Donnerstag, 21. Juni 2007

Tote stimmen ab

Seit Jahren schon gibt es die Diskussion darüber, ob Minderjährige wahlberechtigt sein und wie lange Senioren und Greise es bleiben sollen. Parallel dazu, aber ohne eigentlichen Berührungspunkt, läuft die Debatte über die europäische Verfassung, die dann immer gern für "tot" erklärt wird.

Dem polnischen Ministerpräsidenten Jaroslaw Kaczynski ist nun endlich eine gleichermaßen überraschende wie konsequente Zusammenführung beider Diskussionsstränge gelungen. In einem polnischen Radio-Interview begründete er seine Forderung nach mehr Stimmanteilen für Polen bei EU-Abstimmungen mit dem Satz: «Wenn Polen nicht die Jahre 1939-1945 durchgemacht hätte, wäre Polen heute ein Land mit einer Bevölkerung von 66 Millionen.»

Noch ist unklar, woher er die exakte Zahl hat, sicher aber scheint, dass Rußland ohne den 2. Weltkrieg China wäre, China wiederum ohne den verlorenen Boxeraufstand Indien. Indien seinerseits hätte ohne die böswillige Abtrennung Pakistans mindestens 1,4 Milliarden Einwohner, könnte also in der Uno genausoviele Stimmen beanspruchen wie Nord- und Süd-Amerika plus Europa und Afrika. Afrika wäre allerdings natürlich nicht Afrika. Ohne das von den westlichen Industrieländern betriebene Verbot des Malaria-Mittels DDT hätte sich die Tsetse-Fliege längst nicht soweit ausbreiten können. Damit wären Millionen Afrikaner, statt zu sterben, Vater und Mutter geworden, ihre Kinder wiederum wären so zahlreich, das einige Millionen davon heute höchstwahrscheinlich in Europa leben würden.

Dort wäre ihr liebster Platz sicherlich Polen, das dadurch ein Land mit einer Bevölkerung von mindestens 80 Millionen Menschen wäre. Freilich wäre Deutschland dann ja immer noch Schweden, weil Gustav II. Adolf bei Lützen niemals gestorben wäre, wenn ihm eine entsprechend große polnische Streitmacht geholfen hätte, und Sony-Ericsson hieße dann natürlich Ericsson-Sony, weil der 2. Weltkrieg aus Gründen schwedischer Neutraliät ausgefallen ist.

Welche Folgen das für Polen gehabt haben wird, erklärt Jaroslaw Kaczynski uns in der nächsten Folge seiner Fantasy-Serie "Tote stimmen ab".

3 Kommentare:

Eisenschwein hat gesagt…

okay, die kartoffel aus polen hat definitiv einen an der waffel. aber: mit seinem kapriziösen verhalten macht jaroslaw auf etwas wichtiges aufmerksam. die bisherige verteilung der stimmen in der eu anhand der einwohnerzahlen der länder stößt spätestens dann auf ein problem, wenn die türkei ernsthaft nach europa drängt. dann nämlich - hätte die türkei den theoretisch größten einfluss in der union, wenn man die derzeitige demografische tendenz ernst nimmt. den einfluss großer länder zu beschränken, könnte gar nicht so dumm sein.

binladenhüter hat gesagt…

ich bin ja dafür, die stimmenverteilung nach der höhe der geleisteten zahlungen an die eu vorzunehmen. dann könnte jedes land, das was wirklich will, selbst dafür sorgen, dass es genug stimmen zusammenbekommt - einfach, indem es an die eu spendet

FABRICATED LUNACY hat gesagt…

ich sah die kartoffel gestern in einer schrulligkeitsliga mit den scheichs.

aber ein schoener entry, ernsthaft.