Dienstag, 23. Juni 2009

Woche der Wahrheit bei McDoof

Ist denn schon wieder Woche der Wahrheit? Oder was haben sie den Welterklärern bei Welt und Stern in den Kaffee getan? Erst der Dauerrenitent Broder, der von Israel aus erklärt, dass sich die deutsche Politik ihre NPD nur hält, um eine Trommel zu haben, auf die man draufschlagen kann, wenn das Volk in die falsche Richtung guckt. Und nun Stern-Schreiber Walter Wüllenweber, dem die Tinte zu Sätzen gerinnt, die nach Protestdemo nur so schreiben:

In Deutschland haben die Armen Geld genug. Sie besitzen Spülmaschinen, Mikrowellenherde, DVD-Spieler, meist mehrere Fernseher, die neuesten Handys sowieso. Das listen die Erhebungen des Statistischen Bundesamtes detailliert auf. Hartz-IV-Empfänger verfügen heute über einen höheren materiellen Lebensstandard als westdeutsche Facharbeiter in den 1970er Jahren oder 16 Millionen DDR-Bürger kurz vor der Wende.


So wahr, so klar, so unbeendet. Denn gerade wo keine Armut ist, muss sie bekämpft werden, daran lässt auch Wüllenweber keinen Zweifel. Nur "wenn das Haben der einzige Maßstab zur Beurteilung von sozialen Situationen wäre, wenn nur das monatliche Haushaltseinkommen zählen würde - dann könnten wir uns zufrieden zurücklehnen", schreibt er, denn "dann müssten wir uns um die soziale Gerechtigkeit in Deutschland keine Gedanken machen".

Was wäre das aber für eine Welt? Alle lässig zurückgelehnt, unreich, aber auch unarm! "Soziale Gerechtigkeit" heißt doch eben gerade "soziale Gerechtigkeit", weil sie mit Gerechtigkeit wenig, mit Wortklauberei aber viel zu tun hat. Merke: Wo es kein Gegenteil für einen Begriff gibt, gibt es auch keinen Begriff. Das gilt grundsätzlich, also auch für "soziale Gerechtigkeit", deren Widerpart ja die "unsoziale Gerechtigkeit" sein müsste. Ein Wort, das selbst in einer langen Merkel-Rede auffallen würde.

Beschrieben wird also, was es gar nicht gibt, ein Ziel, das als Zustand unerreichbar bleiben muss, weil es weder definiert noch definierbar ist. Wüllenweber setzt mit den üblichen Vokabeln nach: "Chancengleichheit" und, das scheint ein neuer Einfall, "Chancenungerechtigkeit". Ist aber Gerechtigkeit schon hergestellt, wenn jeder gleich oft würfeln darf? Oder doch erst, wenn jeder die gleiche Zahl an Sechsen beisammen hat?


"Die Almosen vom Staat sind nur ein Schmerzmittel", formuliert der Stern-Schreiber scharf, sie machten "die Benachteiligung erträglich, aber sie beseitigen sie nicht".

Was durchaus im Interesse von Staat und Teilen der Armen liegt, würde man gern hinzufügen, rührte das nicht an ein hierzulande besonders liebevoll respektiertes Tabu. Das befiehlt strikt, mehr Bildung zu fordern, wo ein gern spätaufstehender Genußtrinker mit seinem Leben durchaus zufrieden ist. Es fordert, für mehr Förderung zu plädieren, wo Faulheit und Selbstgenügsamkeit die einzigen Hürden auf dem Weg zur selbstfinanzierten Existenz sind. Und es verlangt, niemals zu erwähnen, dass "Chancengleichheit" als Voraussetzung für "soziale Gerechtigkeit" so lange nicht zu erreichen sein wird, wie Menschen dumm oder schlau, klug oder dämlich, schnell oder lahm und schön oder häßlich geboren werden.

1 Kommentar:

nwr hat gesagt…

"...so lange nicht zu erreichen sein wird, wie Menschen dumm oder schlau, klug oder dämlich, schnell oder lahm und schön oder häßlich geboren werden."

Diese unverschämte imaginäre Ungleichheit ist lösbar: Entweder man fördert die Mischung biologisch, schiebt alles auf Umwelteinflüsse oder erklärt per Ukas, daß alle Unterschiede nur der rassistisch-faschistischen Einbildung von Menschenhassern entstammen.