Dienstag, 3. August 2021

Weil so viel fehlt im Netz: Bundessuche startet

Wo die 5G-Angst umgeht, klärt das Netzwerk DA künftig auf.
Es ist ein Jahrhundertprojekt, dessen erste Spuren sich fast ein Jahrzehnt zurückverfolgen lassen. Damals, kurz nach der großen Staatsfinanzkrise und der Entdeckung der Spionagesoftware Prism nahm die Bundesregierung Kurs auf den Aufbau eigener, alternativer Internetdienste. Europäische Angebote sollten die amerikanischen Datenkraken ablösen - darunter eine bundeseigene Suchmaschine unter dem Arbeitsnamen "Buusul", die anstelle von Google unabhörbare, vertrauensbildene Nachrichten verbreiten und ein Soziales Netzwerk namens Bundesbook, das entwickelt wurde, um Facebook zu beerben. 

Als Vater der Idee gilt der SPD-Politiker Dieter Wiefelspütz, der sehr früh auf den Tralafitti-Charakter der  globalen Internetarchitektur hingewiesen hatte. Wenn Washington die Marktmacht amerikanischer Unternehmen in der Internetbranche missbrauche, hatte der Nestor der deutschen Netz-Skepsis bereits 2009 gewarnt, "dann müssen wir angemessene Alternativen schaffen." 

Pflöcke für die Suchzukunft

Wie so oft, wenn große Pläne geschmiedet werden, dauerte die Umsetzung letztlich aber coronabedingt wie immer länger. Nun aber ist es offenbar so weit: Mit dem Start einer ressortübergreifenden Suchmaschine will die Bundesregierung kurz vor Ende ihrer Amtszeit Pflöcke einschlagen, um  Informationen über wichtige Themen wie etwa die Digitalisierung schneller auffindbar zu machen. Die revolutionäre Idee dahinter überzeugt schon im theoretischen Ansatz. 

Die noch namenlose Suchfunktion - "Buusul" wurde zwischenzeitlich wegen des hohen Prozesskostenrisikos verworfen -  wird Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit eröffnen, unabhängig von Google oder anderen kommerziellen Suchdiensten über die Vielzahl der Ressorts der einzelnen Bundesministerien nach Informationen zu bestimmten Themen zu fahnden. Treffer sind garantiert, egal, wo gesucht wird, denn das als "Netzwerk für digitale Aufklärung" angelegte Prestigeprojekt umfasst alle Informationsangebote der Regierung, ob sie nun Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Innovation oder Europa betreffen.

Risensprung an Innovation

Der berühmte kleine Schritt für die Menschheit ist ein Riesensprung an Innovation für die scheidende Staatsministerin für Digitalisierung Dorothee Bär, die den mutigen ressortübergreifenden Zugang zu verlässlichen Informationen denn auch in höchsten Töne lobt. Gerade weil im Internet zwar viele Informationen verfügbar sind, undurchsichtige Algorithmen amerikanischer Großkonzerne aber aber dafür sorgen, dass ausgerechnet die verlässlichsten Hinweise erst unter ferner liefen auftauchen, gilt eine amtliche Suchmaschine, die ausschließlich amtliche und behördlich bestätigte Informationen anzeigt als wichtiger Baustein für ein sicheres Netzerlebnis.

Es ist in einer Demokratie auch im Sinne eines transparenten Regierungshandelns geboten, dass Bürgerinnen und Bürger sich schnell und unkompliziert über Themen und Maßnahmen der Regierung informieren können, auch ohne dass sie jede einzelne Zuständigkeit kennen", begründete Dorothea Bär die Abkehr von der jahrelangen Inselpraxis, die Informationssuchende zwang,  kommerzielle Suchmaschinen zu nutzen, um Zuständigkeiten im Wust der Informationsabteilungen der Ministerien zu klären. 

"NetzwerkDA"

Gleich zum Auftakt des unter www.bundesregierung.de/NetzwerkDA erreichbaren Pilotprojekte sind das Bundespresseamt, das Bundesarbeitsministerium, das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, das Auswärtige Amt und auch die Bundeszentrale für politische Bildung an die Suchmaschine angebunden. In einer zweiten Phase, deren Umsetzung noch nicht konkret terminlich untersetzt ist, sollen auch die anderen Ministerien folgen. Das Akronym DA meint dabei nicht die Deutsche Alternative, das Kürzel war nur frei geworden, nachdem die gleichnamige Nazipartei sich hatte auflösen müssen.

Eine starke Antwort auf auf Unsicherheiten und Desinformationskampagnen auch aus dem Ausland, die Ängste und Vorbehalte vor neuen Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) oder 5G-Mobilfunk schüren. Das Netzwerk für Digitale Aufklärung hält hier gegen, zumindest bis die von Bär eigentlich favorisierte „Bundeszentrale für digitale Aufklärung“ in trockenen Tüchern ist. Das Bundesblogampelamt im mecklenburgischen Warin (BBAA) war zuletzt immer wieder in die Kritik geraten, weil es den Netzaufssichtsbeamten dort nicht gelungen war, den Meinungswildwuchs gerade in der Corona-Krise wirksam und nachhaltig zum Nutzen aller Menschen einzudämmen.


4 Kommentare:

Die Anmerkung hat gesagt…

Das wäre doch der ideale Zeitpunkt, das Amt für Bundesmeinung (ABM) in dieses Suchnetzwerk zu integrieren, denn dann bekommt man bei der vormittäglichen Suche die tagesaktuelle Bundesmeinung gleich am Stück. Bei Spiegel und Süddeutscher ist das hinter Paywall versteckt. Bei Welt auch.

Anonym hat gesagt…

'...dass Bürgerinnen und Bürger sich schnell und unkompliziert über Themen und Maßnahmen der Regierung informieren können, auch ohne dass sie jede einzelne Zuständigkeit kennen“, so Staatsministerin Bär.'

Auch nach dreimaligem Lesen erschließt sich mir nicht, was das soll.

Anonym hat gesagt…

Auch nach dreimaligem Lesen erschließt sich mir nicht ...

Wie wahr, wie wahr. Descha-Vüh.
"Legen Sie ausführlich dar, warum mit dem zunehmenden Endsieg des Sozialismus die Schärfe der Klassenauseinandersetzung zwangsläufig zunehmen muß ..." - Was für ein Ding Gottes das auch sein möge.

pol. Hans Emik-Wurst hat gesagt…

Herrlich! Mir gefällt dieser humorvolle Unterton! Einfach erreichbar unter BuReg.de