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Mit 3,29 Euro kann die Mindestlohnarbeitende sich deutliche Vorteile gegenüber der Bürgergeldbeziehenden verschaffen. |
Es hört nicht auf, es geht immer wieder von vorn los. Es ist die Art Hetze, die in Dauerschleife läuft. Um das Bürgergeld zu denunzieren, wird einmal mehr die Mär erzählt, dass sich Arbeit nicht mehr lohne, weil Bürgergeldempfänger beinahe dieselben Einnahmen haben. Angeblich hindern die gewährten Hilfeleistungen von Armut und sozialer Ausgrenzung Betroffene daran, eine "anständige Arbeit" (CDU) aufzunehmen. Trotz des deutlich erhöhten Mindestlohnes und der schlechten finanziellen Vorbildung im Land des Sparbuchs gebe es viele Bürgerinnen und Bürger, die rechnen können und ungeachtet zahlloser Einladungen darauf verzichten, am Wiederaufbau Europas mitzuwirken.
Maschen im System
Eine Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der SPD-nahen Hans-Böckler-Stiftung macht nun aber Schluss mit den haltlosen Behauptungen vom süßen Leben der Millionen Nichtstuer, die sich kaum mehr heimlich über die lustig machen, die zu dumm oder zu naiv sind, sich durch die Maschen des System zu schleichen. Das WSI weist eindeutig nach: Arbeit lohnt sich immer, denn der Anstand zwischen erarbeitetem Lohn und leistungslos bezogenem Bürgergeld ist "deutlich" wie die Forcherinnen und Forschenden ermitteln konnten.
"Wer anderes behauptet, lügt ganz einfach", hat der frühere paritätische Wohlfahrtstalker Ulrich Schneider die Lage der Dinge unumwunden auf den Punkt gebracht. Um die Diskussion über Bürgergeld und Mindestlohn zu versachlichen und endlich ein Dauerthema zu beerdigen, bei dem oft behauptet wird, dass sich Arbeit aufgrund der Höhe des Bürgergelds nicht lohne, haben die Forschenden des WSI diese Behauptung mit Zahlen, Fakten und ausführlichen Berechnungen widerlegt. Erstmals zeigt die Hans-Böckler-Stiftung, dass Vollzeitbeschäftigte mit Mindestlohn deutlich mehr verfügbares Einkommen haben als Bürgergeldempfänger.
Größere Transparenz
Der hat Bürgergeldempfänger hat 1.015 Euro zur Verfügung, wenn Wohngeld und andere Hilfen zu Lebensunterhalt und sozialer Teilhabe wie die Übernahme der Demokratieabgabe durchs Amt berücksichtigt werden. Damit soll eine größere Transparenz erreicht werden. Nach der Studie kommt eine in Vollzeit mit dem heutigen Mindestlohn von 12,82 Euro arbeitende Person auf ein Bruttoeinkommen von knapp 2.200 Euro.
Davon bleiben nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben, mit denen sich jeder Angehörige der hart arbeitenden Mitte nach seinen Kräften an der Finanzierung der Gemeinschaftsaufgabe Gerechtigkeit beteiligen muss, etwa 1.546 Euro netto übrig, wie das WSI vorrechnet. Zusammen mit dem rechnerischen Anspruch auf 26 Euro Wohngeld ergebe sich ein verfügbares Einkommen von 1.572 Euro.
Deutlich mehr als im Vergleich
Das ist deutlich mehr als eine Person im Bürgergeld erhält, die mit 563 Euro Regelsatz und bei gleicher Miete 451,73 Euro für die Unterkunft auskommen muss. Zusammen wären das 1.015 Euro. Der im Mindestlohn arbeitende Mensch verfügt also über 557 Euro mehr als die Vergleichsperson - unübersehbar: Arbeiten lohnt sich. Vollzeitbeschäftigte mit Mindestlohn haben deutlich mehr Geld zur Verfügung als Bezieher von Bürgergeld. Und dafür müssen sie nichts weiter tun, als einen Teil ihrer Freizeit an einem Arbeitsplatz ihrer Wahl zu verbringen.
Um beim Einkommen auf Augenhöhe mit einem Bürgergeldempfänger zu kommen, reichen dazu 80 bis 100 Stunden, um mit fast 560 Euro deutlich darüber zu landen, ist eine Vollzeitstelle notwendig. Das gilt den WSI-Forschern zufolge für Alleinstehende ebenso wie für Alleinerziehende und Paare mit Kindern, und zwar in allen Regionen Deutschlands. Das Mehreinkommen entspricht einem Stundenlohn von 3,29 Euro. In absoluten Zahlen lässt es sich nahezu beliebig erhöhen. Wer statt 170 Stunden im Monat 340 arbeitet, erhöht den Lohnabstand zum Bürgergeld auf mehr als 1.000 Euro. Zumindest, bis Steuern und Abgaben fällig werden.
Bürgergeld ist schlechter
Zur Verdeutlichung haben die Wissenschaftlernden mehrere Fälle durchgerechnet. Eine alleinerziehende Frau etwa käme in Vollzeit mit Mindestlohn auf netto 1.636 Euro, müsste dann allerdings den Rundfunkbeitrag selbst tragen. Mit Kindergeld, Kinderzuschlag, Wohngeld und Unterhaltsvorschuss steigt ihr Einkommen sogar auf stattliche 2.532 Euro. Die Bürgergeldbezieherin wäre schlechter dran: Mit den beiden Regelsätzen für Mutter und Kind, dem Mehrbedarf für Alleinerziehende, Kosten der Unterkunft und Sofortzuschlag blieben ihr nur 1.783 Euro, also 749 Euro weniger. Daran werde deutlich, mit wie wenig Menschen im Bürgergeld auskommen müssten, so Studienleiter Kohlrausch.
Der Staat ist es, der beim Bürgergeld am meisten verzichtet. Bei der Mindestlohnarbeiterin liegt der Anteil an Steuern und Sozialabgaben, die das Finanzamt und die Sozialkassen beanspruchen, bei um die 27 Prozent. Die Bürgergeldempfängerin dagegen zahlt nur Umsatzsteuern und über die Höhe kann sie durch ihr Konsumverhalten selbst bestimmen. Ausreichend Freizeit steht ihr zur Verfügung.
Bei der Vollzeitstelle mit Mindestlohn ist das nicht immer möglich. Wer Pendeln muss, um sich als alleinerziehende Mutter die finanziellen Vorteile einer Vollzeitstelle zu sichern, dem entstehen auf dem Weg zu und von der Arbeit bei einer Kurzstrecke mit dem Deutschland-Ticket Kosten von 58 Euro pro Monat, also etwa zehn Prozent seiner Mehreinnahmen. Sein Stundenlohn sinkt damit unter drei Euro, ihm bleibt aber immer noch ein finanzieller Vorteil im Vergleich zum Bürgergeldempfänger in Höhe von fast 500 Euro.
Pendeln mindert den Vorteil
Dabei bleibt es auch beim Pendeln mit dem Pkw über eine längere Strecke. Beträgt die Entfernung zur Arbeitsstelle 40 Kilometer pro Strecke, ergibt sich dazu unter Zugrundelegung der üblichen Kilometerpauschale von 0,30 Euro pro Kilometer eine Belastung von 528 Euro. Das Einkommen liegt mit 29 Euro immer noch spürbar höher als das des Bürgergeldempfängers. Auch nach dem Abzug der 18,36 Euro für die Demokratieabgabe bleibt es dabei, auch wenn der Stundenlohn jetzt faktisch bei nur noch 17 Cent liegt.
Das zeigt, dass weite Pendelstrecken mit dem Auto nicht nur das Klima schädigen, sondern auch den finanziellen Vorteil der Arbeit erheblich schmälern können. Selbst der erhöhte Mindestlohn von 12,82 Euro reicht dann nur noch knapp, um die Aussage der WSI-Studie zu bestätigen, dass sich Arbeit finanziell lohnt, insbesondere bei Vollzeitbeschäftigung. Die Forscher betonen, dass aber selbst unter solch ungünstigen Bedingungen gesichert bleibt, dass Bürgergeldempfänger weniger Geld zur Verfügung haben als Erwerbstätige mit Mindestlohn. Damit sei die Behauptung endgültig widerlegt, dass das Bürgergeld die Arbeitsmotivation untergrabe.
1 Kommentar:
Bürgergeld
- Dir geht keiner mehr auf den Sack
- Du kannst nach Lust und Laune schottern gehen, indem du einfach nur die Hand auf und die Klappe hälst
Das wiegt die 500 Euronen rechnerischen Vorsprungs zum Lohngeldschinderer allemal locker auf.
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