Mittwoch, 22. Februar 2023

Das Kabarett ist tot: Ein Nachruf auf Lachen und Schießen

Der Kabarettist Bruno Jonas hatte früh bemerkt, dass die Zeit der Verhöhnung der Mächtigen vorüber ist.
 
Dein Carbaret ist tot, Monsieur
Na lass mich trotzdem rein
Dein Carbaret tut nicht mehr weh
Es geht mir nur ans Portmonee
Dein Carbaret ist tot
Man sendet keine Büttel mehr
Die das Gestühl zerschlagen
Im besten Falle geht dir noch
Herr Fiskus an den Kragen
Wenn du bei Hofe aufmarschierst
Salutiern die Wachen
Man räumt dir ein Ventil zu sein
Man läßt dich lachen machen     
 
Werner Karma

Er hatte es kommen sehen. Als sich teile der Gesellschaft seinerzeit mit dem Islamismus solidarisierten und die Auffassung vertraten, dass es nun wirklich keinen Grund gebe, die Kunstfreiheit zur Verfertigung von Mohammed-Karikaturen zu missbrauchen, räumte der Kabarettist Bruno Jonas ein, dass das für ihn ohnehin nicht infrage komme. Er wolle schließlich keine gewalttätigen Reaktionen provozieren. Abgefunden hatte der ehemalige Spaßrebell sich auch mit den Grenzen der Satire im Gemeinsinnfunk: "Wer den linken Laufstall überschreitet, wird als Abtrünniger behandelt", fasste er bitter zusammen, "das politische Kabarett ist nach und nach auf Linie gebracht worden."

Lachen im besten Deutschland aller Zeiten

Jonas, großgeworden an der Seite von Dieter Hildebrandt und mit der Münchner Lach- und Schießgesellschaft über Jahrzehnte Vertreter eines linken Humor, der die Mächtigen ins Visier nahm und sie der Lächerlichkeit preisgab, fand sich auf einmal auf deren Seite wieder.  Die alte Karl-Krauss-Maxime, wonach das beste Kabarett gemacht werde, wenn es um Land und Menschen am schlechtesten stehe, spricht für Angela Merkels Behauptung vom "besten Deutschland aller Zeiten": Der deutsche Kabarettismus ist verstummt, die Frauen und Männer, die einst so wirksam wider den Stachel löckten, dass der Bayrische Rundfunk sich weigerte, einen "Scheibenwischer" von Jonas' Vorbild Dieter Hildebrandt auszustrahlen, ist ein handzahmer Humor auf Kosten der gesellschaftlichen Gruppen geworden, die von den Böhmermännern und Oliver Welkes zum Verhohnepipeln freigegeben worden sind.

Uns fehlt das Feindbild" hatte schon Dieter Hildebrandt am Ende seines Lebens geklagt, der in den 50er Jahren Mitbegründer und bis zuletzt nicht nur Mitgesellschafter, sondern auch Lebensversicherung der Lach- und Schießgesellschaft gewesen war. Ohne die kantigen konservativen Figuren aus der Politik, an denen sich Deutschlands Kabarettisten über vier Jahrzehnte rieben, geht nichts mehr, wenn die Schere im Kopf es verbietet, sich über die Köpfe der progressiven Parteien Witze zu machen.

Stillstand und Fortschritt wurden eins

Die da oben haben angefangen", hatte Hildebrandt seine Motivation, auf die Bühne zu gehen, einmal beschrieben. Der große alte Mann des deutschen Kabaretts wollte sich wehren. Die Kabarettisten aber haben dann aufgehört, in den endlosen Merkel-Jahren, in denen Stillstand und Fortschritt eins wurden, Volk und Mutti und - beinahe - alle Parteien. Der kräftige Biss, der einen Besuch bei den damals aktiven Henning Venske und Bruno Jonas zu Zeiten von Franz Joseph Strauß für bayerische Beamte zur mutigen Tat machte, war  mit dem Lieblingsfeind verschwunden. Gänzlich verabschiedete sich die Satire mit dem Abtritt der Regierung Kohl. 

Was blieb, war eine strenge Verteidigung der Macht gegen Angriffe von rechts, die nicht ganz das vulgärpopulistische Format hatte, das Jan Böhmermann als Meister dieses Faches regelmäßig erreicht. Aber weniger traurig waren die Auftritte der Staatsclowns deshalb nicht, gerade weil die Wirklichkeit ringsum längst bessere Satiren schrieb als Jonas und Co. sich ausdenken konnten.

Für die Münchner Lach- und Schießgesellschaft, eines der ältesten Kabarett-Ensembles der Republik, bedeutete das den Anfang vom Ende. Zum Lachen gehen die Leute draußen längst wieder lieber in den Keller als sich bei einem falschen Witz erwischen zu lassen. Und Schießen? Seit der fünften Novelle des zur Änderung des Sicherewaffen-Gesetzes sind auch im deutschen Kabarett nur noch Platzpatronen ohne Pulverfüllung erlaubt.

Jochen Busse, bis Anfang der 90er Mitglied des Münchner Spottkollektivs, wechselte zur Blödelrunde "Sieben Tage, sieben Köpfe". Werner Schneyder, Autor der Lach- und Schießgesellschaft und selbst auch lange Jahre auf der Bühne zu erleben, profilierte sich als Box-Kommentator. Bruno Jonas schließlich reiste als bayerisches Original durch die Lande. Es gab nichts mehr zu lachen für die alten weißen Männer des traditionellen Kabaretts. 

Die Verteidiger der Macht

Und nun hat die ehemals berühmte Münchner Lach- und Schießgesellschaft eben auch noch Insolvenz angemeldet. Die finanzielle Lage ist fürchterlich, die inhaltliche Ausrichtung zwischen den Gesellschaftern, zu denen nicht nur Jonas gehört, sondern auch ein ausgewiesener SPD-Aktivist,  umstritten.  Der Spielbetrieb ruht, ein Zeitalter endet, das 1956 begonnen hatte.  Hanitzsch, der im Herbst 2021 Geschäftsführer wurde, im vergangenen Herbst jedoch von diesem Posten abberufen wurde.


9 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ist doch schön, wenn ein Boykott zur Abwechslung mal funktioniert. Fahrt zur Hölle.

Die Anmerkung hat gesagt…

SENDERCHEFIN WILL 50 MIO. EURO SPAREN

RBB streicht Dieter Nuhr

https://www.bild.de/regional/berlin/berlin-aktuell/spar-hammer-rbb-streicht-nuhr-thadeusz-und-ard-mittagsmagazin-82987732.bild.html

ppq hat gesagt…

und da geht es Nuhr ums geld!

Die Anmerkung hat gesagt…

Oh, das habe ich dann falsch verstanden. Ich dachte, der wird wegen seiner Lustischkeit geschasst.

Die Anmerkung hat gesagt…

Uns Danisch hat brav den turbo-Gang eines E-Bikes referiert.
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https://www.danisch.de/blog/2023/02/22/noch-ein-unklaertes-fahrradproblem/

Frau auf Fahrrad von drei Wölfen verfolgt. Nur der Turbo-Gang des e-Bikes habe sie gerettet.
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Wortwörtlich heißt es im verlinkten Text:

„Keine Ahnung, wie die Begegnung mit den drei Wölfen ausgegangen wäre, wenn sie mich erreicht hätten. Fakt ist, dass sie mich über eine Strecke von rund 200 Metern verfolgt haben und ich ihnen vermutlich nur mit dem Turbo-Gang meines E-Bikes entkommen konnte“

So einen Flitzer hätte ich auch gerne, denn meiner hat nur 8 Gänge, ohne Turbo. Dafür sind die mit 1 - 8 durchnumeriert.

Anonym hat gesagt…

Immer noch Spezialdemokrat / Novemberverbrecher / Arbeiterverräter / Otto-Wels-Verschnitt?
Dann möge sein Ableben nicht langweilig sein.

Anonym hat gesagt…

>nur mit dem Turbo-Gang meines E-Bikes entkommen konnte

Die hat sich eben schnell einen Hack aus dem Internet ins Bike geladen. Frauen können das.

Anonym hat gesagt…

Literaturempfehlung: Bauern, Bonzen und Bomben.

Anonym hat gesagt…

Wo Wahnsinn zur Normalität wird, wird Satire zur Pflicht.