Sonntag, 31. März 2024

Frohe Ostern!

Vom auferstandenen Herrn erflehen wir die Gnade, nicht dem Stolz nachzugeben, der die Gewalt und die Kriege schürt, sondern den demütigen Mut zur Vergebung und zum Frieden zu haben.

Er selbst kann es ja nun nicht mehr.

In diesem Sinne: Frohe Ostern!

 

 

Frohe Ostern: Im Namen des Hasen

Die Bedeutung des Hasen für die politische Kommunikation wird häufig unterschätzt. Führendste Bundespolitiker aber nutzen die Ostertage gern für Ramadan-Grüße.
 

Im zweiten Jahr nach dem Osterpaket und eins nach dem grünen Osterangriff auf die artgerechte Haltung hat Ostern lange nicht mehr die Bedeutung neuerer Feste, doch im Kalender steht das lange Wochenende immer noch - es sind die Tage, an denen auf den Philippinen Menschen ans Kreuz geschlagen werden, in denen in Rom ein alter weißer Mann wieder einmal vergebens um Frieden betet und die X-Accounts der Politik vor Ostergrüßen überquellen.  

Der gute Brauch tuts aus

Der Bundeskanzler belässt es diesmal nicht bei einem simplen Grußwort, wie es guter Brauch ist. Er geht tiefer, dorthin, wo sich alle "nach einer friedlicheren Welt" sehnen und "in Ostergottesdiensten Christen dafür beten". Weil Elon Musk die zulässige Zeichenzahl beim früheren Twitter nie erhöht hat, reicht danach nur noch zu einer weiteren Wahrheit aus dem Kanzleramt: "Frieden ohne Freiheit heißt Unterdrückung, ohne Gerechtigkeit gibt es keinen. Wir unterstützen die Ukraine im Kampf für einen gerechten Frieden - so lange wie nötig."

Die Außenministerin feiert das Fest, wie es fällt. Aus Respekt für die Gefühle einer kleinen, aber religiösen Minderheit wünscht sie eine friedliche Fastenzeit, ihr Parteigenosse Robert Habeck geht sogar noch einen Schritt weiter und nun die Stunden zwischen Tod am Kreuz, Zeitumstellung und der Erstsichtung des wiederauferstandenen Jesu' durch zwei seiner Jünger auf dem Weg nach Emmaus im Westjordanland. Die beiden Getreuen trafen Jesus, "ohne ihn jedoch zu erkennen" wie die Bibel berichtet. Ein weltgeschichtlich bedeutsamer Moment, erinnert er doch bis heute an den Versuch Israels, sich gegen guten Rat aus Deutschland besser zu schützen. Auch dieses Osterfest ist wieder keines der Ruhe, der Stille und des bangen Starrens auf von Kerzen beleuchtete Kirchen.

Wehrhaft statt Friedensbotschaft

Auf eine laue Friedensbotschaft verzichtet der Vizekanzler. Er nutzt die Gelegenheit stattdessen, um den Knieweichen, den Wankelmütigen, den AfD-Nazis, Wagenknechten, dem Papst und den Sozialdemokraten Durchhalten zu predigen. Nicht nur wehrhaft, sondern "schutzfähig" (®© BWHF) soll das neue Deutschland sein, sagt der Mann, der mit dem flammenden Appell an "gemeinsame" und "ausgebaute Kräfte" seine Ambitionen auf eine Kanzlerkandidatur im kommenden Jahr unterstreicht. Eine Osterbotschaft, die beim Anhang hervorragend ankommt, weil sie aufräumt mit den romantischen Sehnsüchten früherer Ostermarschierer nach einem Einfrieren des Krieges und zugleich auch mit den unverantwortlichen Ängsten, unter denen viele nach Monaten intensiver Bearbeitung durch den getarnten Feindsender "Voice of Europe" leiden. 

Ihrer vom Kreml finanzierten Furcht setzt Habeck seine staatsmännische "Sorge" (Habeck) entgegen, die der Bevölkerung die Angst vor einer Ausweitung des Krieges nehmen will. "Ein ewiger Frieden ist eine regulative Idee", tröstet der Klimawirtschaftsminister, ein echter Frieden dagegen sei ein "Frieden in Freiheit". Das bedeute, dass es "Zeiten geben kann, wo ein Nichthandeln die Bedrohung des Friedens erhöht". Habeck erkläre eben, er analysiere, lege eigene Zweifel und Gefühle offen, formuliere "geradeaus, verständlich", fasst das frühere Nachrichtenmagazin "Spiegel" zusammen. "Er tut, was Olaf Scholz allzu oft nicht getan hat, woran Scholz immer wieder gescheitert ist, wenn es besonders notwendig gewesen wäre." Sogar einen Ostergruß aus drei Worten hat Habeck im Gepäck. 

Die vergessene Botschaft des Hasen

Drei mehr als die Innenministerin zu verklappen hat, deren aktuelle Glückwünsche nicht den Christen gelten, die ihres Religionsschöpfers gedenken, sondern der Ukraine, die an der Fußball-EM teilnehmen darf. Klara Geywitz, Christian Lindner und Steffi Lemke, Boris Pistorius und der wackere Bundespräsident Walter Steinmeier - sie bekümmern in diesen schweren Tagen Trinkbrunnen und Bubatz, den "furiosen Start ins EM-Jahr", die Wiederbelebung des "Weimarer Dreiecks" mit dem "gemeinsamen Ziel der Intensivierung der Zusammenarbeit" und um die Verteilung von Osterorden. Ostern, der Hase, die Friedensbotschaft der Heiligen Schrift, sie spielen keine Rolle, nicht einmal mehr in Rom, wo der zuletzt wegen pazifistischer Schwurbeleien in die Kritik geratene Papst seine Teilnahme am Kreuzweg demonstrativ absagte.

Das ,Schicksal Jesu' aber ist nur wenigen Auftrag, Mahnung und Anlass, den Anhängern der Christenreligion mit Glückwünschen nachzustellen, um bei Wählerinnen und Wähler einen möglichst empathischen Eindruck zu hinterlassen. Der Glaube an die Bedeutung des Hasen ist weltweit auf dem Rückzug, Deutschland aber wendet sich besonders eilig ab - und die politische Klasse marschiert dabei vornweg. Hatte Nancy Faeser ihren Kampf gegen rechts vor zwei Jahren noch demonstrativ unterbrochen, um der Stadt und dem Erdkreis Ostergrüße zu übermitteln, ist die Lage momentan einfach zu angespannt, um ein aufwendig recherchiertes Grußwort an die Schonlängerhierlebenden zu richten wie es bestimmte Populisten tun.

Pragmatisches Hasenverständnis

Das aktuelle Osterverständnis ist pragmatisch, Jesus, der Papst und der Hase sind Privatsache derer, die es nicht lassen können. Für alle anderen aber allenfalls ein Instrument im Ringen um Deutungshoheit: Gesundheitsminister Karl Lauterbach etwa sieht im höchsten Fest der Christenheit eine gute Gelegenheit, Werbung für den "selbstbestimmten Tod" zu machen, In diesen Tagen des Gedenkens an die angebliche Auferstehung möchte er dem Sterben nach eigenem Wunsch "eine neue Chance geben". Hubertus Heil, ein Kabinettskollege mit Milliardenproblemen, geht wagemutig sogar so weit "allen, die über die Feiertage arbeiten, angenehme Arbeitstage" zu wünschen. Allen anderen, die frei haben oder keinen Job mehr, als Bäcker eben gerade mal nicht mehr backen oder als Solarzellenherstellungshelfer vorerst keine Solarzellen mehr herstellen, "frühlingshafte Tage, frohe Ostern und weiterhin Ramadan Mubarak", schreibt Heil.


 

Samstag, 30. März 2024

Zitate zur Zeit: Die Heuchler

Der auch als Fußballfan geltende Sportmaler Kümram hat Theo Zwanziger in Waffenöl gemalt.

Bei der Diskussion über den Wert der Tradition war schon immer Heuchelei im Spiel.

Ex-DFB-Boss Theo Zwanziger weiß ganz genau, wovon er spricht, wenn er den Nike-Deal des Verbands verteidigt. 

Mehr zur Ära Zwanziger: DFB: Machtkampf zwischen falschen Fuffzigern

Aber bitte mit Sahne: Die verrückte Cookie-Liebe der Deutschen

Das Stockholm-Syndrom bringt ein Drittel der Deutschen dazu, die EU-Cookierichtlinie zu lieben.

Sie sind überall, unerkannt leben sie mitten in der Gesellschaft, von außen kaum zu identifizieren, aber innen ganz und gar überzeugt von eigentümlichen Werten, einem fast schon religiösen Glauben an bizarre Riten und im tiefsten Herzen von einem Gefolgschaftsgeist beseelt, der sie zu willigen Werkzeugen einer jeden Obrigkeit macht.

Eine große Minderheit

Ja, sie sind nur eine Minderheit. Aber eine ganz besonders schräge. Und eine erschütternd große: 24 Prozent der deutschen Internetnutzerinnern und -nutzer sind von den Vorschriften, die die Europäische Gemeinschaft sich mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und der ePrivacy-Verordnung zum Schutze personenbezogener Daten nicht genervt, sie halten die Vorschriften nicht für unsinnig und beklagen sich nie über endlose Bestätigungsklick und störende Warnbanner. 

Stoisch akzeptieren diese menschlichen Maschinen das Schicksal, das ihnen EU-Kommission, EU-Parlament und der EU-Rat  zugedacht haben, als sie als Ersatz für die weltweit einmalige und schon außerordentlich störende Cookie-Richtlinie eine Vielzahl von noch viel weitergehenden neuen Regelungen einführten. Für Behörden, Unternehmen und Webseitenbetreiber begann eine Ära mit zahlreichen neuen Dokumentationspflichten. 

Zeitalter des Wegklickens

Für harmlose Privatnutzer das Zeitalter des Wegklickens: Theoretisch hatten die Führerinnen und Führer der europäischen Wertegemeinschaft vorgesehen, dass Internetnutzer vor der Nutzung einer jeden Internetseite aufmerksam seitenlange Informations- und Warndokumente studieren, um sich über das Risiko klarzuwerden, das sie etwa mit dem Besuch der Seite der Europäischen Union eingehen. Das würde ein Signal in die Welt senden und Staaten auf allen Kontinenten flugs bewegen, ihre Insassen ähnlich umfassend zu schützen.

In der Praxis jedoch scheiterte die große Reform an der Ignoranz und Faulheit der Menschen. Statt zu lesen, wird weggeklickt. Statt die kluge Weiterentwicklung und Umsetzung der Maßnahmen zum Schutz der Bürger zu lobpreisen, wird geschimpft, von Bevormundung gesprochen und der maßgebliche Leitfaden für die Anwendung von Cookies auf Websites weitgehend ignoriert. 

Fast hätte die EU

Selbst die EU war bereits einmal kurz versucht, eine Überarbeitung des bürokratischen Monsters anzugehen, um durch eine weitere Verkomplizierung "die Durch- und Umsetzung der DSGVO besser" (EU) zu machen. Das Vorhaben aber liegt auf Eis. Auch, weil immerhin ein knappes Viertel der Deutschen sich einer Umfrage des Digitalverband Bitkom zufolge überhaupt nicht an den ausführlichen Hinweisen auf die Datennutzung stört, die immer wieder auftauchen. Und nicht daran, dass sie alleweil lang bestätigt oder angepasst werden müssen.

Drei Viertel der mehr als 1.000 Befragten sind von diesen Cookie-Bannern und Tracking-Einstellungen genervt. Zwei Drittel (68 Prozent) sagen sogar, sie möchten sich damit gar nicht mehr beschäftigen. Hier finden die Internetriesen das Publikum, das alles nur noch besinnungslos wegdrückt oder gar Browsererweiterungen zu diesem Zweck nutzt. Die europäische Gemeinschaft mit ihrer überbordenden Bürokratie, ihrem Regelwust und ihren undurchschaubaren Entscheidungsprozessen zeigt sich so am Zugangspunkt zum Netz transparent wie selten: Die Menschen entscheiden sich eigenständig, alle Vorschriften zu ignorieren.

Abstand von der Zukunft

Bei rund der Hälfte der Befragten (51 Prozent) hat die EU sogar noch mehr erreicht: Sie gaben an, manche Angebote gar nicht mehr zu nutzen, weil sie "zu viele Cookies" (Bitkom) verwenden. Nur einem Drittel sind die Cookie- und Tracking-Einstellungen eigenen Angaben zufolge wichtig, weil schließlich überall auf die fürchterlichen Gefahren aufmerksam gemacht wird. Allerdings sagt ebenfalls rund ein Drittel (31 Prozent) zu den eigenen Abwägungsentscheidungen: "Ich verstehe die Einstellungen nicht". 

Der mündige EU-Bürger als Betreuungsgegenstand, fürsorglich von gesetzlichen Vorgaben umgeben, die ihn auch sein eigenes Todesurteil ungelesen abzeichnen lassen würde. Die Mehrheit der Nutzerinnen und Nutzer hat sich das weder gewünscht noch darum gebeten, sie hat nun allerdings auch keinerlei Möglichkeiten, die von einer selbstverliebten Bürokratie zusammen mit einem weitgehend unkontrollierten politischen Apparat erlassenen Vorschriften aufzuheben oder auch nur zu verändern. 

Hilflos ausgeliefert

Den hilflos Bemutterten bleiben drei Wege der Akzeptanz: Das Ignorieren, die Wut und die Entwicklung einer tiefen Zuneigung aufgrund des Stockholm-Syndroms. Etwa ein Drittel der Menschen entscheidet sich offenbar für diesen Weg, bei dem Opfer von Geiselnahmen ein positives emotionales Verhältnis zu ihren Entführern aufbauen. Während die EU auf der einen Seite alles tut, um Anbieter zu veranlassen, einen barrierefreien Zugang zu allen Internetangeboten zu gewähren, baut sie selbst auf der anderen Seite mit Leidenschaft an Barrieren. Schon um zu verhindern, dass allzu umfänglich über die weitgehenden Pläne der Gemeinschaft zur umfassenden Kontrolle der Bewegungen der Bürgerinnen und Bürger im Netz diskutiert wird.

Die Liebe zur Unterwerfung

Was das nun für Menschen sind, die dem allem mit Liebe und Herzlichkeit begegnen, die nicht nur widerwillig mitmachen, sondern ihr Los als Cookierichtlinienopfer freudig hinnehmen, ist bisher nicht erforscht. Völlig unklar gilt in der Wissenschaft deshalb, welche Einzelschicksale dahinterstehen, wie etwa die Kindheit und Jugend der sagenhaften 24 Prozent der Internetnutzerinnen und -nutzer verlaufen ist, die nicht nur grundsätzlich und stoisch allen Cookie- bzw. Tracking-Vorgaben zustimmen, sondern dabei nicht einmal einen Hauch von Zorn, Wut und Widerstand empfinden.

Es sind sichtlich Menschen, denen nicht nur die Lust fehlt, sich damit zu beschäftigen, wie es kommen konnte, dass ihnen ein solcher Zwang auferlegt wird, sondern denen es gelingt, ein leeres Ritual ohne jeden Zweck oder Sinn noch als positiv zu empfinden. Gelänge es, herauszufinden, welche Lerninhalte, Strafen und Belobigungen zur Entwicklung solch sklavischer Charaktere führen, wäre der künftigen Lenkung und Leitung des Landes sehr geholfen. Von Kindesbeinen an könnten Nachwachsende entsprechend erzogen werden, eine Grundfolgsamkeit würde sie gegen Ideologien der Ausgrenzung und gegen innere Zweifel an Maßnahmen immunisieren.

Freitag, 29. März 2024

Abschied vom Radio-Feminismus: Maximum Rock

Sachsen verabschiedet sich zu Ostern von seinem Frauenradiosender.


Drei Jahre hielten sich die Female Topics, drei Jahre lang spielte "Femotion Radio" seinen Hörerinnen dieselben Songs wie alle anderen ins Ohr, lieferte dazu aber auch "bestes Infotainment, mutige Aktionen und starke Hingabe" (Eigenwerbung) für Frauinne, die ein "junge Programm" mit den relevanten Schwerpunktsetzungen zur Zeit auf angemessene Art wertzuschätzen wissen. 

Für das weibliche Radio in Deutschland war es ein Riesensprung, was die Macherinnen aus Leipzig da auf die Welle brachten: Gerade erst kam die Sächsische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien nicht umhin, dem Sender den Hörfunkpreis in der Kategorie "Beste journalistische Leistung des Jahres" zu überreichen.

Rechte, Krieg und Klimakrise

Aber es reichte eben nicht. Wie so wenige hoffnungsvolle Pflänzchen muss auch die Femotion GmbH aus Leipzig dem unablässigen Erstarken des Rechtsextremismus, dem Krieg und der Klimakrise Tribut zollen. Zwar meldet das Unternehmen nicht Insolvenz an, doch es sendet ab Ende des ersten Quartals nicht mehr. Zu viele zu billige chinesische Importe. 

Zu hohe Energiekosten trotz des seit der Debatte um die Einführung eines Industriestrompreises kräftig gesunkenen Börsenstrompreises. "Trotz hoher Bekanntheit und einer für ein junges Programm überdurchschnittlich starken Nutzung und Hörerbindung", so die Radiomacherinnen, sei "aufgrund der konjunkturbedingt herausfordernden Refinanzierungssituation am Werbemarkt keine ausreichende wirtschaftliche Perspektive für eine Fortführung des Projektes gegeben" gewesen.

Mehr Gleichberechtigung in Sachsen

Die Radiogemeinschaft trauert, doch mit dem Ende des Frauenradios schafft Sachsen einen großen Schritt hin zu mehr Gleichberechtigung zumindest zwischen den beiden Geschlechtern, die der Deutsche Fußball Bund (DFB) offiziell anerkennt.  Gab es bisher kein Männerradio im Freistaat, gibt es nun equal radio für alle. 111 Stationen sind derzeit über das Netz zu empfangen, darunter nicht nur öffentlich-rechtliche Stationen, sondern auch Elite-Radio, Bullenradio und Sat-Zentrale Retro, die sich wie Femotion als "absolut einmaliges Special-Interest-Angebot aufgebaut" und damit "eine starke und thematisch treffende Marke etabliert" haben.

Female Empowerment macht Pause

Was nun fehlt, ist allerdings das Female Empowerment, das im Femotion-Team eine bärinnenstarke Stimme gefunden hatte. Eine gute Nachricht für alle Fans der bekannten Programm- und Podcast-Formate wie dem beliebten "Business-Club": Die Geschichten mutiger Macherinnen und Karrierefrauen, die inspirieren und Mut machen, sowie einige weitere unique Formate werden off air fortgesetzt und finden schon bald auf bekannten Podcast-Plattformen eine neue Hörheimat. Auch der Instagram-Auftritt, eine mit mittlerweile fast 30.000 Followerinnen unterhaltende und informative Spielwiese für alle Themen „Von Frauen für Frauen“, wird weitergeführt. 

Den bisherigen Femotion-Radio Programmplatz im DAB+Netz übernimmt Star FM Maximum Rock, "Deutschlands erfolgreiches Rock-Radio-Network, das "die ganze Welt des Rock auf Deutschlands großer Rock-Plattform" bietet.

Karls Impfkampagne: Kleine Geldspritze unter Freunden

Banger Blick beim fünften Booster: Karl Lauterbach ging auch den dritten Corona-Winter mit einer Spritze an. Als einer von ganz wenigen.

Es ist eines der ikonischen Bilder, die aus den Jahren der Pandemie geblieben sind. Karl Lauterbach, einer der mutigsten Mahner ganz Deutschland, sitzt an jenem Tag im September 2023 auf einer Krankenliege in einem Bundeswehrkrankenhaus, betreut von einer Ärztin im Offiziersrang. Die Pandemie, so glauben die meisten Deutschen, ist vorüber, der Alltag zurück.  

Der letzte Piks

Doch der frühere Christdemokrat, inzwischen seit Jahren SPD-Mitglied aus Überzeugung, weiß es wieder besser: Karl Lauterbach ist bereit, sich noch einmal gegen die aktuelle Omikron-Variante des neuartigen Lungenvirus impfen zu lassen. Der "Piks" (Bundesregierung) mit dem speziell angepassten Biontech-Impfstoffs wird Lauterbachs fünfte "Vollimmunisierung". Dennoch: Im Moment des Einstichs schaut der Gesundheitsminister weniger erwartungsfroh als bang. Lauterbach weiß aus Erfahrung ganz genau, was nun kommt. Doch der Schmerz, dass all das vergebens sein wird, er steht ihm ins Gesicht geschrieben.

Wie damals sind sie auch nun wieder dabei, alles zu zerreden, zu zerpflücken und die großen Erfolge der Bundesregierungen im Kampf gegen die weltweite Seuche in Abrede zu stellen. Nach dem rechtslastigen Magazin "Multipolar" und dem Ausrutscher des ZDF, das dessen Framing übernahm, ist es nun der Bundes­­rechnungs­­hof, der mit fragwürdigen Attesten zur Corona-Aufarbeitung selbst Zweifel an seiner Zuverlässigkeit schürt. So sei der Auftrag zur Impf-Kampagne "Ich schütze mich" unrecht­mäßig an eine Firma vergeben worden, die sich ihre Sporen zuvor als Werbeagentur der deutschen Sozialdemokratie verdient hatte - ein Zufall, auf dem die meisten Berichterstatter allerdings nicht weiter herumreiten. 

Am Lagerfeuer der Freigiebigen

Versammelten sich die "Vernünftigen" (ZDF) seinerzeit um die Lauterbach-Kampagne wie um ein "Lagerfeuer", das die durch Dunkle streunenden Ungeimpfen abschrecken sollte, fallen nun alle über den Minister her, als wäre die Begeisterung über den zu allem entschlossenen Minister "angesichts steigender Fallzahlen" (NDR) nicht groß gewesen. Gerade weil sich in jenem ersten Herbst des Krieges, in dem die "Tagesschau" nicht mehr Tag für Tag über die Pandemie berichten konnte, durch einen buchhalterischen Trick der EU über Nacht Millionen von "Geimpften" in "Ungeimpfte" verwandelten, war es wichtig, nachzuspritzen. Schließlich hatte der Bundeskanzler selbst ein Bundesimpfziel ausgerufen, dessen Erreichung zehn Monate später weiter entfernt war als jemals zuvor.

Der unerschrockene Karl Lauterbach sprang in die Bresche. Was ihm nun im Prüf­­bericht als "eine Auflistung von Fehlern und Ungereimt­heiten" samt Verstoßes gegen das Vergaberecht ausgelegt wird, galt damals als lebensrettende Maßnahme und unerlässliche "Angstkampagne" (Deutsche Presseakademie), die weder vollständig dokumentiert noch irgendwo infragegestellt werden musste. Schließlich führte Lauterbach echte Opfer vor, prekär Prominente wie die feministische Autorin Margarete Stokowski, die sich anschließend ins Privatleben zurückzog.

Für alle die, die ihn ernstnehmen

Hier, am Lagerfeuer der Freigiebigen, an dem Karl Lauterbach 45 Millionen Euro "für alle die, die die Pandemie weiter ernstnehmen" (Lauterbach) auf den Kopf klopfte, bestanden damals keine Zweifel an nichts. Dass Stokowski sich "wenige Wochen nach ihrer dritten Impfung mit dem Coronavirus infiziert hatte und deshalb am geheimnisvollen "Long Covid" erkranke, also keinesfalls an rechtsextremistischen Impffolgen leiden konnte, stellte sie selbst in ihren Social-Media-Kanälen regelmäßig klar. Dank Lauterbachs Millionen konnten viele andere nun mit Plakaten gewarnt werden, auf denen Menschen unter der Überschrift "Ich schütze mich" versuchten, die letzten paar Milliarden eingelagerter Impfdosen vor der drohenden Vernichtung zu bewahren.

132 Millionen Ladungen mussten dennoch entsorgt werden, aber "aufgrund der genetischen Variabilität des Coronavirus". 13 Milliarden ließ der Bund den Steuerzahler die insgesamt eingekauften 350 Millionen Dosen kosten, der schließlich weggeworfene Überbestand erforderte allein Investitionen von rund fünf Milliarden Euro. Die Aufregung um Lauterbachs kleine Geldspritze vor Beginn des "dritten Corona-Winters", der dann ausfiel, erscheint so objektiv betrachtet weniger als das "45-Millionen-Problem", das das ZDF gern beschwören möchte als vielmehr als belanglose Petitesse: Der finanzielle Freundesdienst an die bewährten Propagandisten früherer sozialdemokratischer Werbekampagnen macht nicht einmal ein Prozent des im Zuge der Booster-Bestellungen verschwendeten Mittel aus.

Die CDU bestellt

Das angeblich so "teure Lagerfeuer", das der Bundesrechnungshof beklagt, war vielleicht unrechtmäßig bestellt worden und der von der Opposition aus durchsichtigen Gründen aufgemachte Vorwurf des "Verdacht der Vetternwirtschaft" mag sogar zutreffen. Doch die vertragliche Basis für die Verpflichtung der SPD-Erfolgsagentur für die Kommunikationslinie "Ich schütze mich" war eben ein Rahmenvertrag mit der Agentur Scholz & Friends, den die Bundesregierung in der Zeit von Angela Merkel und Gesundheitsminister Jens Spahn mitten in der extremen Krisensituation der vernichtenden ersten Corona-Welle im März 2020 nach einer europaweiten Ausschreibung mit der in der CDU traditionell besonders beliebten Agentur Scholz&Friends geschlossen hatten.

"Dieser Rahmenvertrag sah vor, dass die konkret zu erbringenden Leistungen von der Auftraggeberin maßnahmenbezogen abgerufen werden", hatte Lauterbachs Ministerium bereits vor einem Jahr erklärt. Zur Erfüllung von erforderlichen Leistungen konnten dabei auch Unterauftragnehmer in Anspruch genommen werden, so dass eine Extra-Ausschreibung nicht erforderlich gewesen sei. Helge Braun, als Vorsitzender des Haushaltsausschusses wegen des möglichen Missbrauchs so besorgt, dass er den Bundesrechnungshof zu Hilfe rief, war damals als Kanzleramtsminister selbst mit der Bestellung befasst.

Donnerstag, 28. März 2024

Statt der RKI-Protokolle: Kate, Königin der Schlagzeilen

Keiner kann Kate das Wasser reichen, schon gar nicht ein umstrittenes Thema wie die RKI-Protokolle.

Was sind die Hintergründe der jahrelangen Aussetzung von Grundrechten für Millionen gegen die Leiden einer Angehörigen des britischen Königshauses? Welche Rolle spielen gesellschaftliche Verheerungen im größten Mitgliedsstaates der EU noch, wenn gleich nebenan, jenseits des Kanals, ein Schicksal gemolken werden kann, das beinahe so vielversprechend wirkt wie das der später tödlich verunglückten Lady Diana, die seinerzeit aus lauter Liebe von den Medien "in den Tod getrieben" (Stern) worden war?

Einzelschicksale statt nationale Aufreger

Für alles zugleich reicht der Platz nie. Wie in der "Tagesschau", die die gesamte Welt jeden Abend in genau 15 Minuten passen lässt, muss aufgrund der Vorgaben des ersten Gesetzes der Mediendynamik überall klug gewirtschaftet werden mit Aufmerksamkeit, Klickmanagement und der Einordnung von Ereignissen nach ihrer tatsächlichen Bedeutung für das Leben der Menschen. Schicksalsfragen der Nation müssen aus Gründen der Unübersichtlichkeit zurückstehen hinter einfachen und damit auch für den einfachen Mann auf der Straße greifbare Einzelschicksale. Die geben zudem meist vom ersten Moment an die Gewähr, dass sie sich nicht missbrauchen lassen, um die Gesellschaft zu spalten und Zweifel zu nähren.

Dass die schwer erkrankte Kate Middleton damit von weitaus größerer Bedeutung für 84 Millionen Deutsche ist als das leidige Geraune über Dokumente aus der Corona-Zeit, geschwärzte Gesprächsprotokolle und Skandale, die "keine sind" (Tagesschau), liegt auf der Hand. Das Thema "Kate" samt Krebs und Krankheit läuft bei den großen Nachrichtenagenturen unter "Unterhaltung", wird also auf derselben Fabrik geliefert wie früher Teppichluder, Küblböck, Michael Jackson und die schnackselnde Fürstin Gloria.

Sichtungen und Märchen

Alles ist möglich. Jeder darf sich ausdenken, was immer er will. Hat ein Zeuge hat eine "wohl gesunde Kate zusammen mit Prinz William gesehen" (Südkurier)? Was ist dran an der Sichtung? Enden damit die Gerüchte um ihren Gesundheitszustand, die zuletzt von Camilla gestreut worden waren, einer Frau aus dem Umfeld des britischen Königshauses, in das die deutschen Leitmedien ebenso verliebt sind wie die revolutionärsten Sozialisten in den Regierungsparteien. Hauptsache, keine Realität, Hauptsache, Bürgerin und Bürger fühlen sich gut unterhalten von den schlechten Nachrichten aus London.

Für knappe zehn Milliarden im Jahr lässt sich kaum ein besseres Bildungsprogramm kaufen. 32 Mal hat das ZDF allein in seiner "Heute"-Sendung in den letzten 14 Tagen über den Fortgang der Ereignisse bei den Royals berichtet, die "Tagesschau" liegt mit 30 liebevoll gemachten Updates nur knapp dahinter. Bei aller Liebe: Dass die Kapazitäten angesichts dieser zweimal am Tag vorgenommenen Aktualisierung der Berichte zur Lage im Königspalast knapp werden, so dass beim Thema RKI-Protokolle einige Abstriche an der Erkenntnistiefe und Frequenz der Berichterstattung gemacht werden müssen, leuchtet ein.

ARD und ZDF setzen Prioritäten

Nicht nur das ZDF und die ARD-Tagesschau müssen hier Prioritäten setzen. Auch ehemalige Nachrichtenmagazine wie der "Spiegel" arbeiten hier nach Angebot und Nachfrage: 58 aufklärende, informierende und immer auch hübsch unterhaltende Beiträge zu Kate, darunter Kostbarkeiten wie "Frau im Hexenkessel", "Verschwörungsmythen um Kate sind kein Spaß" und "Aus Dianas Tod nichts gelernt", stehen gegen immerhin sieben Erwähnungen der RKI-Protokolle, über deren gesellschaftliche Relevanz und Bedeutung damit alles gesagt ist.

Sie haben keine, zumindest nicht verglichen mit Kate, der Königin der Schlagzeilen, die Tauruslieferungen, rechter Gefahr, den in aller Stille beendeten Massenkundgebungen gegen die drohende Remigration von Millionen und selbst dem immer gern genommenen Thema "Ampelstreit" den Rang abgelaufen hat. Statt Hetzern und Zweiflern zu erlauben, "mit der Pandemie noch heute Stimmung gegen unsere parlamentarische Demokratie" zu machen, wie Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt vor dem medialen Herumreiten auf den Protokollen aus dem Robert Koch-gewarnt hat, hilft Kate, eine drohende "Debatte über die staatliche Coronapolitik" gar nicht erst "neu zu entfachen" (Spiegel). 

Wozu auch? "Die Politik sollte die Pandemie selbst aufarbeiten, statt das Verschwörungstheoretikern zu überlassen", schließlich wissen die Verantwortlichen selbst am besten, welche Fehler vielleicht doch gemacht wurden und wo man einander am meisten verzeihen muss. 

Wachstumschancengesetz: So zündet die Konkunkturbremse

Abgeschaltete Anlagen sorgen für immer mehr Klimawohlstand, bereiten aber statistisch Sorgen, weil der Optimismuskel schwächelt.

Nein, mag es auch noch so schlecht stehen - das R-Wort wird nicht verwendet. Rein rechnerisch steckt Deutschland seit Monaten mittendrin in einer Rezession, die nicht einmal mehr die Bundesstatistiker als "technisch" und nicht einmal mehr die besten Gesundbeter im Gemeinsinnfunk als kleines Schwächeln abtun können.  

Der böse Begriff

Doch der böse Begriff, der in Millionen Deutschen ungute Erinnerungen an das Leben als kranker Mann Europas weckt, er will nicht fallen. Nirgends. Als stehe es auf einem amtlichen Index, als sei die Verwendung des Fachbegriffes für eine über mehrere Quartale schrumpfende Wirtschaft unter strenge Strafe stellt, spricht zwar die Bundesbank von einer Rezession. Aber nur "in diesem Quartal" und nur wegen des "aufkommenden Rechtsextremismus". 

Die Leitmedien steigen aber auch darauf gar nicht erst ein. Für sie ist Rezession etwas, das sich auf jeden Fall in Großbritannien abspielen kann, ja muss, wegen des Brexit. Auch in den USA ist es vorstellbar, denn dort droht Trump immerdar. Deutschland aber hat sicher schlechtere Zahlen, aber die besseren Prognosen: Selbst ein schrumpfendes Bruttoinlandsprodukt steht hier unter der Überschrift "Wirtschaftswachstum". 

Selbst dienstbare Institute, die mit der deutlichen Korrektur ihrer Wachstumsprognosen stets warten, bis die Wirklichkeit sie schon wieder überholt hat, umschreiben Anhalten einer nahezu bewegungslosen Situation fast schon liebevoll: Die "schwächelnde deutsche Wirtschaft" werde sich "in diesem Jahr nicht so schnell erholen wie noch im Herbst erwartet". 

Verschoben und noch mal verschoben

Nun wird 2024 auf 2025 verschoben. Erst dann komme es dann wohl doch unter Umständen vielleicht wirklich wenn diesmal nichts dazwischenkommt zu den 1,4 Prozent Wachstum, die bis eben noch für 2024 errechnet, ermittelt und vorhergesagt waren. Das wären dann nur 0,1 Prozent weniger als die "fünf führenden Wirtschaftsinstitute" im alten kalten Kaffeesatz gelesen hatten. Trifft diese Prognose zu, wartet im laufenden Jahr immerhin ein bleistiftspitzes Wachstum von 0,1 Prozent auf die Deutschen, ein symbolischer Wert, der technisch die Funktion eines Trimmdich-Rades übernimmt, auf dem die Deutschen ihren Optimismuskel trainieren sollen, wie die Schriftstellerin Thea Dorn empfiehlt. 

Denn dieses ganze Wachstumsgedöns sei letztlich nur "eine Frage der Haltung", eine Rezession ohne R-Wort ist quasi gar keine und der Verweis darauf, dass heute in Deutschland 1,5 Prozent mehr Menschen leben als noch vor zwei Jahren, verbietet sich. Zuversicht müsse nur ordentlich trainiert werden, "um sie in sich zu spüren" (Dorn), niemand braucht dazu Zahlen, denn das "deutsche Wirtschaft kränkele" oder auch "schwächele", betrifft niemanden, weil "die Reallöhne der Arbeitnehmer sowohl in diesem als auch im kommenden Jahr zulegen" (Die Zeit).

Ein wahres Wunder

Man mag es ein grünes oder ein Wirtschaftswunder wie damals nennen wie der Kanzler, wenn vom weniger mehr verteilt wird. Aber vom "dramatisch schlecht", mit dem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck die Lage eben noch schlechtgeredet hatte, ist in der Frühjahrsprognose nur eine "zähe konjunkturelle Schwächephase mit schwindenden Wachstumskräften" übriggeblieben. Von wegen "so können wir nicht weitermachen", wie Habeck gewarnt hatte. 

Seit das große Wachstumschancengesetz endlich doch verabschiedet wurde, zündet die drei prächtige Milliarden schwere Konjunkturbremse richtig: Seit 2018 ist das Produktionsvolumen der Industrie jährlich im Mittel um 1,3 Prozent gesunken. Die frischen drei Milliärdchen werden nun ganz bestimmt eine Trendumkehr einleiten. 

Das hat der EU-Wiederaufbauplan für Europa gezeigt: Das "größtes Konjunkturpaket aller Zeiten" (EU) hatte mehr als zwei Billionen Euro aus einem "Aufbau- und Resilienzfazilität" getauften neuen Schuldentopf in ein "grüneres, stärker digital ausgerichtetes und krisenfesteres Europa" investiert und auf diese Weise imponierende Wachstumsraten von bis zu 0,6 Prozent produziert - man habe Schinken wurde nach der Wurst geworfen, getroffen aber worden sei Käse, kommentiert ein Beamter in Brüssel.

Morgen, morgen, nur nicht heute

Deutschland wird es besser machen. Aber "morgen, morgen, nur nicht heute" (Christian Felix Weiße, 1726-1804). Ganz ohne den Industriestrompreis, das Klimageld und die leidenschaftlich diskutierten Hilfen für die letzten Solarhersteller sind die Aussichten prächtig, nur eben später oder noch später, dafür aber deutlich bescheidener.  Selbst die führendsten Prognostiker müssen ihre solidarischen Vorhersagen immer dann anpassen, wenn das Lachen im Saal zu laut wird. Alle Hoffnungen richten sich nun darauf, dass es wenigstens zu einer Stagnation reichen wird, getragen vom privaten Konsum,  finanziert aus den tiefen Taschen einer ungewissen Zukunft.

Mittwoch, 27. März 2024

Weitergehn, es gibt nichts zu sehen: Die Corona-Protokolle

Zum Schutz der Allgemeinheit mussten Angaben in den RKI-Protokollen geschwärzt werden. Das aber nutzten nur Wichtigtuer und Klugscheißer, um neue Verschwörungstheorien daraus abzuleiten.


Multipolar, Monopol (Turi) oder Geratewohl, natürlich verband sich mit der Klage auf Herausgabe der Pandemie-Protokolle des Robert-Koch-Institutes eine geheime Hoffnung. Hatten sie hinter den Kulissen etwa? Grundrechte missachtet? Kalt und mit Kalkül über einen mechanischen Regelungsapparat die Verfassung außer Kraft gesetzt? Wissentlich Maßnahmen verhängt, die nicht wirksam waren? Impfstoffe freigegeben, die nicht ganz so gut zu vertagen sind wie andere?

Eine virologischer Widerspruch von PPQ-Kolumnistin Svenja Prantl.

Prantl bezog früh Position.
Aber nein. Es war wichtig, dass nicht alles im Nachhinein zerredet wird, dass nicht Beckmesser und Schlaumeier daherkommen und ausgerechnet dem Land, das mit einer Regierung gesegnet war, die immer punktgenau das Richtige tat, nachweisen, dass es auch anders gegangen wäre. ARD, ZDF, der Spiegel, die SZ und all die anderen Medienhäuser haben deshalb auch in derselben Minute wie das damalige Bundeskabinett den Schalter umgelegt: Eben war noch Corona. Dann nicht mehr. In möglichen Wunden bohren, nach Fehlern suchen und Verfehlungen anprangern, womöglich noch mit der Begründung, dann könne es jeder beim nächsten Mal besser machen, darauf wurde verzichtet. 

Es gibt auch ohne Recherchen, von denen vorher niemand das Ergebnis kennt, immer genug Stoff für 15 Minuten Tagesschau, für Talkshows und politische Magazine wie "Monitor". Eine vierte Gewalt soll kontrollieren, aber die Prozesse nicht stören.  

Dass nun ein "Medium eines rechten Verschwörungstheoretikers" die "Corona-Protokolle des Krisenstabs am Robert Koch-Institut herausgeklagt" hat, wie das frühere Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" bedauernd zusammenfasst, muss deshalb eingeordnet werden. "Große Aufregung, wenig Neues", fasst eine Faktencheckermannschaft aus drei hochrangigen Nachrichtenbeamten knapp zusammen. Bitte weitergehen, hier gibt es nichts zu sehen.

Ein durchsichtiger Versuch

Nichts davon hätte irgendjemand wissen müssen. Belanglos. Störfeuer. Ein durchsichtiger Versuch, die Gesellschaft erneut zu spalten. Dort, wo echter Journalismus betrieben wird, wusste man das schon lange. Wie der "Spiegel" verzichteten auch sämtliche anderen großen Häuser auf den Versuch, nachschauen zu wollen. So weit, so gut. Das wird schon alles seine Ordnung gehabt haben, schließlich war man selbst meist ganz vorn dabei, wenn neue Maßnahmepakete noch besser erklärt werden mussten, jähe Wendungen zu verteidigen waren und es galt, BWHF-Schöpfungen wie "Osterruhe", "Bundesnotbremse", "Alltagsmasken" und "Kontaktsperre" eiligst zu popularisieren. Soll das nun alles infrage gestellt werden dürfen? Von Schwurblern, die staatseigenes Material benutzen wie russische Trolle Bundeswehr-Gesprächsprotokolle?

Es handelt sich hier, das sieht ein Blinder beim Lesen der Schwärzungen in den "freigeklagten" (Merkur) Unterlagen, um einen "Skandal, der keiner ist" (Tagesschau). Alles "weit weniger brisant" als behauptet, alles kein Grund, schon gar nicht für eine "große Welle der Empörung". Ja, sie haben den guten AstraZeneca-Stoff noch empfohlen, als sie selbst schon ernste Zweifel hatten. 

Aufrundung der Zahlen

Aber mal ehrlich: Konnten sie denn wissen, dass das rauskommt? Und die Aufrundung der Zahlen im ersten Lockdown, um auf einen R-Wert von über 1 zu kommen? Hand aufs Herz. Wer hätte angesichts einer bevorstehenden Bund-Länder-Runde, die sich ohne einen R-Wert über 1 womöglich für sogenannte Öffnungen entschieden hätte, nicht so gehandelt? Das kleinliche Nachkarten, die Suche nach einer Wahrheit, die droht, letztlich nur den Falschen zu dienen, das bringt nun auch nichts mehr. Vergossene Milch, denn die Opfer sind tot, die Regierung hat gewechselt und Fehler wurden gemacht, aber eben bewusst so, dass sie nicht das Grundvertrauen der Bürgerinnen und Bürger erschüttern.

Es nützt doch alles nichts mehr. Ein Mann wie Karl Lauterbach regiert heute, damals aber regierte er von der Talkshowcouch aus nur die Stammtische. Die Virologen und ihr Streit um dieses und jenes - wer kann heute noch nachvollziehen, warum dieser oder jener ehemals angesehene Wissenschaftler aus der Gnade fallen musste? Gar nicht zu reden von denen, die sich wider die Tageswahrheit stellten und an allem zu zweifeln vorgaben, immer zu falschen Zeit: Sie wollten Masken, als es keine gab, sie lehnten Masken ab, als endlich welche vorhanden waren, sie verweigerten die Impfung und betonten dreist das "unveräußerlich", das das Grundgesetz vor das Wort "Menschenrechte" gesetzt hat. 

Schädliche Diskussionen

Ebenso wenig wie die Diskussion darüber, wer wann wem welchen Befehl gegeben hat, wo wider besseres Wissen gehandelt wurde und wer die größte Menschheitskrise kalt und klug als Karrierechance nutzte. Nachholende Diskussionen darüber wären schädlich, nicht zuletzt für die großen Medienhäuser, die in den Pandemiejahren mit einem Stift schrieben, an einem einzigen Text und dabei nicht einmal davor zurückschreckten, Abweichler aus der eigenen Blase öffentlich zu maßregeln. Über allem steht die Hoffnung auf Einsicht: Würden die Menschen endlich anfangen, einfach alles zu glauben, was gesagt wird, und alles zu tun, was die Regierung für erforderlich hält, könnte die Gesellschaft schon viel weiter sein.

Was geschah, war doch Besten, zum Besten aller. Vor diesem Hintergrund konnte die ans Licht gezerrten Corona-Protokollen des Robert-Koch-Instituts aus den Jahren 2020 und 2021 gar nicht zu mehr Transparenz oder einer nacheilenden Einsicht in die Notwendigkeit der Hochstufung der Risikobewertung, der Einführung einer Zwangsimpfung und der Aufrechterhaltung einer FFP2-Maskenpflicht noch Jahre nach der Erkenntnis ihrer völligen Nutzlosigkeit führen. 

Zu Unrecht Unrecht getan

Ja, auch der Bevölkerung wurde zu Recht oder zu Unrecht Unrecht angetan. Aber alle, die daran mitwirkten, meinten es doch nur gut. Ein wissenschaftliches Institut, das ebenso wie der Ethikrat, das gesamte Bundesbeauftragtenwesen und zuletzt der neue Bürgerrat einzig zum Zweck unterhalten wird, seiner aufsichtsführenden Regierung die gewünschten Stichworte und Argumente für die jeweils präferierte Politik zu liefern, kann nicht bezichtigt werden, genau das zu tun. Dass die Beamten, die vielleicht bestimmte Empfehlungen gegeben oder bestimmte Maßnahmen ausgelöst haben, nun wegen  der Schwärzung ihrer Namen "als Büttel der Regierung hingestellt" (FAZ) werden, bekämpft möglicherweise geschehenes Unrecht mit neuem Unrecht fort. 

Statt auf die Goldwaage zu legen, was damals gesagt und getan wurde, sollte alles zu den Akten wandern. Es gilt, die Kämpfe von damals zu vergessen, endgültig. Ziel muss es sein, zu verhindern, dass nicht die recht behalten, die damals im Chor sangen, dass sie wüssten, was richtig ist. Ihnen nun nachholend das Recht auf ungestraften Irrtum abzusprechen, ist, wie die FAZ es nennt, nur eines: Klugscheißerei.

Islamischer Staat Provinz Khorasan: Droht der Terrortruppe ein Verbot?

Der ISPK stellt sich auch gegen das gerechtigkeitsbildende Gendern unter dem Taliban-Regime.

Wäre nicht rechtzeitig Vorsorge getroffen worden, um gute und schlechtere Opfer sicher unterscheiden zu können, hätte das Brandenburger Tor wohl glatt noch einmal beleuchtet werden müssen. So aber blieb der Terroranschlag von Moskau lichttechnisch folgenlos für Deutschland. Je sius niemand mehr, Werte sind dicker als Blut. Das spart nicht zuletzt wichtigen Klimastrom.

Auch wenn der Steinzeitterror Frauen, Kinder und Zivilisten niedermäht, kann zudem konzentriert darüber nachgedacht werden, welche miesen Tricks der russische Diktator Wladimir Putin anwenden wird, um seine Schuld am Comeback des mörderischen Islamismus zu vertuschen. Geheime Informationen sickern darüber durch, wie selbstlos US-Geheimdienste vorab gewarnt hatten. Und wie der Verschwörungstheoretiker Putin kein Wort glaubte. Nun hat er den Schaden. Den er natürlich prompt für seine Agenda nutzt, als hätte er den Anschlag selbst geplant.

Leaks, nicht Propaganda

Es handelt sich bei solchen Nachrichten generell um sogenannte Leaks, nicht um Propaganda. Auch Hinweise, wie sicher Sachsen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein sind, weil hierzulande mit Blick auf die anstehende Europameisterschaft alles getan wird und noch viel mehr, sind Teil eines Abschreckungsapparates, der der internationalen Terrorgruppen signalisieren soll, dass sie keine Chance haben, hierzulande zum Zuge zu kommen.

Für die Terrorgruppe Islamischer Staat Provinz Khorasan (ISPK) könnte diese knallharte Linie der deutschen Behörden sogar direkte und unmittelbare schwere Folgen haben. Lange schon warnen die zuständigen Terrorismusexperten bei allen Großmedian vor der Gefahr, die von der renitenten Splittergruppe droht. Selbst die "Mutter aller Bomben" (FR), mit der die USA vor fünf Jahren etwa 100 der verwirrten Kalifatskämpfer mit einer Sprengkraft von 11.000 Tonnen TNT in "Flammen so groß wie Türme" verbrannt hatten, ließ die ISPK nur vorübergehend vom Radar verschwinden. Kaum war das Ende des Kalifats verkündet, war der Tod des Khorasan-Kommandeurs Muhsin al-Fadhli Muhsin al-Fadhli ebenso vergessen wie der seines Nachfolgers Abu Khalil al-Sudani oder der Name von dessen Nachfolger.

Abgetauchte Gefahr

Der ISPK tauchte nur noch auf, wenn es galt, von den Schwierigkeiten der Taliban mit sektiererischen Islamisten zu berichten. So fern lag die Bedrohung für die Reiche der Menschen, dass selbst die eine oder andere Festnahme von Terrorteenagern mit ISPK-Verbindungen im Kleingedruckten blieb: Wie die Hamas vor dem 7. Oktober taucht der regionale IS-Ableger aus dem "Land der aufgehenden Sonne", das im siebten Jahrhundert kurzzeitig als persisches Reich existierte, zwar als mögliche Quelle von "Gefährdungen" im Verfassungsschutzbericht auf.

Anschläge des "Islamischen Staates Provinz Khorasan" im westlichen Ausland seien "möglich", heißt es da recht gemütlich. Denn "aus Sicht des ISPK" werde das "dessen Ansehen unter seinen Anhängern erhöhen und zugleich die Ordnungsmacht der Taleban (Original) in Afghanistan infrage stellen und diese vermehrt unter internationalen Druck setzen".

Im Fantasiestaat

"Einmal fassen, dieses bleibt für immer", wie eine große Dichterin einst schrieb. Deutschland hat den ISPK fest auf dem Schirm, auch die EU beobachtet ihn kompromisslos. Der "aggressivste IS-Ableger", wie ihn das Bundesinnenministerium nennt, muss perspektivisch womöglich sogar fürchten, als illegale Terrorvereinigung verboten zu werden. 

Derzeit steht der etwa 4.000 Mann starke Fantasiestaat noch nicht auf der offiziellen Liste der verbotenen Vereinigungen, deren Pflege und Aktualisierung "einen Schwerpunkt der Maßnahmen des Bundesministeriums des Innern und für Heimat bei der Bekämpfung des Extremismus" (BMI) bildet. Auch die EU führt mittlerweile zwar die Hamas als Terrororganisation. Im Unterschied zu den USA, die ISIL-K bereits 2016 als terroristische Vereinigung einstuften, aber nicht die Khorasan-Kämpfer.

Das droht sich nun binnen weniger Monate oder gar Jahre zu ändern. Angesichts der bisher aufgedeckten Untaten der Extremisten könnte schon ein einziger weiterer Anschlag oder ein Anschlagsversuch am falschen Ort ausreichen, die Behörden in Alarm zu versetzen. Deutschland wie die EU würden dann wohl beinahe sofort mit der scharfen Klinge des Verbots auf die Bedrohung  reagieren.

Dienstag, 26. März 2024

Multis melken: So profitiert die EU vom Erfolg der Mega-Konzerne

Das Netz, wie es früher nie war: Die SPD tritt schon lange für einen durchregulierten Raum ein.

Die meisten Innovationen im Internet verdanken sich schon seit Jahren eu-europäischen Erfindern. Der legendäre Günther Oettinger war es, der die ersten Online-Steuern ins Spiel brachte, auf die Kappe des EU-Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz geht die Idee eines umfassenden Werbeverbots und mit der Cookie-Richtlinie gelang es Europa sogar, ein "Grundgesetz" (Tagesschau)  für die bis dahin wild wuchernden Datenautobahnen zu erlassen, mit dem weltweit eine "Zähmung des Internets" (Handelsblatt) gelang.  

Im Land Übermorgen

Ein Zeichen, auf das die Welt neidisch schaute, denn nach "besseren Cookies" (Die Zeit) sehnen sich Menschen auf allen Kontinenten fast genauso wie nach strengster Aufsicht und Regulierung. Dass der seit der Realisierung der "Lissabon-Strategie" wettbewerbsfähigste und dynamischste wissensgestützte Wirtschaftsraum der Erde keine eigenen Internet-Unternehmen von Belang hat, ist allenfalls ein Schönheitsfehler.

Ja, Europa spielt im Internet heute dieselbe Rolle wie die DDR nach ihrem Beitritt zur BRD. Der Kontinent ist Konsumtheke für Apple, Amazon, Google, Meta und deren chinesische Konkurrenten, ein bisschen aber auch verlängerte Werkbank, an der zur Aufrechterhaltung von Moral und Betriebsfrieden im Sozialstaat subalterne Hilfsarbeiten durchgeführt werden. 

Im letzten Waggon

Ganz vorn aber ist der letzte Waggon im "größten Wirtschaftsraum" (EU-Kommission) bei der Aufsichtsführung: Mit KI-Gesetz, Digital Markets Act und Digital Service Act sind eben gerade drei neue Leitplanken nach einander eingezogen worden, die vielleicht nicht versprechen, dass junge Innovatoren aus aller Herren Ländern nun nach Deutschland, Italien, Griechenland und Belgien strömen. Die aber vielversprechende Möglichkeiten bieten, anderweitig vom weltweiten Wettrennen um die Herrschaft in Digitalien zu profitieren.

Die EU-Kommission muss dazu nicht säen, nicht gießen und nicht einmal selbst ernten. Sie eröffnet wie seit jeher schon einfach sogenannte "Wettbewerbsverfahren" (Die Welt), ermittelt ein wenig, aber lange, verkündet dann eine atemberaubend hohe Summe als Strafe, lässt Meldungen verbreiten, dass das Internet damit sehr viel besser geworden sei und posiert zumindest für einen Moment in einem glänzend hellen Licht, das alles Versagen beim Versuch, Bedingungen zu schaffen, die eigene europäische Internet-Riesen entstehen lassen könnten, im Schatten versinken lässt.

Die EU melkt die Multis

Niemand braucht sie, denn die EU melkt die Multis auch so reichlich. Die Summe, die Google eines Tages zahlen soll, steht bei über acht Milliarden Euro, bei Apple sind es 15 Milliarden, Meta ist mittlerweile 4,5 Milliarden schuldig, Amazon drohten sogar 47 Milliarden Euro Strafe. Summen, dieim neuen Verfahren gegen die Google-Mutter Alphabet, den iPhone-Hersteller Apple und den Facebook-Mutterkonzern Meta leicht zusammenkommen könnten, denn Brüssel hofft, dass sich die Unternehmen nicht an das neue Gesetz für digitale Märkte halten, das zwingend vorschreibt, wie die Marktmacht der Digitalkonzern begrenzt wird.

Alphabet und Apple sollen App-Entwickler nicht mehr zur Nutzung ihrer hauseigenen App-Stores zwingen dürfen, Google muss seine vielen einzelnen Dienste voneinander entkoppeln, um den Nutzern ein Cookie-Richtlinie 2.0-Erlebnis zu bieten. Die Facebook-Mutter Meta schließlich wird verdächtigt, ein Bezahlmodell für Facebook und Instagram anzubieten: Für 9,99 Euro im Monat können Accounts werbefrei geschaltet werden. Alternativ müssen personalisierte Anzeigen akzeptiert werden, weil Meta behauptet, dass sich die beiden Plattformen nur so finanzieren ließen. Dabei zeigt das Beispiel des kommissionseigenen Kanals auf Mastodon, dass es auch anders geht: Werbefrei, aber nur mit Anmeldung.

Folgebereitschaft herstellen

Der scheidende EU-Digitalkommissar Thierry Breton sieht im neuen Mammutverfahren, dass sich nach allen bisherigen Erfahrungen wenigstens bis 2030 hinziehen wird, eine große Chance, "Folgebereitschaft herzustellen". Über Jahre werden die Wettbewerbshüter der EU Arbeit und Brot haben, selbst wenn die ersehnten Milliarden am Ende wieder nicht fließen, erzeugt das virtuelle Guthaben ein schönes Gefühl in den Mitgliedsstaaten, deren Mitgliedsbeiträge sich gemäß des EU-Verteilungsschlüssels anteilig reduzieren würden, ginge doch irgendwann eine Zahlung ein. 

Ob es so kommt oder doch so wie immer, tut gar nichts zur Sache, weil, ohnedies niemand jemals darüber berichtet, dass eine der hart bestraften Firmen wirklich bezahlt hat. Mit der öffentlichen Ankündigung der Durchsetzung der EU-Regeln und der Erwähnung, dass zum Begleichen der Rechnung nur wenige Monate bleiben (Stand 2018), ist der Hauptzweck der Übung erfüllt.

RKI-Protokolle: Masken im Mantel des Schweigens

Noch der größte Unsinn ging in den verrückten Corona-Jahren als "Maßnahme" durch - die großen Medien applaudierten bereitwillig.

Erst gab es keine, aber sie wirkten ohnehin nicht, dann aber doch, denn nun waren dank chinesischer Arbeit und den titanischen Anstrengungen deutscher Politiker auch welche verfügbar. Aber lange blieben sie nicht gut genug, denn die wissenschaftliche Forschung ging immer weiter und so stellte sich bald heraus, dass genug nie genug ist. Mussten zu Beginn der Corona-Pandemie noch handgenähte Stofflappen herhalten, um die Bevölkerung notdürftig vor dem neuartigen Lungenvirus zu schützen, wurden sie in dem Moment zu reinem Hokuspokus, als die ersten überteuerten medizinischen Masken eingeflogen wurden. Die wiederum konnten nur so lange ihre fantastische Schutzwirkung entfalten, bis die dichteren FFP2-Masken verfügbar waren.

Verrückte Jahre

Was wirkte, wann und weswegen dann nicht mehr bestimmten in jenen verrückten Jahren das Robert-Koch-Institut (RKI), eine nach einem großen deutschen Menschenexperimentator benannte Behörde, die ursprünglich als Forschungseinrichtung gegründet worden war, in den Tagen des Gesundheitsnotstands aber urplötzlich berufen wurde, politische Entscheidungen zu Eingriffen in die unveräußerlichen Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger mit der Notwendigkeit der Gesundheitspflege zu begründen. Das RKI musste dazu wenig begründen, es konnte jähe Wendungen und Volten hinlegen, hatte aber immer recht. Widerspruch war Querdenkerei. Zweifel an aufeinanderfolgenden, aber einander widersprechenden Anweisungen führten stracks in Lager der staatswohlgefährdenden Legitimierer des millionenfachen Todes von Alten, Kranken und Vulnerable.

Das RKI war berühmt wie Gott, der Papst und John Lennon Taylor Swift. Der fachliche Rat der Koch'schen Runde verbot sich jede Nachfrage. Im Kulturkampf um die treue Gefolgschaft rückten zeitweise selbst Frauen und Männer an den äußersten Rand der Gesellschaft, deren Verfassungstreue bis dahin außer Frage gestanden hatte. Bruchlinien, die die Zeit dann aber schneller heilte als jemals zuvor eine weltweite Seuche ihren tödlichen Schrecken verlor. In Deutschland hielt das Grauen zwar am längsten an. Doch wie es der Zufall will: Nur wenige Tage vor dem völkerrechtswidrigen  Angriff Russlands auf die Ukraine kam die erlösende Nachricht beziehungsweise sie kam nicht: Ende Februar 2022 berichtete die "Tagesschau" erstmals mit keinem einzigen Wort mehr über Corona.

Beschwörende Kleidungsriten

Es war vorüber. Karl Lauterbach zog sich aus den Talkshows zurück. Das RKI erließ keine Handreichungen mehr, nach denen die Bundesregierung beschwörende Kleidungsriten zur Pflicht machte. So hätte es gern bleiben können, denn gerade die Hardliner der Zero-Covid-Kirche, denen selbst Spielplatzverbote und Maskenpflicht auf Parkplätze nicht genug gewesen war, wollten lieber nicht mehr erinnert werden an ihre Versuche, die Gesellschaft mit der Infektionskeule auf Dauer neu zu formatieren. 

Dass sogenannte "rechte Schwurbler" das RKI nun gezwungen haben, interne Beratungsprotokolle aus den verrückten Corona-Jahren öffentlich zu machen, passt da gar nicht in die Strategie, alles zu begaben und zu vergessen, als wäre es nie geschehen. Auch Tage nach der vom Magazin "Multipolar"erzwungenen Herausgabe der zuvor flächig geschwärzten Unterlagen herrscht denn auch weitgehend Schweigen im Blätterwald. Die großen Sender, Magazine und Tageszeitungen, die sich als die "vierte Gewalt" sehen, haben nicht nur nicht auf Herausgabe der Protokolle geklagt, um den gesellschaftlichen Frieden nicht zu stören. Sondern das einem winzigen Nischenblättchen überlassen. 

Nun ignorieren sie das vorliegende Material nach Kräften. Es dauerte Tage, bis überhaupt irgendwo eine schmale Meldung auftauchte. So lange, dass es selbst dem früheren Zero-Covid-Pionier Georg Restle nicht mehr wie ein Zufall vorkam. Als dann berichtet wurde, geschah es mit einem Trick: "Journalisten klagen erfolgreich auf Herausgabe von Corona-Protokollen", heißt es etwa im "Spiegel", der den Blick damit erfolgreich vom Stöckchen aufs Steinchen lenkt. Ebenso beim teilstaatlichen Portal T-Online, das es bei "Nach Klage: Corona-Protokolle des RKI veröffentlicht" belässt und damit ebenso wie der "Spiegel" auf Informationen über den Inhalt weitgehend verzichten kann. 

Verzicht auf Vergangenheit

Der werfe bloß "Fragen über die Entscheidungen in der Pandemie auf" (Spiegel), die zu beantworten Teile der Bevölkerung beunruhigen könnte. Galt während der Corona-Jahre bei allen deutschen Medien, dass die Bundesregierung machen kann, was sie will, auch erst dies und dann das Gegenteil, weil Kritik daran nur den "Falschen" (®© Tagesschau) helfen würde, gilt es nun, geschlossene Formation zu halten und klarzumachen, wer hier warum RKI-Protokolle ans Licht zerrt.

"Multipolar wird unter anderem vom Autor Paul Schreyer herausgegeben, der Bücher mit Verschwörungserzählungen zu den Anschlägen vom 11. September veröffentlicht hat und mehr Verständnis für die Politik Russlands eingefordert hat", enthüllt der "Spiegel" knallhart Hintergründe zu den Unterlagen mit "politischer Sprengkraft", die gar nichts zur Sache tun, die Praktiken des RKI aber sofort in einem viel wärmeren, weicheren Licht erscheinen lassen als wenn das frühere Nachrichtenmagazin direkt aus dem Inhalt der mehr als 1.000 Seiten zitieren würde.

Bloß keine Recherche im Material

Wem wäre denn damit heute noch geholfen, würde er wissen, wie seinerzeit gezielt Panik geschürt, wie Ängste auf Zuruf "hochskaliert" wurden und Medien sich willig einschwören ließen, nur noch "eine einzige Meinung" zuzulassen, wie der damals als "gefährlicher Lockerungspopulist"  abgeurteilte ehemalige NRW-Ministerpräsident Armin Laschet seinen Eindruck schildert.

Nein, die "brisanten Protokolle" (n-tv) lassen sich am sichersten auf der Ebene der Berichterstattung über die Berichterstattung abhandeln: Der "Spiegel" zitiert das ZDF, n-tv konzentriert sich spürbar traurig auf die bedauerliche "juristischen Schlappe vor Gericht",  die nun zeigt, dass es von Anfang an "keine Evidenz für die Nutzung von FFP2-Masken außerhalb des Arbeitsschutzes" gab, die behördlichen Anweisungen, nur noch diese Art Maske pflichtgemäß tragen zu müssen, also nur auf eine reine Unterwerfungsgeste zielte, mit der Bürgerinnen und Bürger ihre Folgsamkeit unter Beweis stellen sollten.

Wenigstens so tun

Dass der bekennende Haltungspropagandist Georg Restle die Chance nutzt, sich einmal mehr als Kritiker der ausbleibenden Kritik am RKI zu inszenieren, rundet das Bild ab. Obwohl es ein "Alternativmedium" (Berliner Zeitung) gewesen sei, das den milliardenschweren Gemeinsinnsendern und privatkapitalistischen Medienheuschrecken die Enthüllungsarbeit abgenommen habe, dürfe sehr wohl über den Inhalt der Protokolle berichtet werden, findet der frühere Verfechter des raschen Übergangs zur Megalockdown-Gesellschaft mit auf Dauer ausgesetzten Grundrechten. Was Restle, bekannt auch für seine Wendigkeit beim Wechsel der Grundwerte, damit meint, ist freilich nur, dass berichtet werden muss, um zu verhindern, dass es heißt, es werde nicht berichtet.

Der bauernschlaue Meinungsführer, dem die Einschaltquoten so brachial wegbröckeln, dass jeder Privatsender längst den Stecker gezogen hätte, weiß genau, wie man "Haltet den Dieb" schreit, um nicht selbst für einen gehalten zu werden. Dass seine Mahnung, es dürfte durchaus berichtet werden, ernst genommen wird, obwohl die entsprechende Berichterstattung in früheren Jahren eine Selbstverständlichkeit gewesen wäre, zeigt nicht nur, dass sich "Demagoge" auch mit fünf Buchstaben schreiben lässt, sondern zudem auch den bedauernswerten Zustand, in den sich Deutschland Medien selbst versetzt haben, als sie sich willig in die Regierungsfront der Maßnahme-Kämpfer einreihen ließen.