Montag, 25. Januar 2010

Abschied von Chemie-Ali

Immer noch gern denken wir an seinen großen Auftritt zurück. Chemie-Ali, wie Saddam Husseins Cousin Ali Hassan al-Madschid im Volk liebevoll genannt wurde, seit er ein paar tausend Kurden mit Giftgas hatte hinrichten lassen, stand mitten in Bagdad, es war Krieg und hinter ihm fuhren amerikanische Panzer auf.

Der wackere Streiter für einen Irak voller Völkermord, Embargoumgehung und Expensionsdrang aber, wie ihn sich Weltfriedensbewegung, das bessere Deutschland und das andere Amerika wünschten, behauptete stur, die US-Truppen seien schon so gut wie geschlagen. Die Republikanischen Garden, eine Vorform der später als Schlagzeile ebenso erfolgreichen Schweinegrippe, würden die Invasoren aus dem Land jagen, flunkerte Chemie-Ali live in die Wohnzimmer der Welt. Es war das Letzte, was man von ihm sah, ehe ihn die Amerikaner fassten und zur Aburteilung an die neue irakische Regierung übergaben.

Die hat den Helden der Abwehrschlacht um Bagdad jetzt hingerichtet, obwohl es sie eigentlich gar nicht geben dürfte. Immerhin hatten vier Millionen Iraker noch 2007 "nicht ausreichend Lebensmittel zur Verfügung", wie die Gerechtigkeitsorganisation Oxfam herausfand. 70 Prozent hätten "keinen Zugang zu einer angemessenen Wasserversorgung, 92 Prozent der Kinder litten wegen Traumata unter Lernschwierigkeiten, 28 Prozent seien zudem unterernährt.

Jeremy Hobbs, Chef von Oxfam International, klagte laut: “Die Grundversorgung der irakischen Bevölkerung ist nicht mehr gewährleistet". Und meinte damit, es wäre irgendwie vielleicht doch besser gewesen, wenn die Amerikaner nie gekommen wären. Dann hätten Saddam Hussein nebst Chemie-Ali und Republikanischen Geistergarden nämlich fortdauernd für Ruhe und Ordnung sorgen könnten.

Es ist trotzdem anders gekommen. So anders sogar, dass Oxfam nie wieder auf die 70 Prozent Iraker ohne "Zugang zu einer angemessenen Wasserversorgung, die 28 Prozent unterernährter Kinder und die 92 Prozent mit Traumata zurückgekommen ist. Wie auch: Seit 25 Monaten ist Irak für die Hilfsorganisation gar kein Thema mehr.

3 Kommentare:

Die Anmerkung hat gesagt…

Nicht zu vergessen die fehlende Versorgung mit Internetanschlüssen, um das Elend live in die Welt zu twittern. Besonders in den ländlichen Regionen.

VolkerStramm hat gesagt…

Hier liegt eine Verwechslung vor.
Chemie-Ali und Comic-Ali sind zwar eines Geistes Kinder, aber körperlich voneinander getrennt.

pisaner hat gesagt…

Die sind nicht nur körperlich getrennt.
Der lustige Ali ist ein Propagandafachmann, der auch im Westen eine glänzende Karriere gemacht hätte ohne sich groß ändern zu müssen.
Chemie -Ali als autoritärer Schreibtischmassenmörder hätte in unserer Welt schon andere Qualitäten entwicken müssen.