Freitag, 25. Februar 2022

Der Durchmarsch: Bis wohin will Putin?

Die Angst ist da, der Ölpreis steigt, die SPD ist wieder einig, doch der Blick aus Berlin geht nach Washington. Was wird jetzt? Was bleibt zu tun, was kann man machen? Mit brachialer Gewalt ist der Russe aus seiner Rolle gefallen: Seit dem Überfall der Sowjetunion auf Finnland im Jahr 1939 hatte kein Kremlherrscher mehr den Befehl zu einem offenen Angriffskrieg auf ein Nachbarland gegeben. Russland drohte, Russland schmiedete Ränke, Russland ließ andere für sich kämpfen. In höchster Not nur schickte es Truppen ins Ausland, um seine Einflusssphären zu sichern. Und holte sich zuletzt in Afghanistan eine blutige Nase.

Anmaßender Pokerspieler

Wladimir Putin hat anders entschieden. Seit Jahren schon hat der 69-Jährige amerikanische Staatsanleihen abgestoßen und die russischen Goldvorräte aufgestockt. Seine Forderungen an die Westmächte, Russland das sichere Vorfeld aus neutralen Staaten zurückzugeben, das es mit dem Westschwenk der Ukraine verloren hatte, verhallte. Niemand nahm den Mann in Moskau ernst genug, um in seinen Forderungen mehr zu sehen als die Anmaßung eines Pokerspielers. Wie weit würde er gehen? Zu weit? Wann man ihm die Ukraine gäbe, was würde er als nächstes verlangen? Einen Landkorridor nach Kaliningrad? Oder gleich das ganze Baltikum?

Die Schlafwandler waren wieder da, neues Personal unter alten Zöpfen, aber ein bisschen auch zufrieden darüber, wie quicklebendig die gerade noch "hirntote" Nato sich auf einmal zeigte. Das Bündnis, in Ermangelung echter Feinde über Jahre zu Beschäftigungslosigkeit verdammt, lebte auf im Schatten eines nahenden Großkonflikts, dessen strategische Zielrichtung noch nicht abzusehen ist. Jetzt, wo die Waffen sprechen, ist alles möglich: Der Fall von Kiew und das Vorrücken bis ins früher polnische Lemberg. Eine Attacke auf Polen und ein Vorstoß über Danzig nach Usedom, um von dort aus die DDR wiederzuerrichten.

Tödlicher Irrtum

So weit wird Putin nicht gehen, aber genau das haben bisher auch alle gedacht, die dem russischen Präsidenten zubilligten, ein gefährlichen Spiel um die Rückgewinnung der politischen Einflusssphäre seines Landes nach Westen zu spielen. Ihm aber letztlich doch nicht zutrauten, dabei seine Karten auf den Tisch zu legen. Irgendwer würde Putin einfangen und beruhigen, wenn nicht mit guten Worten, dann mit einer endlosen Kaskade aus Sanktionsdrohungen, die nur eines nie enthielten: Das Versprechen des Westens, auf den Bezug russischen Öls und russischen Erdgases mit dem ersten Schuss des Dritten Weltkrieges komplett und für immer zu verzichten.

Männer machen Geschichte, Frauen auch, aber "nur große Männer schreiben sie", wie Oskar Wilde festgestellt hat, der  auf Frauen keine Rücksicht nahm. Kaderfragen entscheiden alles, auch an diesem Vorabend eines neuen Weltenbrandes, an dem auf Seiten des Westens große Not an Führungspersonal herrscht. Da ist Joe Biden als US-Präsident, ein meistenteils Unsichtbarer, von dem niemand genau weiß, ob er noch selbst betet. Daneben agieren der Brite Boris Johnson, der innenpolitisch wie Biden ums Überleben kämpft. Und auf dem Festland in vorderster Front schließlich der um seine Wiederwahl bangende Emmanuel Macron, EU-Präsidentin Ursula von der Leyen, Bundeskanzler Olaf Scholz und die Staatschefs von Italien, Spanien, Portugal, Österreich, den Niederlanden und Belgien, deren Namen nicht nur in Moskau niemand weiß.

"Militärische Sonderoperationen"

Das ist unglücklich gelaufen. Erst die Pandemie, dann die politische Lähmung, dann das Missverständnis, was Putin  wirklich wollen könnte. Mit brutaler Gewalt zeigt sich in Russlands "militärischen Sonderoperationen" (RT), wie hilflos der Westen mit seinen Standardsorgen um das Weltklima, die Geschlechtergerechtigkeit und nachhaltige, regionale Landwirtschaft dasteht. Der Einmarsch war noch keine zwölf Stunden im Gang, da gab Bundeskanzler Olaf Scholz die Ukraine auch schon auf und Putin freie Hand. 

Als sei der Witz mit den 5.000 Helmen als Geste der feministischen Außenpolitik Deutschlands nicht schon demütigend genug gewesen, warnte er Putin, "nach dem Angriff auf die Ukraine weitere Länder ins Visier zu nehmen".

Sonst.


10 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

nochmal : die nato rückt den Russen seit 30 Jahren auf die Pelle ( "muhu we bring Piece and Schlomoprogress ; gib Rubel" ) .

und nun hat der Russe die Faxen dicke - so einfach ist die Welt .

"aber muhu westliche Wertegemeinschaft" .

"ja warum steckt sich die vdL die Werte nicht einfach in den Hintern ? "

es ist keine Freimaurerwelt - es gibt immer noch Widerstand

Anonym hat gesagt…

Holt sich China jetzt Taiwan? Die Fabriken in Taiwan könnte der Festlandchinese auch selbst betreiben. Sanktionen gegen China dürften auch ziemlich weh tun, aber weniger dem Chinesen.

Anonym hat gesagt…

Mnn sollte besser fragen: Bis wohin will das entweder Sklaven- oder Trottelparadies Deutschland, das sich mit seinen moralisch großmäuligen "Sanktionen" mehr schadet als den Russen?

Quo vadis, Germania?

Wozu wurde NordStream2 eigentlich teuer gebaut?

Etwa, um uns in relativer Friedensruhe abhängig und erpresbar zu machen? Bei jedem anderen Scheiß aus Fernost war das nie ein Stoppthema, was uns erst bei Corona schmerzhaft klar wurde, als 'geiz ist geil' plötzlich nicht mehr klappte.

Aber beim dringend günstig gebrauchten Gas soll das jetzt unsere Hautsorge sein? Wieder einmal unterwerfen wir uns einem Befehl der USA, die man auch als global agierende Militätdiktatur beschreiben kann, wenn man sich die wirklichen Machthaber hinter debilen Marionetten wir Sleepy Joe anschaut. Und hat nicht seine Familie in der korrupten Ukraine dubiose Geschäfte getätigtund Millionen kassiert? Interessiert hier keine Propagandasau! Aber wieso werden wir beim geopolitisch verständlichen Russeneinmarsch völkerrechtlich, wenn wir einen Cum-EX-Gauner zum Häuptling krönten und uns das im Irak und in Libyen nicht die Bohne gekümmert hatte?

Unsere eigene Verlogenheit wird uns das Gnick brechen, nicht aber eine vertragliche Abhängigkeit vom Russengas, denn dessen Lieferung klappte sogar im heißen Kalten Krieg problemlos.

Wir lassen uns zum idiotischen Spielball von US-Interessen degradieren, denn sonst könnten unsere "Freunde" ja auch hier Massenvernichtungswaffen halluzinieren und alles in die Steinzeit zurück bomben. Nach der verräterischen Demokratisierungsschmach in Afghanistan sollten zumindest wir deutschen Maulhelden unsere vorlaute Klappe halten. Und wenn uns dazu der Anstand fehlt, dann verdienen wir mal wieder so richtig was auf die Flachschädel.

Gerry hat gesagt…

"Sonst" - Aus Demolition Man? :-)

Der Westen steht nackig da. Sie haben keine Geschichte mehr zu erzählen, die bisherigen Lügen greifen nicht mehr. Es ist immer dasselbe: entweder sind die Verantwortlichen blind gegenüber dem, was gespielt wird, oder heucheln rum. Beide Möglichkeiten sind hässlich.

Die Auswirkungen sieht man dann in den Gesprächen mit den Nächsten. Die meisten stehen hilf- und sprachlos von den Ereignissen. Denn die Kommentare aus dem politisch-medialen Off verfehlen komplett die Fakten.

RIP Sachartschenko

Carl Gustaf hat gesagt…

Mich verstört das alles ein wenig: Putin rezitiert teilweise nur das, was man bzgl. der Korruption und Oligarchenherrschaft auch wunderbar in der SZ nachlesen kann (https://www.sueddeutsche.de/politik/ukraine-oligarchen-korruption-firmenuebernahme-justiz-investoren-alternative-energien-solarstrom-1.5488145 und hier https://www.sueddeutsche.de/meinung/ukraine-korrupt-wie-eh-und-je-1.5217924 und hier https://www.sueddeutsche.de/politik/ukraine-korruption-rechnungshof-1.5419576). Der Amerikaner und die NATO sind über die Angriffspläne fast bis ins letzte Detail informiert und die am Donnerstag vorgetragenen Empörungsrituale sind nur ein wenig mehr, als das, was sonst nach jedem Terroranschlag als einheitliche Meinung vorgetragen wird.

Mir tuen die Menschen in der Ukraine, aber auch die Russen leid, die unter den Launen der Bonzen leiden müssen.

https://www.youtube.com/watch?v=wHylQRVN2Qs

Carl Gustaf hat gesagt…

Meine Vermutung: Am Wochenende startet eine Vermittlungmission unter Führung der Altkanzler*in Merkel und Schröder, woraufhin Putin den weiteren Beschuss der Ukraine einstellt.

Dafür gibt es dann den lang ersehnten Friedensnobelpreis!?

Die Anmerkung hat gesagt…

Uns fefe so:
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https://blog.fefe.de/?ts=9ce67a93

Ich bin gespannt, was jetzt weiter passiert.
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Ein richtiger Krieg ist eben doch besser als nächtelang einen Egoshooter zocken.

Ich bin gespannt drauf, wer das European Masters gewinnt. Alles andere passiert.

Die Anmerkung hat gesagt…

Gysi teilt das Bärenfell auf, da ist noch gar nichts passiert.

Moderator: Auch seine Legitimation für diesen Angriffskrieg, also Genozid und Entnazifizierung, ist also offenkundig völliger Blödsinn?

Gysi: Also, was als erstes in jedem Krieg stirbt, das ist die Wahrheit.

Das ist natürlich Blödsinn und was er da als Gründe angibt, ich darf nur daran erinnern, der Irakkrieg von George Bush begann auch mit einer Lüge, dass die Massenvernichtungswaffen haben. Das ist immer so im Krieg, dass man dann Rechtfertigungen sucht, erfindet, frei erfindet. Darauf darf man sich überhaupt nicht einlassen. Das ist wirklich Unsinn.

Die Anmerkung hat gesagt…

Endlich! Baerbock tut was.
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https://www.welt.de/politik/ausland/article237152259/5000-Helme-fuer-das-ukrainische-Militaer-sind-auf-dem-Weg.html

5000 Deutsche Helme für das ukrainische Militär sind auf dem Weg
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Wir haben fast schon gewonnen.

Anonym hat gesagt…

...die bisherigen Lügen greifen nicht mehr ...

Diesen Eindruck habe ich durchaus nicht.