Dienstag, 31. Mai 2022

Sonderwirklichkeit Bundeswehr: Schrödingers Schatz

Bundeswehr Werbung werde offizier
Ein Guthaben aus geborgtem Geld rüstet die Bundeswehr auf, ohne dass die neuen Kredite die Schuldenbremse verletzen.

Wer nach links geht, kann nicht gleichzeitig nach rechts unterwegs sein. Wer nach oben springt, ist nicht mehr unten. Wer in die Breite geht, wird nach einiger Zeit häufiger nicht mehr als schlank bezeichnet. Und seltener für so attraktiv gehalten, dass ihm die potenziellen Sexualpartner wie läufige Hund*Innen hinterhertraben. 

Entscheidungen haben immer etwas ausschließendes. Der Glatzkopf muss sich nicht kämmen, doch sein Haar fällt auch nicht in langen, blonden Wellen. Marilyn Monreo hingegen war es ein Leben lang unmöglich, sich den Kahlkopf mit Fett zu polieren. So ist der arme Mann nicht reich, der kleine Mann eher kurz, die Bundesverteidigungsministerin hat eine Frisur, der Bundeskanzler hat keine. Das eine sorgt beim Friseurhandwerk für Empörung, das andere wird hingenommen, weil allgemein als Fakt gilt: Was ist, das ist, der Papst beispielsweise katholisch, der Osten verloren, die Linke kommunistisch und die "Tagesschau" der Platz im Land, an dem entschieden wird, was wichtig und was nur von regionaler Bedeutung sein soll.

Zwei Aggregatzustände zugleich

Seit Erwin Schrödingers Gedankenexperiment mit der Katze, die zugleich tot war und doch lebendig, ist allerdings klar, dass der Mensch mehr kann als oben oder unten, voll oder leer, gefroren und flüssig, frisiert oder unfrisiert, dick oder schlank sein. In der Politik ist es nicht nur möglich, zwei Aggregatzustände gleichzeitig einzunehmen, zwei Ziele in zwei unterschiedlichen Richtungen zugleich anzumarschieren und alle Kraft erfolgreich in gänzlich gegensätzliche Anstrengungen zu stecken. Es ist unumgänglich.

Zum Beispiel, um Geld, das nicht da ist, für eine Armee auszugeben, die nicht weiß, wofür sie es braucht. Da ist die Schuldenbremse, die es strikt verbietet, zu einem Zweck, der Jahr für Jahr rund 45 Milliarden Euro aus Haushaltsmitteln verschlingt, extra Kredite aufzunehmen. Da ist aber auch die Angst, dass eines Tages herauskommt, wie Recht der damalige amerikanische Präsident Donald Trump mit seiner Forderung nach mehr Geld für Waffen, Soldaten und Kriegsanstrengungen hatte, als er immer wieder darauf herum hackte, dass Deutschland versprochen habe, zwei Prozent seines Bruttoinlandsproduktes für Schwerewaffen, amerikanische Flugzeuge und gepanzerte Divisionen auszugeben.

Fliegen, ohne abzuheben

Wie aber Duschen, ohne nass zu werden? Wie fliegen, ohne abzuheben? Wie Singen ohne Ton, wie Tanzen ohne aufzustehen, wie Siegen ohne Kampf? Es ist ein niemals geschriebenes und niemals zu schreibendes Ruhmesblatt deutscher Geschichte, wie es der Ampel-Koalition gemeinsam mit der Union gelungen ist, den "Weg für enorme Rüstungsausgaben" (Die Zeit) freizumachen, ohne zu diesem Zweck die vor elf Jahren für jetzt und alle Ewigkeit eingeführte Schuldenbremse mehr zu verletzen als all die Jahre seit ihrer Verkündigung schon.  

Ein Wunder ähnlich dem, das Jesus wirkte, als er tot war, gestorben am Kreuz, aber wie Schrödingers Katze doch lebendig zu seinen Jüngern ging. Schulden machen ohne Schulden zu machen, so viele Schulden sogar, dass aus der Schuldenbremse ein Schuldengaspedal wird, dabei aber im Rahmen aller Vorgaben zu bleiben, das wirkt geradezu fantastisch.

Das Märchen vom kleinen Riesen, der ein großer Zwerg war und es vermochte, ein leeres Blatt vollgeschrieben mit seinen Erlebnissen mit Hilfe eines Spatens ohne Blatt, dem der Stil fehlt, unter ein Baum zu vergraben, der keine Wurzeln, keinen Stamm, kleine Zweige uns auch keine Blätter hat, es mutet daneben an wie eine ausgebliebene Alltagsbegebenheit aus einer seit Jahren geschlossenen Tankstelle im Brandenburgischen, weitab der letzten Siedlungsgebiete des Menschen. So unwahrscheinlich. So schön. 

Kraftakt auf den Weg gebracht

Einen "einmaligen finanziellen Kraftakt", nennt der liberale Justizminister Marco Buschmann die wundersame Einigung, die die "die Truppe wirksam ertüchtigen und zugleich die Schuldenbremse bewahren" werde. Das 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die wird danach einfach "eingerichtet" und "auf den Weg gebracht" (DPA), indem das Grundgesetz geändert und ein spezielles "Gesetz zur Finanzierung der Bundeswehr" erschaffen wird, das die Errichtung eines Schattenhaushalts neben dem gewöhnlichen Bundeshaushalt ausdrücklich erlaubt. Die neuen Schulden sind keine. Sie sind ein Guthaben, das aus Geborgtem besteht.

Der neue Schuldenberg, gemessen am Gesamtvolumen der staatlichen Verbindlichkeiten sowieso nicht mehr als als ein Klacks aus Krümeln, gewinnt damit eine verfassungsrechtliche Legitimität, die Bundesfinanzminister Christian Lindner richtig zufrieden macht. Gleich "zwei Ziele" seien erreicht worden, sagte der FDP-Chef der Danachrichtenagentur DPA: "Erstens stärken wir die Bundeswehr in einem einmaligen finanziellen Kraftakt." Zweitens bleibe die Schuldenbremse im Grundgesetz erhalten. 

Vorbild für die EU

Ein Vorbild auch für die EU, die derzeit noch um die Durchsetzung des gemeinsamen Ölausstieges ringt, dem sich die bockbeinigen Ungarn nach wie vor widersetzen. Der EU-Gipfel aber muss den "Importstopp für russisches Öl" (SZ) auf "den Weg bringen", weil alles andere einen Sieg für Wladimir Putin bedeuten würde. Wie aber Ölen ohne Öl? Wie Ungarn ohne Einstimmigkeit? Wie Zeichen nach Moskau, wenn weiter Import von dort? Die EU-Kommission hat die Lösung gefunden: Der wirkmächtige gemeinsame Importstopp der Gemeinschaft für russisches Öl wird die nächsten paar Jahre lang nur für Lieferungen per Tankschiff gelten, Pipelines bleiben ausgenommen.


4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Die erste Milliarde dürfte schon Beratungsfirmen versprochen sein. Viel hilft viel. Wenn sich die Ostfront beruhigt hat, bleibt vielleicht auch die ein oder andere Milliarde für Klimagenderforschung übrig.

Anonym hat gesagt…

Hiermit bewerbe ich mich als mindestens Oberstleutnant in der neuen 100-Milliarden-Bunteswär.

Ich habe von Militärthemen zwar keinen blassen Schimmer, bin als mich gerade feminin fühlendes Gedankenkonstrukt aber vorrangig berechtigt, diesen Job genau so gut ausüben zu können, wie langjährig dienende Herren.

Die schwangerengerechte Nachrüstung war erst der Anfang der Transformation zur stylischen Regenbogentarnfarbenarmee, denn wir fordern auf dem Schlachtfeld auch mobile Life-Ballance-Saferooms und Wohlfühlmassageliegen in jedem Kampfpanzer. Dafür muss dann eben die Munition draußen bleiben, die ohnehin extrem klimaschädlich wäre.

Und sollte ich nicht bald die Erfüllung meiner Karrierewünsche vorliegen haben, werde ich in allen Medien Zeter und Mordio schreien und hysterisch rassistische Diskriminierung anklagen. Dann könnt ihr vielfaltsfeindlichen Nazis einpacken.

Anonym hat gesagt…

wie das Nachrichtenmagazin berichtet werden die Kinder immer dicker .

d.h.: in 8 Jahren haben wir es mit dicken Rekruten zu tun - wie sollen die uns verteidigen ?

Früher hat man dicke Kinder stundenlang über die Aschebahn gehetzt .

ganz früher wurden dicke Kinder an der Front verbraucht

Jodel hat gesagt…

Nur wir moralischen Geistesriesen aus Schland werden sicher auch freiwillig die russische Ölzufuhr aus Pipelines kappen, obwohl dies nicht vereinbart und damit auch nicht nötig wäre. Egal wie dringend wir dieses benötigen werden und was uns das kosten wird. Wetten das?