Samstag, 30. November 2024

Zitate zur Zeit: Ruhe und Ordnung

Eine Information ohne Einordnung ist keine.

Der frühere CDU-Politiker  Ruprecht Polenz widerspricht der bisher anerkannten Definition des Begriffes Information und plädiert für eine anlassbezogene und interessengeleitete Interpretation von Daten und Fakten.

Dolchstoßlegende: Verrat am D-Day

D-Day vor der offenen Feldschlacht: Nach dem Rücktritt des FDP-Generalsekretärs Djir-Sarai rückt nun Parteichef Christian Lindner in den Fokus.  

Es könnte alles noch gut so super laufen wie die drei Jahre lang bis zu diesem fatalen 7. November. Eine Regierung würde tun, was eine Regierung tut: Gesetze beschließen, neue Regeln und bürokratische Hürden bauen, immer mal hinauseilen und Rettungspakete verteilen, aber natürlich auch die Vielzahl der Chefsachen des Chefs genau im Auge behalten. Kein Land wie Deutschland kann ohne Digitalisierung, Kriegstüchtigkeit, einen Umbau von privatem Wohnungsbetrieb, allgemeiner Mobilität und industrieller Basis langsam, aber stetig aufgeben, was vom Wohlstand früherer Generationen noch übrig ist.

Mutwille der Liberalen

Es war allein der Mutwille eines der bis dahin geräuschlos zusammenarbeitenden Ampel-Partner, der die Fortschrittskoalition zerstörte. Erste Hinweise lieferte der Bundeskanzler, der nach der erzwungenen Entlassung seines Finanzministers auf eine ganz unpolitische Art über den FDP-Chef polterte, dem er im Streit mit den Grünen so manches Mal die Flinte gehalten hatte. Unanständig, hinterlistig, unmoralisch - all die Eigenschaften, ohne die kein Politiker es bis ganz nach oben schafft, warf Scholz Lindener vor.

Zurecht, wie sich wenig später zeigte: Nicht nur die SPD und die Grünen hatten schon wochenlang zuvor allerlei Pläne für den Fall der Fälle geschmiedet. Im Zentrum stand bei allen die Überlegung, wie sich mit dem Zerbrechen des fragilen Regierungsbündnisses der drei verfeindeten Verbündeten von Anfang an eine gute Startpostion im dann anstehenden Wahlkampf sichern ließe. 

Drei Reden und eine Volksbewegung

Olaf Scholz hatte drei Reden vorbereitet, Robert Habeck seine Volksbewegung #teamhabeck bereits durchgeplant. Die FDP fasste ihre Strategie im D-Day-Papier zusammen: Ein Ablaufplan, der die Regieanweisungen für die Eskalation bis zum Bruch der Fortschrittskoalition in Gestalt einer auf dem Kopf stehenden Pyramide in einfacher Sprache zusammenfasste. Impuls, Narrativ, Beginn der offenen Feldschlacht, schließlich Ampel-Aus, ein Begriff, der alles mitbringt, Unwort des Jahres zu werden.

Eine Ungeheuerlichkeit. Dass es Planungen gab, zumindest bei einem der Partner einer Regierung, deren Planungshorizont über drei Jahre hinweg die nächste Ausgabe der "Tagesschau" war, erscheint im Licht des ersten Monats ohne mehrheitsfähiges Kabinett wie eine neue Dolchstoßlegende. Verraten worden ist der Kanzler, gemeuchelt wurde der Versuch, drei widerstrebende Ideologien mit viel fehlendem Geld zu einem Zukunftsentwurf zusammenzubinden, mit dem eine langjährige Wirtschaftsnation so lange hiberniert wird, bis sie als nachhaltig neutrales Landschaftsmuseum erwacht. 

Wie seit mehr als 100 Jahren nicht

Verrat, wie ihn die Nation noch niemals erlebt hat. Oder jedenfalls nicht, seit vaterlandslose Zivilisten aus der Heimat dem deutschen Heer sei im Ersten Weltkrieg das Messer in den Uniformrücken stießen.  Auch die Ampel ist bis heute im Felde unbesiegt und sie wäre es auch noch ihr letztes Jahr hinweg geblieben, hätten nicht Lindner und seine Spießgesellen zum Brutus-Dolch gegriffen. "Die Politik der Ampel war nur so schlecht, weil mit der FDP halt ein Totalausfall involviert war", hat der Komödiant Marcus Mittermeier festgestellt. 

Alles könnte schön sein, würden sie noch miteinander um jede Nebensächlichkeit streiten, um ihre grundlegenden Differenzen nicht austragen zu müssen. Seit dem "Schwarzer Freitag für die FDP" (Spiegel) aber ist klar: Diese FDP ist nicht regierungsfähig (Britta Haßelmann), sie war es nie und wird es den Umfragen zufolge nie wieder sein. 

Die "Dark FDP" (Die Zeit) entpuppt sich als politische Kraft, die Staat, Regierung und Parteien schlimmer delegitimiert als alle Schwachkopfverbrecher zusammen. Die kleinste Partei der Ampel hat dem "besten Kanzler, den wir je gehabt haben" (Karl Lauterbach) und seinem Vize, der das Land in Fahrt gebracht hat, selbstsüchtig den Boden unter den Füßen weggezogen. Wochenlang hat die FDP die Menschen "belogen" (Zeit). Jetzt gleitet sie "ins politische Dunkel" ab.

Knausriger Zerstörer

Mit dem Rücktritt von FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai - mit nur 44 Sekunden der schnellste in der bundesrepublikanischen Geschichte - ist das nicht abgebüßt. Zu durchsichtig ist das Manöver, zu bekannt das Ritual. Im Oktober erst waren die grünen Parteivorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour abgetreten, um Hoffnungsträger Robert Habeck zu retten. Jetzt wiederholen die früheren Liberalen die Übung, allerdings so plump und hektisch, dass die Schuld am Zerbrechen einer nicht nur bei Klimaschutz und sauberer Energie erfolgreichen Regierung bis zum Wahltag an ihr kleben bleibt.

Um diesen Fleck auf der gelben Weste abzuwaschen, braucht die FDP ein offenes Schuldeingeständnis von Parteichef Christian Lindner. Warum hat der Finanzminister ein Regierungsbündnis zerstört, das wunderbar hätte weiterwursteln wie bis dahin ja auch können? Warum waren ihm die Schuldenbremse und das Grundgesetz wichtiger als die vielen gemeinsamen Projekte? Warum wurde das versprochene Klimageld nicht einfach ausgezahlt? Geld genug fehlte doch ohnehin schon. Weshalb hat das Kabinett die Transformation nicht einfach beschleunigt, bis das grüne Wirtschaftswunder selbsttragend wird? 

Freitag, 29. November 2024

Millionärin Merkel: Lebensende als Ladenhüter

Mit "Bringschuld" meinte Merkel aber nicht die 42 Euro für ihr Buch.

Wird sie mit ihrem Buch jetzt Millionärin? Wird sie wenigstens weiterheizen können, wenn die Inflation weiter sinkt, die Gasversorgung eingestellt wird und die Berliner Stadtwerke nur noch Wärme liefern, wenn genug Plastikmüll zusammengekommen ist, um den Restmüllofen umweltfreundlich anzuwerfen?  

Nachdem Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre große Autobiografie "Freiheit" öffentlich vorgestellt hatte, gab es mehr Fragen als Antworten. Warum verschweigt die frühere CDU-Politikerin so vielen? Erinnert sie sich nicht oder wird manches pikante Detail erst im zweiten Teil aufgeblättert? Warum kommt manch treuer Wegbegleiter so schlecht weg? Andere aber gar nicht? Und wenn Angela Merkel das Buch wirklich "zusammen mit ihrer langjährigen Büroleiterin Beate Baumann geschrieben" (Frankfurter Rundschau) hat, warum steht dann nur Angela Merkel auf dem Titel? 

Lebensbeichte der Langzeitkanzlerin


Der Inhalt der Lebensbeichte der Langzeitkanzlerin, er war schnell erzählt, so schnell, dass keiner der Berichterstatter glaubhaft behaupten könnte, er habe die 736 Seiten wirklich gelesen. Blättern, gucken, Register scannen. Alles okay so. Kaum Fehler, höchstens Fehlerchen. Das meiste war richtig, richtig falsch war nichts. Danach war klar: "Keine Innovationen auf über 700 Seiten"

Ein Buch im Grunde wie die Kanzlerschaft der stets als Ostdeutsche gelesenen Hamburgerin. Einmal noch war es ihr gelungen, viele alte Freunde um sich zu versammeln, die "Zeit" war dabei und spendierte "drei kostenlose Seiten Werbung" (Übermedien). Anne Will durfte nicht fehlen, erstmals war sie sogar mit "beinharten Fragen" (NZZ)  im Gepäck angereist. 

Hektische Krisendiplomatie


Im Gegensatz zu manch anderem Ereignis schaffte es die Merkel-Show selbstverständlich in sämtliche Nachrichtensendungen des Gemeinsinnfunks. Die Reportage von der ersten Buchvorstellung wurde sogar mit spannenden Bildern unterlegt, die jeder, der den Euro mitgerettet hat, von früher kennt: Merkel in blütenweißer Unschuldsjacke unterwegs in der Berliner Nacht wie zu einer Zusammenkunft zum Zwecke hektischer Krisendiplomatie, um ganze Industriebranchen oder Kontinenten noch einmal von der Schippe des Sensenmannes zu zerren.

Doch selbst die aufsehenerregenden Zitate aus den "gemütlichen Lesungen" (SZ) reichten nicht. Nur 35.000 Mal habe sich der dickleibige Band am ersten Verkaufstag absetzen lassen, berichtet der "Spiegel". Damit seien die Memoiren der Altkanzlerin - satte 150 Seiten dicker als Helmut Kohls "Erinnerungen", aber fast 400 Seiten dünner als Winston Churchills mit dem Literaturnobelpreis geehrtes Werk "Der Zweite Weltkrieg" - "trotz massiver Medienpräsenz" (Spiegel) "kein herausragender Verkaufs-Erfolg" (Alexander Kissler)

Immerhin: Obwohl die Inflation besiegt ist und "die Preise sinken" (Robert Habeck), seien "durch den hohen Verkaufspreis die Umsätze dennoch hoch". Auf den Restrampen finden  sich jetzt schon mit Autogrammen veredelte Exemplare zu echten Fantasiepreisen.

Trotzdem Platz 1


Platz 1 in allen Ranglisten belegt es. Zumindest bei Amazon ließ Merkels Erstling sowohl "Gregs Tagebuch 19 - So ein Schlamassel!" als auch "LOL – Die ultimative Nicht-lachen-Challenge" klar hinter sich. Das Misstrauen aber, das Merkel von der westdeutschen Mehrheitsgesellschaft und den von Westdeutschen dominierten Medien immer schon entgegenschlug, es schleicht ihr eben trotzdem bis in den Ruhestand nach, wie die Frage danach zeigt, ob die Ex-Kanzlerin jetzt zur "Neu-Millionärin" (Bild) werde. 

Ob! Die Frau hat 16 Jahre lang rund 33.000 Euro im Monat verdient, alles in allem fast 6,5 Millionen Euro. Sie hatte wegen der Rettungssitzungen und der beständig notwendigen Befriedung der Partei durch gegensätzliche Beschlüsse wenig bis gar keine Zeit, Geld auszugeben. 

Zudem pflegte Angela Merkel ohnehin einen bescheidenen Lebensstil: Das bekannte Ferienhaus in der abgelegenen Uckermark, noch zu DDR-Zeiten angeschafft und gelegen in einer Gegend, in der die Lebenshaltungskosten bei der Hälfte der Münchner liegen. Dazu eine Auswahl an Kostümjacken im gleichen Schnitt und regelmäßiger Friseur, ein bisschen Wagner in Bayreuth und der Rest war immer Dienst. 

Untergraben des Restvertrauens


Wer da fragt, ob diese Frau jetzt "Millionär wird", der will das Restvertrauen der Deutschen darin untergraben, dass früher alles besser war. Dass wenigstens ehemalige Kanzler wussten, was sie taten, und mit Geld umgehen konnten. Wer das tut, öffentlich, der hat Merkel nie getraut, die stärkste Wirtschaftsnation Europas und die - ehemals - stärkste Exportnation der Welt zu führen. Und er versucht nun, ihr Andenken zu zerstören, indem er ihr unterstellt, sie habe in den Tagen seit dem Ausscheiden aus dem Amt Millionen durchgebracht.

Doch Angela Merkel braucht nicht diesen "Weltseller" (Focus), um Millionärin zu werden. Allein das Gehalt, das sie bis zur Klimax ihrer Macht im Jahr 2015 als Kanzlerin verdient hatte, hätte sich als Anlage in einen beliebigen Dax-Fonds bis heute auf rund sieben Millionen Euro vermehrt. Mit der "Bringschuld" der Deutschen, von der Angela Merkel in einem Interview gesprochen haben soll, war also sicherlich nicht die Verpflichtung gemeint, das Freiheits-Buch der Ex-Kanzlerin zu kaufen, um der so lange so treu dienenden CDU-Politiker einen angemessenen Lebensabend zu sichern. 

Ja, ihr Buch wird in drei, vier Wochen als Ladenhüter enden wie all die anderen traurigen Lebensratgeber und Mutmacherscharten. Aber Angela Merkel wird dann schon wieder im größten Büro sitzen, das der Bundestag jemals einem Ex-Kanzler zugebilligt hat. 

Meinungsmache: Wie #TeamHabeck den X-Algorithmus manipuliert

Die Daten sprechen klare Sprache: #TeamHabeck ist keine Volksbewegung, die langsam populär wurde, sondern eine Kampagne, die am 9. November vormittags startete.

Gerade noch politisch tot, auf dem absteigenden Umfrageast, die ehemalige Kanzlerkandidatin schwer angeschlagen, der beliebte Klimawirtschaftsminister an seiner Aufgabe gescheitert, Deutschland nachhaltig zu transformieren, um das Klima weltweit zu retten. Das Ampel-Aus schlug auch bei den Grünen schwer ins Kontor, endlich hatte man es einmal in Regierungsverantwortung geschafft. Und schon war sie wieder verloren.

Wie #TeamHabeck entstand


Dann kam dieser 9. November, in Deutschland schon lange ein geschichtsträchtiges Datum. Was ist nicht alles geschehen an diesem Schicksalstag! Der Fall der Berliner Mauer, Reichspogromnacht, Hitlerputsch und Novemberrevolution... nicht von ungefähr mag die Wahlkampfkampagnenleitung des grünen Kanzlerkandidaten Robert Habeck sich entschlossen haben, an genau diesem Tag mit einem Werbefeldzug zu starten, der an den des US-Republikaners Donald Trump erinnert. 

Wie der erfolgreiche Amerikaner ignoriert Habeck den Gegenwind, der neuerdings in dem einen oder anderen traditionellen Medienhaus weht. Er konzentriert sich ganz auf die Gegenöffentlichkeit, auf soziale Netzwerke und Hassplattformen wie X, wo schon Trump das Fundament für seinen erfolgreichen Feldzug ins Weiße Haus gelegt hatte.

Am 9. November vormittags


Die öffentlich verfügbaren Daten des Suchmaschinenkonzerns Google zeigen, wie das sogenannte "#teamhabeck" am Morgen des 9. November daran ging, einen weiteren historischen Markstein in die deutschen Kalender zu setzen. Tage vor der offiziellen Wahl Robert Habecks zum grünen Kanzlerkandidaten nahm die Presse Group ihre Arbeit auf: Nicht als langsam wachsende Bewegung, als die sie sich selbst gern darstellt. 

Sondern wie auf Knopfdruck eingeschaltet. Am 9. November vormittags, keine zwei Tage nach dem Platzen der Großen Koalition, startete ein Unternehmen, das offenbar bereits länger vorbereitet worden war. Stunden zuvor war Robert Habeck wieder auf X erschienen, der Hassplattform, die er fünf Jahre zuvor mit großer Geste verlassen hatte, weil dort "spaltend und polarisierend geredet wird".  

Nun war er wieder da - und während SPD und FDP noch aufeinandereinhackten und sich gegenseitig die Schuld für die Insolvenz der Fortschrittskoalition gaben, begann eine grüne Sockenpuppenarmee das Unternehmen "Habeck4Kanzler". Eine wohl lange vorbereitete Aktion: Habeck hatte sofort ein sorgfältig inszeniertes Video parat. Er schickte Bilder voller Nachdenklichkeit. Und erlaubte sich dann sogar einen augenzwinkernden Hinweis auf eben jenen 9. November, der kommenden Generationen vielleicht als der Tag gelten wird, an dem eine große grüne Ära begann.

Eine Armee grüner Sockenpuppen


Nicht nur beim Hassportal X, zu dem Habeck wenige Stunden zuvor zurückgekehrt war, sondern überall in den Weiten des Internets tauchten wie zufällig engagierte Aktivisten und eine Vielzahl von Posts auf, die den Mann, der Deutschland in den Keller der globalen Wirtschaftsentwicklung geführt hat, in teils absurder Manier als Erretter, Erlöser und Messias rühmten.

#TeamHabeck, das zeigen die Zahlen, nutzt den X-Algorithmus gezielt, um politisch zu profitieren, wie eine neue Studie des An-Institutes für Angewandte Entropie der Universität Frankfurt zeigt. Durch die konzertiert gestartete Welle an Posts verschafften die unter den Hashtags "#TeamRobert" und  "#Habeck4Kanzler" agierenden Werber Beiträgen mit Habeck-Bezug größere Reichweite.

Signifikante Sichtbarkeit


Die Sichtbarkeit von Habecks eigenen Posts wurde damit signifikant erhöht. Nach drei Wochen bei X verfügt der grüne Kanzlerkandidat zwar immer noch über nicht mehr als knapp über 100.000 Follower. Seine unter dem Motto "Mit Euch, Für Euch" verbreiteten Ansagen finden aber dank einer unüberschaubaren Bot-Armee, die teilt, kommentiert und mit überschäumendem Lob Widerspruch provoziert, sehr viel mehr Empfänger als das organisch der Fall wäre. 

Das #TeamHabeck spielt Meinungsmacht per Algorithmus aus, wie die sogenannte Likelihood Ratio (kurz LR) zeigt. Dabei handelt es sich um die Angabe, zu welchem Anteil Empfänger eines Posts diesen mit einem "Gefällt-mir"-Herzchen markieren.  Berechnet wird die Likelihood Ratio nach der Formel "Anzahl der Antworten / (Anzahl der Likes + Anzahl der Retweets)". Ein Ergebnis von 3, 4 oder 6 gilt als gesund, es zeigt, dass Leser engagiert sind, antworten, regieren und sich einbringen. Je niedriger die LR, desto weniger organisch die Aufnahme der Einträge durch die das Publikum. 

Verräterische Ratio


Robert Habecks Likelihood Ration liegt bei 0,233, ein Wert, der laut Studie Hinweise darauf liefert, dass #TeamHabeck die Algorithmen auf X gezielt zugunsten seiner eigenen politischen Interessen nutzt, damit aber nur einen schönen Schein erzeugt.  Sichtbar ist, dass für Habeck-Posts seit dem 9. November einen Reichweitenanstieg von über 1.038 Prozent gemessen werden kann. 

Dieser Effekt ist zwar nicht konstant, Habeck-Posts bröckeln nach den aktuellen Google-Daten bereits wieder ab. Doch zeitweise waren sie auf X allgegenwärtig. Für die Forscher ist dies ein eindeutiger Hinweis darauf, dass die Algorithmen in der frühen Wahlkampfphase zugunsten von Robert Habeck ausgenutzt wurden, und das, noch ehe der Minister offiziell als grüner Kanzlerkandidat benannt wurde.

Für einen Politiker, der nahezu alle seine ausgerufenen Ziele komplett verfehlt hat, ist das eine außergewöhnlich hohe Sichtbarkeit, analysiert die Studie, die von einem "signifikanten zusätzlichen Schub nach dem Start von Team Habeck" spricht. Pro-Habeck-Tendenzen hätten plattformweit den Eindruck erweckt, eine breite Volksbewegung stehe hinter dem Ruf nach Robert Habeck als künftigem Kanzler, obwohl der deutliche Anstieg der Sichtbarkeit grüner Inhalte nach dem 9. November sich ausschließlich einer Gruppe von anonymen Aktivisten verdankte. 

Vermutete Empfehlungsverzerrung


Die Forscher vermuten eine Empfehlungsverzerrung, die durch die gezielte Ausnutzung der X-Algorithmen verursacht wurde, die darauf zielt, in den "For You"-Feed möglichst vieler Nutzer vorzudringen.  Dieses Ergebnis wirft ernste Fragen auf: Wie neutral ist X als Plattform? Wie kann verhindert werden, dass aktivistische Gruppen wie #TeamHabeck den Algorithmus kapern, um die öffentliche Wahrnehmung zu beeinflussen? 

Der renommierte Medienforscher Hans Achtelbuscher betont, dass X natürlich nicht ideologisch neutral agiere, er fordert aber, dass diese Problematik öffentlich diskutiert werden müsse. Zwar sei es seiner Forschergruppe nicht gelungen, den Nachweis einer gezielten Manipulation durch die Habeck-Werber zu führen. Unzweifelhaft aber sei an den Daten zu sehen, dass Algorithmen die Sichtbarkeit von Inhalten steuern, diese Algorithmen ihrerseits ausgenutzt werden könnten und damit Meinungsbildung manipuliert werde. 

Intransparenze Werbekampagne


Vollkommen offen sei, wer genau hinter Team Habeck stehe, wer die Werbekampagne finanziere und mit welchen Mitteln versucht werde, eine ausgewogene Meinungsvielfalt durch die einen kreativen Umgang mit den Formeln zu ersetzen, die dafür entscheidend sind, wo und wie ein Beitrag auf der Plattform angezeigt wird. 

Allein schon das urplötzliche Entstehen der angeblichen Habeck-Bewegung nur wenige Stunden nach dem Comeback des Ministers bei X belege deutlich, dass #TeamHabeck keine Idee eines Einzelnen oder einer kleinen Gruppe sei, die dann langsam beginnend und immer rascher zum Trend wurde.

Die vorliegenden Daten wiesen vielmehr darauf hin, dass Schwächen der Plattform gezielt und konzertiert genutzt wurden, um spezifische Sichtbarkeitsvorteile zu erlangen, schreiben die Autoren in der Studie, die bislang nicht unabhängig begutachtet wurde. Beklagenswert sei in diesem Zusammenhang, dass klassische Medien dem Phänomen überhaupt keine Aufmerksamkeit widmeten, heißt es weiter. Damit werde solcherart Manipulation Tür und Tor geöffnet.

Donnerstag, 28. November 2024

Neue EU-Kommission: Säulen der Erde

Eben noch waren es zu viele Männer und viel zu viele Rechte. jetzt aber lobt Kommissionschefin Ursula von der Leyen (M.) euphorisch: "Das Team ist wahrhaft europäisch".

Ganz so schnell schießt Europa nicht. Auch 24 Stunden nach Kür und Wahl der neuen EU-Kommission ist weiter die alte im Dienst, zumindest bis zum 1. Dezember. Auch auf der offiziellen EU-Seite wird die höchste Europäerin Ursula von der Leyen weiterhin begleitet von Frans Timmermans, Margrethe Vestager und Valdis Dombrovskis, drei mächtigen Vizepräsidenten, die deshalb sogar "Exekutiv-Vizepräsidenten" heißen. Timmermanns kümmert sich nebenher fachlich um den Aufgabenbereich "Ein europäischer Grüner Deal", Vestager bereitet "ein Europa für das digitale Zeitalter" vor und Dombrovskis organisiert "eine Wirtschaft im Dienste der Menschen". 

Im kaputten Spruchbeutel


Das sind die offiziellen Bezeichnungen der drei Kommissionsbereiche, quasi europäischen Ministerien. Keine leeren Worte, die in kaputten Spruchbeuteln klingeln. Alles ist todernst gemeint und wird mit so großem Erfolg umgesetzt, dass Ursula von der Leyen nach den Erfolgen der vergangenen Jahre schon zu ihrer erneuten Inthronisierung prächtige neue politische Leitlinien für die Jahre bis 2029 ausrufen konnte.

Als wären die berühmten "6 politischen Prioritäten" ihrer ersten Amtszeit nicht schon schön genug gewesen, beginnt alles von vorn. In den fünf Jahren, seit von der Leyen das europäische Ruder vom greisen Luxemburger Jean-Claude Juncker übernahm, ist alles erreicht worden, wovon 440 Millionen Europäer träumten.440 Millionen Europäer träumten.

Prioritäten und Hauptprioritäten


Der "Schutz der Bürgerinnen und Bürger und der Freiheiten", die "wirksame Kontrolle der EU-Außengrenzen" und die "Weiterentwicklung einer umfassenden Migrationspolitik", die "Entwicklung einer soliden und dynamischen wirtschaftlichen Basis" nebst der "Verwirklichung eines klimaneutralen, grünen, fairen und sozialen Europas" sind umgesetzt. Selbst die Realisierung der "4 Hauptprioritäten", die nicht mit den "6 politischen Prioritäten "verwechselt werden dürfen, ist gut vorangekommen: Die "Förderung der Interessen und Werte Europas in der Welt" hat der Wertegemeinschaft einen ganz neuen Ruf als Vorbild bei allem eingebracht.

Niemand weltweit, der nicht voller Neid auf den europäischen Green Deal schaut und die "Umwandlung der EU in eine moderne, ressourceneffiziente und wettbewerbsfähige Wirtschaft bei gleichzeitiger Erhaltung der natürlichen Umwelt in Europa" bewundert. Kein Volk irgendwo da draußen, das nicht das unter kluger Führung der Kommission entstandene "Europa für das digitale Zeitalter" als Wegweiser für sich selbst sieht. 

Die ganze Menschheit schaut nach Europa, gespannt und begeister von dem, was dort entsteht. In welchem Land wird wohl heut nicht inbrünstig gebetet, auch so eine "Wirtschaft im Dienste der Menschen" geschenkt zu bekommen, die von oben mit einem nie endenden Strom neuer Vorschriften und Regularien für die "Stärkung der EU-Wirtschaft einerseits sowie Sicherung von Arbeitsplätzen, Abbau von Ungleichheiten, Unterstützung von Unternehmen, Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion und Vollendung der Banken- und Kapitalmarktunion andererseits" sorgt?

Nie hatte die EU mehr weniger Gewicht


Allein dieses Beispiel schafft schon "ein stärkeres Europa in der Welt" mit "mehr Gewicht der EU auf der Weltbühne" durch eine "stärkere Profilierung als Vorreiter eines starken, offenen und fairen Handels", auch wenn das große Vorhaben mit dem Mercosur-Abkommen nun wegen gewisser EU-interner Meinungsverschiedenheiten auch nach 25 Jahren Verhandlung wieder nichts wird.

Der von Ursula von der Leyen zu Beginn ihrer ersten Amtszeit angekündigten "Förderung unserer europäischen Lebensweise" steht das nicht im Wege. Den beabsichtigten "neuen Schwung für die Demokratie in Europa" haben bereits die EU-Wahlen im Sommer gebracht. Die italienische "Post-Faschistin" (Spiegel) Georgia Meloni regiert jetzt mit. Es gelang damit auch, die geplante "Stärkung der demokratischen Prozesse in Europa durch eine stärkere Einbeziehung der EU-Bürgerinnen und -Bürger in die Gestaltung der Zukunft der EU" (Von der Leyen) buchstabengetreu umzusetzen.

Zeit für die neue Kommission, scharf umzuschwenken. Zu ihrer Antrittsvorlesung hatte Ursula von der Leyen funkelnagelneue Schwerpunktbereiche mitgebracht, die sie diesmal nicht als "Hauptprioritäten", sondern als "Säulen" bezeichnet. Ganze drei sind es nur, viel mehr kam nicht zusammen, nachdem die alte EU-Kommission Bilanz über das Erreichte gezogen hatte. Offen ist nun nur noch das  "Schließen der Innovationslücke im Vergleich zu den USA und China", ein "gemeinsamer Plan für Dekarbonisierung und Wettbewerbsfähigkeit" und die "Verbesserung der Sicherheit Europas und Abbau von Abhängigkeiten". 

Ein Team aus Spaltung


Ein Klacks für eine Kommission, die bis zuletzt umstritten war, weil mehrere rechts- und linkspopulistisch regierte Mitgliedstaaten nicht nur zu wenig Frauen, sondern auch zu viele  spaltende Kandidaten für die ihnen zustehenden Kommissarsposten benannt hatten. Nach fünf Monaten erfolgreicher Hinterzimmergespräche aber steht nun  fest: "Das Team ist wahrhaft europäisch", wie Ursula von der Leyen ihre Truppe aus Unsichtbaren, Unbekannten und Ungewählten   stolz nennt. 

In dieser Kommission seien "verschiedene Nationen und Generationen vertreten" sie bestehe "aus ehemaligen Ministerpräsidenten und Ministern, Bürgermeistern und Gemeindebediensteten. Einige waren CEOs, andere haben für Non-Profit-Organisationen gearbeitet. Manche waren Journalisten oder Unternehmer. Andere sind Biologen oder Physiker. Einige kommen vom Land und aus landwirtschaftlichen Betrieben, andere mitten aus der Großstadt. Die einen haben Kriege erlebt, die anderen den Übergang zur Demokratie." Zusammen gehen jetzt alle daran, ein "100-Tage-Programm" umzusetzen, das kurzerhand für "Bürokratieabbau, Wettbewerbsfähigkeit, Verteidigung und viel mehr" (FAZ) sorgen wird. 

Abrechnung im März


Nach mehr als 1.800 Tagen der ersten Legislaturperiode mit von der Leyen an der Spitze der größten Staaten- und Wertegemeinschaft der Menschheitsgeschichte soll es jetzt richtig schnell gehen. Deutschlandtempo! Schon Anfang März wird abgerechnet. Ursula von der Leyen hat die neuen Säulen fest im Blick: "Verteidigung und Sicherheit, nachhaltiger Wohlstand und nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit, Demokratie und soziale Gerechtigkeit, Führung in der Welt und greifbare Ergebnisse in Europa" werden ab sofort umgesetzt. Dazu hat die energische 66-Jährige auch angekündigt, einen "strategischen Dialog zur Zukunft der Autoindustrie führen" zu wollen. Ein großer Trost für zehntausende Mitarbeiter bei VW, Ford, Opel, BMW und den anderen Herstellern, die nun sicher sein können, nicht alleingelassen zu werden.

Überall wird schon lange auf ein Signal gewartet, welche "Investitionen in grüne Initiativen zur Verbesserung von Luft- und Wasserqualität" (EU) Brüssel präferiert und wie die "Förderung einer nachhaltigen Landwirtschaft und Erhaltung der Umweltsysteme und der biologischen Vielfalt" genau finanziert werden wird. 

Rettungsplan oder Sondervermögen


Neue Schulden oder ein Sondervermögen für ganz Europa? Ein Rettungsplan wie immer oder eine Mobilisierungstrategie? Fest steht: Die erste Initiative der neuen Kommission wird der Bau eines sogenannten "Kompass für Wettbewerbsfähigkeit" sein, um Europas "Innovationslücke gegenüber den USA und China" (von der Leyen) zu manövrieren, die aufgrund der jahrelangen erfolgreichen Politik der EU von Lissabon-Strategie bis zu "Green Deal"  und Corona-Wiederaufbauplan entstanden ist. 

Ursula von der Leyen kennt da kein Vertun: Jetzt werden Sicherheit und Unabhängigkeit gestärkt und die Dekarbonisierung vorangetrieben, es kommt in Kürze zur Schaffung einer wirksamen Kreislaufwirtschaft, "in der Produkte langlebiger, wiederverwendbar, reparierbar, wiederverwertbar und energieeffizient sind", und zum raschen Aufbau "eines gut funktionierenden EU-Energiemarktes, der nachhaltige, sichere und erschwingliche Energie liefert". Das wird gelingen durch einen "schnelleren Übergang zu erneuerbaren Energien" und mehr "Energieeffizienz bei gleichzeitiger Verringerung der Abhängigkeit der EU von externen Energiequellen". 

Endlich eine "solide Außenpolitik"


Parallel dazu wird die neue, tatendurstige Kommission auch für den "Aufbau einer soliden Außenpolitik auf der Grundlage einer ehrgeizigen Nachbarschaftspolitik mit 16 der engsten östlichen und südlichen Nachbarn und einer umfassenden Partnerschaft mit Afrika" sorgen. Selbstverständlich bleibt es dennoch bei der gewohnten "Förderung von Frieden, Stabilität, Demokratie und Menschenrechten in der Welt" und der "Gewährleistung einer soliden Handelspolitik, die im Einklang mit dem Multilateralismus und der regelbasierten internationalen Ordnung steht". Mehr Verantwortung für Sicherheit und Verteidigung bei gleichzeitiger enger Zusammenarbeit mit der NATO.

Trumps Überraschungssieg: Hat Harris verloren, weil sie keine Kinder hat?

Sie brachte alle aus deutscher Sicht für den Wahlsieg notwendigen Tugenden mit. Verlor aber trotzdem. Warum nur?

Geschlecht und Identität spielten bei der US-Wahl eine bedeutende Rolle. Aber die begründet sich die Niederlage von Kamala Harris gegen Donald Trump dadurch, dass sie eine Frau ist? Oder dass sie sowohl Wurzeln in Indien als auch auf Jamaika und damit in Afrika hat? 

Der Medientherapeut Hans Achtelbuscher, der am Institut für angewandte Regression in Frankfurt an der Oder zu Phänomenen wie dem Themensterben in den deutschen Medien, Sprachregelungsmechanismen und dem Einfluss subkutaner Wünsche auf die berichterstattete Realität forscht, ist einer anderen Ursache auf der Spur. "Die ausführliche Antwort auf die Frage, die uns alle beschäftigt, lautet  nicht nur, aber wahrscheinlich", ist er sicher.  

Analyse nach der Niederlage

Achtelbuscher und seine Kolleg_*innen haben direkt in den Stunden nach der Niederlage von Kamala Harris gegen Donald Trump begonnen, Daten zu checken, Hintergründe zu prüfen und zu prüfen, wie es kommen konnte, dass die in Deutschland so überaus beliebte Kandidatin bei den Amerikanern durchfiel, obwohl ihr Gegenkandidat im Wahlkampf als vorbestraft, rassistisch und verlogen bezeichnet worden war. 

"Bei uns kam sehr schnell die Frage auf: Hat sie die Wahl verloren, weil sie keine Kinder hat?" Dass Harris schwarz ist, sei zumindest kein hinreichender Grund, "denn Barack Obama war auch schwarz". Und ihre Weiblichkeit habe gerade bei den Frauen an der Urne durchgeschlagen. "Zumindest bei den schwarzen Frauen hat sie ja allen Zahlen zufolge eine sehr große Mehrheit erobert."

Präsident ohne Kinder? Undenkbar!

Als dritten großen Unterschied zwischen beiden Kandidat*innen machten die Frankfurter Forscher die übrigen Familienverhältnisse aus. "Das Nachrichtenmagazin ,Der Spiegel' hatte  ja bereits 2011 darauf aufmerksam gemacht, dass der Mehrzahl der US-Bürger ein Präsident ohne Kinder undenkbar ist." Zwar habe Harris' übrige Identität sicherlich nicht keinerlei Rolle gespielt. "Aber der eigentliche und relativ simple Grund, auf dem die Republikaner ja auch immer wieder herumgehackt haben, wieder herumgehackt haben, war sicherlich die Kinderlosigkeit von Frau Harris." 

An dieser offenen Flanke der demokratischen Kandidatin habe sich das Trumplager reiben können - immer mit Hinweis auf die fünf Kinder des alten und neuen Präsidenten. "Trump inszenierte sich damit geschickt als Gegenentwurf zu den kinderlosen Katzenladys, die angeblich nur ihre eigene Karriere in den Mittelpunkt stellen und dafür auf ein traditionelles Familienleben verzichten, wie es vor allem die amerikanische Mittel- und Unterschicht immer noch führt."

"Krieg gegen die Kinderlosen"


Statt vom "Krieg gegen die Frauen", über den sich viele fortschrittliche Prominente und enttäuschte Harris-Unterstützer in emotionaler Aufwallung erregen, müsse von einem "Krieg gegen die Kinderlosen" gesprochen werden. Trotz der Einführung von Tim Walz, mit dem die Harris-Kampagne Trumps Familie habe kontern wollen, sei die Entscheidung für Trump bei vielen Wählerinnen und Wählern gefallen, weil er im Wahlkampf als Familienmensch präsent gewesen sein konnte. 

"Kamala Harris hatte darauf keine überzeugende Antwort." Dass Menschen irrtümlich die amtierende Regierung für die Wirtschaftslage verantwortlich machten, sei nicht neu. Dass sie eine Frau, die außer ihrer Aufgabe als Vizepräsidentin keine andere gehabt habe, für viele Fehler und Mängel in Mithaftung für den wenig populären Präsidenten Joe Biden nähmen, sei bedauerlich, aber nun nicht mehr zu ändern.

Dramatische Folgen

"Es konnte ja auch niemand mit solch dramatischen Folgen rechnen", erklärt Hans Achtelbuscher. Noch bis vor wenigen Monaten sei es in der internationalen Politik schicklich und angesagt gewesen, zugunsten einer Verantwortungsübernahme auf höchster Ebene auf das kleine private Glück eines Lebens mit eigenen Kindern zu verzichten. "Weder Angela Merkel noch Olaf Scholz haben Kinder", zählt Achtelbuscher auf. 

Dasselbe treffe auf Emmanuel Macron und den neuen Nato-Chef Mark Rutte zu. Als Kinderlosigkeit noch als Ausweis für besonderen Einsatzwillen in der Politik gegolten und der eigenen Beliebtheit nachgeholfen habe, seien mit dem schwedischen Ministerpräsidenten Stefan Löfven, Xavier Bettel, Premierminister Luxemburgs und Jean-Claude Juncker, dem damaligen Präsidenten der Europäischen Kommission, eine ganze Reihe Kinderloser in höchsten Positionen tätig gewesen.

Grundsätzliche Verschiebung

"Mittlerweile hat sich da aber offenbar etwas Grundsätzliches verschoben", vermutet Regressionsforschender Achselbuscher. Wähler liebten Politiker, die durch ihre Familien wüssten, wie sich steigende Preise anfühlen, die wie die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock über explodierende Eispreise und Ratlosigkeit vor dem Supermarktregal dozieren könnten. "Harris konnte sich nicht als Kandidatin dieses Wandels präsentieren, der sich im Geschmack vieler Wählerinnen und Wähler vollzogen hat." Selbst der Versuch, Jesus Christus in Bürgschaft zu nehmen, der ebenfalls kinderlos geblieben war, habe scheitert müssen.

Für viele Menschen verbinde sich mit Präsidenten wie Kennedy, Nixon, Ford, Carter, Reagan, Bush, Clinton und Bush junior die Erinnerung an Kinder im Weißen Haus und wirtschaftlich bessere Zeiten. "Das passt zu einem weltweiten Trend: Auch in Deutschland sitzt mit Olaf Scholz ein Mann im Kanzleramt, der eine kinderlose Frau abgelöst hat." 

Scholz hat Kinder

Im Wettstreit übrigens mit einem Mann, bemerkt Hans Achtelbuscher abschließend, der als einer der ersten den Wind des Wandels im politischen Geschäft gespürt habe. "Armin Laschet, so sehr er auch verlacht und verhöhnt wurde, hat schon vor drei Jahren  versucht, seine Kinder als Stich im Spiel ums Kanzleramt auszuspielen. Gelungen sei das damals nicht. Achtelbuscher schmunzelt: "Scholz hat ja auch Kinder."

Mittwoch, 27. November 2024

EU-Betreuungszwang: In letzter Not ein Rauchverbot

Die EU möchte aus Europa eine einzige Rauchverbotszone machen, um nachzuweisen, dass der Peak Regulierung noch lange nicht erreicht ist.

Es wird nicht leichter, Europa zu regieren, das wird schon am ersten Tag der neuen Brüsseler Kommission deutlich. Auch nach Monaten intensiver Hinterzimmergespräche mit parteiübergreifenden Absprachen bis hinüber ganz rechts, wo die Vertreter der italienischen "Post-Faschisten" (Spiegel) versuchen, Europa umzumodeln, ist nicht ganz klar, ob alles wie gewünscht klappen wird. Manfred Weber, einst beinahe selbst Kommissionspräsident ("The Power of We"), ist optimistisch. Jedem ist alles angeboten worden. Alle haben zugestimmt, selbst die Sozialdemokraten, die sich in Europa selbstbewusst "Sozialisten" nennen.

Vom Start weg Betreuungsangebote


Viel kann nicht schiefgehen, viel darf auch nicht. Europa steht unter Feuer, der Russe vor der Tür, Donald Trump vor dem Tor und niemand weiß, wann sich Benjamin Netanjahu zu einem Staatsbesuch anmeldet und ein Bürgerkrieg in der EU ausbräche.

Einige Politiker in einigen Ländern würden den israelischen Ministerpräsidenten umgehend verhaften lassen, um ihn an den Internationalen Gerichtshof in Den Haag auszuliefern. Andere stehen in unverbrüchlicher Solidarität zur einzigen Demokratie im Nahen Osten und weigern sich, den Haftbefehl eines Gerichtes umzusetzen, das mit Palästina einen "Mitgliedstaat" aufgenommen hat, der völkerrechtlich gesehen nicht einmal ein Staat ist. Dafür aber traditionell besonders leidenschaftlich Prozesse gegen Israel führt.

Europa aber muss jetzt zusammenstehen, es ist wie immer Schicksalsstunde. Uneinig wie bei Israel ist die Wertegemeinschaft auch nahezu in allen anderen Belangen, Frankreich will die Gangart im Kampf gegen Russland verschärfen, der deutsche Kanzler würde lieber als Friedensbringer zum Wahlsieg reiten. 

Frankreich und Polen stellen sich beim Mercosur-Abkommen mit Südamerika quer, über das bereits im Juni 2019 nach fast 20-jähriger Verhandlungsdauer eine Einigung erzielt worden war. Das nun aber wieder vor dem Aus steht, weil einige EU-Staaten ihre hochsubventionerte Landwirtschaft durch den Freihandel benachteiligt sehen.

Ein Thema der Einigkeit


Dringend sucht die neue Kommission schon am Tag ihrer Krönung nach Gewinnerthemen. Am liebsten wären wie immer einfache Lösungen für Probleme, die niemand hat. Doch sowohl die Neufassung der Einwegkunststoffrichtlinie 2019/904N, mit der Tethered Caps sich in der EU durchsetzten, als auch die vielen Freiheitsverbote, die den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der EU wirksam behindern, sind bereits beschlossen. 

Warum also diesmal nicht zur Feier des Neustarts im Brüsseler Berlaymont-Palast ein europaweites Rauchverbot im Freien diskutieren? Warum nicht konsequent vom ersten Moment an deutlich machen, dass der Peak Regulierung, von dem so mancher glaubt, er liege hinter den 440 Millionen geduldig leidenden und folgenden EUropäern, noch lange nicht erreicht ist? 

Ein umfassendes Rauchverbot nicht auf, sondern an Bahnhöfen, auf Straßen, Plätzen, in Parks und Biergärten, auf den Liegewiesen der Freibäder, in der Nähe von Spielplätzen, Straßenecken, Parks und Behörden, auf den Raucherecken vor Hotels und in Wäldern, auf Wiesen und am Straßenrand schüfe schlagartig einen immensen Kontrollbedarf.

Neuer Kontrollbedarf schafft Arbeitsplätze


Die EU-Staaten müssten das Verbot umsetzen, seine Einhaltung aber auch durchsetzen: Nicht nur in Deutschland, das mit dem "Gesetz zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens vom 20. Juli 2007" (BGBl. I S. 1595) schon am Widerstand einiger Privatkneiper scheiterte, müsste eine neue Nichtraucher-Bürokratie aufbauen, mehr Polizei auf die Straße bringen und nach der feierlichen Ausrufung von Messerverbotszonen auch Rauchverbotszonen ausschildern.

Doch wie wichtig die EO das Thema nimmt, das eine große Chance bietet, weiter und noch tiefer ins Privatleben der Bürgerinnen und Bürger einzugreifen, obwohl weder Kommission noch EU-Parlament für ein europaweites Rauchverbot zuständig sind, zeigt sich darin, dass die Abgeordneten der weltweit größten halbdemokratisch zusammengestellten Volksvertretung sich in großer Runde mit der Frage beschäftigen wollen, sobald sie die neue Kommission wie abgesprochen durchgewunken haben. 

Politik für unmündige Kinder


Gerade weil der Vorschlag, den Europäern die Zigaretten wegzunehmen, noch von der alten, mit nahezu allen ihren Absichten und Plänen gescheiterten Kommission gemacht wurde, sehen Beobachter in seiner Weiterführung ein klares Zeichen. Dass das neue Parlament und die neue Kommission nichts Wichtigeres zu tun hätten, als die Initiative zur Ausweitung sogenannter "rauchfreie Zonen" vom portugiesischen Cabo de São Vicente im Süden bis zum Polarkreis im Norden fortzuführen, zeige bei aller Erneuerung eine konsequente Kontinuität der EU-Politik. 

Weder Kommission noch Parlament werden davon ablassen, Menschen zu bevormunden, ihnen eigenständige Lebensentscheidungen so weit als möglich abzunehmen und zu versuchen, sie in den Status unmündiger Kinder zu versetzen, um sie anschließend umfassend betreuen zu können.

Beleidigungsbeobachtungsposten: Schwachkopfverbrecher im Visier

Immer noch werden Kneipen, Sportvereine und Familien missbraucht, um strafrelevante Inhalte zu verbreiten.

Sie hetzen gegen die gültige Rechtsordnung, widersprechen Autoritäten, beschädigen Würdenträger und beleidigen mutmaßlich sogar Kanzlerkandidaten. Der Hass im Netz hat eine neue Größenordnung angenommen, die Zahlen steigen und erste Meinungsführer sprechen sich bereits entschieden dafür aus, bisher vom Staat großzügig gewährte Schutzrechte, mit denen Untertanen sich einem übergriffigen Staat widersetzen konnten, aufzuheben. 

Hausdurchsuchungen für alle, überall


Hausdurchsuchungen für alle, live ins Netz übertragen, könnten Schwachkopfverbrecher abschrecken, so die Hoffnung. Auch Kackhaufen-Emojis und abgewandelte Zitate wären dann nicht mehr möglich. Eine Welt, wie die SPD sie bereits vor Jahren mit dem Satz "Politik hat die Aufgabe, das tägliche Zusammenleben in unserer Gesellschaft zu regeln", beschrieb, wäre keine Utopie mehr, sondern zwar grundgesetzwidrig, aber mit der Mehrheit der demokratischen Parteien durchsetzbar. KI-gestützt durchforstet die Mauspolice das Netz nach möglicherweise feindlichen Einträgen. Spezialstaatsanwälte der Cyber-Sonderkommissionen schlagen zu.

Nur in der realen Welt stößt das Konzept der automatisierten Netzüberwachung durch die Künstliche Intelligenz weiterhin an Schranken. Zwar können pfiffige Start-Ups wie die von der FDP-Politikerin Franziska Brandmann gegründete Firma So Done den Kampf gegen Hassnachrichten online so perfektionieren, dass Beleidigungsbetroffene sich selbst dann noch beleidigt fühlen können, wenn sie die Beleidigung gar nicht bemerkt haben. Doch draußen im echten Leben stößt das Konzept des automatischen Matching von Beleidigten und Beleidiger auf hohe Hürden.

Wahrnehmungslücke schließen


"Zur Beleidigung gehören immer zwei. Einer, der etwas sagt, und ein anderer, der sich beleidigt fühlt", beklagt FDP-Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki. Dazwischen klafft oft eine Wahrnehmungslücke, gerade bei Gesprächen im kleinen Kreis, im privaten Raum, aber auch in Gaststätten, in Büros und Laufgruppen, Sportvereinen oder Hobbyzirkeln. 

Genau dort aber fallen bis heute beleidigende Bemerkungen, ohne dass die mutmaßlichen Täter Hausdurchsuchungen, Ermittlungsverfahren und Strafbefehle zu befürchten haben. Wenn kein Habeck, keine Scholz, keine Annalena Baerbock oder eine Frau Strack-Zimmermann in der Nähe ist, versenden sich "Idiot", "Arschloch", "Schwachkopf" und Trottel" folgenlos.

Doch nicht nur das Netz ist kein rechtsfreier Raum, sondern auch die reale Welt. Hier, wo bisher die Gewohnheitsregel galt, dass jedermann ohne Strafe mit Beleidigungen oder Mordaufrufen um sich werfen darf, so lange die Zielperson nichts davon mitbekommt, will das Bundesblogampelamt (BBAA) im mecklenburgischen Warin mit einer großen Rechtsreform nachschärfen und den Meinungsfreiheitsschutz ausbauen. "Unserer Erfahrung nach bleiben gerade gesprochene Beleidigungen derzeit in nahezu hundert Prozent der Fälle ohne Konsequenzen", sagt Behördenleiter Herrnfried Hegenzecht. 

Nutzung des Stammtisches


Täter*nnen machten sich im Alltagsleben der offenen Gesellschaft perfide zunutze, dass die Beweislage häufig schwierig sei. "Kaum jemand zeichnet am Stammtisch oder beim Abendbrot daheim auf, was andere sagen." In vielen Wohnzimmern hören mittlerweile zwar intelligente Assistenten und Smartphones permanent zu. Doch die Beweissicherung und die Verwendung der Daten gilt als schwierig, weil das Grundgesetz tieferen Engrifen immer noch im Wege steht und auch der Digital Service Act der EU kaum Durchgriffsrechte bietet.

Das BBAA will deshalb nun bundesweit Beleidigungsbeobachtungsposten (BBP) aufbauen, von denen aus die bisher weitgehend unregulierten Alltagsgespräche der Bürgerinnen und Bürger im Auge behalten werden sollen. Hegenzecht, der das BBAA vor 15 mitgründete, beschreibt die geplante Vorgehensweise so: "Stellen Sie sich vor
eine Frau hört in einem Bus zufällig, wie in einem Gespräch zwischen einer anderen Passagierin und ihrem Begleiter homophobe Äußerungen fallen - daraufhin beginnt sie, das Gespräch zur Beweissicherung mit ihrem Handy zu filmen." 

Interaktive neue App


Über die kostenlose BBP-App, die eine direkte Schnittstelle zur nächstgelegenen Beleidigungsbeobachtungsstation bietet, gehen die volksverhetzenden Äußerungen direkt an die diensthabenden Meinungsfreiheitsschützer. "Und wenn die Täterin aussteigt, ist bestenfalls schon ein Einsatzkommando vor Ort, um sie mitzunehmen."

Herrnfried Hegenzecht verspricht sich von der interaktiven und innovativen Methode eine flächendeckende Überwachung aller durch alle. "Ich denke, die deutsche Geschichte zeigt, dass die meisten mitmachen werden." Durch die rechtliche Verankerung der BBP im Rechtsrahmen der neuen Hassgesetze könne auch sichergestellt werden, dass gegenüber den freiwilligen Helfern der BBP nicht mehr wie derzeit noch der Verdacht der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes erhoben werden könne.

Konzept soll schnell greifen


"Es wird auch nicht lange dauern, dann wird es niemand mehr wagen, den Vorwurf zu erheben, dass wir uns in eine Gesellschaft der Niedertracht verwandelt haben", ist Deutschland höchster Meinungsfreiheitsschützer sicher. Dieser haltlose Vorwurf werde dann selbst als strafbare Delegitimierung notwendiger staatlicher Maßnahmen zum Schutze aller verfolgt werden.

Die Ideengeber aus Warin sind sich recht sicher, dass die Stimmungslage sich Deutschland sich schnell verbessern wird, sobald das Land mit einem dichten Netz aus Beleidigungsbeobachtungsstationen überzogen ist. "Wir müssen klare Kante gegen  jeden Schwachkopfverbrecher zeigen, dann werden diese Leute es nicht mehr wagen, ihre Beleidigungen unter der Hand weiterzuflüstern." 

Wirte, Arbeitskollegen, Sportfreunde und  Familienmitglieder könnten helfen, eine gesunde soziale Kontrolle zu etablieren. "Je mehr Leute dabei sind, desto schneller werden wird die überhandnehmende Verbreitung von Hetze, Hass und Zweifel wirksam unterbinden können."

Dienstag, 26. November 2024

Klimagipfel: Gute Gaben für das gute Gewissen

Der globale Süden kennt weder Pfandpflicht noch CO2-Abgabe, was an Müll anfällt, landet oft hinterm Haus, auf dass der Wind es fortträgt.

Wer sie je hat besuchen dürfen, erinnert sich an schiere Schönheit. Der globale Süden, er hat paradiesische Strände, wunderbare dunkle Wälder, unglaubliche Lichtspiele in azurblauem Wasser. Die Temperaturen waren hier gestern schon die von übermorgen, die Menschen laufen leicht bekleidet herum oder im Sonnenvollschutz. Es gibt wilde Tiere und wilde Esel, Flüsse, Seen und Städte, denen häufig noch die Pracht anzusehen ist, die sie in längst vergangenen Zeiten ausgestrahlt haben.

Alles muss gerettet werden


All das ist bedroht, all das muss gerettet werden. Zur COP29-Klimakonferenz in Aserbaidschan, ein Energiepartnerstaat Deutschlands, der im vergangenen Jahr ohne Kriegserklärung in einem seiner Nachbarländer eingefallen war, waren sie deshalb alle herbeigeeilt, die Experten, Engagierten, Regierungsvertreter und undurchsichtig finanzierten Lobbygruppen. Wie immer ging es ums Geld, wie immer um mehr Geld als jemals zuvor und wie immer einigten sich die Beteiligten erst am Ende der Nachspielzeit auf ein Ergebnis, von dem niemand genau sagen kann, was es genau bedeutet.

Und vor allem warum. Statt wie derzeit 100 Milliarden oder wie anfangs angeboten 250 Milliarden, stimmten die Industrieländer des lieben Friedens mit dem sogenannten "globalen Süden" willen letzten Endes zu, 300 Milliarden jährlich zu geben, um den Entwicklungsländern bei der Anpassung an den Klimawandel und bei der Finanzierung von Klimawandelschäden zu helfen. Bis 2030 macht das eine Summe von 1,8 Billionen Dollar, schon 2032 wird mehr Geld aus dem globalen Norden nach Afrika, in die Südsee und nach Südamerika geflossen sein, als Deutschland in 75 Jahren an Schulden angehäuft hat.

Wofür aber genau?


Einzig unklar bleibt nach vielen tausend erregten Medienbeiträgen zu Zank und Geschacher, zum Versagen der COP-Präsidentschaft und zur Enttäuschung der Klimaschützer, zu welchem Zweck die Milliarden eigentlich dienen sollen. Rund 300 Milliarden Entwicklungshilfe im Jahr zahlen die Industriestaaten heute bereits, auf mehr als eine Billion summieren sich die Zahlungen der vergangenen fünf Jahre. Seit dem Beginn der neuerdings als "Entwicklungszusammenarbeit" bezeichneten Zahlungsströme sind Billionen und Aberbillionen geflossen.

"Diese Hilfe erreichte jedoch nicht das gewünschte Ziel",  stellt Marcel Rank in seinem Buch "Sanierungsfall Afrika" fest. Das Bruttoinlandsprodukt in den betroffenen Ländern übersteige "heute kaum das von 1960". Sterbeziffern unterschieden sich "trotz groß angelegter Hilfskampagnen" von früher, schreibt Hubertus Büschel. An der Sitze der Liste der Staaten, die am meisten erhielten, stehen mit Syrien, Äthiopien, Bangladesch, Jemen und Afghanistan vom Krieg verheerte Länder, regiert von korrupten Eliten und religiösen Eiferern, die ihre Staatsbürger mit Terrormethoden in Armut und Unfreiheit halten.

Kein messbarer Beitrag


Zum Fortschritt der Menschheit haben diese Länder seit vielen Jahren nichts beigetragen, auch wenn sich Olaf Scholz und der ihn begleitende Pressetross im vergangenen Jahr in Kenia überzeugen ließen, dass Staaten mit Gelegenheitsstrom die wahren "Vorreiter der Energiewende" sind. 

Weder das Rad noch der Computer und nicht einmal der Gummistiefel wurde hier entwickelt, dafür aber die hohe Kunst der Klimaklage, die die Kolonialismusklage fugenlos abgelöst hat. Der globale Süden, wie er heute gern genannt werden will, war immer ein Anhänger, gezogen vom globalen Norden, der an allem schuld ist: Erst am Versuch, Kolonien auszubeuten. Dann, nach der Erkenntnis, dass der Aufwand den Nutzen nicht lohnt, daran, die nunmehr freien Staaten alleingelassen zu haben.

Neuer Zahlungsgrund

 
Kaum 400 Jahre nach dem ersten Versuchen, sich die Paradiese der Erde untertan zu machen, und 50 nach dem Ende des Versuchs - abgesehen von einigen Überseegebieten, die man sich hält -  sind Forderungen nach mehr Geld der Kleber, den globalen Süden zusammenhält. Nur so, davon sind nicht nur die Armen, sondern auch die Reichen überzeugt, kann es besser werden. 

Denn sich allein regieren, sich allein gegen die absehbaren Folgen der Klimaerwärmung zur Wehr setzen, das werden weder Tuvalu  noch Gardi Subdug oder die anderen Staaten können, die in Baku von einer  "Gruppe afrikanischer Unterhändler" (Tagesschau) ohne Adresse und Landesvorwahl vertreten wurden.

Mehr, so legen es alle Informationen nahe, hilft mehr. Und noch mehr könnte reichen, die Schienen, die Straßen, die zerrütteten Verwaltungsstrukturen, die Korruption und die malade öffentliche Infrastruktur zukunftsfest zu machen und die traurigen fossilen Wirtschaften klimagerecht zu transformieren. Eine Lektion, die die Länder des globalen Südens vom Umgang der EU mit den großen amerikanischen Hightech-Konzerten gelernt haben: Hast Du selbst keine, kannst Du die, die welche haben, für den Mangel Ablass zahlen lassen.

Anspruch auf Krücken und Rollstuhl


Wer selbst nicht laufen kann, hat Anspruch darauf, dass ihm Krücken und notfalls ein Rollstuhl bezahlt werden. "Klimaschadensausgleich" und "Klimavorsorge" sind die Krücken und Rollstühle für Südsee- und Karibikinseln, die weder Pfandpflicht noch CO2-Abgabe kennen, für Staaten in Afrika, in denen es guter Brauch ist, jeden fetzen Plastikmüll hinterm Haus abzuwerfen, auf dass der Wind oder die nächste Flut den lästigen Kram aus den Augen und aus dem Sinn befördern. 

Ölstaaten wie Bolivien, das kommunistische Großgefängnis Kuba, Brasilien, das Bauxit und Gold noch immer mit Hilfe von Quecksilber fördert, und Indien, dessen "Umweltgesetzgebung der Bevölkerungsentwicklung hinterherhinken" (Bundeszentrale für politische Bildung), sie warten alle auf die rettenden Zahlungen aus dem Norden. 

300 Milliarden sind "zu wenig und zu spät", die Vertreterin Nigerias nannte die Summe gar  einen "Witz" und eine "Beleidigung". Weil ihre Regierung in Abuja natürlich ohne ausreichend Geld aus Washington, Berlin, Paris und Stockholm weiterhin nichts gegen die vielen illegalen Ölraffinerien im Land tun kann, deren einheimische Betreiber gestohlenes Erdöl auf archaische Weise zu Benzin und Diesel verkochen.


Robert Habeck: Der größte Kampf des Küchenjungen

Robert Habeck kommt aus einer Welt der weitläufigen Küchen und großen Küchentische. Wie selbstverständlich hält er das für die Realität aller Bürger.
Robert Habeck kommt aus einer Welt der weitläufigen Küchen und großen Küchentische. Wie selbstverständlich hält er das für die Realität aller Bürger.

Wie er da saß, "am Küchentisch bei Freunden", war er unwiderstehlich. Robert Habeck, schwarzer Kulturarbeiterpulli, Bändchen am Arm und in seiner nach außen gewandten Innerlichkeit trotz der cloneygrauen Haare 20 Jahre jünger wirkend, machte Deutschland ein Angebot. Ihn noch mal, nun aber für volle vier Jahre und als Bundeskanzler. 

Ihn als den Mann, der den "Zumutungen der dieser Zeit" mit festem Blick ins Auge schaut und "an guten Lösungen für das Heute" arbeitet, "die so groß sind wie die Herausforderungen unserer Zeit, statt zu zaudern oder uns nur an die Vergangenheit zu klammern, wie manche das tun". Bei Caren Miosga hielt er zuletzt Hof. Nachdenklich. Unbeirrt. Unbelästigt von Fragen nach seiner Tätigkeit als Anzeigenobermeister.

Verkäufer des Jahres

Robert Habeck, schon 2022 als "Verkäufer des Jahres" ausgezeichnet, ist ganz bei sich, wenn er sich in die Wohnzimmer der Menschen da draußen setzt. Schon bei seiner Premiere sprach er Sätze wie aus Paradiso-Granit geschlagen. Ein Blick wie ein Pudel. 

Bis heute weiß niemand, ob die guten Lösungen rein von der Größe her passen werden, wenn sie genau die Größe der Herausforderungen haben. Aber das sind Details, die später geklärt werden können, Probleme, die es im Vorwärtsschreiten zu lösen gilt. Was jetzt zählt, ist das Angebot, ein "Angebot der Zuversicht" (Habeck), an dem Robert Habeck länger gefeilt hat, als Lenin in seiner finnischen Laubhütte am großen Werk "Staat und Revolution" schrieb. 

Habecks Vision einer Gesellschaft inmitten einer "Welt ist im Wandel", die nicht nur "Lösungen", sondern auch "politische Antworten" braucht, "die so groß sind wie die Herausforderungen unserer Zeit", ist eine der Heimeligkeit und der "Zuversicht, die wir zurecht haben können", wie Habeck mit Blick auf die Wirtschaftsdaten sagt. Viel schlechter können die nicht werden.

Wirklichkeit voller Zumuntungen


Warum und weswegen, wieso und weshalb, das ist jetzt nicht der Punkt. In einer "Wirklichkeit voller Zumutungen" nimmt der grüne Kanzlerkandidat die Bürgerinnen und Bürger mit in seine Welt, an den "Küchentisch bei Freunden", im Hintergrund die alte, sorgsam aufgearbeitet Anrichte, am Kühlschrank augenzwinkernd der Aufkleber der Klimakleberbewegung "Letzte Generation" und am Handgelenk ein schmales Bändchen, das zeigt, auch dieser Mann hat Gefühle.

Und er hat eine Prägung, die er nicht leugnen kann. Ganz selbstverständlich ist Robert Habeck bei seinem Diskussionsangebot davon ausgegangen, dass ringsum in Deutschland alle so leben wie er und seine Freunde. Die großzügige WG-Küche, seit der Verbeamtung in Alleinnutzung. Das Holzparkett, nach dem Einzug eigenhändig abgeschliffen, damals war es mit dem Geld noch nicht so dicke. Die Heizung hochgedreht, dass der Gast aus der Bundesregierung die Pulloverärmel tatendurstig hochschieben konnte, wie er es so gern tut. Der große Echtholztisch. Die licht geputzten Wände.

In seiner westdeutschen Haut


Robert Habeck kann nicht aus seiner westdeutschen Haut. Es ist keine Arroganz, die ihn davon ausgehen ließ, dass seinen Lebensentwurf mit Küchentisch und Beinfreiheit auf 130 Quadratmetern im klimagerecht sanierten Altbau auch die weniger wohlhabenden Schichten teilen. Dass da draußen Menschen leben, denen das Schicksal ein Los zugeteilt hat, das sie daran hindert, auf so großem Fuß zu leben, kommt in Habecks "Wirklichkeit ist voller Zumutungen" nicht vor. 

Der Klimawirtschaftsminister stellt sich sein Leben für alle vor: Die Küche von der weiträumigen Art. Und die "Zumutungen dieser Zeit kommen nicht von mir oder den Grünen", weil die weder mit der Co2-Steuer noch mit dem nicht gezahlten Klimageld noch mit der großen Transformation der Wohnungslandschaft und dem Rückbau der Industrie irgendetwas zu tun hatten.

Vielerorts ist für Habeck kein Platz


Die, die keinen großen Küchentisch haben, müssen draußen bleiben, wenn der Kanzlerkandidat darum bittet, ihn doch einfach mal zu sich nach Hause einzuladen. Vielerorts ist dafür kein Platz, obwohl etliche den Chef von Team Habeck sicher gern fragen würden, warum auf der Krönungsmesse zu seinen Ehren keine Rede vom guten alten Klimageld war, das die Armen letztens noch von Transformationskosten entlasten sollte.

Andere haben sich selbst disqualifiziert wie der #Schwachkopf-Poster, der Robert Habeck erst zwang, ihn anzuzeigen. Und die ihm nach der erfolgten Hausdurchsuchung von rechten und populistischen Medien gebotene Bühne prompt nutzte, um den grünen Kanzlerkandidaten provokativ zu sich einzuladen. Beinahe scheint der Kanzlerkandidat der Grünen sogar irritiert davon, dass ihn tatsächlich Einladungen an Küchentische erreichen, zumal von Menschen, die sich als andersdenkend definieren.

Langfristige Wahlkampfstrategie


Auf dieses Eis wird Robert Habeck sich sicherlich nicht begeben. Die langfristig ausgearbeitete Wahlkampfstrategie sieht zwar vor, dass der Minister sich in den sozialen Netzwerken als ehrliche Haut präsentiert, unverstellt, tatkräftig, ein Schwiegersohn, den jeder Häuslebauer gern als Hilfe beim Dämmen der Fassade, beim Verlegen der Fußbodenheizung und beim Ausfüllen der Vielfalt an Förderantragsformularen hätte. 

Sie enthält natürlich auch Spurenelemente der Taktiken, die Donald Trump zurück ins Weiße Haus geführt haben - so etwa, wenn die neue Parteivorsitzende Franziska Brandner den zuletzt von Viktor Orbán genutzten spaltenden MAGA-Slogan zu "Make Green Great Again" verballhornt. 

Doch in Ermangelung eines mächtigen Unterstützers wie Elon Musk müssen sich die Grünen bei der Verbreitung der frohen Botschaft auf eine Armee aus Freiwilligen, Sockenpuppen und Bots verlassen. Dieses "Team Habeck" sendet allerdings in einen weitgehend leeren Raum, in dem sich die Aktivisten überwiegend gegenseitig versichern, dass mit dem 55-Jährigen das grüne Zeitalter anbreche. Etwa so, wie vor vier Jahren bekanntlich eine ganze sozialdemokratische Ära anbrach.

Echo ist bescheiden


Das Echo außerhalb der Kammer ist bescheiden, der Widerspruch groß, Habeck selbst aber  sieht noch keinen Anlass, keinen Anlass, sich in die Debatte einzuschalten oder gar einzelne Einladungen an Küchentische zu beantworten, wo die "Politik gemacht wird", zu der sich überhaupt nur äußern darf, wer Kinder großgezogen hat. 

Der Standpunkt derer aus, die keinen Küchentisch haben, und derer, die freiwillig oder gegen ihren Wunsch kinderlos geblieben sind, spielt in der Inszenierung keine Rolle. Die Ehrlichkeit des einzig authentischen Kandidaten endet, wo die Bionadeviertel in die Vorstädte übergehen, am Küchentisch nur eine Person stehen kann und im Hausflur kein Platz für ein Lastenrad ist. Der Aufruf, nicht zu "zaudern oder uns nur an die Vergangenheit zu klammern, wie manche das tun", klingt hier wie ein Witz. Allerdings wie einer, über den niemand lachen sollte, der nicht im Morgengrauen unerwünschten Besuch bekommen will.

Montag, 25. November 2024

EU-Hinterzimmerdeals: Machtkampf um die Unsichtbaren


Der neue Reigen Unbekannter, der in Zukunft über Europa regieren wird. 

Lässt du meinen, lass ich deinen, schießt du quer, schieße ich auch. So ungefähr geht das Spiel, das die EU-Fraktionsspitzen, die Heimatparteien der Kommissarskandidaten und die bereits wieder mit ihrem Amt betraute EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen seit mehr als fünf Monaten spielen.  

Immer um alles


Das Interesse an der neuen EU-Kommission. 
Es geht wie immer um alles, denn es geht um die Besetzung der Posten, die die Europäische Kommission in den kommenden vier dreieinhalb Jahren führen werden. Jedes Mitgliedsland entsendet traditionell einen Kommissar, außer Deutschland, das erneut die Präsidentin stellt. Die muss die Vorschläge abnicken, dann wandert das umfängliche Personaltableau ins Parlament, das der neuen Kommission auch noch ein bisschen Stempelchen aufdrücken will, ehe es wieder jahrelang nichts zu sagen haben wird.

Zweimal nur zuckte das Interesse an den neuen EU-Kommissaren hoch. Das dauert alles seine Zeit, trotz Zeitenwende, Krieg, Wirtschafts- und Migrationskrise und den von überallher kommenden ASngriffen gegen die Vorbildrolle der Gemeinschaft beim Klimaschutz. Zuerst musste Ursula von der Leyen zähneknirschend von ihrem Versprechen abrücken, ihre neue Kommission paritätisch halb und halb aus Frauen und Männern zusammenzustellen - die Mitgliedsstaaten hatten einfach zu wenige Frauen nominiert. 

Linke gegen Rechte


Dann kamen ihr auch noch Vorschlage aus Spanien, Ungarn und Italien auf den Tisch, deren Regierungschefs verlangten, Politiker ihres Vertrauens und ihrer Parteifarben in die Kommission aufzunehmen. Italien wird bekanntlich von Neufaschisten regiert, Ungarn von einem Populisten, Spanien von einem der letzten echten Linken. Dessen Lager gefielen die Nominierten aus Ungarn und Italien nicht. Deren Unterstützern war die spanische Anwärterin nicht rechts

Ein Schachern in Hinterzimmern hob an, das medial kaum Widerhall fand. Als wäre die EU mit dem Wahltag im Frühjahr schon prima für alles kommende aufgestellt, verebbte jegliches Interesse an dem, was nach der "Schicksalswahl" (Katharina Barley) folgte. So wenig die neuen Kommissare jemand irgendwo da draußen kennt, so wenig hatte er die Chance, sie im zurückliegenden halben Jahr kennenzulernen. 

Keine Schlagzeilen


Namen wie Kaja Kallas, eine Frau aus Estland, die für ihren neuen Job den als Premierministerin ihres Heimatlandes aufgegeben hatte, tauchten gelegentlich auf, als bestehe kein Zweifel daran, dass die Kandidatin für den Posten als Außen- und Sicherheitspolitikverantwortliche in jedem Fall gewählt werde. Andere künftige Vizepräsidenten - die EU leistet sich sechs an der Zahl - machten keine Schlagzeilen wie Henna Virkkunen, Raffaele Fitto und Stéphane Séjourné.

Künftig zuständig für Fantasieressorts wie "Sicherheit, Demokratie und Werte", "Kohäsion und Reformen" oder "Wohlstand und eine europäische Industriestrategie", sind sie heute noch genauso unbekannt wie es ihre Vorgänger immer blieben, obwohl deren Zuständigkeitsbezeichnungen "Europäischer Grüner Deal Interinstitutionelle Beziehungen und Vorausschau", "Werte und Transparenz", "Förderung unserer europäischen Lebensweise" und "Ein stärkeres Europa in der Welt" für sich selbst sprachen. Wer aber hat jemals von Dubravka Šuica gehört? Außer er hat gelesen, dass sie "gegen Lobbyregeln verstoßen haben könnte" (Spiegel)

Kein Hinderungsgrund


Nichts, was eine Weiterbeschäftigung im Dienst von 440 Millionen Europäerinnen und Europäern im wege steht. Oder wer weiß, dass die tschechische Politikerin Věra Jourová in den vergangenen fünf Jahren tatsächlich dreimal öffentlich auftauchte - zuletzt, als sie im Gespräch mit dem ARD-Europastudio wissen ließ, dass die "die Plattform X eine Drehscheibe für Antisemitismus" sei, und der "Gründer Elon Musk ein Förderer des Bösen"?

Ob Roxana Minzatu aus Rumänien, mit der in letzter Sekunde doch noch eine Frau für einen EU-Kommissarsposten nominiert wurde, es besser machen wird, ist nicht abzusehen. Die 44-Jährige, vorgesehen für ein Kommissariat mit dem schönen neuen Namen "Fachkräfte, Kompetenzen und Vorausschau", hat Politikwissenschaften studiert und ihr Berufsleben als „Euroadvisor“ im rumänischen "Ministerium für Europäische Integration" begonnen. Danach arbeitete sie als Managerin und Beraterin für verschiedene EU-finanzierte Projekte, wurde Staatssekretärin im "Ministerium für europäische Fonds", anschließend Staatssekretärin und Koordinatorin der "Abteilung für die Bewertung und das integrierte Monitoring der aus öffentlichen und europäischen Mitteln finanzierten Programme" un Rumänien und schließlich EU-Abgeordnete.

Lupenreine Europäer


Ihr lupenreines Europäertum ist ein Pfund, mit dem Roxana Mînzatu wird wuchern müssen, um wie geplant "vor dem Hintergrund einer schwierigen Demografie" (EU) "Verantwortung zu tragen für Kompetenzen, Bildung und Kultur, hochwertige Arbeitsplätze und soziale Rechte und sich nebenher auch noch "führend um eine EU der Kompetenzen und die europäische Säule sozialer Rechte" zu kümmern, "um die Gesellschaften zusammenzuhalten".

Zum Glück ist sie mit dieser titanischen Aufgabe nicht allein, Teresa Ribera aus Spanien, auserkoren den "sauberen, gerechten und wettbewerbsfähige" Übergang zum managen, Ekaterina Zaharieva, eine gelernte Juristin aus Bulgarien (Start-ups, Forschung und Innovation), Maria Luís Albuquerque aus Portugal (Finanzdienstleistungen und die Spar- und Investitionsunion), Maros Sefcovic aus der Slowakei (Handel und wirtschaftliche Sicherheit sowie interinstitutionelle Beziehungen und Transparenz) und Piotr Serafin aus Polen (Haushalt, Betrugsbekämpfung und öffentliche Verwaltung) werden neben ihr stehen und die monatelange gegenseitige Blockade der großen Fraktionen im Parlament schnell vergessen lassen.

Gekommen, um zu verschwinden


Die sogenannten "Anhörungen" sind inzwischen abgeschlossen, die Keuh aber ist noch nicht vom Eis. Nach dem Machtkampf um die drei Kommissare, der durch eine "Paketlösung " (DPA) beendet werden konnte, steht nur noch die Schlussabstimmung im EU-Parlament  aus, die als bloße Formsache gilt. Alle wichtigen Fraktionen sind eingeschworen, alle Posten verteilt. So wird Olivér Várhelyi aus Ungarn "Gesundheit und Tierschutz" übernehmen, Wopke Hoekstra aus den Niederlanden "Klima, Netto-Null-Emissionen und sauberes Wachstum" und Jessika Roswall aus Schweden kümmert sich künftig um "Umwelt, Wassersicherheit und eine wettbewerbsfähige Kreislaufwirtschaft".

Anfang Dezember, nach nur 180 Tagen intensiver Verhandlungen, könnte die neue Kommission der Unbekannten ihre Arbeit aufnehmen. Sowohl von den oben genannten als auch von Costas Kadis aus Zypern ("Fischerei und Ozeane"), Hadja Lahbib (Belgien / "Vorsorge und Krisenmanagement"),  Apostolos Tzitzikostas (Griechenland / "Nachhaltiger Verkehr und Tourismus"), Glenn Micallef (Malta / "Generationengerechtigkeit, Kultur, Jugend und Sport" und Jozef Sikela (Tschechien / "Internationale Partnerschaften") wird dann nie wieder zu hören sein.