Freitag, 24. Februar 2023

Wärmehalle statt Wirtschaft: Deutschland muss sterben

An zu rettenden Wirtschaftsbranchen gibt es in Deutschland keinen Mangel.

Es war zweifellos viel falscher Stolz dabei. Jahr für Jahr feierten sich deutsche Regierungen und deutsche Medien für Fantasietitel wie den des "Exportweltmeisters", eine Medaille, die überhaupt nur in Deutschland vergeben wurde. Zwar endete das an dem Tag, an dem die Leistungen der Industrie nicht mehr ausreichten, um erneut aufs oberste Treppchen zu klettern. Doch der Nimbus, dass es sich beim Europas Kernland nicht nur um eine moralische Führungsmacht, sondern auch um ein wirtschaftliche potentes, von pfiffigen Ingenieuren, smarten Erfindern, fleißigen Arbeitern und cleveren Managern bevölkertes Land handelt, der hielt sich hartnäckig und stur sogar gegen die alle Anzeichen einer grundlegend veränderten Situation. 

Alles voller Ausstiegshilfen

Von Berlin bis Brüssel, von München bis Athen war nie die Frage, ob die deutsche Industrie nach Finanzkrise, EU-Staatsschuldendesaster, Scheitern der Lissabon-Strategie, Pandemie und den endlosen Verzögerungen rund um den EU-Wiederaufbauplan und den Green Deal auch noch den russischen Krieg gegen die Ukraine überleben werde. Sondern nur die, wie hervorragend die Bestform sein würde, die sich mit all den Transformationsbegleitprogrammen, Fördermitteltöpfen, Umstiegs- und Ausstiegshilfen, Behördenansiedlungsprogrammen, Entbürokratisierungsgesetze und Gründungszuschüssen herbeitrainieren lässt. 

Der starke alte weiße Mann der EU-Wirtschaft, das Land, das am meisten vom EU-Binnenmarkt profitiert und deshalb stets gern mehr dafür zahlte als es bekam, es hatte womöglich bei der Internet-Wirtschaft vollkommen den Anschluss verloren, es war nicht mehr Nummer 1 im Autobau, es hinkte bei der Herstellung von Zügen hinterher, brachte Flugzeuge nicht mehr allein in die Luft, hatte große Teile seiner Panzerfabriken und Solarbackstuben stillgelegt, seine ehemals berühmte Textilindustrie ebenso, und plante nun, auch aus Kohle, Öl und Landwirtschaft auszusteigen. 

Wissensgestützter Wirtschaftsraum

Doch wer auch immer in der Bundesregierung saß, schwor Stein und Bein, dass die von Deutschland geführte EU binnen von nur zehn Jahren nun aber absolut bald wieder zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensgestützten Wirtschaftsraum der Welt werden würde: Wirtschaftlich, sozial und ökologisch runderneuert, vielfältig und divers, ein nachhaltiger Leuchtturm für den Globus, gebaut aus co2-freiem Beton und beleuchtet von innovativsten LED-Lampen, erfunden einst in Europa, importiert nun aus China, wie es sich für einen richtigen Motor für Wirtschaftswachstum schickt, der sich selbst zugleich als Wissensgesellschaft sieht, die als nächstes eine Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich anstrebt..

Deutschland war auf einem guten Weg und mit ihm EU-Europa, das neben Deutschland immerhin noch neun weitere Spenderstaaten zählt, die zusammen genau soviel einzahlen wie die der EU-Hauptprofiteur. An der landeseigenen Kombination von wachsender Vollbeschäftigung kombiniert mit Kurzarbeit und Fachkräftemangel biss sich der Zweifel an der Überlebensfähigkeit des traditionellen deutschen Wirtschaftsmodells die Zähne aus: Der Bau der Tesla-Fabrik in Brandenburg, Kosename "kleine DDR", bewies die Zukunftstauglichkeit des Prinzips Bürokratie ja, aber wir machen manchmal auch Ausnahmen. Dann kam der Halbleiterriese Intel und selbst dessen deutscher Konkurrent Infineon erhielt nun die seit langem erwartete Zusage auf eine Milliarde aus dem Fördertöpfchen. Sobald Brüssel sich eines Tages auf den legendären "Chips act" geeinigt hat, ein neues Förderprogramm, das nun auch schon wieder ersten Geburtstag feiert, ohne bisher mehr zu sein als ein Entwurf.

Erste Wirkungstreffer

Gut gemeint wie so vieles. Und mit Wirkungen, die überall zu sehen sind: Intel steht Tesla hat eben Pläne, sein Werk in Grünheide um die größte Batterieproduktion zu erweitern, auf Eis gelegt. Der Chiphersteller Globalfoundries verlegt Teile der Produktion aus Deutschland nach Portugal. Auch bei BASF wächst der Druck, die Kosten zu senken; Der größte deutsche Chemiekonzern legt nun auch Anlagen still, um Energiekosten zu senken - ursprünglich eine Idee von Bundesklimaminister Robert Habeck, der Bäckern und Backenden diese Art Bundesbetriebsferien im vergangenen Jahr für den Zeitraum vorgeschlagen hatte, in dem die hohen Preise das Backen verunmöglichen.

Schwarzmaler nennen es eine Existenzkrise, für die Umwelt aber ist es eine Chance. Die unvermeidliche Rezession wird die Lage für viele Firmen und Bürger weiter verbessern: Niemand, der eine Wärmehalle besucht, bei der Tafel einkauft oder auf Kleiderspenden angewiesen ist, muss sich fragen, was all das kostet und wer es bezahlt. Vom beneideten Kriegsverlierer zum Wirtschaftswunder zum ersten Industrieaussteiger, der degrowth lebt und zeigt, dass nicht nur ein kleines Blatt wie die Taz mit Hungerlöhnen und Selbstausbeutung noch Jahre nach ihrem wirtschaftlichen Tod quicklebendig umgehen kann, sondern eine ganze Nation, auch wenn sie keine sein will.

Geschichte wird gemacht

Keine Atempause, Geschichte wird gemacht. Der Absturz Deutschlands aus den ikarus'schen Höhen des bewunderten Vorbilds für Ordnung, Fleiß und Sauberkeit in die Abgründe einer eher berlinerischen Beiläufigkeit jedes Erwerbsbemühens wird genauso in die Geschichtsbücher wie seine vorübergehende Wiedergeburt nach Kriegsende.

Weit und breit ist niemand mehr da, der das Gelingen des großen Ausstiegsplanes verhindern könnte: Die Regierung ist dafür, auch wenn es einem Teil von noch nicht schnell genug geht. Ein Teil der Opposition möchte es noch schneller, der andere nur ein wenig langsamer. Die EU aber drückt und drängelt, wann jemals wird sich wieder eine Situation ergeben, in der rekordhohe Energiepreise eine rekordhohe Inflation begründen, mit der sich eine sinkende Nachfrage erklären lässt, die auf den Krieg zurückzuführen ist, so dass das Tun und Treiben der Kommissare, der Abgeordneten und der 27 Regierungen mit nichts zu tun hat.

Keine Rückkehr nirgendwohin

Eine "neue Normalität", die der damalige Finanzminister Olaf Scholz versprach und die der heutige Bundeskanzler Olaf Scholz einlöst wie ein Impfziel. Niemals wieder kehren sie zurück, die günstige Preisen und bezahlbaren Mieten, die Träume vom Häuslebau und von der Wettbewerbsfähigkeit der eigenen Firma, die Pläne, große europäische Zukunftsfirmen zu errichten und das ganz natürlich absehbare Ende der fossilen Zeiten für einen tiefgreifenden Strukturwandel zu nutzen. Stattdessen wird schneller ausgestiegen als der Bus überhaupt angehalten hat.

Die dicken Kinder von Landau, in einer längst vergessenen Zeit belächelte Sonderlinge, haben die Macht an sich gerissen, eine dunkle Masse Mensch, die kaum in der Lage ist, sich die Schnürsenkel zu binden, die aber einen Kontinent lenkt als wäre es ein Lastenrad im Videospiel. Dass die dicken Fische aus dem Netz schwimmen, weil anderswo mehr Futter geboten wird, während die alten Lastesel der fetten Jahre und der kleinen Sorgen schneller schrumpfen als sich die Chefetage der Bundesbehördenansiedlungsinitiative neue, schräge Aufsichtsämter, Prüfstellen und Bürokratieabbauzentralen ausdenken kann, wird als Beleidigung aufgefasst. 

Man werde keinen Subventionswettbewerb mit Amerika beginnen, hat Robert Habeck den Amerikanern angedroht, als ihre steuerlichen Regelungen so änderten, dass kein Firmenlenker guten Gewissens mehr in Europa investieren kann. Das muss Washington einsehen. Und wenn nicht, dann werden wir schon sehen.


7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wie kommt's? Antwort nicht bei der deutschen, aber bei der dänischen bzw. danischen Presse.
https://www.danisch.de/blog/2023/01/29/biden-und-die-bratwurstfresser/

'God, I hate these Bratwurst eating bastards'
-Joe Biden

Damit das Bild rund wird: Auch Trumps 'America first' Doktrin zielt in die gleiche Richtung.

Anonym hat gesagt…

„Gebt uns vier Jahre Zeit und ihr werdet die Bundesrepublik nicht wiedererkennen."*

(* Quelle: Unbekannter grüner Politiker)

Die flächendeckende Umwandlung der Bundesrepublik vom Industrieland in ein - von schattigen Wäldern und Hainen überzogenes; durch anmutig vor-sich-hin-mäandernde Lastenradwege verbundens und von durch vormals heilbaren Krankheiten, Stammeskriegen und Hunger arg dezimierten Deutsch*Innen spärlich besiedeltes, weil von allen Asylberebern fluchtartig verlassenes – grünes Paradies dauert leider noch länger. Diese gewaltige Aufgabe ist in einer Legislaturperiode von 4 Jahren nicht zu stemmen!

Anonym hat gesagt…

OT
geschichte 23. Februar 2023 at 21:45

hhr 23. Februar 2023 at 21:38

Das ist es eben: nabelschauende „Gebildete“. Keine Kämpfer. Oder kämpfen nur Ungebildete?
—————————–
Der einfach Gebildete greift eher zur Mistgabel, wenn er selbst am Hungern ist oder zusehen muss wie seine Nachkommen reihenweise Verhungern. Die Gebildeten greifen erst zum Degen wenn Sie davon überzeugt sind, dass dies in ihr Weltbild passt. -----

Nebenbei: "Dass" kennt der Herr "geschichte" auch nicht ...

Anonym hat gesagt…

Ich habe gerade ein Interview mit Günther Verheugen in der Berliner Zeitung gelesen. Die Einsicht kommt im Alter, wenn man keinen Posten mehr hat und seine Pension genießt. Aber immerhin, besser spät als gar nicht.

ppq hat gesagt…

man gewinnt sie lieb, wenn sie weg sind

Anonym hat gesagt…

Interview mit Günther Verheugen ---

Gibt es den noch? Einst schrub ich, dass man einem mit einer derartigen Visage Nachsicht entgegenbringen müsste, weil Kinder nun einmal grausam sind. Er dürfte unter Schmährufen aufgewachsen sein (bäh, da kommt die Gesichtsfünf! - Nicht zu billigen*) --- Meanwhile sind meine Ansichten zu Popolitikern, Medienfuzzis oder überbezahlten Fratzenschneidern (Schauspielern) aber unduldsamer geworden:

*§ 140
Belohnung und Billigung von Straftaten
Wer eine der in § 138 Absatz 1 Nummer 2 bis 4 und 5 letzte Alternative oder in § 126 Absatz 1 genannten rechtswidrigen Taten oder eine rechtswidrige Tat nach § 176 Absatz 1 oder nach den §§ 176c und 176d 1. belohnt, nachdem sie begangen oder in strafbarer Weise versucht worden ist, oder 2. in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) billigt

Doch ich will nicht auf die Spitze / treiben meine Galgenwitze (((Shlomo Biermann))).



Kreuzweis hat gesagt…

Die Grünen können alles versprechen, wie "Billige Mieten", "Billige Energie", "Keine Waffen in Kriegsgebiete", denn keiner nimmt sie ernst. Sie sind eine Spaßpartei und Spaß, das will der BRD-Bürger!