Freitag, 20. Mai 2022

Der Euro-Schock: Vater Staat als armes Opfer

Fake News über den Bezinpreis Kachel
Mit bewusst amateurhaft gestalteten Empörungskacheln wird der Zorn über die hohen Preise von Vater Staat weggelenkt.


Der Verdacht war ungeheuerlich, den Robert Habeck höchstpersönlich mutig aussprach. Bereichern sich die Öl- und Spritfirmen am Krieg in der Ukraine? Verdienen sich die Multis aus dem Ausland dumm und dämlich am Leid der Helden von Mariupol, der Geflüchteten, der geringdazuverdienenden Oma mit der kleinen Armenrente in Sachsen, die vorerst noch auf ihr fossil betriebenes Auto angewiesen bleibt, um nachts zu ihren Reinigungsobjekten zu pendeln? Unterstützen sie damit den Ururpator, indem sie die Angst vor dem Mangel schüren?

Angst vor dem Mangel schüren

Robert Habeck setzte das Kartellamt in Marsch, um untersuchen zu lassen, warum Rohöl-und Spritpreise so "stark auseinanderlaufen". Eine offenbar schwer zu klärende Frage, denn auch fünf Wochen später wird noch engagiert untersucht. Dieses deutsche "zügig" (FAZ) schafft Verschwörungstheorien den Raum, die drei Monate nach dem explosionsartigen Anstieg der Spritpreise zu Kriegsbeginn überall kursieren. Da sind die, die deren Theorien zufolge die "Lücke vor allem auf die Raffinerien zurück" geht. Dann die, die sagen, die Großkonzerne aus dem Ausland machten sich die Taschen voll. Und schließlich die, die nur wissen, dass ein Marktteilnehmer keinerlei Schuld trägt: Der arme Staat, der mit je 10 Cent, um die der Benzinpreis steigt, je zwei Cent mehr Umsatzsteuer einnimmt, sei doch selbst "getroffen von den hohen Energie­preise", fand das SPD-eigene Danachrichtenportal RND eine originelle Begründung dafür, warum mehr sehr wenig sein kann.

Vater Staat als armes Opfer

Bei einem Euro mehr also 20 Cent, beim deutschen Gesamtverbrauch von 65 Milliarden Litern fossiler Treibstoffe im Jahr eine Zusatzeinnahme von elf Milliarden. Die Ampel steht auf Abkassieren, doch mit  lauten Versprechungen über demnächst bald irgendwann aber wirklich vor der Erlassung stehenden Entlastungen halten Politik und Medien die Laune hoch. Ist erst genug zusätzlich abgezapft aus den Brieftaschen der Bürger, wird gegeben werden allen, von denen genommen worden ist. Niemals zuvor hat ein deutscher Finanzminister so viel eingenommen wie Christian Lindner. Niemals zuvor ist es einem deutschen Finanzminister dennoch so überzeugend den armen Mann zu geben, dass früher in Endlosschleife laufende Steuersenkungsdiskussionen gar nicht mehr aufkamen.

Dabei hat zweifellos geholfen, dass flankierend zur Entlastungsversprechungsoper rechtzeitig eine Haltet-den-Dieb-Diskussion entzündet wurde. Nach Robert Habeck stieg die "Tagesschau" ins Ablenkungsgeschäft ein, die Spekulantenihre "Profite sichern" sah. Der frühere Nachrichtensender n-tv sah "Mineralölkonzerne und Tankstellenbetreiber" mitkassieren. Und dem Faktenerfinderkollektiv von Correctiv gelang sogar das Kunststück, die Zusammensetzung des Benzinpreises zu geschickt zu rechnen, dass Vater Staat nicht mehr den Löwenanteil  des Preises an der Zapfsäule zu verantworten hatte. Sondern auf das Meiste, was ihm zustehen könnte, großzügig verzichtet.

Ein Orkan an Fake News

Ein Orkan an Fake News und Verschwörungsbehauptungen, an Verdächtigungen, bizarren  Bestrafungswünschen für vermeintlich Schuldige, haltlosen Versprechungen und konzertierten Ablenkungsmanövern, dessen Erfolg in den sozialen Netzwerken zu besichtigen ist. Dort finden die Influencer von der Regierungsbank mit Unterstützung der angeschlossenen Funkhäuser offene Ohren für alte Parolen: Die "Abzocke an der Tankstelle" ist wieder da, Zeugen wie der ADAC werden präsentiert, Spekulanten, Manager und Profitgier sind schuld und absichtsvoll amateurhaft gestaltete Empörungskacheln machen die Runde: "Juli 2008, 150 Dollar pro Barrel Öl, Superbenzin 1,58 pro Liter", steht da. Und "März 2022, 140 Dollar pro Barrel Öl, Super 2,32 pro Liter". 

Wenn Du jetzt das Gefühl hast, verarscht zu werden, kann ich dich beruhigen, Du wirst es", steht darunter - eine überaus clevere Fake-News-Kampagne, die von hinten kommt, aus dem toten Winkel der menschlichen Wahrnehmung, weil niemand damit rechnet, dass ein Empörter im Vorübergehen mehr tut als zustimmend empört zu sein und spontan auf die Falschen zu schimpfen, die in Deutschland traditionell aus dem Sack gezogen werden, wenn geprügelt werden muss. Dabei zeigt schon eine einfache Überschlagsrechnung, wer den Schwarzen Peter im Blatt hat: 2008 stand der Euro zum Dollar um beinahe 50 Prozent höher. 1,60 Dollar gab es damals für jeden Euro - doch dank der umfassenden und nachhaltigen Geldverdünnungspolitik der Europäischen Zentralbank sind es heute gerade mal noch 1,05 Dollar.

Menetekel Silbermünze

Öl aber wird in Dollar gehandelt und wer Öl kaufen will, muss zuvor erst mit seinen Euro Dollar kaufen. Leider, leider ist die stabile Gemeinschaftswährung inzwischen nicht nur gemessen in Silber so schwachbrüstig, dass die Bundesregierung seit Jahren darauf verzichten muss, die ehemals traditionellen Zehn-Euro-Münzen aus Silber prägen zu lassen. Der Materialpreis liegt schon sieben Jahre lang höher  als der Geldwert der Weichwährung, so die Herstellung ein Minusgeschäft wäre. Auch der deutsche Öleinkäufer bekommt derzeit fast 50 Prozent weniger für seinen Euro als 2008. 

Dass Benzin seitdem um 46 Prozent teurer geworden ist, wird das Kartellamt zweifellos eines Tages ganz unbestechlich ermitteln. Womöglich bekommen die Experten sogar den Grund dafür heraus. 


4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Vielleicht könnten wir Öl für Rubel statt Dollar kaufen?

Ach Mist, unsere unabhägige, freie Presse erst vor 3 Tagen unisono:
So manipuliert Putin den Rubel-Kurs
https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/rubel-wird-immer-staerker-so-manipuliert-wladimir-putin-den-kurs-18036795.html

Wie Putin den Rubel künstlich hochtreibt
https://www.stern.de/politik/ausland/rubel-so-hoch-wie-2017--wie-putin-den-kurs-kuenstlich-hoch-treibt--31866930.html

Starker Rubel: Wie Putin die Währung manipuliert
https://www.zeit.de/news/2022-05/17/starker-rubel-wie-putin-die-waehrung-manipuliert?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.de%2F

Dieser verdammte Putin schon wieder!

Die Anmerkung hat gesagt…

Die verbotene Feindpresse zitiert die Freundpresse. (Ist der französische Mann eigentlich unser Freund?)
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https://sputniknews.com/20220520/russias-gas-revenue-may-top-100-bln-as-moscow-wins-first-round-of-energy-battle---french-media-1095656007.html

Russia may receive a record $100 billion for gas supplies to Europe this year against the backdrop of surging prices for the blue fuel, claims a columnist for the French newspaper Les Echos, citing data from Citi analysts.

Despite “sanctions, loud statements and promises of an embargo,” Vincent Colin pointed out that EU member-states funnel $200 million-worth of payments to Gazprom daily.

“Thanks to the surge in prices, Russia should receive $100 billion for gas delivered to Europe this year, which is almost twice as much as in the past, when prices were already high. And this is without taking into account revenues from oil, coal and other raw materials,” stated the author.

Anonym hat gesagt…

Wie Putin den Rubel künstlich hochtreibt
https://www.stern.de/politik/ausland/rubel-so-hoch-wie-2017--wie-putin-den-kurs-kuenstlich-hoch-treibt--31866930.html -----

Naja, das Hitlertagebücherkackblättchen ist - sagen wir - ein wenig unseriös. Nicht ernst zu nehmen ---

ppq hat gesagt…

mit seiner manipulation der devisenkurse stellt er sich eindeutig gegen den konsens