Samstag, 16. August 2025

Geschäftsmodell Partei: 39.900 Prozent Rendite

Parteienfinanzierung, Wahlkampfkostenrückerstattung, Mandatsträgerabgaben, staatliche Zuschüsse, parteinahe Stiftungen, politisches Geschäftsmodell, Gesamtrendite
Früher galt die Gründung einer Religion als profitträchtiges Geschäftsmodell. Parteien aber stehen dem nicht viel nach, zumindest in Deutschland

Die einen schwören auf Gold, die anderen auf Kryptowährungen. ETFs sind in Mode, High-Tech-Aktien sowieso. Und manche kleine deutsche Rüstungsbude lieferte dank der zweiten Zeitenwende im dritten Jahr mehr Rendite als mancher Meme-Coin. Oft vergessen wird dabei, dass das Geschäftsmodell für perfekte Gewinnmaximierung in Deutschland schon seit Jahrzehnten existiert.  

In aller Stille haben es die Mütter und Väter des Grundgesetzes in die Verfassung geschrieben. Vier dürre Sätze in Art 21 Grundgesetz reichen: "Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben."

Nur wenige Vorgaben 

Selten ist eine Geschäftsidee im Land der "überbordenden Bürokratie" (Die Welt) mit weniger Vorgaben ausgekommen. Die Parteien haben ihre Freiheit genutzt, aus der "Mitwirkung" an der Willensbildung des Volkes ein Geschäftsmodell zu machen, das außerhalb der organisierten Religionsbetriebe kaum seinesgleichen findet. 

Ein Beispiel illustriert das: Bei jeder Wahl, bei der sie antreten, zielen Parteien nicht nur auf Wählerstimmen, sondern mit jeder einzelnen Wählerstimme auch auf die sogenannte Wahlkampfkostenrückerstattung. Die funktioniert ganz einfach: Investiert die Partei beispielsweise 15 Millionen Euro in Wahlwerbung, erstattet ihr der Staat davon die Hälfte, wenn sie auch nur ganz niedrige Schwellenwerte beim Stimmenanteil überschreitet. 

Parteisteuer von  Profiteuren

Behalten darf sie die gewonnenen Mandate. Was einige Parteien nutzen, um per sogenannter Mandatsträgerabgabe, oft als freiwillige Gabe ausgegeben, bei denen zu kassieren, die mit ihrer Hilfe in Lohn und Brot gelangt sind. Hier kommen weitere Millionen zusammen, weshalb zumindest theoretisch alle Satzungen aller Bundestagsparteien die Verpflichtung zur Entrichtung von Mandatsträgerbeiträgen vorsehen. Die größte Einnahmequelle der Parteien sind immer staatliche Mittel, die über alle Farben 36,7 Prozent der Gesamteinnahmen ausmachen. Erst an zweiter Stelle folgen  mit knapp 30 Prozent die Mitgliedsbeiträge, gefolgt schon von den Mandatsträgerbeiträgen mit 14,3 Prozent. 

Was die Verbindlichkeit der Verpflichtung zur Zahlung dieser Parteisteuern angeht, unterscheiden sich die Bestimmungen der Parteien erheblich. Bei einigen wird ausdrücklich von freiwilligen Leistungen gesprochen, um die Illusion der grundgesetzlich garantierten "Freiheit des Mandats" zu behaupten. Bei anderen führt die Nichtleistung zum automatischen Verlust der Mitgliedschaft und damit bei nächster Gelegenheit zum Verlust des Jobs.

Sonderform der Staatsfinanzierung 

Diese Sonderform der Staatsfinanzierung der Parteien durch die Hintertür ist vielfach infrage gestellt worden. Schon 1975 hatte das Bundesverfassungsgericht in seinem "Diäten-Urteil" festgelegt, dass die Höhe der oft "Diäten" genannten Abgeordnetenentschädigung so bemessen sein muss, "dass sie den
Abgeordneten eine der Bedeutung ihres Amtes angemessene Lebensführung gestattet". Wäre das noch möglich, nachdem zum Zweck der Mitfinanzierung der Partei, der der Abgeordnete angehört, Geld abgezweigt wurde, spräche alles dafür, dass die Entschädigung zu hoch ist.

Parteien wesenseigen aber ist, dass sie es sind, die am Ende definieren, in welchem Umfeld sie ihr Geschäft betreiben. Anders als bei einer hypothetischen Firma im echten Geschäftsleben sind ihre Einnahmequellen ausschließlich Spenden, staatliche Zuschüssen und, im Falle der SPD, die ein eigenes Medienimperium betreibt, Ausschüttungen der Parteifirmen. Spenden und Dividenden werden gern genommen, reichen aber nie. Die staatlichen Zuschüsse sind deshalb von den Parteien selbst als sprudelnder Quell erschaffen worden, der alles Leid lindert. Je größer die Partei, desto mehr profitiert sie. Zwar gehen in Deutschland jährlich 200 Millionen an fast zwei Dutzend Parteien. 192,7 Millionen davon aber landeten bei den Parteien, die im Bundestag vertreten sind. 

Weil das nie reicht 

Weil das trotzdem nie reicht, haben die Schonlängermitregierenden Tochterfirmen gegründet. Die sogenannten parteinahen Stiftungen entstanden, nachdem das Bundesverfassungsgericht dem direkten Griff der Parteien in die Staatskasse ein Ende gemacht hatte. Statt selbst zuzugreifen, dürfen die Töchter hinlangen. Und wie. Sie erhalten sie ihre Einnahmen hauptsächlich aus dem Bundeshaushalt - im Jahr 2023 beliefen sich die Zuschüsse auf etwa 697 Millionen Euro. 

Auch diese Schattenfinanzierung endete wiederum in Karlsruhe. Doch das spezielle Geschäftsmodell der Parteien erlaubt es ihnen, Verbote rechtssicher zu umgehen. Seit die alte Methode der Selbstbedienung nicht mehr funktioniert, wird die jeweils benötigte stolze Summe einfach ins Haushaltsgesetz geschrieben. Damit das recht ruhig vonstatten geht und das Thema nicht groß diskutiert wird, gilt wie bei der Diätenerhöhung ein Automatismus. 

Ein ausgeklügelter Verteilungsschlüssel wirft den fälligen für jede Stiftung aus - für jede außer der der AfD. Als Berechnungsgrundlage dienen die Ergebnisse der letzten vier Bundestagswahlen. Ausgehend von einem einprozentigen Sockelbetrag des Gesamtbetrags gibt es dann Geld für jede förderberechtigte Stiftung, weil sie alle, so das Karlsruher Gericht, etwas tun, wovon "die Parteien in erheblichem Umfang profitieren".

Einzigartiges Monopol


Wenn das nicht reicht, wird aufgeschlagen. Wenn das schiefgeht, nachjustiert. Die einzigartige  monopolistische Marktstellung und die langfristige Geschäftserfahrung erlauben es den Parteien, sich ihr Geschäftsfeld selbst zu gestalten. Was nicht passt, wird passend gemacht und dann läuft der Laden.

Daraus resultiert eine Gesamtrendite, die sich sehen lassen kann: Setzt eine Partei heute beispielsweise 15 Millionen ein, um in den Bundestag einzuziehen, erhält sie nach einem erfolgreichen Wahltag, der 120 Mandate einbringt, 7,5 Millionen vom Staat zurück. In den darauffolgenden vier Jahren der Legislaturperiode verbuchen die Abgeordneten der Partei etwa 30 Millionen Euro Einnahmen in Form von Diäten, Kostenpauschale und Mitarbeiterpauschale. Der Ursprungseinsatz bringt also satte 300 Prozent Gewinn. 

Dazu sitzen die Gewählten jetzt auch noch an den Schaltstellen, von denen aus die politische Landschaft gepflegt wird. Verdiente Genossen bekommen hübsche Posten. Nichtregierungsorganisationen können mit Milliarden gepäppelt werden und 551 Fragen ins Leere laufen. Nicht einmal ein Regierungswechsel vermag das ändern. Das Eigeninteresse der Beteiligten an der Aufrechterhaltung der Umstände, von denen alle profitieren, ist größer als ihre Bereitschaft, etwas zu ändern, das auch sie selbst benachteiligen würde.

Ordentliche Gesamtrendite 

Daraus resultiert eine ordentliche Gesamtrendite über vier Jahre hinweg hin, die dank einer größtenteils staatlich garantiert Finanzierung zudem deutlich sicherer ist als das Spekulieren am Kapitalmarkt. Kein Wunder. Die monopolistische Stellung des Betreibers, der es 1959 erstmals wagte, sich selbst schmale fünf Millionen D-Mark als "Zuschüsse zur Förderung der politischen Bildungsarbeit der Parteien" zuzuschustern, ist seit einem halben Jahrhundert unumstritten. 

Das ermöglicht es dem von einer Brandmauer streng abgeschirmten Kartell der Beteiligten, seine Gewinne selbst zu bestimmen und Marktbarrieren zu errichten, die weitere Nutznießer ausschließen. Zuletzt sprachen die Parteien sich rückwirkend weitere sechs Millionen Euro mehr an staatlichen Zuschüssen erhalten könnten, wobei die Empfänger selbst über die Verwendung entscheiden, obwohl selbst die eingeworbenen Spendengelder vom Steuerzahler durch eine Verrechnung mit der fälligen Steuerpflicht zur Hälfte staatlich - also von Wählerin und Wähler, die keineswegs nach ihrer Meinung dazu befragt wurden - gefördert wird.

Ein Meilenstein in Sicht 

In diesem Jahr ist ein neuer Meilenstein bei der staatlichen Finanzierung des demorkatsichen Parteilebens in Sicht. Erstmals könnte die kombinierte Ausschüttung an Parteien (250 Millionen Euro) und parteieigene Stiftungen (760 Millionen Euro) die magische Grenze von einer Milliarde Euro übersteigen. Seit dem ersten Zuschuss zur "Förderung der politischen Bildungsarbeit" vor 65 Jahren haben die Parteien damit eine jährliche Rendite von 10,9 Prozent erzielt. Die Gesamtrendite über den kompletten Zeitraum liegt bei atemberaubenden 39.900 Prozent Return on Investment (ROI).

Besser geht es nicht. Und billiger schon gar nicht. Jeden Einwohner zahlt derzeit nur schmale zwölf Euro für den Unterhalt seiner Parteien, auf jeden Steuerzahler entfallen Abgaben von um die 25 Euro. Damit finanziert er ein überchaubar komplexes Brot-und-Butter-Geschäft: Verkauft werden leere Versprechen, verpackt in politische Botschaften. Geliefert zuverlässig Enttäuschungen, gut begründet durch unabsehbare jähe Wendungen, die eine Erfüllung der Zusagen immer wieder verhindern.

Die perfekte Geschäftsidee 

Eine Partei zu sein, ist die perfekte Geschäftsidee. Operierend in einem quasi-monopolistischen Umfeld, in dem nur wenige Akteure den Markt dominieren, lassen sich die schon länger in einer symbiotischen Theaterfeindschaft vereinten Kräfte der demokratischen Mitte ihre Zuwendungen aus Spenden vom Steuerzahler sponsern. Wie Mitgliedsbeiträge und eingenommene Parteisteuern halten sie zugleich als Begründung her, sich vom Staat "fördern" zu lassen. All das Geld muss anders als bei klassischen Unternehmen nicht als Dividende ausgeschüttet werden. Die "Aktionäre" der Parteien, hier Mitglieder genannt, sind primär altruistisch motiviert. Sie sind nicht auf Renditejagd, sondern auf ideelle Ziele aus.

Diese Struktur eliminiert den Druck, kurzfristige Profite zu maximieren, und ermöglicht langfristige Stabilität. Einzig und allein die hauptamtlichen Funktionäre sind von den Parteien zu unterhalten. Die großen Parteien in Deutschland von CDU/CSU, SPD, Grünen, Linken und FDP bis AfD – unterhalten sämtlich eigene hauptamtliche Strukturen, die finanziert werden müssen, bis sie gleich den Bremer Stadtmusikanten einer Endverwendung im Schoße einer der Stiftungen zugeführt werden. 

Eine ganz kleine Gruppe 

Schätzungen basierend auf Parteiberichten und Medienanalysen deuten darauf hin, dass jede große Partei etwa 100 bis 200 hauptamtliche Mitarbeiter beschäftigt, darunter Büroleiter, Pressesprecher und Organisationsmitglieder auf Landesebene. Für die fünf großen Parteien der demokratischen Mitte ergibt sich damit ein Personenkreis von nur 500 bis 1.000 hauptamtlichen Funktionären, die aus der erwirtschafteten Gesamtrendite zu unterhalten sind. Die Möglichkeit, staatliche Zuschüsse als Entscheidungsinstanz in eigener Sache nach Belieben zu erhöhen, obwohl der Zuwendungszweck die eigene Partei ist, zeichnet das Parteienmodell unter allen anderen aus. 

Aber auch der starke Schutzzauber, den die Parteien über diese wirtschaftliche Dimension ihrer verdienstvollen Arbeit legen. Im engen Schulterschluss mit den Medien gelingt es ihnen fast vollständig, eine Debatte um die staatliche Finanzierung von Organsiationen, die den Staat lenken und leiten, zu vermeiden. Indem Parteien sich nicht mehr nur dafür zuständig fühlen, "an der Willensbildung mitzuwirken", sondern als Service anbieten, diese Willensbildung komplett selbst zu übernehmen, wird Widerspruch gegen die sich selbst schmierende Schnittstelle von unabhängiger Politik durch staatliches Geld zum Sakrileg.


7 Kommentare:

Die Anmerkung hat gesagt…

>> Für die fünf großen Parteien der demokratischen Mitte

Was sind "große" Parteien? Was oder wer ist demokratische Mitte? Wo ist das alles gerichtsfest definiert?

Anonym hat gesagt…

OT
Danisch zitiert: "Die letzten Zeitzeugen des Holocaust sind Greise."

Noch viel schlimmer: Paul Rassinier oder J.G.Burg sind schon lange tot ...

ppq hat gesagt…

große parteien sind alte parteien

Trumpeltier hat gesagt…

Ob nun Religion oder Partei, ob Glaube oder Ideologie, ... jeder besserwisserisch belehrenden homonoiden Zusammenrottung liegt schier allmächtiger archaischer Herdentrieb und instinktiver Rudelzwang zugrunde.
Alleine feige kläffende Pinscher, in der Gruppe aber tollwütig zubeißende Bulldoggen.

Köterrasse zwischen Koma und Amok.

Die Anmerkung hat gesagt…

Dann ist die Mehrzahl fehl am Platz. Es gibt nur eine große Altpartei.

Anonym hat gesagt…

völlig unklar weshalb sich der Wähler immer wieder für die cdu entscheidet - wer profitiert von einer cdu ? die Boomer ? die Boomerbeamten , die Kirchentagsbesucher ( nee-die wählen grün-bolschewistisch ) .

sollte man die Bourgeoisie ganz grundsätzlich , politisch bekämpfen ? Sollte man Klugscheißern einfach mal die .......polieren ? einfach so .nur so aus Bock

Anonym hat gesagt…

völlig unklar weshalb sich der Wähler immer wieder für die cdu entscheidet

"Psychologie ist manchmal sehr einfach" - Kurt Tucholsky, Schloß Gripsholm.
Für die anderen Ganoven-Ringvereine entscheidet er sich doch auch.