Donnerstag, 13. Mai 2010

Verbot tut not

Ein Mann geht seinen Weg, unbeirrt und zielsicher. Rüdiger Erben, 42-jähriger Bergbautechnologe aus Bad Salzungen, weiß, was er will. Und er setzt es durch: Seit der ehemalige Leiter des Ordnungsamtes im Landratsamt Weißenfels als SPD-Staatssekretär in die Landesregierung Sachsen-Anhalts rückte, verfolgt der vom diktatorischen DDR-Regime wohnortnah bei der NVA in Weißenfels ausgebildete Verwaltungexperte ein klares Ziel: Wenigstens einmal im Monat soll in Sachsen-Anhalt ein neues Verbot in Kraft treten, gelingt das nicht, gilt es als Minimalaufgabe, wenigstens von einem oder zwei neuen Verboten zu reden.

Als legitimer Erbe der Verbotskultur der DDR machte Rüdiger Erben (Foto unten: Feuerwehr Osterburg) nie einen Ponyhof aus seiner Vision einer nur Gesellschaft mit allen Freiheiten eines Gefängnisgartens. Kaum war er aus dem Landratsamt Weißenfels nach Magdeburg umgezogen, machte er auch schon "Ernst im Kampf gegen Gewalt", wie seinerzeit wissen ließ. “Spiele mit Tötungssimulation”, so Erbens Rechtsauffassung, seien in seinem Bundesland “definitiv verboten”. Deshalb verstießen etwa das Spiel Paintball, auch als “Gotcha” bekannt, ebenso "gegen das Grundgesetz" (Erben) wie eine Vielzahl von Computerspielen. nach Ansicht der Landesregierung.

Der mediale Erfolg seiner Rechtsauslegung im Schamanenstil gab Erben Kraft und Mut für mehr. In schneller Folge (Google Timeline oben) produzierte seine auf Verbote fixierte Fantasie jetzt Verbotsvorschläge: Der Alkoholkonsums in den Abendstunden auf bestimmten Plätzen, das Abbrennen von Feuerwerk in der Nähe von Fachwerkhäusern, die Einschränkung der Demonstrationsfreiheit an bestimmten Tagen und das Komasaufen in Kneipen - zuweilen verbot Rüdiger Erben Dinge, die es nicht einmal gab.

Genug aber ist nicht genug und zuviel ist noch zu wenig. Dass die NPD verboten werden müsse, schlug der Freund einer gesellschaftlichen Ordnung mit einem klaren Kasernenhofreglement jeden Sommer vor, wenn sonst nichts anlag. Um schonmal klar zu machen, wie das auszusehen hat, erteilte er einem für die NPD in einem Lokalparlament sitzenden Schornsteinfeger Berufsverbot. Und um sicherzzugehen, dass da kein Nachwuchs nachrutscht, gab es gleich auch noch die Ankündigung einer landesweit geltenden Regelung zur Untersagung der Benutzung von Musikinstrumenten durch Rechte, egal ob extrem oder radikal: "Rechte Musik funktioniert häufig als Einstiegsdroge, um über den engeren Kreis von Neonazis hinaus Anhänger zu finden", legte Rüdiger Erben fest.

Eine Strategie, die zumindest medial riesigen Erfolg hat. Bei jeder Ankündigung steht Rüdiger Erben im hellen scheinwerferlicht, kippen Gerichte die von ihm verhängten Verbote, ist er längst zum nächsten weitergeeilt. Niederlagen kratzen keineswegs am Selbstbewusstsein von Deutschlands führendem Verbotspolitiker: Das von ihm erdachte Alkoholverbot auf dem Magdeburger Hasselbachplatz, das Erben eigentlich "auf andere Orte in Sachsen-Anhalt übertragen" wollte, schlugen ihm Landesrichter ebenso um die Ohren wie das Berufsverbot für den rechtsextremen Feger. Doch der kleine Innenstaatssekretär mit den großen Ambitionen eilt einfach weiter, zum nächsten Schauplatz, zum nächsten Scheinwerfer, zur nächsten Kamera.

Zuletzt untersagte er den Vergleich von NS-Verbrechen und SED-Diktatur, ja, von Diktaturen überhaupt, konnte das Verbot dann zwar nicht durchsetzen, hielt sich aber mit seinem Vorschlag wochenlang in den Schlagzeilen. So kann es immer weitergehen: Eben erst kündigte Rüdiger Erben ein Verbot von "Rockerbanden" an, ohne zu erläutern, woran eine solche zu erkennen vorab zu erkennen wäre, kurz danach ließ er wissen, dass er ein Verbot des Konsums von Alkohol in Straßenbahnen und Bussen plane. Stoppen kann sich Rüdiger Erben, der Ambitionen hat, einst Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt zu werden, im Grunde nur noch selbst: Wenn erst alles verboten ist, bleibt selbst ihm nichts zu verbieten übrig.

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