Sonntag, 28. Januar 2024

Recht auf Reparatur: EU beschließt große Innovationsbremse

Statt den hektischen Proktuktzyklen der Großindustrie zu folgen, können Verbrauchen künftig reparieren lassen, was ihnen ans Herz gewachsen ist.

Ist doch noch gut. Kann man noch nehmen. Kriegt man wieder hin, ein bisschen Einsatz vorausgesetzt. Geräte reparieren lassen zu können, ist ein Menschenrecht, das bereits in der Apostelgeschichte 15:16 erwähnt wurde. "Danach will ich wiederkommen und will wieder bauen die Hütte Davids, die zerfallen ist, und ihre Lücken will ich wieder bauen und will sie aufrichten", heißt es da zu einer Grundregel des menschlichen Zusammenlebens, die Bestand hatte, so lange nicht kapitalistische Profitgier die geplante Obdoleszenz erdacht und in alle vermeintlich so modernen Produkte eingebaut hatte.

Nichts hält mehr länger aus 20 Jahre

Dann aber begann alles, kaputtzugehen. Fernseher und Hosen, Schuhe, Socken, Jacken, Telefone und Gasthermen, kaum etwas hielt noch länger als fünf, zehn oder 20 Jahre. Zum Glück aber steht die Europäische Obdolenzensgemeinschaft in Kürze weder vor einer Schicksalswahl, zum Glück auch sind einheitliche Funktarife, Smartphonestecker und Plastikröhrchenverbote bereits angewiesen. So hatten EU-Parlament, EU-Kommission und EU-Rat zusammen Zeit und Gelegenheit, sich um eine sogenannte Innovationsbremse umzusetzen: Für alle Produkte, die auf dem derzeit noch größten Binnenmarkt der Welt umgesetzt werden, müssen Herstellende in Zukunft eine Reparaturgarantie geben, die weit über den bisher Zeitrahmen hinausragt.

Was im ersten Moment wie ein Widerspruch zur Bibel-Weisheit "Niemand flickt ein alt Kleid mit einem Lappen von neuem Tuch; denn der Lappen reißet doch wieder vom Kleid, und der Riß wird ärger" (Matthäus 9:16) zu stehen scheint, fand im EU-Parlament mit 590 Ja-Stimmen, 15 Nein-Stimmen und 15 Enthaltungen eine deutliche Mehrheit. Kaum ein Abgeordneter wollte sich dem nunmehr global stärksten "Recht auf Reparatur" in den Weg stellen, dass es Verbraucher erlaubt, Konsumgüter selbst dann noch instandsetzen zu lassen, wenn der Kauf eines neuwertigen Ersatzgeräte deutlich preiswerter und alle entstehenden Kosten eingerechnet mehrfach nachhaltiger wäre.

Unterwegs in die Schraubergesellschaft

Die EU aber zielt nicht auf nachhaltigeren Konsum, Abfallreduzierung und einen sinkenden CO2-Ausstoß, sondern auf die allmähliche Entwicklung einer Schraubergesellschaft. Jedermann sein eigener Kühlschrankmonteur, der Nachbar hilft dem Nachbarn beim Löten von Leiterplatten am Fernsehgerät,  der Sohn flickt Mamas Smartphonetastatur mit Sekundenkleber und statt asiatischen und amerikanischen Konzernen Milliarden für vermeintlich moderne Neuware in den Rachen zu werfen, bleibt das Geld im Land.

Reparaturcafès und talentierte Bastler profitieren, die klügsten Köpfe und geschicktesten Hände müssen sich nicht mehr mühen, immer neue und immer überflüssigere Innovationen auszutüfteln, denn sei sind ausreichend damit beschäftigt, das, was sich bewährt hat, dauerhaft am Laufen zu halten. 

Vorbilder Kuba und DDR

Dieser neue Reparatursektor könnte bald Millionen Arbeitsplätze schaffen. Erfahrungen aus der früheren Ex-DDR, deren Maschinen- und Anlagenpark in den letzten Tagen ihrer Existenz zu großen Teilen noch aus Gerätschaften und Fabriken der Baujahre 1927 bis 194 bestand, hat bewiesen, dass eine Art Industriegesellschaft auch lebensfähig ist, wenn sie der Reparatur den Vorzug vor der Neuanschaffung gibt, auch wenn die billiger wäre und alte, angeschlagene Güter nicht nur ersetzt, sondern sie zugleich auch moralisch erneuert.

Gesellschaften, die wie die der DDR oder des revolutionären Kubas auf den hektischen kapitalistischen Austausch von Waren verzichten und Bürgerinnen und Bürgern großzügige Rechte und Pflichten einräumen, nach Ablauf herkömmlicher Garantie fristen weiterhin eine Reparatur von Produkten wie Waschmaschinen, Staubsaugern, Smartphones und auch Fahrrädern zu verlangen, profitieren von durchweg höheren Preisen auch für Konsumgüter. Hersteller sind einerseits gezwungen, Ersatzgeräte für die Dauer der Reparatur leihweise zur Verfügung stellen. Andererseits kommen sie nicht umhin, schom beim Erstverkauf von Produkten nahezu endlose Zeiträume für die Bereitstellung und Lagerung von Ersatzteilen aller Art einzukalkulieren.

Verzicht auf hektische Neuerungen

Aufwand, der finanziert werden kann, in dem auf überflüssige und schnelllebige Produkterneuerungen verzichtet wird. Im Augenblick stellen Großkonzerne gerade aus der Konsumgüterbranche im Bereich Elektronik jährlich sogenannte Weiterentwicklungen vor. Als Argument dienen technische Neuerungen wie schnellere Chips, schärfere Bildschirme oder größere Speicher. Das halten die EU-Parlamentarier mehrheitlich für Unsinn: Früher hätten Waschmaschine auch mal 20 Jahre gehalten, Telefone seien auch Jahrzehnte in Gebrauch gewesen und notfalls immer wieder repariert worden. Auch wenn die Preise durch die bevorstehende Reform steigen, haben doch alle etwas von der Neuregelung: Aber wer billig kauft, kauft doppelt, wer repariert, kauft gar nicht und zeigt damit Demut und Bescheidenheit.

Sobald der EU-Rat der 27 Staatenlenker eine gemeinsame Verhandlungsposition festgelegt hat, können die Gespräche mit dem EU-Parlament beginnen; eine erste Sitzung ist für den 7. Dezember geplant. Bis zum Beginn des Wahlkampfes soll eine Entscheidung über die Innovationsbremse fallen, die Europa seinen Bürgerinnen und Bürgern nach Abschluss des Triloges gern als Wahlkampfgeschenk präsentieren würde. 



4 Kommentare:

Die Anmerkung hat gesagt…

>> Hütte Davids

In so einer Hütte möchte heutzutage aber niemand mehr wohnen, außer die naturnahen Grünen, die man ja nach Afrikas Mitte ausfliegen könnte, damit sie dortselbst fürderhin im Einklang mit ihren Wünschen und der Natur leben können.

Anonym hat gesagt…

So unsinnig Reparatur bei vielen Geräten ist, so sinnvoll ist sie z.B. bei Autos. Da ist es klar, dass die EU gegensteuert und (laut aktuellem Vorschlag) Autos, bei denen der TÜV zwei Jahre abgelaufen ist, der Zwangsverschrottung zuführen will.

Anonym hat gesagt…

Immer wieder dieses Gewäsche vom "Güttler-Gruß". Der Föhrer größte mit stark abgewinkeltem Ellenbogen, die Handfläche der Schwerthand nach oben!
Nichtskönner, Piesepampel, lausige Amateure ...

Anonym hat gesagt…

OT Rote Pille für Fefe? Fefe erwischt tagesschau.de beim Goebbeln und beim Bullshitting

item I
Habt ihr das auch gehört? Der GDL-Streik ist durch nichts mehr zu rechtfertigen? Da demonstriert der öffentlich-rechtliche Rundfunk mal wieder wunderschön seine Staatsferne.

item II
Denn wenn ich es nicht tue, fragt die Presse [taggesschau.de] irgendwelche "Experten" und die sagen dann Dinge wie:...

Wird er die Quelle nun adäquat bewerten? Naaah......