Freitag, 8. März 2019

Spätrömische Dekadenz: Die neuen Haushaltstage

Annefried Schreiber ist leitende Chirurgin am Herzentrum Bad Saarow - und sie operiert inzwischen häufig in ihrem Homeoffice.

Guido Westerwelle, der sich zu Christian Lindner verhielt wie George W. Bush zu Donald Trump, was zu seinen Lebzeiten nur leider niemand ahnen wollte, nannte es einst "spätrömische Dekadenz", die SPD aber ist entschlossen, ein Kanzlerwahlprogramm daraus zu machen. Beflügelt von einem ersten zarten Aufblühen der Umfragewerte der maladen Partei nach dem Versprechen, Hartz IV werde abgeschafft und jeder Bürger bekomme demnächst die Rente, die er sich wünsche, auch wenn er nur sparsam eingezahlt habe, hat die Chefetage der deutschen Sozialdemokratie sich vorgenommen, ein Recht auf Arbeiten von zu Hause im Gesetz festzuschreiben.

In einem Strategiepapier zur künftigen Arbeitswelt, das der einstigen Arbeiterpartei helfen soll, die EU-Wahlen im Mai zu überleben, wird ein "Recht auf mobiles Arbeiten und Home Office" versprochen, das nicht nur Angestellten und Verwaltungsfachkräften, sondern auch Bauarbeitern, Schichtarbeitern in der Lebensmittelindustrie, Bundeswehrsoldaten, Lehrerinnen, Krankenschwestern, Ärzten und Ärztinnen und Kellnerinnen die gesetzliche Möglichkeit einräumt, auf Wunsch daheim zu arbeiten.

Damit sollen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von den digitalen Vorteilen profitieren können, sagte Parteichefin Nahles, die ihre Pläne für eine "Sozialstaatsreform 2025" als Teil der nach der Wahlniederlage von 2017 und dem blutigen Machtkampf mit Martin Schulz versprochenen "Erneuerung" versteht.

"Es wäre doch ganz ungerecht, wenn nur Kopfarbeiter wie wir von einer Flexibilisierung profitieren", so die sozialdemokratische Vordenkerin, die schon vor Jahren mit ihrem mutigen Konzept der "guten Gesellschaft" gegen Leistungswahn und Arbeitsterror Front gemacht hatte. Damit möglichst breite Schichten der Bevölkerung sich an der digitalen Dividende beteiligen können, sollen etwa Baggerfahrer künftig auch daheim baggern können, Kellner bedienen zumindest tageweise und in Absprache mit ihren Arbeitgebern zu Hause und Ärzte und Schwestern können dank intelligenter Netze sogar in den eigenen vier Wänden operieren. "Arbeit soll sich Deinem Leben anpassen!", fordert die Partei.

Das neue Recht auf Homeoffice, das nach den Vorstellungen des SPD-Parteivorstandes auch in der Verfassung festgeschrieben werden soll, sei "eine unbürokratische und leicht verständliche Leistung" des Staates, von der vor allem Familien profitieren könnten, hieß es dazu im politischen Berlin. Hätten die Gewerkschaften früher gefordert, sonntags gehört Vati mir, bekämen vor allem junge Familien jetzt die Chance, dauerhaft öfter zusammen zu Hause zu sein. Das Homeofficerecht soll "aktiv angeboten werden und digital beantragt werden können", hat der Parteivorstand beschlossen.

Mut macht der Spitze der SPD offenbar die Reaktion der Union. Sowohl CDU als auch CSU hatten sofort scharfe Kritik an Nahles neuen Sozialstaats-Forderungen geäußert. Auch die Linkspartei reagiert entsetzt. Es sei "empörend", dass Nahles und Co. Arbeitnehmern an deren Homeoffice-Tagen die Pendlerpauschale streichen wolle, sagte Parteichefin Katja Kipping dem "Tagesspiegel". Zudem offenbare die SPD durch den beabsichtigten Alleingang bei der Durchsetzung der neuen Haushaltstage ihre europafeindliche Haltung. "Wir als Linke hätten uns eine europäische Lösung gewünscht", hieß es im Ernst-Thälmann-Haus, "daran zeigt sich, dass die SPD-Vorsitzende nicht wirklich den Mut hat, die europäische Karte zu spielen."

Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag der SPD glauben inzwischen fast drei Viertel (73,3 Prozent) der SPD-Anhänger daran, dass Andrea Nahles die Wahlergebnisse der SPD verbessern kann, wenn sie nur weiter in derselben hohen Frequenz neue Vorschläge zur Gerechtigkeitsehöhung in Deutschland macht. In der Gesamtbevölkerung seien sogar 97,2 Prozent der Meinung, dass Nahles die von vielen bereits abgeschriebene Partei wieder interessant mache. Komme jetzt noch ein bedingungsloses Grundeinkommen in Höhe von 4000 bis 5000 Euro und eine Möglichkeit, für SPD-Parteibeiträge Payback-Punkte zu bekommen, fehle der SPD nur noch der richtige Kanzlerkandidat, um die Bundestagswahl 2021 mit sicherem Vorsprung zu gewinnen.

5 Kommentare:

Gerry hat gesagt…

ppq macht sich über Totgeweihte lustig... Ja, mittlerweile existieren für die SPD Krankenschwestern, Bauarbeiter und dergleichen (ihre einstige, legendäre Klientel) nur noch theoretisch. Dieser Vorstoß ist aber nur ein weiterer verzweifelter Versuch, es aussehen zu lassen, als könnten sie Politik. Und nicht zuletzt sieht es wohl auch nach Selbstoptimierung der Abgeordneten aus, wie die Kommentare im Getwittere vermuten lassen. Soll heissen: die SPD-Frau hat ab jetzt eine offizielle Ausrede für ihre ständie Abwesenheit im Plenarsaal, wenn sie lieber Work-Life balanced (H. Danisch)

"...Parteichefin Katja Kipping dem "Tagesspiegel". Zudem offenbare die SPD durch den beabsichtigten Alleingang bei der Durchsetzung der neuen Haushaltstage ihre europafeindliche Haltung. "Wir als Linke hätten uns eine europäische Lösung gewünscht"..." - herrlich

Frolleinwunder hat gesagt…

Großes Tennis! Ich muss aber immer öfter überlegen, was genau davon (nur) der Tatsachenkern in der Satire ist...

Sauer hat gesagt…

Immer wieder wird behauptet, Nahles habe noch nie richtig gearbeitet. Das sieht aber nur so aus, wenn man ihren Kopf außer acht läßt. Schaut man genauer hin, bemerkt man, daß es in ihm ganz schön rumort und malocht und das nicht nur außer Haus, sondern auch im Home. Ihr Kopf ist permanent am Arbeiten, er kommt überhaupt nicht mehr zu Ruhe und Urlaub gönnt er sich keinen. Stündlich gebiert er neue Vorschläge zur Verbesserung der sozialen Lage Arbeitsunwilliger und sonstiger Schmarotzer. Ja, sie darf von sich behaupten, eine Kopfarbeiterin zu sein. Was sind aber diejenigen, die nicht mit dem Kopf arbeiten? Wir wollen jetzt nicht untersuchen, ob es eine Arbeit gibt, bei dem man den Kopf nicht braucht. Erst nach langem nachdenken, fällt einem eine Tätigkeit ein, bei der man den Kopf getrost ruhigstellen kann: Zum Heben der Stimmzettel bei SPD-Parteitagen wird der Kopf tatsächlich nicht gebraucht, da genügt ein triebhaft gesteuerter Armreflex. Und hier muß man Nahles recht geben, dieses Handheben könnte auch im heimischen Wohnzimmer vor einer Kamera erfolgen. Die Aufnahme wird anschließend an die SPD-Zentrale gesandt, wo die erhobenen Hände ausgezählt werden. Klar, jetzt könnte jemand einwenden, es wäre rationaler, jeder würde in seinem Home ein Knöpfchen drücken und das entsprechende Signal würde registriert. Aber daran ist der SPDler mit Glied noch die ohne gewöhnt, das erforderte höhere kognitive Fähigkeiten, die beim Eintritt in die SPD aufgegeben werden müssen. Man erkennt, Homearbeit können die Sozen.

Nebenbei: Andere Sozialisten gliederten die Arbeiter einst in Arbeiter der Stirn und Arbeiter der Faust. In diesem Sinn sind die SPDler, wie oben erklärt, Arbeiter der Faust. Und mit der gibt’s dann richtig auf die Fresse.

Anonym hat gesagt…

Auch die Arbeiter in Syrien und Anderswo profitieren von der Dekadenz dieser Regierung. Werden diese doch heim, unter den schützenden Buntfaltenrock der fürsorglichen Regierung gerufen.
Nicht dass noch die fleißigen Folter, Vergewaltigungs und Kopfabschlag -arbeiter ihren Lohn samt Überstundenzuschlag, von dem Land erhalten, in dem sie eifrig tätig waren, nein, auch dafür soll wieder mal der Steuerzahler aufkommen. Naja, warum auch nicht. Handelt es sich doch um zukünftige Wählerstimmen, nicht wahr?

Anonym hat gesagt…

@ Gerry: Du bist dem Tote geweiht, Mohikaner!

Matadisléxicos

P.S.: Wie mal einer hier vermutete, ist Deutsch nicht Deine Muttersprache?