Bildmaterial des äußerst aufwendig Orange, Grün, Schwarz und Blau eingefärbten Himmelszeltes präsentieren zu dürfen.

Mittwoch, 18. November 2009

Alzheimer bei Eppler

Erst Krebs bei Oskar Lafontaine und nun hat es auch Erhard Eppler erwischt, den letzten großen alten Mann der deutschen Sozialdemokratie. Auf dem Parteitag in Dresden ließ der Zeitzeuge, der einstemals zugegen war, als sich die SPD mit dem Godesberger Programm von der Weltrevolution verabschiedete, erkennen, dass er vieles erlebt, aber auch eine ganze Menge vergessen hat.

So versicherte Eppler den Delegierten, "dass noch nie eine Ideologie so unmittelbar, so gründlich, so erbarmungslos widerlegt worden ist wie der Marktradikalismus durch die Finanzkrise - noch nie". Wobei der rüstige Ex-Revolutionär den durchweg jüngeren Delegierten, die es ja nicht besser wissen können, glattweg unterschlug, dass die jahrzehntelang recht lebendig wirkende Ideologie des Marxismus-Leninismus vor nicht einmal ganz zwei Jahrzehnten von trotzigen Volksmassen noch sehr viel gründlich und erbarmungsloser widerlegt wurde.

"Aber das Erstaunliche für uns alle ist", schloss der für seine allerlei Tatsachen auslassenden Ausführungen gefeierte Kinnbartträger, "diese marktradikalen Thesen haben ihre Widerlegung überlebt". Nicht weiter schlimm, Herr Eppler. Die Idee von Sozialismus im Geist von Marx, Engels und Lenin hat das auch getan. Aber das wissen Sie ja.

Nichts wissen macht nichts

Der Peer Steinbrück, jubelte der McDonalds-Vegetarier und SPD-Chef Sigmar Gabriel jüngst öffentlich in Dresden, habe den Finanzministern der Welt gezeigt, wie man richtig mit der Krise umgeht. Ohne Peer Steinbrück, als Ministerpräsident einst Inspirator der steuersparenden Auslandsniederlassungen der WestLB, wäre der Zusammenbruch der Märkte noch extremer geworden, noch mehr Menschen hätten noch mehr Geld verloren.

Auch, weil ohne den Finanzminister und obersten Aufseher der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau vielleicht weniger Geld aus Deutschland in die USA abgeflossen wäre. Steinbrück, Kämpfer gegen "das Komasaufen auf den Finanzmärkten" und stets Verfechter einer "härteren Aufsicht" über alle Finanzinstitute, lebte als Mitglied des Verwaltungsrates des seinerzeit mit Geldern aus dem Marshallplan gegründeten Institutes vor, wie er sich Aufsicht vorstellt: In der Begründung eines Urteil, mit dem die KfW bescheinigt bekam, ihrem Risikovorstand Detlef Leinberger zu Unrecht gekündigt zu haben, lässt sich jetzt nachlesen, wie es um die Aufsicht bei der Staatsbank stand, die der eben pleitegegangenen US-Bank Lehman Brothers mal eben noch 320 Millionen Euro hinterhergeworfen hatte.


Etwa so wie um die Aufsicht über die Ratten im Kanzleramtskeller, wie die Begründung der Richter zeigt. Den internen Regelungen zufolge habe es "keine Möglichkeit gegeben, bei einer drohenden Insolvenz Geldabflüsse an den betroffenen Geschäftspartner zu verhindern". Organisation und Berichtswesen seien "nicht an die Entwicklung an den Finanzmärkten angepasst worden", die Milliarden und Abermilliarden schwere Kreditanstalt für Wiederaufbau habe nicht einmal "über einen unmittelbaren Zugang zu aktuellen Informationen eines Wirtschaftsdiensts verfügt", wie ihn jeder mittelständische Pumpenbauer hat, um die Kreditwürdigkeit seiner Geschäftspartner zu prüfen.

Peer Steinbrück machte nach der Überweisung der Millionen, die damit natürlich verloren waren, mächtig Druck auf die Geschäftsführung, um die unhaltbaren Zustände abzustellen. Im September ging das Geld verloren, schon vier Monate später, am 20. Januar 2009, beschloss der Vorstand, die aktuelle Risikolage täglich zu beraten.