Donnerstag, 6. Mai 2010

Im Krieg mit Griechenland

Jetzt reicht es, findet der Chef der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. "Hier wird im Moment von Spekulanten ein Angriffskrieg gegen die Euro-Zone geführt", klärte Jochen Sanio die Parlamentarier im Haushaltsausschuss des Bundestags mit drastischen Worten auf.

Eine Schlacht tobt im Untergrund, der Feind sei unsichtbar, es gelte jetzt, "einen Generalangriff auf den weitgehend unregulierten, internationalen "Schatten-Finanzsektor" vorzunehmen, so der oberste deutsche Finanzaufseher, der vor acht Wochen noch hatte melden lassen, dass seine Behörde "bislang keine Anhaltspunkte dafür gefunden" habe, "dass in jüngster Zeit verstärkt Kreditderivate, sogenannte CDS, zur Spekulation gegen griechische Staatsanleihen genutzt worden sind". Spekulanten hätten etwa mit Kreditausfallversicherungen im Falle Griechenlands in drei bis vier Monaten rund 500 Prozent Gewinn gemacht, wie das Beispiel der im Staatsbesitz befindlichen griechischen Postbank zeigt. Die legte sich im August 2009 für 950 Millionen Euro Kreditausfallsicherungspapiere auf griechische Staatsanleihen zu, die damals billig zu haben waren. Der Kauf durch die staatliche Bank aber, so analysiert der Spekulantenblog, machte andere Marktteilnehmer auf die Chancen aufmerksam, die in einer griechischen Staatspleite liegen: Nachdem der griechischen Staat selbst über seine Postbank 15 Prozent aller verfügbaren Kreditausfallpapiere auf griechische Staatsanleihen gekauft hatte, begannen die Preise zu steigen.

"Griechenland - ein besseres Angriffsziel konnte man sich nicht aussuchen", beschreibt Sanio. Die Entwicklung des Landes sei schockierend verlaufen, seitdem die rot-grüne Bundesregierung wider besseren Wissens zugestimmt habe, das Land in die Euro-Zone aufzunehmen. Wenn Griechen aber Gewinne machten mit der Spekulation auf die Staatspleite Griechenlands müsse "man einschreiten". Wenn Kurse Wahrheiten erzählen, die keiner hören will, werden die Märkte geschlossen, an denen sich die Kurse bilden. Die EU-Kommission prüft deshalb nach einer zweijährigen Pause erneut, ob Vorgaben notwendig seien, damit Staatsanleihen angemessen bewertet werden. EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier hatte angekündigt, den Aufbau einer europäischen Ratingagentur als Konkurrenz zu den drei amerikanischen Häusern zu prüfen. "Finanz-Hasardeure" wie die griechische Postbank stellten eine Gefahr für die ganze Euro-Zone dar, die nicht hoch genug bewertet werden könne.

Der Qualitätsjournalist und Talkrundenwelterklärer Hans-Ulrich Jörges zieht in seiner witzigen Webkolummne die einzig richtigen Schlüsse: Griechische Spekulanten wollen den Euro ruinieren, also muss Deutschland sich wehren und ihnen den Krieg erklären. Auf einen mehr oder weniger kommt es ja nun auch nicht mehr an, wo die Käufer von Kreditausfallversicherungen doch inzwischen von einem Auseinanderbrechen der Euro-Zone ausgehen.

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