Mittwoch, 29. Juni 2022

Verbrennerfrei zum großen Sprung: Europa schafft ihn ab

Nun also das Ende des Verbrennungsmotors: Die EU setzt ihre schöne Tradition fort, knallharte Festlegungen für Zeiten zu treffen, die möglichst fern in der Zukunft liegen.

Im März vor 22 Jahren war es die Lissabon-Strategie, mit der EU-Europa sich zum großen Sprung anschickte. Fester Wille, eiserne Beschlüsse und der Schulterschluss aller Mitgliedsstaaten würden die Europäische Union nun binnen von nur zehn Jahren zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensgestützten Wirtschaftsraum der Welt machen. So war es beschlossen, mit konkreten Vorhaben im Bereich der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Erneuerung, abzurechnen im Jahr 2010 und je nachdem, wie sehr Spitze der "Kontinent", als den die EU-Kommission die EU stets sieht, bei der  Nachhaltigkeit im globalen Maßstab schon sei, würde dann nachgeschärft und angespitzt, für noch mehr führende Innovation als Motor für Wirtschaftswachstum in einer strikten "Wissensgesellschaft" (EU-Kommission), die auf "soziale Kohäsion der Folgen von konsequentem Umweltschutz" setzt, wie es im Lissabon-Papier hieß.

Niemand hat mehr große Pläne

Abgerechnet konnte dann nie werden, denn ihren Zielen war die Gemeinschaft nicht einmal  soweit nahegekommen, dass in Sichtweite gewesen wären. Statt aber nun Trauer zu blasen und die Köpfe hängen zu lassen, nahm die neue EU-Kommission unter Manuel Barolo die blamable Pleite bei der Umsetzung der Pläne der Kommission von Romano Prodi als Chance. Aus der Lissabon-Strategie wurde nun der Großplan "Europa 2020" mit noch mehr und noch ehrgeizigeren Zielen für ein "intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum" und einer noch viel "besseren Koordinierung der nationalen und europäischen Wirtschaft" nebst "Erhöhung des Wirtschaftswachstums", "Modernisierung des Arbeitsmarktes" und einer "Entkoppelung des Wirtschaftswachstums vom Verbrauch natürlicher Ressourcen".

War einer Bilanzkonferenz anno 2010 noch die leidige Finanzkrise glücklich dazwischengekommen, gelang es 2020, der Pandemie die Verantwortung dafür zuzuschieben, dass der Masterplan "Europa 2020" so still und leise von der Weltkarte der großen Strategien verschwand wie es sofort nach der Verkündung der Jahrhundertziele immer um ihn gewesen war. So viel anderes war indes schon für immer in Sack und Tüten gepackt worden: Deutschland hatte sich eine Schuldenbremse verordnet, die EU hatte beschlossen, die nächste Pandemie als "Gesundheitsunion" gemeinsam noch viel besser zu bestehen und die neue EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte mit "Fit for 55" schließlich sogar einen Nachfolger für die gescheiterten beiden Strategieprogramme an.

Neues magisches Zieljahr: 2030

Diesmal ist das magische Zieljahr das Jahr 2030, diesmal geht es um eine "Trias von verschärften Klimazielen, marktorientierten Maßnahmen und ordnungsrechtlichen Vorschriften". Auch diesmal war das Medienecho auf die Aussicht, "ein Paket reformierter und neuer Richtlinien und Verordnungen" (von der Leyen) zu bekommen, dass nach dem Vorgängerpaket und seinen Erfolgen niemand fragte. Vergeben, vergessen, Schnee von gestern.

Von einem großen Sprung zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensgestützten Wirtschaftsraumblabla, führender Innovation als Motor der Bedeutung des Wirtschaftswunders oder  dem intelligenten, nachhaltigen und integrativen Wachstum einer noch viel besseren Koordinierung der der Erhöhung der Modernisierung des Abendmahls ist nun gleich am Anfang nicht mehr die Red. Stattdessen geht es um Rückbau, Einhegung und die Entwicklung von Überlebensstrategien und Überwinterungsfähigkeiten. EU-Europa hat sich - nachdem ein "Zank in der Ampel" (Morgenpost) eine gewisse Würze in die Verhandlungen gebracht hatte - auf "wichtige Teile des EU-Pakets zum Kampf gegen den Klimawandel" (RND) geeinigt. 

Aus dem Weg, Wirklichkeit

So steht dem "größten Klimaschutzpaket, das seit 15 Jahren in Europa geschmiedet wurde" (Robert Habeck) nun nichts mehr im Wege, abgesehen von der Wirklichkeit, der den wundervollen Strategien der EU immer wieder dazwischenkommt. Sollte im Jahr 2000 eine Zukunft mit "dauerhaftem Wirtschaftswachstum, mehr und besseren Arbeitsplätzen und einem größeren sozialen Zusammenhalt" (Wim Kok) herbeiregiert und reguliert werden, hatte "Europa 2020" lebenslangem Lernens zur Erhöhung des Wirtschaftswachstums, eine bessere gesellschaftliche Integration und die Förderung umweltfreundlicher Technologien versprochen. Nichts davon kam wie geplant, kein Ziel wurde erreicht, kein Plan umgesetzt. Und so zieht die EU Konsequenzen: Das nun ausgerufene Verbot von Autos mit Verbrennungsmotor ist auf das Jahr 2035 datiert, ausreichend weit weg, um in den nächsten drei Amtszeiten nicht akut zu werden, und ausreichend diplomatisch formuliert, dass auch jede andere Zukunft denkbar bleibt.

Kann sein, es kommt so. Kann sein, von ganz allein. Kann sein, es wird alles anders, dann aber erst so spät, dass es niemanden mehr brennender interessiert als das Scheitern von Lissabon und Europa 2020. Womöglich teilt der fest beschlossene Abschied vom Verbrennungsmotor eines Tages das Schicksal der Schuldenbremse, die kaum da war und schon wieder weg. Womöglich wartet eine so kurvenreiche Rein-Raus-Karriere auf ihn wie sie zuerst die deutschen Atommeiler erlebten und nun gerade die Kohlekraftwerke.Vielleicht fehlt dann, wenn er weg soll, nicht mehr das Öl, sondern der Strom. 

An den historischen Tag in Luxemburg, als "nach 16-stündigen Verhandlungen" (n-tv) beschlossen wurde, dass die CO₂-Emissionen neuer Pkw bis 2030 auf 55 Prozent und leichter Nutzfahrzeuge auf 50 Prozent gesunken sein und ab 2035 keine Neuwagen mit Verbrennungsmotoren mehr zuzulassen werden, wird sich dann jedenfalls niemand mehr erinnern.


3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ohne preisgünstiges Öl und Gas wird hier zukünftig sowieso nur noch eine kleine superreiche Elite sich eine warme Bude und ein E-Mobil leisten können.

Ohne genug Elementarenergie wird es nämlich auch keinen günstigen Sauberstrom mehr geben, sondern eher Blackouts zur Normalität mutieren.

Doch keine Panik, denn der Durchschnittsmichel ist bekloppt genug, das auch noch zu bejubeln. Er hat nun mal dieses ererbte Sondertalent für hirntote Begeisterung.

Das grüne Lastenfahrrad mit Regenbogenwimpel für den Weltrettungs-Simpel wird in D folglich das einzig mögliche Fortbewegungsmittel sein, weil auch Pferde zum Reiten für den bald Arbeitslos-Normalo im Unterhalt unbezahlbar sind. Vielleicht könnten die aktuell aus der Türkei importierten Flughafen-Sonderfachkräfte gleich ihre Esel mitbringen, damit sich hier überhaupt noch etwas bewegt.

Offensichtlich hat das Erdowahnkalifat mit 5000 Kampfpanzern mehr als Mitteleuropa zusammen, dafür aber keine Jobs, wenn spontan so viele Airport-Experten zu uns strömen können. Man muss eben wissen, wo Prioritäten zu setzen sind. Militärische Feuerkraft kann arbeitslose Hungerleider nämlich überzeugen, ihre Demos sein zu lassen. Ein staatstragendes Erfolgsmodell, dass man sicher auch hier bald übernehmen wird, wenn der Michel ganz andere Sorgen als die Entscheidung zwischen Elektro und Verbrenner haben wird.

Noch geht es nur um Wohlstand schmälernde Zeit- und Temperaturlimits beim Duschen, doch das könnte sich zum Herbst und im Winter rasch ändern. Mal sehen, was unsere Ukrainefreunde dann für Sanktionsideen ausbrüten.

Anonym hat gesagt…

Erinnert an die Fünfjahrpläne vergangener Tage, die genauso phantastisch ausgeschmückt waren und von der gleichen Sorte Gesindel verfasst wurden.

Anonym hat gesagt…

Amerika : Abtreibung verboten . Bald kommt die Berndweltrepublik mit reichlich Panzeraction und jede Menge Kriegsmaskulinismus .

neue Unterhaltungsformate : " Flieg DU den A-10 Panzerschreck an die Ostfront - wenn DU 4 T-72 knackst bevor dDich der Russe erwischt bekommst Du ein Traumhaus und eine blonde Freundin ! "