Mittwoch, 2. Oktober 2019

Sprache schafft Gerechtigkeit: Ewiggestrige Englischsprecher*Innen


Schon seit vierzig Jahren diskutieren wir in Deutschland über geschlechtergerechte Sprache, immerhin. Denn im Ausland spielt diese Frage kaum eine Rolle. Während in Deutschland alle Argumente im Wesentlichen die gleichen geblieben sind, verweigert sich die englischsprachige Welt dem deutschen Versuch, über die Abschaffung des generischen Maskulinums Genus (das grammatische Geschlecht eines Wortes) und Sexus (das tatsächliche Geschlecht der bezeichneten Person) Geschlechtsneutralität herzustellen. Die Ausrede der Fremdsprachler: Es gebe in ihrer Sprache nur eine Form der Anrede.

Das ist ein Hohn für alle Frauen, schreibt PPQ-Kolumnistin Svantje Jürgen in ihrer PPQ-Kolumne.

Denn Bedeutung entsteht in unseren Köpfen - und das eben nicht nur in Deutschland, sondern auch in Großbritannien, den USA, selbst in Australien oder China, soweit dort Englisch gesprochen wird. Nehmen wir ein Wort wie "Manager": In Deutschland stand lange die Frage, ob maskuline Personenbezeichnungen in ihrer Bedeutung geschlechtsneutral sind. Sie wurde beantwortet: Nein, Psychologinnen und ein paar Psychologen haben zwanzig Jahre lang untersucht, wie maskuline Personenbezeichnungen interpretiert werden, und die Forschungslage ist inzwischen eindeutig, sie sind es nicht. Es braucht ein Wort wie "Managerin", um geschlechtergerecht zu sprechen und Frauen zu ermutigen, sich ihre Hälfte der Welt zu nehmen.

Nun zeigt sich aber, dass sich die englischsprachige Welt einfach verweigert. Selbst in den USA, in denen die Gendergerechtigkeit erfunden wurde, macht keinerlei Anstalten, dem maskulinen "Manager" das feminine "Managerin" an die Seite zu stellen. Krude und kalt bezeichnen Amerikaner Managerinnen als "Manager", und nicht nur das: Wo wir Deutschen korrekt von Frauenfußballerinnen sprechen, um zu betonen, dass es keine Männer sind, die hier eine Sportart betreiben, die eben nicht Fußball ist, sondern Frauenfußball, beharrt der Amerikaner störrisch auf dem männlichen Begriff "Player".

Aber wir beziehen diese maskulinen Wörter eben immer auf Männer und denken Frauen erst dann mit, wenn der Kontext uns dazu zwingt. Fragt man Versuchspersonen in den USA, Großbritannien oder Irland nach ihrem liebsten „Actionhero“ oder „Musicstar“, nennen sie fast ausschließlich Männer. Vollkommen klar, denn schließlich liegt ihnen ein im Maskulinum formulierter Text vor, den sie vorzugsweise auf Männer müssen. Würde es im Englischen einen weiblichen Begriff für "Manager", "Hero" oder "Star" geben, wäre das ganz anders.

Doch dieses „generische“ Femininum gibt es im Englischen nicht: Bei Personenbezeichnungen verwenden englische Muttersprachler in Negierung des Forschungsstandes Genus für Sexus. Das ist dreist, das ist gerechtigkeitsfeindlich, das zeigt, dass selbst in den USA noch viel zu tun ist, um Gendergerechtigkeit durchzusetzen. Und das hat ganz konkrete Auswirkungen auf die gesellschaftliche Rolle von Frauen: Die Psychologin Bettina Hannover hat gezeigt, dass Mädchen sich Berufe weniger zutrauen, wenn sie nur im Maskulinum präsentiert werden.

Natürlich. Es ist für Menschen, die mit dem Englischen aufgewachsen sind, bequem, das generische Maskulinum einfach weiter zu verwenden. Und umständlich, ungewohnt oder unästhetisch, eine weibliche Form von Formulierungen in die alte Weltsprache einzuführen, wie sie das Deutsche mit „Kundin oder Kunde“, „Kund/in“, „KundIn“ und „Kund*in“ kennt. Doch wenn wir es ernst meinen mit der Gleichberechtigung der Geschlechter, müssen wir unsere Freunde in den USA und in den anderen englischsprachigen Ländern ermahnen: Denkt ernsthaft über Alternativen zum Maskulinum nach! es ist hohe Zeit dafür!

Leider können wir hier in Deutschland das Ergebnis dieses Nachdenkens nicht durch Verwaltungsvorschriften vorwegnehmen, wie kürzlich die Stadt Hannover mit ihrer Entscheidung für das Gendersternchen. Aber es ist belegt, dass die Beidnennung, für die es im Englischen natürlich noch der Erfindung einer weiblichen Form bedarf, zu einer ausgewogeneren gedanklichen Einbeziehung von Frauen und Männern führt. Das Binnen-I, bei dem in der englischen Sprache ebenfalls noch die Einführung einer Femininform nötig wäre, kann sogar zu einer leichten gedanklichen Bevorzugung von Frauen führen.

Das müssen Briten, Australier und Amerikaner begreifen: Beidnennung, Schrägstrichformen und Binnen-I wären grundsätzlich empirisch abgesicherte Gegenmittel zum „generischen“ Maskulinum, wie sie es störrisch verwenden. Doch sie müssen eben, ehe sie den deutschen Weg der Gerechtigkeitsschaffung durch sprachliche Maßnahmen einbiegen können, dringend eine binäre sprachliche Unterscheidung von Mann und Frau in ihrer so beliebten, aber eben in dieser Hinsicht mangelhaften Sprache einführen.


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5 Kommentare:

Jodel hat gesagt…

Hinter dieser Verweigerungshaltung steckt doch bestimmt wieder einmal nur der perfide Präsident Trump. Wenn das in Amerika endlich bekannt gemacht würde, wäre das Amtsenthebungsverfahren so gut wie durch. Dieser Artikel muss dem Spiegel zugespielt werden. Dann klappt es diesmal aber ganz, total und 100%ig sicher. Mein Ehrenwort darauf.

Gesternfan hat gesagt…

Diesmal keine Kommentarfunktion?

Wie nennt ihr das hier denn in einer eurer verschiedenen aber etwas ganz anderes meinenden Sprachen?

Zum Thema:

Diese im angloamerikanischen Sprachraum vermeintlich herrschende babylonische Sprachverwirrung wird mit aller schrill kläffenden Hysterie-Pinschertum-Vehemenz in Merkelandistan empört getadelt und bekämpft. Bisher leider ohne den erhofften Quotzen-Blablaerfolg.

Die Girls bleiben dort drüben Mädels und die Boys Kerle. Was war das doch übersichtlich und flirtfördernd.

Nur auf der Bessermenscheninsel Schland muss jeder Sex-Psychopath einen Status mit besonderem Minderheitenschutz haben, weil er/sie/es gern queerbeet vögelt, und jeder Spontanfick notariell beglaubigt als einvernehmlich legalisiert sein, wie es sich für ein kleinkariert pedantisches Erbsenzählervolk gehört. Schließlich wollen wir Paragrafenbüttel ja vermeiden, dass benebelten Frauen (?) nach einem halben Jahrhundert als übereifrige Zepterpoliertesse plötzlich einfällt, das eine Mal damals doch garnicht selber gewollt zu haben. Schon wir jemand zum Vergewaltiger verhext.

Ist das etwa die neue Gerechtigkeit? Ich nenne es schlichtweg Wahnsinn.

Anonym hat gesagt…

Wenn die von den Laien unsere Wehrmacht nicht komplett durch Kitas ersetzt hätte, könnte wir uns zumindest noch mal Stalingrad(Achtung GPS-Zombies! - das heißt jetzt Wolgograd) vornehmen, um das Problem zumindest bei den rückständigen Russen zu beseitigen; es geht ja grade wieder auf den Winter zu.


(ich hasse es, bei meinen Kommentaren immer wieder dazuzuschreiben, daß es sich um Satire handelt!)

Die Anmerkung hat gesagt…

Warum sollten wir das tun?

Polnische Ostsee statt Stalingrad und es sich hier mordsmäßg gut gehen lassen. Die Leute hier sind gut drauf und ziehen in einer schier endlosen Prozession von der Swine bis gen Bansin. Und vice versa. Und sie schauen glücklich drein.

Anonym hat gesagt…

"mordsmäßig" hört sich zwar schon mal gut an, aber da ist noch entschieden zuviel Spaß dabei! Sie erinnern sich ".... soll die Welt genesen!" Fragezeichen. Wir Deutsche tun nichts einfach so zum Spaß. Das gilt auch für die Gendersprache