Samstag, 22. Januar 2022

Olaf im Glück: Wie jedes Unheil den Kanzler verschont

Der junge Olaf Scholz (M. stehend) mit FDJ-Chef Eberhard Aurich (kniend) beim Kindertätscheln.

Ein glücklicher Mann, dieser Olaf Scholz. Unverhofft und unerwartet geriet er ins Amt, geschoben und gezogen von Umständen, die womöglich auch ausgereicht hätten, jemanden zum Lottogewinner zu machen, der gar kein Los gekauft hat. Eine schwache Konkurrenz, die breitbeinig auftritt. Ein Lächeln am falschen Ort im falschen Moment. Die eigene Zurückhaltung beim Verkünden von Absichten und Plänen selbst schon auf kurze Frist.  

Und natürlich konnte Olaf Scholz darauf vertrauen, dass ihm das Schicksal erspart bleiben wird, das anderswo zwangsläufig auf jeden Kandidaten für ein hohes Amt wartet: Bewerber werden durchleuchtet. Ihre Taten, vor allem aber ihre Versäumnisse, Fehler und Unterlassungen, kommen auf den Seziertisch. Sie müssen sich zudem erklären zu jeder Ansicht, die sie früher vertreten, zu jeder Freundschaft, die sie gepflegt, zu jedem Euro, den sie genommen haben.

Leichen unter dem Teppich

All das blieb dem Sozialdemokraten aus Hamburg erspart. Sein Agieren beim G20-Gipfel vor Jahren, seine Verantwortung für Brechmittelfolter und seine millionenteuren Entscheidungen im Cum-Ex-Skandal, all diese Leichen lagen schneller flachgetreten unter dem Teppich als Konkurrent Armin Laschet "Mindestlohn" sagen konnte. Deutsche Medien hatten zwar Annalena Baerbock als ihre Favoritin ausgemacht. Doch nachdem nicht sie, sondern ein kleiner Blogger aus Österreich deren handgewirkten Lebenslauf als Werk der populären Phantastik enttarnt hatte, zogen sie nicht die Konsequenz, nun aber bei allen anderen ganz genau hinzuschauen. Sondern die, ins Scholz-Lager zu wechseln.

Der 63-Jährige ist so lange im Umfeld der Kommandobrücken unterwegs, dass da kaum noch Unbekanntes schlummern kann. Seit fast 30 Jahren gehört Scholz zu den Betriebsnudeln des wiedervereinigten Vaterlandes. Er war immer da, Landesvorsitzender, Parteivorstand, Generalsekretär, Bundesvorsitzender, Senator, Minister und Bürgermeister, ein kantiger Typ rechts der Mitte in einer Linkspartei, der die mediale Sehnsucht nach einer Basta-Demokratie bediente. "Wer Führung bestellt, der bekommt Führung", versprach Scholz und sie liebten ihn dafür.

Die schattigen Seiten einer Funktionärsbiografie

So sehr sogar, dass die schattigen Seiten der Biografie des neuen Regierungschef selbst dann noch im Dunkeln blieben, als der notorische Stasi-Jäger Hubertus Knabe in einer Fleißarbeit zusammenpuzzelte, was aus dem Leben des stets so gediegen und bürgerlich wirkenden Sozialdemokraten bisher nicht bekannt war. "Die Akte Scholz" (Knabe), veröffentlicht am 12. Januar, enthält erstaunliche Einblicke in Weg und Schaffen eines Jungrevolutionärs. Olaf Scholz, in seinen jungen Jahren ein Kerl mit wallender Lockenpracht, suchte ausweisliche der Daten und Fakten, die Knabe ausgegraben hat, immer die Nähe des anderen deutschen Staates, des Staates, in dem die Arbeiterklasse bereits die Macht übernommen hatte. Der junge Scholz verstand sich als Verbündeter der sozialistischen Staaten, die ihm als leuchtendes Zukunftsideal galten.

DDR-kritische Äußerungen sind nicht überliefert, dafür aber zahlreiche Begegnungen mit DDR-Spitzenfunktionären vom FDJ-Chef Aurich bis zum späteren Staatschef Egon Krenz. Die Genossen aus der DDR empfingen den SPD-Mann aus dem Westen mit Sympathie und Zuneigung. "Als erklärter Marxist und Vertreter des sogenannten Stamokap-Flügels war er von besonderem Interesse", schreibt Knabe. Gemeinsam kämpfte man gegen Nato-Waffen, gegen die gefährliche Zuspitzung der internationalen Lage, die immer von den USA betrieben wurde. Und für ein "europäisches Haus" (Erich Honecker),  in dem jeder die Menschenrechte einhält, wie es ihm gerade gefällt.

Solidarische Verehrung der Diktatur

Ein interessanter Einblick in die Geschichte der deutschen Sozialdemokratie, in der die solidarische Verehrung der DDR-Diktatur über Jahrzehnte zur Folklore gehörte. Man sah sich als Kämpfer an einer gemeinsamen Front, gegen einen gemeinsamen Feind, für ein gemeinsames Ziel, den Sozialismus. Man stritt um Ideologien und die gemeinsame Sicherheit und hatte sich im Kalten Krieg auf ewig eingerichtet. "Keine Seite darf der anderen die Existenzberechtigung absprechen", darauf hatten sich SPD und SED geeinigt. Niemand dürfe hoffen, "dass ein System das andere abschafft", nur weil den Menschen in der DDR ein ganzes Bündel ihrer Grundrechte dauerhaft entzogen worden war.

Das sind eben die Opfer, die gebracht werden müssen, um das große Ziel zu erreichen, eine gerechte Gesellschaft irgendwann für auch für alle. Bis dahin jedoch wurde der junge Olaf Scholz in der  DDR wie ein Staatsgast behandelt, an der Grenze ohne Kontrolle durchgewunken und als Perspektivkader eingeschätzt, der eines Tages, wenn er in höheren Ämtern angekommen sein würde,  hilfreich sein könnte.

Die "Akte Scholz" im Ausschnittdienst

Umso bemerkenswerter erscheint, was nach der Veröffentlichung der "Akte Scholz" geschah. Nicht nur nichts, sondern das Gegenteil von Nichts: Punktgenau 24 Stunden nach Knabes Aufschlag folgte ein Return, den ein ganzes Orchester spielte. Olaf Scholz, der Duzgenosse einer ganzen DDR-Funktionärsgeneration, tauchte plötzlich flächendeckend in allen Medien als Stasi-Opfer auf. Die Geschichte der engen DDR-Verbindungen des Funktionärs wird nur knapp miterzählt: Als "Juso-Funktionär war Olaf Scholz mehrmals in die frühere DDR gereist", heißt es, "dabei wurde er von der Stasi bespitzelt."

Das allein ist es, was die Schlagzeilen bestimmt. Scholz enge Beziehung zu den Nachrückkadern der DDR, mit denen er schon mal in die Sauna ging, ist kein Thema, seine Forderung, die Bundesrepublik müssen wegen des Weltfriedens aus der Nato austreten, wird nicht erwähnt, ebenso nicht die warmen Worte, die das SED-Zentralorgan "Neues Deutschland" für den 25-jährigen Sozialdemokraten aus dem Westen fand. Fasziniert berichten sämtliche Medien lieber darüber, dass Scholz gewusst habe, dass ihn  die Stasi im Blick hatte. Dass er das "nicht schön" fand, aber im Dienst der Sache ganz nüchtern zu dulden beschlossen hatte. 

Ein glücklicher Mann fürwahr, den die Stasi noch mehr als drei Jahrzehnte nach ihrem Ende aus der drohenden Gefahr rettet, dies und das erklären zu müssen.


4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

im Westen der Republik leben ca. 17.ooo stasi - Zuträger .

und ja : Olfried Schlonz von der Sozialdemikratistischen Fraktionsunion wurde von der stasi als Perspektivagent aufgebaut - WAS DENN SONST .

Anonym hat gesagt…

Nachdem Bärböckin auf dem Weg an die Macht rohrkrepierte wie niemand weiter, blieb den Internationalen nur noch Olaf und wurde entsprechend im Schongang behandelt.

Sauer hat gesagt…


Immerhin braucht die Stasi nun keinen Guillaume im Kanzleramt.

Anonym hat gesagt…

@Sauer

Stimmt. Komplizierter wird´s aber bei Beantwortung der Frage: in welchem der höchsten Staatsämter unserer sozialistischen Republik braucht sie überhaupt noch einen?