Samstag, 22. Januar 2022

Nachruf auf Terrence Boyd: Zeit des Zyklopen

Da geht er, der große Held der letzten Jahre: Terrence Boyd verlässt den HFC ohne Träne.
 
Das Ende kam schnell, über Nach, beinahe ohne Ankündigung. Hinter den Kulissen muss schon hektisch verhandelt worden sein, als Terrence Boyd einen dieser Fehler machte, die lange wehtun. Fast schwärmerisch berichtete der HFC-Rekordtorschütze der Drittliga-Jahre über seine neue Rolle unter dem neuen Trainer André Meyer. Nicht mehr so viel nach hinten arbeiten. Die ganze Wucht und Dynamik in die Box bringen, wie es in der modernen Fußballsprache heißt, die Einfaches kompliziert klingen lässt.
 

Er schien zufrieden


Boyd, der immer als enger Verbündeter des kurz vor Weihnachten entlassenen Florian Schnorrenberg galt, schien zufrieden mit den neuen Entwicklungen beim HFC, dem der Amerikaner seit zweieinhalb Spieljahren Tore fast wie Fließband geliefert hatte. Wie sein unvergessener Vorgänger Timo Furuholm. Im Unterschied zum stillen Finnen aber lieferte Boyd, der Mann mit dem Zyklopengruß nach jedem Tor, auch außerhalb des Spielfeldes. Boyd war Spaßmacher, Unterhaltungskünstler, Einpeitscher, tabulos in seinen Analysen, ehrgeizig und ehrlich. 

Jedenfalls bis zu diesem letzten Kapitel. Ein Drama in drei Akten, angefangen beim fantastischen Saisonstart über den Absturz im Herbst bis hin zum Abschied im Winter. Anfangs, als der HFC noch auf Aufstiegskurs schien, hatte Terrence Boyd bekundet, dass er vielleicht über sein Vertragsende hinaus bleiben wolle. Ein Aufstieg wäre mit einem Rentenvertrag prämiert worden, zudem hätten die Fans dem 30-Jährigen ein Denkmal gebaut, gleich neben Händel, Bernd Bransch, Klaus Urbanczyk, Darko Horvat und dem, das Toni Lindenhahn eines Tages bekommen wird.
 

Doch kein Denkmal


A
ber als der Aufstiegszug aus dem Gleis geriet, geriet auch Boyd aus dem Rhythmus. Schoß er weniger Tore, weil die Mannschaft weniger siegreich war? Oder war sie weniger siegreich, weil seine Tore fehlten? Statistisch gesehen war es die Abwehrt, die die wichtigen Spiele verlor. Statistisch war es aber auch Boyd, der die Löcher hinten vorn nicht mehr mehr mit genialen Momenten auszugleichen wusste. Oder nichts davon? 24 Tore schoss der HFC bis zur Winterpause in der Saison 20/21, 21/22 waren es 25. Beide malen klingelte es hinter 27 Mal.

Kein Rückschritt, abgesehen davon, dass vier Punkte weniger heraussprangen. Aber auch kein Fortschritt. Und das war es wohl, das Boyd auf den alten Plan zurückkommen ließ, das Werben von Kaiserslautern, ein Traditionsverein mit tiefen Taschen, der vor einem Jahr in Insolvenz gegangen war und sich so seiner Altschulden elegant entledigt hatte, doch noch zu erhören. Boyds Familie lebt in der Ecke, immer hatte der Mann mit der 13 irgendwann dorthin zurück gewollt. Warum also nicht jetzt, wo in Halle nichts mehr zu gewinnen ist? In der Pfalz aber ein Aufstieg winkt?
 

Verrat oder Geschäft


Verrat? Oder das ganz normale Fußballgeschäft? Das von Spielern verlangt, dorthin zu gehen, wo am meisten gezahlt wird, wo der Erfolg am wahrscheinlichsten ist, wo alle gewinnen, selbst die Verlierer eines Deals?
 
HFC-Präsident Jens Rauschenbach hat nach der Verkündung der  Entscheidung, dass der so oft als Heilsbringer gefeierte Amerikaner gehen darf, von einem Drei-Jahres-Angebot gesprochen, dass Kaiserslautern "überboten" habe. Boyd selbst hat den Schritt zurück in den Westen als seinen Wunsch bezeichnet, den zu erfüllen der HFC zugestimmt habe. "Weil wir nur Spieler haben wollen, die sich hundertprozentig mit dem HFC identifizieren." Diese Garantie habe Terrence Boyd nicht mehr gegeben - von dem sich der Verein deshalb auch nicht auf seiner Homepage verabschiedet, sondern nur bei Instagram mit einem "Danke für alles".
 

Danke für nichts

Heiße Tränen sehen anders aus, die hier brennen nicht. Nachdem sich Boyd in den letzten Tagen bereits verletzt gemeldet hatte, singt er zum Abschied ein trauriges Lied über die Schäbigkeit von Schwüren und die kurze Halbwertszeit von Loyalität in einem Beruf, der auch in der 3. Liga keine Fußballfamilien mehr kennt, sondern Interessengemeinschaften, die zum Zweck der Marktwertvermehrung aller Mitglieder zusammenarbeiten. Das müssen die Fans, die immer noch da sind, wenn die Spieler fünfmal gewechselt haben, einmal mehr brutal lernen.

Die Neuen, die der HFC als Ersatz für den plötzlich abhanden gekommenen Star und ein bisschen wohl auch als kommunikatives Trostpflaster für die Fans verpflichtet hat - beide werden auf der Homepage begrüßt - entsprechen womöglich aber auch eher dem Anforderungsprofil des neuen Trainers André Meyer. Der 24-jährige Elias Huth hatte vor seinem Abgang nach Kaiserslautern für Zwickau in Serie getroffen, der 19-jährige Joscha Wosz, in Halle geboren und bei RB Leipzig unter Julian Nagelsmann noch als als großes Talent gehandelt, bringt wie sein Onkel Dariusz Wosz Quirligkeit im Mittelfeld, Ballsicherheit und Wendigkeit mit. 

Zwei neue Zutaten

 
Womöglich zwei Zutaten, die dem neuen HFC, den André Meyer eines Tages trainieren will, mehr geben können als die bescheidenen fußballerischen Qualitäten, die sich Terrence Boyd stets selbst bescheinigt hatte. Der Versuch, mit langen Bällen den Zyklopen zu suchen, der dann schon irgendwie dafür sorgen wird, dass der Ball im Netz landet, war gescheitert. Der neue Versuch, der nun beginnt, vielleicht heute schon beim Aufstiegsanwärter in Braunschweig, darf es nicht. Um den Preis des Untergangs des Vereines.
 
Der Name Wosz zumindest hat noch etwas gutzumachen: In der Winterpause vor genau 30 Jahren begann der Niedergang des HFC mit dem Wechsel-Drama um Dariusz Wosz, der damals bis Weihnachten für den HFC in der 2. Liga spielte und den Klub auf Kurs Klassenerhalt hielt. Dann wurde der Onkel des neuen Wosz im HFC-Trikot mit Tricks, Kniffen, Geld und tatkräftiger Hilfe des DFB von Bochum abgeworben. Und von dort aus schaute er zu, wie sein Ex-Verein ohne ihn dem Abstieg entgegentaumelte, bis in die 5. Liga. 
 
Terrence Boyd war noch nicht geboren, als Wosz ging. Aber als der Abstieg des Halleschen FC besiegelt wurde, lag er schon daheim in Bremen im Kinderbett. Ob er die Geschichte kennt, ist nicht bekannt. Ob sie sich wiederholen wird, bleibt abzuwarten.



8 Kommentare:

Andteas hat gesagt…

Mal wieder ein völlig korrekte Analyse deren ich mich gern anschließe. Boyd handelt frei nach dem Motto, wie reiße ich mein sicher geglaubtes Denkmal eigenhändig nieder. ������

Grundi hat gesagt…

Besser kann man die Gesamtsituation nicht analysieren. RESPEKT!

Carl Gustaf hat gesagt…

De mortuis nihil nisi bene!

Nichtsdestotrotz stelle ich mir die Frage, was Boyd für den 1. FCK so interessant gemacht hat, bzw. vice versa. Vllt. wird er in Kaiserlautern in Bitcoin entlohnt!?

Carl Gustaf hat gesagt…

Schade. Ein Linienrichter aus Wolfsburg hat die Ko-Produktion von Wosz und Huth gegen Braunschweig zu Nichte gemacht. In Halle werden leider nur Fußball-Dramen aber keine Fußball-Märchen geschrieben.

ppq hat gesagt…

eine lausige alte tradition

Anonym hat gesagt…

>> lorbas 22. Januar 2022 at 16:16

Wer der Meinung ist das mit einer C*DU unter Black-Rock Merz sich etwas zum Guten oder Positiven ändern wird, der hat nichts, aber auch gar nichts begriffen. <<
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Legasnicker! Legasnicker! Riehfen die böhsen Junks und Mehdchen auß der 4b, als Haralt an die Thafel muste.

Anonym hat gesagt…

Naja, der Bericht ist ganz okay, wenn man von den vielen Rechtschreibefehler im Text absieht..

Der HFC kann doch froh sein einen Boyd gehabt zu haben!

Ohne ihn würdet ihr wahrscheinlich aktuell in der Regionaliga irgendwo im Osten spielen!



ppq hat gesagt…

rechtschreibefehler sind immer inklusive, deshalb kostet es ja auch nichts.