Sonntag, 21. September 2025

Hartgeldbremse: Marscherleichterung durch Münzverbot

Die Bargeldabschaffung soll jetzt auf Euro-Münzen ausgedehnt werden. Hartgeld belastet unnötig das Weltklima,
Die Bargeldabschaffung soll jetzt auf Euro-Münzen ausgedehnt werden. Hartgeld belastet unnötig das Weltklima, das Metall wird zudem in den Panzerfabriken benötigt.

Müssen die Deutschen bald auf Ein- und Zwei-Euro-Münzen verzichten? Das von Umweltforschern gegründete Nachhaltige Bargeldforum (NBF) schlägt vor, dass bei Barzahlungen auf Scheine und Karten zurückgegriffen und gerundet wird. Andere Länder machen es vor.  

Die Deutschen lieben ihr Bargeld - allerdings nicht die Münzen. Fragt man nach Ein- und Zwei-Cent-Münzen, zeigt sich Unzufriedenheit, bei ein und zwei Eurostücken nicht minder. 53 Prozent der Deutschen würden für deren Abschaffung stimmen. Das ergab eine Umfrage des NBF unter deutschen Geldnutzern.

Reformidee ohne Münzen

Nun legt das NBH eine Reformidee vor: Wie wäre es, bei Barzahlungen auf jeweils Fünf-Euro-Beträge auf- oder abzurunden? Angesichts der steigenden Preise und des geringen Restkaufwertes des Euro entsprechen fünf Euro heute nur dem Betrag, der der 25 Jahren fünf D-Mark war. An der Supermarktkasse würde der Vorschlag bedeuten: Statt 4,99 Euro würde ein Produkt 5,00 Euro kosten, statt 1,02 Euro auch fünf Euro, ein Produkt für 14 Euro aber wäre für zehn zu haben. Über die Dauer der Zeit, sind Experten sicher, glichen sich Mehr- und Minderausgaben für jeden aus.

Profitieren würde die Umwelt. Gerade bei den großen Kleinmünzen handele es sich um ökologisch zweifelhafte Zahlungsmittel. Überdies be die Inflation dazu geführt, dass es kaum noch Waren in nennenswerter Menge gibt, die sich etwa mit einem Euro bezahlen lassen würden. Selbst sogenannte Ein-Euro-Shops hätten sich bereits reihenweise in Fünf-Euro-Shops umbenannt, um der rasanten Teuerung der letzten Jahre Rechnung zu tragen.

Geheimes Papier

Das Bargeldforum, das auch die Bundesbank berät, plädiert daher in einem bisher geheimgehalten Papier dafür, dem Trend zu immer mehr Kartenzahlungen Rechnung zu tragen, indem das sogenannte Hartgeld umgehend abgeschafft wird. Gemeint sind nicht nur Ein- und Zwei-Cent-Münzen, sondern auch deren große Brüder, die Fünf- und Zehn-Cent-Münzen sowie die Euro-Geldstücke. Dabei soll es mit Rücksicht auf die Einkaufsgewohnheiten Älterer nicht den einen harten Schnitt geben, sondern einen langsamen Auslaufprozess. 

Die Bundesbank würde Euromünzen einfach nicht mehr durch neu geprägte Exemplare und schon gar nicht wie bisher Millionen von neuen Münzen in den Markt pressen, sondern die traditionellen Geldstücke nach und nach einziehen. Bis die derzeit  rund 151,3 Milliarden Euro-Münzen komplett aus dem Umlauf verschwunden wären, darunter nicht nur die etwa 24,8 Milliarden 5-Cent-Münzen, sondern Geldstücke sämtlicher Beträge. 

Langsamer Umstieg

Derzeit werden allein in Deutschland pro Jahr mehrere hundert   Millionen Münzen nachgepresst, um die Geldmenge entsprechend der aktuellen Bestellungen von Sondervermögen auch auf der Bargeldseite weiter auszuweiten. Für den anstehenden Auslaufprozess veranschlagen die Währungshüter Jahre, sie verweisen aber auf die positiven Folgen für das Weltklima:  Nicht nur fielen die millionenteuren Prägeprozesse in europaweit Dutzenden von staatlichen Münzanstalten weg, die auf Rohstofflieferungen aus Schurkenstaaten angewiesen sind und ihre teure Prozessenergie zu großen Teilen fossilen Lieferungen verdanken. 

Zudem rechnen die Forscher des NBF vor, wäre ein sekundärer Effekt binnen kurzer Zeit spürbar: Derzeit trage im Durchschnitt allein in Deutschland jeder Einwohnende etwa vier bis fünf Euro Hartgeld bei sich. Das Gewicht der Münzen von etwa 50 Gramm summiere sich bei der Gesamtzahl der Deutschen auf 3.600 Tonnen Metall, das aufgrund der hohen Mobilität der Bürgerinnen und Bürger beständig mitgeführt und von den meisten ohne Wissen um die ökologischen Folgen teilweise über Monate und Jahre hin und her transportiert wird. Diese Last entspreche der, die eine Flotte von 100 schweren Trucks bewältigen könne, allerdings, schreiben die Forscher, fahre diese Flotte vollkommen ziellos umher.

Hartgeld zerstört das Klima

Hartgeld sei damit Verursacher von zusätzlichen Treibhausgasemissionen, dem sogenannten "blinden Bargeldnebel". Allein aufgrund dieser privaten Transportlasten, die von Hartgeldmünzen verursacht werden, erhöhe sich die Klimatemperatur weltweit um etwa 0,02 Grad. Nicht berücksichtigt sind dabei die kommerziellen Transportleistungen, mit denen die Volkswirtschaft in Zeiten knapper Kassen und hoher CO2-Belastungen zu kämpfen habe. Auch die Geldtransporte, die nötig sind, um alte Münzen einzuziehen und neue auszugeben, wälzen Tag für Tag Metalle mit einem Gesamtgewicht von etwa 20.000 Tonnen um. "Eine hartgeldlos funktionierende Volkswirtschaft", schreiben die Autoren der Studie, "würden diese Last samt aller ökologischen Folgekosten schlagartig abwerfen."

Vorbilder genug gibt es. Bisher haben nur Finnland, die Niederlande, Irland, Italien und Belgien es gewagt, zumindest die kleinsten Kupfermünzen abzuschaffen. Nach den Berechnungen des Nachhaltigen Bargeldforums aber profitieren die Bürger, das Klima und die Wirtschaft erst richtig vom sogenannten großen Schnitt", also der Abschaffung des gesamten Münzgeldes, einer Erfindung aus Frühzeit und Mittelalter, die durch eine einheitliche europäische Regelung unter Anleitung der Europäischen Zentralbank rasch aus dem Alltag verschwinden könnte.

Schwere Last

Vorbilder gibt es genug. So verweist die Studie auf die Vereinigten Staaten von Amerika, die den Münzgeldausstieg bereits vor Jahrzehnten fast vollständig vollzogen hätten. Mit spürbaren Folgen: So lägen die Durchschnittslöhne in den USA inzwischen rund 40 Prozent über denen im wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensgestützten Wirtschaftsraum der Welt. Zuletzt hatte der frühere EZB-Chef Mario Draghi in seinem Notstandsbericht zur Lage Europas auf die Notwendigkeit geplanter Innovationen "als Motor für Wirtschaftswachstum" hingewiesen. 

Die Bargeldabschaffung gilt als möglicher Schritt, um die in den letzten erfolgreichen Jahren der EU entstandene "große Lücke im Bruttoinlandsprodukt zwischen der EU und den USA aufgetan" zu schließen, durch die das "verfügbare Pro-Kopf-Einkommen in den USA seit 2000 fast doppelt so schnell gestiegen sei wie in der EU". 

Ende der hartgeldunion

Die Hartgeldunion beklagt heute, dass die europäischen Haushalte den Preis in Form eines entgangenen Lebensstandards gezahlt" hätten. Die USA profitieren von ihrer Konzentration auf Notengeld in Form von Scheinen: Was im Jahr 1900 für einen Dollar zu haben war, kostet heute im Durchschnitt 37. Die ausgeweitete Geldmenge aber fällt kaum ins Gewicht: Statt ein Gramm wiegt der notwendige Betrag in einzelnen Dollarscheinen 37 Gramm. In Euro-Hartgeld  wäre es mehr als ein halbes Kilogramm.

"Der amerikanische Wohlstand ist seit der De-facto-Abschaffung von Münzen im täglichen Gebrauch deutlich schneller gewachsen als in Europa", haben die Wissenschaftler des NBF errechnet. "Die Korrelation sei eindeutig: "Weniger Münzen bedeuten mehr Wirtschaftswachstum". Ohne Beispiel ist der Vorschlag nicht: Mit dem Wechsel von der D-Mark zum Euro war zurerst das Silbergewicht der auf den Nennwert zehn lautenden Münzen verändert worden.

Silberstrategie der DDR

Eine D-Mark-Münze - einst ausgegeben für zehn D-Mark - repräsentiert heute einen Silberwert von etwa sieben Euro. Der Materialwert einer 10-Euro-Münze mit dem annähernd doppelten Nennwert liegt hingegen nur bei etwas über sechs Euro. Im nächsten Schritt auf dem Weg zu weniger innerem Wert bei höheren Ausgabepreis beschloss die Bundesregierung dann, die Emission von 10-Euro-Sammlermünzen komplett einzu stellen, weil der Materialwert des enthaltenen Silbers mittlerweie höhe war als der aufgeprägte Nennwertt. Statt der 10er Münzen werden seitdem nur noch Münzen mit dem aufgeprägten Nennwert von 20 Euro ausgegeben - eine Strategie, die sich an der in der früheren DDR bewährten orientiert, die zuletzt ebenfalls auf Leichtmetall setzte.

Die Abschaffung der 1- und 2-Euro-Münzen also mehrere potenzielle Vorteile für die Umwelt. Zum reduzierter Ressourcenverbrauch bei der Herstellung von Münzen würde der Verbrauch von Rohstoffen wie Stahl und Kupfer deutlich reduziert werden, zudem ergäbe sich eine immense Einsparung an CO2, der den ökologischen Fußabdruck verkleinern und Europa helfen würde, seine Klimaziele zu erreichen. Der Verzicht auf Münzen würde auch den gesamten Bargeldkreislauf nachhaltiger und effizienter gestalten. Der nachhaltig reduzierte Transportaufwand bedeutet weniger Gewicht und Volumen, einen deutlich geringeren Kraftstoffverbrauch und damit weniger klimaschädliche Emissionen. 

Tiefer ökologischer Fußabdruck

"Der ökologische Fußabdruck der Münzproduktion ist beträchtlich", bestätigt Dr. Erika Münzer, Wirtschaftsexpertin an der Universität Frankfurt. "Allein der Energieverbrauch für die Prägung und der CO2-Ausstoß beim Transport sind nicht mehr zeitgemäß." Die freigewordenen Metalle ließen sich in der Rüstungsindustrie freiheitsdienlicher einsetzen. Nicht zu vergessen sei zudem die verringerte Umweltbelastung durch verlorene Münzen. Bisher verliere ein Mensch im Verlaufe seines Lebens Durchschnitt bis zu 25 Euro aus Hosentaschen, in Sofaritzen oder samt Brieftaschen, die zuletzt auch deutlich weniger häufig gefunden und dem rechtmäßigen Besitzer zurückgegeben wurden.

"In Zeiten geopolitischer Spannungen fehlt uns jedes Gramm des in Münzen gebundene Material natürlich bei der Wiederwehrhaftmachung der Truppe", mahnt Münzer. Moderne Verteidigungssysteme benötigten hochwertige Metalle, die als Münzgeld einfach verschwendet würde. Auch hier könne die USA als Vorbild dienen. Deren Streitkräfte seien dank der Einstellung der Prägung der silberfarbenen Susan-B.-Anthony-Dollar-Münze vor 45 Jahren heute die schlagkräftigste Armee der Welt.

Für die NBF-Experten ein deutlicher Fingerzeig: "Es ist an der Zeit, unser Zahlungssystem zu revolutionieren", resümiert Dr. Münzer, "was einst im Sparschwein verstaubte, sollten wir besser unseren Panzerfabriken zur Verfügung stellen und selbst ganz auf Scheine und Karten umsteigen."


9 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

>erhöhe sich die Klimatemperatur weltweit um etwa 0,02 Grad

Habe eben mit meinem Freund Schnellnhuber telefoniert und der hat es in seinem Supercomputer nachgerechnet und gesagt, dass das 100% stimmt!

P.S. vorübergehend bis zu Abschaffung des Bargeldes und des Geldes überhaupt könnte man mit einem 99-Cent-Schein und einem 4,99-Schein etc. die attraktiven 99er-Preise bewahren

Der lachende Mann hat gesagt…

Anknüpfend OT: Erinnert sich noch jemand an die 50-Pfennig-Scheine in der frühen DDR? Waren blau, glaube ich.

Anonym hat gesagt…

<< Wer auf die Dummmheit der Massen wettet, hat einen sicheren Gewinn in der Tasche. Das ... >>
...sagt Claudia Acte, sinngemäß, bei (((Lion Feuchtwanger))) - "Der falsche Nero". Nix Bibel.

@ Anmerkung: Mit Gretchen in Faust I --- "Du bist ein herzlich guter Mann ..." - "allein, ich glaub ...", dass du ernsthaft diesem singulären Schauermärchen aufgessen bist. Nun gut, das sind Danisch und Klonovsky auch, ja, sogar Solschenizyn , Bitterseufz.

Anonym hat gesagt…

Das Preise aufgerundet werden glaube ich sofort. Das abrunden wird niemals geschehen.

Anonym hat gesagt…

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Petition für Julia Ruhs

Anonym hat gesagt…

"Gut zu wissen: BSW will mit AfD in Sachsen-Anhalt nicht in die politische Kiste springen"

Bartolomäus Blödmann hat bei mir wieder einige Punkte aufgeholt/gutgemacht. Aber man nur bis insoweit.

Anonym hat gesagt…

über Antisemiten und Juden

Doch ein Begriff muss bei dem Worte sein.
Da müsst Ihr Euch nicht lange quälen. Denn eben, wo Begriffe fehlen, da stellt sich ein Wort zur rechten Zeit sich ein.

Anonym hat gesagt…

Ördschent! Guckt "Gucker" hier gelegentlich (noch?) rein? Mein Wördprässäckaunt ist beim Scheitan.

Anonym hat gesagt…

>Petition für Julia Ruhs

Geht etwa so: Liebe Rundfunkfürsten! Wollt ihr nicht aufhören, von verblendeten, materialistischen, machtbesessenen Verbrechern angeführte und geschmierte verblendete, materialistische, machtbesessene Verbrecher zu sein?

Ist ja löblich das ganze, aber....