Samstag, 24. April 2021

Bundeszynismusbremse: Was Satire nun nicht mehr darf

Die Mehrheit der Kunst- und Kulturschaffenden hat sich öffentlich für die Maßnahmen der Regierung ausgesprochen.

Kunst soll sich natürlich einmischen, ja, selbstverständlich. Künstler*_Innen sollen die Finger in die Wunden legen, sensibilisieren, auch mal über das Ziel hinausschießen, laut sein und Gesicht zeigen selbst unter den Bedingungen der Maskenpflicht. Aber verantwortlich! Aber solidarisch! Aber im Einklang mit dem Teil der Hauptaufgabe, die ihnen zur Lösung übertragen worden ist! Dazu gehört ausdrücklich nicht, sich mit zynischer Ironie als Satiriker zu inszenieren. Um unter dem Schutz der Kunstfreiheit gegen die notwendigen Maßnahmen der Regierung zu hetzen und sich Beifall aus der falschen Ecke abzuholen.

Wichtige Immunreaktion des Volkskörpers

Das Beste und Wichtigste an der Aktion #allesdichtmachen, einer Kurzschlussreaktion von Deutschlands bedeutendsten Mimen auf die vorübergehende Aussetzung vor allem nächtlicher Grundrechte, war zweifellos die Immunreaktion des Volkskörpers. Obschon sich anfangs immerhin 53 Künstlerinnen, Künstler und Künstlernde zusammengefunden hatten - inzwischen wird vermutet, dass geheime Mächte und Befehle dahinterstecken - reagierte der Rest der Staatskunstszene entschlossen, unerbittlich und wie ein Schauspielernder. Jan Böhmermann, Christian Ulmen, auch der Chef der deutschen Filmakademie als Bundesschauspielleiter und der SPD-Politiker und WDR-Rundfunkrat Garrelt Duin - auf die mehr oder weniger gelungenen Videos der Aktion „allesdichtmachen“ folgte ein gänzlich unironischer Konter. Umkehren müssen die Mitmacher. Bereuen. Widerrufen. Oder man müsse sie rausschmeißen. Und bannen. 

Reihenweise kippten die selbsternannten Satiriker, Systemkritiker und Kulturrebellen nun um. Niemand möchte in diesen finalen Tagen des Pandemiekampfes, nur noch drei, vier schwere Monate entfernt vom anderen Ufer der Vollimmunisierung,  "im Lager der hasserfüllten Verleumder" (ND) stehen und über notwendige Einschränkungen beckmessern. Gegen die verbleibenden Widerständler um Tatort-Professor Boerne laufen Strafmaßnahmen an: Gehaltskürzungen, Quarantäne, Berufsverbot, über das Strafmaß ist noch nicht abschließend entschieden.

Bundeszynismusbremse

Über die Strafgründe hingegen herrscht Einigkeit. "Zynismus", bisher eine anerkannte Haltung, mit der große Dichter und Denker wie Ambrose Bierce, David Foster Wallace und Christoph Maria Herbst oder Harald Schmidt Gesellschaftskritik durch beißenden Spott äußerten, muss sich heute vorwerfen lassen, er diene nicht der gemeinsamen Sache wie es etwa die wacker weiterspielende Fußball-Bundesliga tut, der Trostsender WDR, der heute Abend mit "Das Glück kommt unverhofft" ein Lichtlein in viele traurige Wohnzimmer bringen wird, oder die Kanzlerin, die sich in ihrer letzten öffentlichen Ansprache einverstanden mit den notwendigen harten Schnitten als Schritte zur Herdenimmunität gezeigt hatte. 

Gute Satire, wie sie von "heute show", "Die Anstalt", Jan Böhmermann und Danger Dan produziert wird, darf selbstverständlich alles, denn sie baut auf ein gemeinschaftliches Lachen über hässliche alte weiße Männer, boshafte Parteien und personenstandslose Strukturen, die eines Tages besiegt sein werden. Zynismus dagegen schadet, er ist ein Volksfeind, ein Spalter, der keinen Spaß versteht, sondern Menschen verwirrt, sie zum Zweifeln bringt und in der Endkonsequenz dafür sorgt, dass die Menschen draußen im Land den Respekt vor der Bundesnotbremse und den Glauben an gerade erst erreichte Impfrekorde verlieren. 

Von Künstlernden, die der Staat ernährt, darf er erwarten, dass sie staatstragend sind, nicht spalten und niemanden auf falsche Gedanken bringen. Ist bei Hofe etwas vorzubringen, gibt das moderne Staatswesen ausreichend Wege vor: Warum konnten Liefers und Co. nicht eine ganz normale Petition ans Kanzleramt richten? Und um Gnade bitten? 

Schäbige Wohlstandsverwahrlosung

Da heißt es mutig Gegenhalten, da heißt es, alle Kräfte anspannen, um denen, die sich da außerhalb unserer Gemeinschaft gestellt haben, die Konsequenzen ihres Handeln zu verdeutlichen.  Mit "schäbig!" und "Wohlstandsverwahrlosung!" trifft der „Tagesspiegel“ den richtigen Ton, auch "spätrömische Dekadenz",  "Feinde unserer Ordnung" und "Polemik statt konstruktiver Kritik" zielen in die richtige Richtung. So lange Schauspieler, Sänger und Possenreißer keine eigenen Ideen für eine bessere Gesundheitsversorgung, zur finanziellen Ausstattung von Krankenhäusern oder der Bezahlung von Pflegerinnen haben, mögen sie doch bitte den Mund halten. 

Mit dem klaren Schuldspruch, es handele sich hier um eine "Verhöhnung der Corona-Toten!" geht das in Berlin gern "Reichsnachrichtendienst" genannte  Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) noch einen tiefen Schluck aus der Verleumdungspulle weiter. Ja, wer sich an #allesdichtmachen beteiligt hat, muss sich fragen lassen, von wem er wohl in die Irre geführt wurde, um unsere Menschen "auf einen Weg in ein ungewisses Schicksal zu treiben." 

Ob man solchen Leuten künftig noch Platz im Gemeinsinnfunk zur Verfügung wird stellen dürfen, ist eine offene Frage. Richtig aber wäre, all denen, die da durch ihre Videos Verantwortung für inzwischen  mehr als 80.000 Corona-Toten auf ihre Schultern geladen haben, klipp und klar zu sagen: "Sie alle haben durch ihr Verhalten die moralischen Werte mit Füßen getreten und sich selbst aus unserer Gesellschaft ausgegrenzt."


6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Die Aktion riecht nach Putin oder Trump – China nicht, das wäre Rassismus. Und die Zahlen sprechen weiter eine klare Sprache, das Virus hat große Teile der Bevölkerung weiter im Griff.
https://absolute-zahlen.com/

Und was diese Wirrdenker unterschlagen haben, Geimpfte und von Covid-19 Genesene bekommen – und hier direkt Klartextansage an die Sonderrechten-Verschwörungungsflüsterer – eben keine Sonderrechte, sondern nur wieder mehr Leine.
http://www.dernewsticker.de/news.php?id=410545

Die Aussage dieser bald ehemaligen Kulturschaffenden hätte lauten müssen: „Impfen macht frei“.
Alles andere ist Fasch-O-Meter-Ausschlag auf 11.

Carl Gustaf hat gesagt…

Man sagt, Jan Josef Liefers habe "... in staatsfeindlicher Absicht gehandelt und so gegen seine Berufsehre verstoßen ..." (https://www.spiegel.de/politik/notwendiges-ritual-a-5f3ec40c-0002-0001-0000-000013492924)

Anonym hat gesagt…

Das Blöde ist halt, dass es keine 80000 Coronatoten gibt. Den Ärger haben sich die Mitläufer schon für's Schlucken dieses Köders redlich verdient.

Anonym hat gesagt…

Fällt jetzt jeder 2. Tatort aus? Was wird dann gesendet? Ein Testbild ?

Anonym hat gesagt…

Unser Steuergeld bei der Arbeit: Fkking bundesregierung.de überweist Steuergeld an Youtube um Propagandaspots für die Klimasteuer zu senden.
https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/klimaschutz/volle-ladung-klimaschutz

Karussellbremser hat gesagt…

Wer sich aus Eigennutz diesem längst an organisiertes Verbrechen erinnernden Staat andient und die inzwischen diktatorische Machtfülle mit seiner Arbeitskraft und seinem Steuergeld füttert, der sollte nicht klagen oder meckern, wenn es auch ihm an den immer enger werdenden Kragen geht.

Solange es aber genug naiv hoffende Mitspieler gibt, wird dieses Brot-und Spiele-Theater auch die nächsten 2000 Jahre prima laufen, soll heißen, eine kleine Elite lebt in Luxus und die Masse der Sklaven lebt von der Hand in den Mund. Solange die Leute aber denken, sie würden frei leben, weil sie systemrelevant shoppen und sich vergnügen dürfen, wird der Niedergang in eine neue Leibeigenschaft sich fortsetzen.

Aber erkläre das mal einem eher instinkt- als vernunftgesteuerten Herdenvieh, das froh und dankbar ist, wenn es etwas Futter, einen kleinen Stall und letztendlich auch die Aussicht auf ein imaginäres Sorgenfreijenseits hat, sobald es in den Schlachthof regiert wird.

Sorry Leute, aber je länger ich mir das Primatenrennen anschaue, um so primitiver kommt es mir vor. Da hilft auch die beste Satire nix mehr.